Nach Ihrer Kenntnis der zentralen Theorien des Wahlverhaltens: Welches Wahlverhalten
war für den Befragten bei der zurückliegenden Bundestagswahl wahrscheinlich? (max. 1Punkt)
Wahlenthaltung
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Verweis auf den mikrosoziologischen Ansatz zur Erklärung von Wahlverhalten (1 Punkt)
• zentrale Annahme desselben: soziale Position einer Person bestimmt ihr Wahlverhal-
ten (1 Punkt)
• hierbei Rückgriff auf Theorie der sozialen Kreise (1 Punkt) von Georg Simmel (1 Punkt)
→ danach bestimmen objektive soziale Merkmale einer Person, in welchen sozia-
len Kreisen sie sich bewegt (1 Punkt)
• in jedem sozialen Kreis wirken bestimmte Normen, die unser Verhalten steuern
(1 Punkt) → korrekte Darlegung der Wirkungsweise der Verhaltenssteuerung, vgl. ggf.
Kommentierung in der Klausur (1 Punkt)
• im Beispiel ist Befragter Mitglied in unterschiedlichen (1 Punkt) sozialen Kreisen mit
widersprüchlichen Verhaltensnormen (1 Punkt) → in Forschung auch als „cross pres-
sure“-Situation bezeichnet (1 Punkt)
• zur Auflösung der widersprüchlichen Situation bei einer anstehenden Wahl entweder
Wechselwahl (1 Punkt) oder Wahlenthaltung (1 Punkt)
• weil der Befragte im Beispiel aber eher ein niedriges formales Bildungsniveau und ein sehr
geringes Interesse an Politik (1 Punkt) aufweist, ist bei ihm Wahlenthaltung wahrscheinlich
(für Logik des Arguments 1 Punkt)
Das Wahlverhalten in der Bundesrepublik Deutschland ist empirischen Daten zufolge
immer weniger von der individuellen Zugehörigkeit zu sozialen Schichten oder Klassen
abhängig, sondern weist inzwischen neue Muster auf. Es zeigt sich insbesondere,
dass sich die traditionellen Bindungen von Wählerinnen und Wählern an politische
Parteien abschwächen.
a) In der Wahlforschung werden unterschiedliche Konsequenzen vermutet. Eine
These besagt: Die Tendenz, dass sich immer weniger Menschen an politische
Parteien binden wollen, schreitet fort und der Stellenwert der Parteien als Inte-
ressenvertreter sinkt weiter. Welche These ist damit gemeint? Benennen Sie
die These und benutzen Sie zur Beantwortung den politikwissenschaftlichen
Terminus und keine Be- oder Umschreibungen!
Warum trägt eine abnehmende Identifikation von Wählerinnen und Wählern mit
politischen Parteien dazu bei, dass das Wahlverhalten der Wahlbevölkerung
schlechter über einen längerfristigen Zeitraum prognostiziert werden kann?
Dealignment meint hier die Frage!
**De-Alignment** beschfreibt den Zerfall stabiler parteipolitischer Identifikationen und eine zunehmende Flexibilität im Wahlverhalten.
**Re-Alignment** steht für eine Wiederbelebung und Stabilisierung politischer Bindungen, oft aufgrund neuer gesellschaftlicher Konflikte oder politischer Bewegungen.
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Nach dem sozialpsychologischen Ansatz zur Erklärung von Wahlverhalten
(1 Punkt) stellt die Parteiidentifikation (als Erklärungsfaktor für die individuelle
Wahlentscheidung) eine langfristig wirksame/dauerhafte Einstellung dar (1
Punkt); bei abnehmender Ausprägung der Parteiidentifikation gewinnt der Ein-
fluss kurzfristig variabler Einstellungen auf die Wahlentscheidung (näm-
lich die Kandidaten- und Sachfrageorientierung) relativ an Bedeutung (1
Punkt)
Parlamentarische Regierungssysteme lassen sich anhand unterschiedlicher Eigenschaften von präsidentiellen Regierungssystemen unterscheiden.
In parlamentarischen Regierungssystemen
(a) ist die Fraktionsdisziplin in der Regel stark ausgeprägt,
(b) kann das Parlament die Regierung durch ein Misstrauensvotum ablösen,
(c) ist eine doppelte Exekutive typisch (Staatsoberhaupt und Regierungschef), und
(d) dürfen Abgeordnete gleichzeitig ein Ministeramt innehaben.
Präsidiales Regierungssystem
Exekutive(Regierung) und Legislative(Parlament) sind strikt voneinander getrennt
Präsident ist zugleich Staatsoberhaupt (Repräsentieren) und Regierungschef (Regieren)
Präsident wird direkt vom Volk gewählt
Keine Abhängigkeit von der Parlamentsmehrheit
Klare Gewaltenteilung - checks and balances
Parlament/ Kongress kann den Präsidenten nicht einfach absetzen
Bsp.: USA, Brasilien, Mexiko
Parlamentarisches Regierungssystem
Regierung/ Kanzler ist direkt vom Parlament abhängig und muss dessen Vertrauen haben
Staatsoberhaupt (Repräsentieren) und Regierungschef (Regieren) sind getrennt
Regierungschef wird vom Parlament gewählt -> hat die eigene Macht
Enge Verzahnung zw. Exekutive(Regierung) und Legislative
Regierung (Kanzler) kann durch Misstrauensvotum gestürzt werden
Staatsoberhaupt(Repräsent) hat repräsentative Funkt.
Bsp.: DE
UK
Schweden
Konsensdemokratie
Pol. System, das auf breitem Konsens und Einbeziehung vieler Parteien basiert
Minderheiten werden aktiv eingebunden, Entscheidungen erfolgreich durch Kompromisse
Wahlen über ein Verhältniswahlsystem abgehalten
Ziel: Stabilität und Einbezug vieler Interessen
Macht ist Stark veteilt
Parteien regieren gemeinsam (Koalitionen)
Schweiz
Niederlande
Belgien
Mehrheitsdemokratie
Politik orientiert sich an der Mehrheit der Wähler
ahlsystem: Mehrheitswahlsysteme (z. B. relative Mehrheitswahl / first-past-the-post) → führt zu disproportionalen Wahlergebnissen.
Bsp.: Großbritannien → eine Partei mit 40 % Stimmen kann im Parlament 60–65 % der Sitze bekommen.
Zweiparteiensystem: Neue oder kleine Parteien haben es sehr schwer, dauerhaft einzuziehen, da das System große Parteien begünstigt.
Regierung: meist Einparteienregierung, klare Verantwortlichkeit.
Gefahr in gespaltenen Gesellschaften: Minderheiten können systematisch ausgeschlossen werden → Risiko von Instabilität oder Konflikten.
Demokratiequalität
Nennung der beiden normativen Prinzipien, die hier in Spannung zueinanderstehen: Par-
tizipation (1 Punkt) und Effektivität (1 Punkt)
• Begründung in Bezug auf die normative Gleichrangigkeit (1 Punkt) beider Prinzipien
Dahl
ie Demokratiedefinition von Dahl ist deshalb besonders einflussreich, weil sie klare, messbare Kriterien liefert, die Forscher nutzen können, um reale politische Systeme zu analysieren und zu vergleichen. Es gibt die Operationalisierbarkeit.
Gründe für den Einfluss Dahls auf die empirische Demokratieforschung:
-> Dahl erkennt, dass es keine perfekte Demokratie gibt. Deshalb entwickelt er das Konzept der Polyarchie, welches reale demokratische Systeme beschreibt.
-> Diese Unterscheidung erlaubt es, Staaten anhand konkreter Merkmale auf einer Skala zwischen autoritärer Herrschaft und Demokratie einzuordnen.
-> Dahl identifiziert 7 institutionelle Merkmale einer Polyarchie:
1. Gewählte Amtsträger
2. Freie und faire Wahlen
3. Allgemeines Wahlrecht
4. Recht, für öffentliche Ämter zu kandidieren
5. Meinungsfreiheit
6. Zugang zu alternativen Informationsquellen
7. Vereinigungsfreiheit
Elementares Grundprinzip von Demokratie: Politische Gleichheit
ünf Idealkriterien für einen demokratischen Prozess formuliert:
1. **Effektive Partizipation:** Alle Bürger sollten gleiche und effektive Möglichkeiten haben, ihre Ansichten im Entscheidungsprozess zu äußern.
2. **Gleichheit beim Wählen:** Jede Stimme sollte gleiches Gewicht haben, sodass alle Bürger gleichberechtigt an Wahlen teilnehmen können.
3. **Informierte Einsicht:** Bürger sollten Zugang zu vielfältigen und unabhängigen Informationsquellen haben, um die verschiedenen politischen Optionen und deren Konsequenzen zu verstehen.
4. **Kontrolle der Agenda:** Die Bürger sollten die Möglichkeit haben, Themen und politische Fragen auf die Entscheidungsagenda zu setzen.
5. **Inklusion von Erwachsenen:** Alle erwachsenen Mitglieder der Gesellschaft sollten die oben genannten Rechte und Möglichkeiten besitzen.
Easton
Wertewandelforschung
Postmaterialisten und Generationeneffekt
Die Werte oberhalb der fett gesetzten Linie bedeuten, dass diese Alterskohorten zum
jeweiligen Beobachtungszeitpunkt einen überdurchschnittlichen Anteil an Postmaterialisten aufweisen.
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Ingleharts Postmaterialismus-Theorie
- Basiert auf Mangel- und Sozialisationshypothese. Menschen priorisieren Werte, die sie in ihrer Sozialisation als knapp erlebt haben.
- Der Wertewandel erfolgt evolutionär und ist generationsbedingt: Ältere Generation halten eher an Materielle Werte fest, während jüngere, die in Wohlstand aufwachsen eher an postmaterielle Werte halten (Selbstverwirklichung, Partizipation, Umweltschutz)
- Wandel wird als unindirektionaler Prozess verstanden: Führt von materiellen zu postmateriellen Werten
- Wandel erfolgt linear
In der Erforschung individueller und gesellschaftlicher Wertewandelprozesse werden welche Effekte unterschieden?
Lebenszyklischer Wertewandel
Generationsspezifischer (Generationeneffekt)
Periodeneffekt
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1. **Lebenszyklischer Wertewandel** (Anlehnung zum Recency-Modell)
-> Dieser Ansatz geht davon aus, dass sich Werte innerhalb eines individuellen Lebenslaufes verändern.
-> Wandel individueller Wertorientierungen in verschd. Lebensphasen durch sozialstrukturelle Veränderungen und Rollenanforderungen begründet:
- Junge Menschen tendieren zu postmateriellen Werten wie Selbstverwirklichung oder individueller Freiheit.
- Ältere Menschen neigen stärker zu materiellen Werten wie Sicherheit, Ordnung oder Stabilität.
- Diese Veränderungen sind zyklisch und wiederholen sich mit jeder neuen Generation.
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2. **Generationsspezifischer Wertewandel** (In Anlehnung an primacy Modell) Formative years
Dieser Ansatz basiert auf der **Theorie der Generationenprägung** (Karl Mannheim) und besagt, dass Werte in bestimmten historischen Kontexten in der jugend und frühen Erwachsenenzeit (ca. 15-24 Jahren) geprägt werden.
- Jugendliche und junge Erwachsene entwickeln ihre Werte unter dem Einfluss prägender Ereignisse (z. B. Kriege, wirtschaftliche Krisen, technologische Innovationen).
- Diese Werte bleiben über die gesamte Lebenszeit relativ stabil.
- Unterschiedliche Generationen weisen daher dauerhaft verschiedene Wertorientierungen auf.
3. Periodenspezifisch
Historische Ereignisse, gesellschaftliche Entwicklungen: Kriege oder Corona, dt. Wiedervereinigung
Klassifikation von Einstellungsobjekten
Um die Komplexität möglicher Einstellungsobjekte zu reduzieren, wird in der Regel auf eine Klassifikation von Einstellungsobjekten zurückgegriffen:
konkrete Objekte - Bundesverfassungsgericht, Bündnis Sarah Wagenknecht, dt. Bundestag, Bundesregierung, Bundeswehr, eine konkrete Politikerin
abstrakte Objekte - Freiheit, Gerechtigkeit, Frieden, Nationalstolz
semantische Zusammensetzungen - Wille des Volkes, das Wohl der Nation
Was ist mit dem so genannten „nicht-kontroversen“ Sektor in einer Demokratie gemeint? Warum ist er notwendig? Und auf wen geht diese Begriffsprägung zurück?
Nicht-Kontrovers:
Greift ein Thema in verfassungsrechtlich garantierte Freiheitsrechte ein, gilt es als nicht‑kontrovers: die Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit, Koalitionsfreiheit, Religionsfreiheit sowie die Wissenschafts- und Kunstfreiheit.
Diese Rechte genießen einen breiten gesellschaftlichen Konsens und dürfen nicht durch einfache Mehrheitsentscheidungen eingeschränkt werden.
Kontrovers:
Dieser Sektor umfasst jene politischen Felder, in denen kein allgemeiner Konsens über den richtigen Umgang mit den jeweiligen Themen besteht. Hier werden Fragen wie Sozial-, Wirtschafts- oder Verkehrspolitik regelmäßig durch Mehrheitsentscheidungen entschieden.
Aufgrund der unterschiedlichen Interessen und Perspektiven unterliegt dieser Sektor ständigen politischen Auseinandersetzungen und Veränderungen.
Beispiele: Fragen der Umverteilung von Ressourcen, soziale Gerechtigkeit und ideologische Differenzen.
Der **nicht-kontroverse Sektor** ist in einer Demokratie wichtig, weil er die **gemeinsame Grundlage** schafft, auf der politische Konflikte friedlich ausgetragen werden können.
- Schafft Vertrauen, Rahmen für Konflikte, Stabilität, Legitimität
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