Was ist Arbeitsrecht?
Sonderrecht der Arbeitnehmer: regelt die Beziehungen zwischen AG ↔ AN, ihren Verbänden und zum Staat; kein einheitliches Gesetzbuch, viele Einzelgesetze und viel Richterrecht.
Merke: Arbeitsvertrag nach § 611a BGB ist Kern.
Abgrenzung Arbeitgeber/Arbeitnehmer
AG ist, wer mind. einen AN beschäftigt. AN ist, wer aufgrund privatrechtlichen Vertrags weisungsgebundene Arbeit in persönlicher Abhängigkeit leistet (Gesamtschau).
Beispiel-Indizien: Eingliederung, Weisungsrecht, feste Zeiten/Ort, Entgelt mit SV-Abführung
Arbeiter vs. Angestellte
Historisch: Arbeiter = überwiegend körperlich, Angestellte = überwiegend geistig; Unterscheidung heute weitgehend überholt.
Ausbildungsverhältnisse (BBiG)
Arbeitsverhältnisse, bei denen Ausbildung vorrangig ist; auf sie gelten arbeitsvertragliche Regeln, soweit BBiG nichts anderes bestimmt (§ 3 II BBiG).
Betrieb vs. Unternehmen
Betrieb = organisatorische Einheit zur Erreichung eines Betriebsziels; Unternehmen = rechtlich-wirtschaftliche Einheit, kann aus mehreren Betrieben bestehen.
Arbeitnehmer vs. freier Mitarbeiter
AN = persönlich abhängig, weisungsgebunden, eingegliedert. Freier MA = im Wesentlichen frei bzgl. Zeit/Ort/Art, mehrere Auftraggeber, eigenes Unternehmerrisiko.
Übersicht (typisch): AN: Lohnfortzahlung, SV/LSt durch AG; Freier: Rechnung + USt, eigenes Equipment.
Rechtlicher Rahmen freie Mitarbeiter
§ 7 SGB IV: Beschäftigung = nichtselbstständige Arbeit. Abgrenzung nach Gesamtschau (Weisungen, Eingliederung, Pflicht zur persönlichen Leistung). Bei nichtselbständiger Arbeit → SV-Pflicht.
Scheinselbstständigkeit
Liegt vor, wenn „freier“ Vertrag tatsächlich weisungsgebundene, eingegliederte Tätigkeit verdeckt; Folgen: Nachzahlung SV-Beiträge, ggf. auch AN-Anteil. Maßgeblich ist gelebte Praxis, nicht nur der Vertragstext
Wie kommt ein Arbeitsvertrag zustande?
Durch Einigung AG/AN; § 611a BGB definiert AN-Merkmale; entscheidend ist die tatsächliche Durchführung, nicht die Bezeichnung.
Formen des Arbeitsvertrags
Schriftlich, mündlich, konkludent (formfrei wirksam). Aus Beweisgründen dennoch schriftlich festhalten.
Inhalte nach Nachweisgesetz (inkl. 2022-Neu)
Kernpunkte wie Parteien, Beginn, Tätigkeit, Entgelt, Arbeitszeit, Urlaub, Kündigungsfristen etc.; seit 08/2022 u. a. zusätzlich: Probezeit, Entgelt-Zusammensetzung inkl. Zuschläge/Überstunden, Schichtsystem, Überstunden-Anordnung, Fortbildung, bAV-Träger, Kündigungsverfahren/Klagefrist. Fristen: Teile am 1. Arbeitstag, Rest binnen 7 Tagen/1 Monat; Bußgeld bis 2.000 €. Keine reine E-Mail-Form.
Vertragsfreiheit (Privatautonomie)
Partnerwahl (kein Kontrahierungszwang), 2) Formfreiheit (trotz NachweisG-SchriftNACHWEIS), 3) Inhaltsfreiheit – aber stark durch Gesetze/Tarif/Betriebsvereinbarung begrenzt.
Dienst- vs. Werk- vs. Arbeitsvertrag
Werkvertrag (§ 631) = Erfolg geschuldet; Dienstvertrag (§ 611) = Tätigwerden/„ernsthaftes Bemühen“; Arbeitsvertrag (§ 611a) = besonderer Dienstvertrag mit Weisungsgebundenheit/persönlicher Abhängigkeit.
Betriebliche Übung (Prinzip & Beendigung)
Wiederholte freiwillige Leistung → Vertrauenstatbestand → einklagbarer Anspruch (z. B. 3× Weihnachtsgeld ohne Vorbehalt). Beendigung nicht per einfachem Widerruf/„gegenläufige Übung“; nur per Änderungskündigung oder einvernehmlicher Vertragsänderung; Vorbehalte sauber formulieren.
Weisungs-/Direktionsrecht des Arbeitgebers
Konkretisiert Arbeitspflichten bzgl. Inhalt/Ort/Zeit/Verhalten; Grundlage § 106 GewO, § 315 BGB. Grenzen: Gesetze, Kollektivvereinbarungen, Arbeitsvertrag; Willkürverbot. Überschreitung → AN darf verweigern.
Verfassungsrechtlich wichtig (Art. 12, 9, 3 GG)
Art. 12 (Berufsfreiheit: Ausübung/Wahl mit abgestuften Schranken), Art. 9 (Koalitionsfreiheit + positiv/negativ), Art. 3 (Gleichheit; arbeitsrechtlich als allg. Gleichbehandlungsgrundsatz im Privatrecht).
EU-Recht (primär/sekundär)
Primärrecht = Verträge (AEUV/EU-Vertrag); Sekundärrecht = Verordnungen (unmittelbar), Richtlinien (Umsetzungspflicht; ausnahmsweise unmittelbare Wirkung, wenn klar/fristversäumt)
Anwendbarkeit eines Tarifvertrags
Fachlicher, räumlicher, persönlicher Geltungsbereich; Allgemeinverbindlichkeit (§ 5 TVG) möglich; Nachwirkung § 4 V TVG (ohne Zwingendheit)
Tarifverträge: Bedeutung, Funktionen, Geltung
TV regeln Abschluss/Inhalt/Beendigung von Arbeitsverhältnissen; Funktionen: Schutz-, Ordnungs-, Friedens-, Verteilungsfunktion. Gelten unmittelbar & zwingend bei beiderseitiger Tarifbindung; sonst via Bezugnahmeklausel oder Allgemeinverbindlichkeit.
Rangfolge der Rechtsquellen; Rang- & Günstigkeitsprinzip
Rang: EU-Recht > GG > Gesetze/VO > zwingende Kollektivvereinbarungen (TV/BV) > Einzelvertrag > allg. Grundsätze. Grundsatz: Höheres sticht niedrigeres; Ausnahme: Günstigkeitsprinzip zugunsten AN (aber Grenzen durch Spezialitäts-/Ordnungsprinzip und § 77 III BetrVG).
Kollektives Arbeitsrecht (mit Gesetzen)
Beziehungen von Gewerkschaften/Arbeitgeberverbänden/Betriebsrat zu AG; u. a. TVG, BetrVG, MitbestG, SprAuG; Koalitionsfreiheit Art. 9 III GG
Individualarbeitsrecht (mit Gesetzen)
Regeln AG–AN im Einzelverhältnis; wichtige Gesetze: z. B. KSchG, ArbZG, EFZG, BUrlG, MuSchG, JArbSchG, NachweisG, § 622 BGB u. a.
Faktisches/fehlerhaftes Arbeitsverhältnis
Bei in Vollzug gesetztem (aber anfechtbarem/nichtigem) Arbeitsverhältnis: keine „Rückabwicklung“ über §§ 812 ff. BGB; Wirkung i. d. R. ex nunc (ab Anfechtung), Ansprüche bis dahin bleiben bestehen
Zuletzt geändertvor 17 Tagen