(Seite 18) Was umfasst die Klinische Psychologie als Teildisziplin der Psychologie?
Sie befasst sich mit psychischen Störungen und psychischen Aspekten somatischer Erkrankungen.
Kernbereiche:
Deskription & Klassifikation (Symptome, Diagnosen)
Diagnostik & Epidemiologie
Ätiologie & Bedingungsanalyse
Prävention, Therapie & Rehabilitation
Details merken:
Auch Gesundheitsförderung und primäre/sekundäre Prävention gehören dazu (Berking & Rief, 2012).
(Seite 20) Wann spricht man von einer psychischen Störung?
Nur, wenn mehrere Merkmale gleichzeitig erfüllt sind:
Abweichung von Normen (z. B. statistisch, sozial, funktional)
Erheblicher Leidensdruck oder Beeinträchtigung
Dauerhaftigkeit bzw. Stabilität des Problems
Ausschluss organischer Ursachen
(Seite 21) Welche fünf Normalitätsbegriffe helfen, „psychisch krank“ zu definieren?
Idealnorm – gesund ist, was dem Ideal entspricht
Statistische Norm – Orientierung am Durchschnitt
Soziale Norm – abhängig von gesellschaftlichen Erwartungen
Subjektive Norm – individuelle Zufriedenheit
Funktionale Norm – Erhalt der Funktionsfähigkeit
(Seite 22) Was unterscheidet ein kategoriales von einem dimensionalen Verständnis psychischer Störungen?
Kategorial: Entweder „krank“ oder „gesund“ (z. B. ICD-11, DSM-5)
Dimensional: Übergänge sind fließend – Gesundheit und Krankheit bilden ein Kontinuum.
(Seite 23) Warum stößt das medizinische Krankheitsmodell bei psychischen Störungen an Grenzen?
Weil psychische Störungen meist keine eindeutige Ursache (Ursache → Krankheit → Therapie) haben.
Stattdessen werden Bedingungen analysiert, die zur Störung beitragen (Bedingungsanalyse).
(Seite 24) Welche Faktoren beeinflussen die Entwicklung psychischer Störungen über die Lebensspanne?
Biologische Faktoren (z. B. Genetik, Neurochemie)
Psychologische Faktoren (z. B. Kognitionen, Coping)
Soziale Faktoren (z. B. Familie, Beziehungen)
Ökologische Faktoren (z. B. Umwelt, Stressoren)
(Seite 25–29) Welche vier Einflussfaktoren wirken in allen Phasen der Entwicklung psychischer Störungen?
Biologische Faktoren – z. B. genetische Disposition, Neurotransmitter
Psychologische Faktoren – z. B. Lernerfahrungen, Kognitionen
Soziale Faktoren – z. B. Familie, soziales Umfeld
Ökologische Faktoren – z. B. Lebensbedingungen, Umweltstressoren
Diese wirken in allen Entwicklungsphasen: von der prä- und perinatalen Phase bis nach Ausbruch der Störung (nach Perrez & Baumann).
(Seite 30) Was besagt das bio-psycho-soziale Krankheitsmodell von Engel (1977)?
Gesundheit und Krankheit entstehen durch das Zusammenwirken von:
Biologischen Faktoren (z. B. Gene, Körperfunktionen)
Psychologischen Faktoren (z. B. Emotionen, Kognitionen, Verhalten)
Sozialen Faktoren (z. B. Beziehungen, Rollen, Umwelt)
Das Modell löste das rein medizinisch-biologische Krankheitsverständnis ab.
(Seite 31) Welche Modellperspektiven erklären psychische Störungen in der Klinischen Psychologie?
(Neuro-)biologische Perspektive – Fokus auf Gehirn, Gene, Neurotransmitter
Psychodynamische Perspektive – unbewusste Konflikte, frühe Beziehungserfahrungen
Kognitiv-behaviorale Perspektive – Lernen, Kognition, Verhalten
Humanistische Perspektive – Selbstverwirklichung, Wachstum
Systemische Perspektive – soziale Systeme, Beziehungen
Integrative Perspektiven – kombinieren mehrere Ansätze
(Seite 32) Wie definiert Strotzka (1975) Psychotherapie?
Ein bewusster, geplanter interaktionaler Prozess zur Beeinflussung von Verhaltensstörungen und Leidenszuständen,
die als behandlungsbedürftig gelten –
mittels psychologischer Mittel auf Basis einer Theorie normalen und pathologischen Verhaltens,
mit lehrbaren Techniken und einer tragfähigen emotionalen Beziehung.
(Seite 33) Welche Kriterien kennzeichnen Psychotherapie laut Hoyer & Knappe (2020)?
Geplanter, zielorientierter Prozess
Veränderung psychischer Prozesse durch psychologische Mittel
Theoriegeleitetes Vorgehen
Interaktive Beziehung zwischen Therapeut:in und Patient:in
Lehr- und Lernbarkeit der Techniken
(Seite 34) Was sind die Ziele von Psychotherapie?
Reduktion von Leidensdruck und Symptomen
Veränderung dysfunktionaler Verhaltens-, Emotions- und Einstellungsmuster
Förderung von Lebens- und Problembewältigung
Ziel ist nicht nur Symptomfreiheit, sondern auch verbesserte Selbstwirksamkeit und Lebensqualität.
(Seite 36) Worin unterscheidet sich professionelle Psychotherapie vom „guten Rat von nebenan“?
Professionelle Psychotherapie ist:
Wissenschaftlich begründet
Geplant nach Therapieplan & Zielen
Lernbar und überprüfbar
Selbstkritisch (Evaluation des Vorgehens)
Auf Störungswissen und Veränderungswissen gestützt
(Seite 38) Wie hat sich das Verständnis psychischer Störungen historisch entwickelt?
Antike (460–370 v. Chr.): Einteilung in Manie, Melancholie und Phrenitis (Gehirnfieber); Grundlage: Vier-Säfte-Lehre
Mittelalter: Dominanz von Exorzismus und Inquisition
1243: Erstes „Asyl“ St. Mary of Bethlehem – Beginn der Irrenanstalten
19. Jh.: Biologische & genetische Ansätze, erste biologische Behandlungen
Später: Aufkommen psychodynamischer Ansätze (z. B. Breuer, Freud)
(Seite 39) Wer sind die zentralen Gründerfiguren der Psychotherapie und was waren ihre Beiträge?
Lightner Witmer (1867–1956): Begründer der klinischen Psychologie (1897)
Emil Kraepelin (1855–1926): Krankheitslehre psychischer Störungen
Sigmund Freud (1856–1939): Psychoanalyse, Betonung unbewusster Prozesse
Iwan P. Pawlow (1849–1936): Behaviorismus, klassische Konditionierung
(Seite 40) Welche Meilensteine prägten die Entwicklung der Psychotherapie?
1910: Gründung der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung
1917: Freud – Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse
1949: Gründung des National Institute of Mental Health (USA)
1950er: Entwicklung der Verhaltens-, Humanistischen und Systemischen Therapien
1999: Erstes Psychotherapeutengesetz in Deutschland
2019: Reform des Psychotherapeutengesetzes
(Seite 42) In welchen Formaten kann Psychotherapie stattfinden?
Psychotherapie unterscheidet sich nach:
Ort: ambulant ↔ stationär ↔ tagesklinisch
Teilnehmerzahl: Einzel ↔ Gruppe
Dauer: kurz ↔ lang
Struktur: manualbasiert ↔ individualisiert
Medium: face-to-face ↔ virtuell
(Seite 43) Welche gestuften Behandlungsoptionen gibt es im psychotherapeutischen System?
Selbsthilfe: z. B. Gruppen, Angehörige, Entspannung, Bibliotherapie
Hausärztliche Grundversorgung: Beratung, stützende Gespräche
Ambulante Psychotherapie: Praxis, Ambulanz
Stationäre/teilstationäre Behandlung: Psychiatrie, Psychosomatik, Reha
(Seite 44) Was ist der Unterschied zwischen Verfahren, Methode und Technik in der Psychotherapie?
Verfahren: umfassende Theorie zur Entstehung & Behandlung von Störungen → z. B. Verhaltenstherapie, Psychodynamische Therapie
Methode: Theorie für eine spezifische Störung & deren Behandlung → z. B. EMDR
Technik: konkrete Vorgehensweise innerhalb einer Methode → z. B. Übertragungsdeutung
Diese Definition stammt vom Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie (WBP).
(Seite 45–47) Wer regelt die berufsrechtliche und sozialrechtliche Anerkennung psychotherapeutischer Verfahren?
Berufsrechtlich: → Wissenschaftlicher Beirat Psychotherapie (WBP) nach Psychotherapeutengesetz (PsychThG) → legt fest, in welchen Verfahren Ausbildung & Praxis erlaubt sind.
Sozialrechtlich: → Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA) entscheidet, welche Verfahren von Krankenkassen vergütet werden.
(Seite 46) Welche Kriterien gelten für die berufsrechtliche Anerkennung?
Störungsrelevanz
Replizierbarkeit
Interne Validität (Wirksamkeit nachgewiesen)
Externe Validität (Übertragbarkeit auf Praxis)
(Quelle: Hoyer & Knappe, 2020)
(Seite 48) Welche vier Richtlinienverfahren sind aktuell in Deutschland anerkannt?
Analytische Psychotherapie
Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
Verhaltenstherapie
Systemische Therapie
(Seite 50) Wie war der „alte Weg“ zur/zum Psychotherapeut:in vor der Reform 2019 geregelt?
Grundlage: Psychotherapeutengesetz (PsychThG) von 1999
Voraussetzungen: Diplom/Master in Psychologie
Ausbildung: ca. 4.200 Stunden, davon
600 h Theorie
600 h supervidierte Behandlungen
1.200 h klinische Tätigkeit in Psychiatrie (PIA I)
600 h in psychotherapeutischer Praxis (PIA II)
(Seite 51) Was änderte sich durch das neue Psychotherapeutengesetz (PsychThG 2019)?
Einführung eines Approbationsstudiums mit polyvalentem Bachelor & klinischem Master
Approbationsprüfung direkt nach Masterabschluss
Anschließend: 5-jährige Weiterbildung zum/zur Fachpsychotherapeut:in
Fachrichtungen: VT, TP, ST, AP
(Seite 60) Welche Fachrichtungen können Fachpsychotherapeut:innen nach PsychThG 2019 wählen?
Erwachsenenpsychotherapie
Kinder- & Jugendlichenpsychotherapie
Neuropsychologische Psychotherapie
Zugang: polyvalenter Bachelor + Master mit Schwerpunkt Klinische Psychologie & Psychotherapie → Approbation → Weiterbildung.
(Seite 59–62) Wie unterscheiden sich Psycholog:innen, Psychotherapeut:innen, Psychiater:innen und Ärztliche Psychotherapeut:innen?
Berufsgruppe
Qualifikation
Tätigkeitsbereich
Psycholog:in
Psychologiestudium (B.Sc./M.Sc.), keine Therapieausbildung
Beratung, Diagnostik
Psychologische:r Psychotherapeut:in
Nach Psychologiestudium → mehrjährige Psychotherapieausbildung
Psychotherapie (Kassenleistung)
Ärztliche:r Psychotherapeut:in
Medizinstudium + psychotherapeutische Zusatzqualifikation
Psychotherapie mit/ohne Medikamente
Psychiater:in
Ärzt:in mit Facharztausbildung Psychiatrie & Psychotherapie
Diagnose & medikamentöse Behandlung
KJP (Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeut:in)
Psychologie oder Pädagogik + Therapieausbildung
Kinder/Jugendliche
(Seite 63) Was unterscheidet Heilpraktiker:innen für Psychotherapie von approbierten Therapeut:innen?
Titel „Psychotherapeut:in“ ist gesetzlich geschützt, „Psychotherapie“ jedoch nicht
Heilpraktiker:innen dürfen psychotherapeutisch arbeiten, benötigen aber nur:
Heilpraktikererlaubnis nach Gesundheitsamtsprüfung
Keine verpflichtende Ausbildung in einem wissenschaftlichen Verfahren
→ Qualifikation ist nicht gewährleistet
→ Für Patient:innen oft schwer erkennbar
(Seite 65–66) Wie viele Psychotherapeut:innen gibt es in Deutschland laut KBV?
Insgesamt rund 34.900 Psychologische Psychotherapeut:innen
Etwa 5.800 Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut:innen (Quelle: Bundesarztregister, KBV)
(Seite 67–68) Wie verteilen sich die Vertiefungsrichtungen und Richtlinienverfahren in Deutschland?
Die meisten Psychotherapeut:innen arbeiten verhaltenstherapeutisch
Danach folgen tiefenpsychologisch fundierte und analytische Therapien
Systemische Therapie wächst, aber noch kleiner Anteil Details merken: Verteilung variiert zwischen PP (Erwachsene), KJP und Ärztlichen Psychotherapeut:innen.
(Seite 69) Welche Bedeutung haben psychische Erkrankungen für den Krankenstand?
Zunehmender Anteil an Krankheitstagen in Deutschland
Besonders häufig: Depressionen, Angststörungen, Burnout (Quelle: DAK-Gesundheit, 2024)
(Seite 70–71) Wie lang sind die durchschnittlichen Wartezeiten auf Psychotherapie?
6 Wochen bis zum Erstgespräch
3 Wochen bis Akutbehandlung (bei Indikation)
20 Wochen bis probatorische Sitzung
47 % beginnen Behandlung erst nach über 6 Monaten
Die Wartezeitproblematik hat sich seit der Corona-Pandemie weiter verschärft.
(Seite 72) Wo werden psychische Störungen wie Depression typischerweise behandelt?
Ambulant: Psychologische oder ärztliche Psychotherapeut:innen
Stationär/teilstationär: Psychiatrie, Psychosomatik, Reha
Ergänzend: Hausärzt:innen, Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen
(Seite 73) Was sind die zentralen Merkmale von Psychotherapie?
Interaktiv, geplant und zielorientiert
Verändert psychische Prozesse durch psychologische Mittel
Lehr- und lernbar
Basierend auf einer Theorie normalen & pathologischen Verhaltens
(Seite 73) Welche vier Verfahren gelten aktuell als Richtlinienverfahren?
(Seite 74) Worin besteht der Unterschied zwischen berufsrechtlicher und sozialrechtlicher Anerkennung?
Berufsrechtlich: Geregelt durch den Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie (WBP) → legt fest, in welchen Verfahren Psychotherapeut:innen ausgebildet und tätig sein dürfen.
Sozialrechtlich: Geregelt durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) → entscheidet, welche Verfahren von Krankenkassen vergütet werden.
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