Gedankliche Prüfungsschritte bei ordentlicher Kündigung im Überblick?
Kündigungsverzicht?
Zugang der Kündigungserklärung
Materielle Präklusion nach § 7 KSchG?
Unverzügliche Zurückweisung nach § 174 BGB?
Vertrag überhaupt ordentlich kündbar?
Sonderkündigungsschutz?
Sozialwidrigkeit
Unwirksamkeit nach § 134 BGB i.V.m. §§ 1, 7 AGG?
Verbotene Maßregelung nach § 612a BGB?
Sittenwidrigkeit nach § 138 I BGB?
Treuwidrigkeit nach § 242 BGB?
Verstoß gg. § 102 BetrVG?
Einhaltung der Kündigungsfrist nach § 622 I, II BGB?
Ist der Verzicht auf eine Kündigung möglich? Rechtsnatur?
nur nach Ausspruch der Kündigung
Auflösungsvertrag i.S.d. § 623 BGB
unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 I S. 1 BGB, soweit keine Gegenleistung vereinbart
Ist § 623, 126 I BGB (Schriftformerfordernis für Kündigung) dispositiv?
nein (-), das ist zwingendes Recht
Prüfung der Kündigungserklärung (Zugang, Vertretung und Form) über die allgemeinen Grundsätze? Irgendwelche Besonderheiten?
yes (+), BGB-AT
bei Schriftform an die zwingende Unterschrift denken; bei Vertretung an den § 180 BGB denken, da Kündigung ein einseitiges Rechtsgeschäft ist; elektronische Form grundsätzlich ausgeschlossen —> Ausnahme nur in § 46 ArbGG; Gründe und Art der Kündigung müssen nicht mit in die Kündigungserklärung rein
Wird die materielle Präklusion i.S.d. § 7 KSchG in der Begründetheit geprüft?
yes (+), vgl. Wortlaut des § 7 KSchG “gilt als wirksam”
Brückennorm für die Anwendung der ZPO im Arbeitsgerichtsprotess
§ 46 II ArbGG
Nenne die wichtigsten Vorschriften zum Sonderkündigungsschutz.
Kündigungsverbot bei Betriebsübergang, vgl. § 613a IV S. 1 BGB
(aber Kausalität erforderlich)
Sonderkündigungsschutz für Schwangere, vgl. § 134 BGB i.V.m. § 17 MuSchG
während Elternzeit, vgl. § 18 BEEG
für Schwerbehinderte, §§ 168-173 SGB IX
für Betriebsratsmitglieder, vgl. § 15 I KSchG
für Auszubildende, § 22 BBiG
für Pflege naher Angehöriger, § 5 PflegeZG
Ist eine ordentliche Kündigung von befristeten Verträgen möglich?
nein (-), vgl. § 15 IV TzBfG
die Vertragsparteien wollten den Vertrag für einen bestimmten Zeitraum abschließen, d.h. grds. keine ordentliche Kündigung möglich (vgl. eigenes AV mit bakertilly)
—> was aber geht ist Aufhebungsvertrag
Prüfungsaufbau Anwendbarkeit des KSchG?
Wartefrist aus § 1 I KSchG
6 Monate (Vertragsbeginn bis Zugang Kündigung) Zugehörigkeit zum Unternehmen, also demselben juristischen Arbeitgeber
(P) Wortlaut § 1 I KSchG “ohne Unterbrechung”; diese ist nicht gegeben bei einer vorübergehenden Unterbrechung (i.d.R. bis 3 Wochen) —> dafür aber enger sachlicher Zusammenhang zw. beiden Arbeitsperioden
Notwendige Betriebsgröße nach § 23 I 2-4 KSchG
relevant ist der Betrieb, nicht das Unternehmen oder gar der Konzern
Abgrenzung Teil- und Gemeinschaftsbetrieb; entscheidend —> Selbstständigkeit der jeweiligen Organisationseinheit
Zeitpunkt: Zugang Kündigung
Kein Ausschluss nach § 14 I KSchG?
leitende Angestellte i.S.d. Norm
Wann wird die Sozialwidrigkeit erst geprüft?
nur bei Anwendbarkeit des KSchG und fehlender Präklusion i.S.d. §§ 4, 7 KScG
Wie kommen die Diskriminierungsgründe i.S.d. §§ 1-10 AGG in die Prüfung der KSchKlage mit rein?
soweit das KSchG eröffent ist, führt eine Diskriminierung i.S.d. AGG zur Sozialwidrigkeit der Kündigung nach § 1 KSchG
wenn das KSchRecht nicht anwendbar ist, kann man die Disktiminierungsverbote i.S.d. §§ 1, 7 I AGG usw. trotzdem geltend machen —> über § 134 BGB
Was bedeutet § 2 IV AGG?
§ 2 IV AGG sperrt nicht das AGG, wenn Kündigungsschutzgründe aus dem KSchG vorliegen
§ 2 IV AGG stellt nur klar, dass das AG neben das bisherige ein zweites Kündigungsrecht entsteht
deshalb darf man auf § 134 BGB i.V.m. AGG nur zurückgreifen, wenn das KSchG keine Anwendung findet (z.B. weil der AN weniger als 6 Monate im Unternehmen war; oder weil der Betrieb zu klein ist)
Wann darf man auf § 242 BGB als Kündigungsschutzgrund nur zurückgreifen?
wenn der Grund für die Nichtigkeit weder vom KSchG noch vom AGG erfasst ist und ein Verstoß gegen Treu und Glauben vorliegt
logischerweise dürfte der Anwendungsbereich gering bleiben
Was könnte i.d.S. noch ein Verstoß gg. § 242 BGB darstellen?
Willkür, die nicht schon vom KSchG oder AGG umfasst ist
Verbrauch des Kündigungsrecht
Bsp.: AG mahnt AN ab und kündigt ihm später, stützt die Kündigung aber nur auf Gründe, die er schon für die Abnahme anführte
Nichtbeachtung der “kleinen Sozialauswahl”
auch im Kleinbetrieb ist das aus Art. 12 GG gebotene Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme zu wahren
Soweit ein Betrieb einen Betriebsrat hat, ist dieser vor einer Kündigung anzuhören. Ist das nun erworbene Recht des AG zum Ausspruch der Kündigung unendlich?
nein ist verbraucht, soweit eine Kündigung dem AN zugegangen ist
heißt: war die Kündigung (z.B. aus Formgründen) unwirksam, muss der AG den Betriebsrat wieder anhören, bevor er dem AN kündigen darf
Ist eine Kündigung mit einer nicht ausreichend langen Kündigungsfrist (i.S.d. § 622 BGB) unwirksam? Ist eine Kündigung “zum nächstmöglichen Termin” wirksam?
nein (-), wirkt vielmehr zum nächstzulässigen Kündigungstermin
Eine Kündigung “zum nächstmöglichen Termin” ist wirksam, soweit dieser für den Empfänger unschwer zu ermitteln ist. Erst Recht ist sie zulässig, soweit sie hilfsweise für den Fall der Unwirksamkeit einer fristlosen Kündigung erklärt wird.
Zuletzt geändertvor 2 Monaten