(Seite 2) Wie unterscheiden sich Selbstkonzept und Selbstschema in ihrer Bedeutung?
Beide beschreiben kognitive Strukturen über das eigene Selbst:
Selbstkonzept = Gesamtheit des selbstbezogenen Wissens einer Person.
Selbstschema = „Model of self“ – verallgemeinerte Vorstellungen, die sich aus Erfahrungen bilden und helfen, selbstbezogene Informationen zu organisieren. Details merken: Beide Begriffe sind nicht trennscharf; häufig überschneidend mit Identität, Selbstwert und Selbstwirksamkeit.
(Seite 5) Welche frühen Formen der Selbsterkenntnis zeigen sich im Kleinkindalter?
3 Monate: Unterscheidung des eigenen Gesichts von anderen.
Mitte 2. Lebensjahr: Visuelle Selbsterkenntnis im Rouge-Test, Verwendung von Personalpronomina.
Ab 4 Jahren: Entstehung des autobiografischen Gedächtnisses, zeitliche Selbstbeschreibung, Erleben des Selbst als überdauernde Entität.
(Seite 6) Was zeigt der Rouge-Test über das Selbstbewusstsein kleiner Kinder?
Er prüft, ob ein Kind sich selbst im Spiegel erkennt.
Kinder unter 18 Monaten berühren meist den Spiegel.
Kinder über 18 Monaten fassen sich selbst an die Nase → zeigen visuelle Selbsterkenntnis. → Damit gilt der Rouge-Test als Indikator für Selbstbewusstsein.
(Seite 7) Was beschreibt das Selbstkonzept und wie unterscheidet es sich vom Selbstwert?
Selbstkonzept: Kognitive Struktur des selbstbezogenen Wissens. → Enthält Teilkonzepte wie Körperselbstkonzept, Leistungsselbstkonzept usw.
Selbstwert: Affektive Bewertung dieser Inhalte (Gefühl der eigenen Wertigkeit). Kurz: Selbstkonzept = Wissen; Selbstwert = Bewertung.
(Seite 8) Wie ist das hierarchische Selbstkonzeptmodell nach Shavelson et al. (1982) aufgebaut?
Strukturiertes, mehrdimensionales Gefüge
Hierarchische Organisation:
Ganz oben: globales Selbstkonzept
Darunter: z. B. schulisches, soziales, emotionales, körperliches Selbstkonzept
Unterste Ebene: spezifische Situationen und Verhaltenswahrnehmung Details merken: Stabilität, zunehmende Ausdifferenzierung, Bezüge zu Drittvariablen.
(Seite 9) Welche Quellen tragen zur Bildung des Selbstkonzepts bei?
Direkte Zuschreibungen durch andere
Indirekte Zuschreibungen (aus Verhalten erschlossen)
Vergleiche mit anderen
Reflexion über die eigene Person (inkl. Vergangenheit & Zukunft)
(Seite 10) Wie zeigt sich das Selbstkonzept im Vorschulalter?
Alles-oder-Nichts-Denken
Unrealistisch positive Selbstbeschreibungen
Erste Theory of Mind (Verständnis fremder Perspektiven)
Entstehende Diskrepanz Real- vs. Soll-Selbst
(Seite 15–16) Wie verändern sich Selbstbeschreibungen vom Kind- zum Jugendalter?
Grundschulalter: Soziale Vergleiche gewinnen an Bedeutung.
Jugendalter: Integration positiver & negativer Eigenschaften; realistischere, kohärente Selbstbeschreibungen. Beispiel: A. (13 Jahre) beschreibt sich differenziert, ambivalent und reflektiert.
(Seite 17–18) Welche Erkenntnisse liefern neuere Studien zur Entwicklung des Selbstkonzepts in der Adoleszenz?
„Mid-adolescent dips“: vorübergehender Rückgang der positiven Selbstbewertungen.
Wachsende Bedeutung der Meinung anderer für Selbstwahrnehmung.
Positive Selbstsicht senkt langfristig Angst vor negativer Bewertung.
Mit dem Alter steigt die Ähnlichkeit zwischen direkter und reflektierter Selbsteinschätzung (auch neuronal im mPFC sichtbar).
(Seite 19) Welche Hauptveränderungen kennzeichnen die Entwicklung des Selbstkonzepts?
Mehr Bereiche & spezifischere Selbstkonzepte
Trennung von Real- und Idealbild
Differenzierung zwischen authentischem & unauthentischem Selbst
Einbezug der Sicht anderer
Zeitbezug: Vergangenheit + Zukunft (nicht nur Gegenwart)
(Seite 22) Was meint Identität im psychologischen Sinn nach Keupp?
Identität beschreibt die subjektive Vorstellung, was das eigene Selbst „im Kern“ ausmacht.
Nach Keupp (1994):
→ Sie beantwortet die Frage, wie lebensgeschichtliche und situationsübergreifende Gleichheit der eigenen Person möglich wird – also innere Einheitlichkeit trotz äußerer Wandlung.
(Seite 23) Welche vier Identitätsstadien unterscheidet Marcia (1980)?
Marcia übernahm Eriksons Idee und unterschied vier Stadien je nach Krise und innerer Verpflichtung:
Erarbeitete Identität: Verpflichtung nach durchlaufener Krise
Übernommene Identität: Verpflichtung ohne Krise (z. B. elterliche Werte übernommen)
Moratorium: Aktive Exploration, aber noch keine Festlegung
Diffuse Identität: Weder Verpflichtung noch Krise
Details merken: Diese Stadien sind keine feste Reihenfolge, sondern mögliche Zustände im Jugendalter.
(Seite 24) Welche Komponenten von Identität werden unterschieden?
Persönliche Identität: Ziele, Werte, Überzeugungen, Lebensgeschichte
Relationale Identität: Rolle im Verhältnis zu anderen
Kollektive Identität: Zugehörigkeit zu Gruppen (z. B. ethnisch, religiös)
Öffentliche Identität: Eindruck und Erscheinungsbild nach außen → Identity Centrality: Dauerhafte Bedeutung, die eine Person einer Identitätskomponente zuschreibt.
(Seite 25) Welche Identitätsmuster fand Meca et al. (2015) bei über 8000 „emerging adults“ – und welches war am günstigsten?
Sechs Cluster unterschieden sich nach der Zentralität der Identitätskomponenten:
Fully engaged (moderat hohe persönliche, relationale, kollektive, niedrige öffentliche Zentralität) → beste psychosoziale Anpassung
Disengaged → niedrigste Anpassung Details merken: Eine aktive, aber nicht übermäßig öffentliche Identität ist am förderlichsten.
(Seite 28) Welche Stärken beschreibt Dirk Ludigs beim Prozess einer erarbeiteten Identität in Minderheiten?
Frühe Bewusstheit über eigene Spielräume und Gestaltungsmöglichkeiten
Fähigkeit, eigene Bedürfnisse und Grenzen zu erkennen
Aneignung des eigenen Andersseins → Selbstliebe
Hinterfragen traditioneller Rollenmodelle, v. a. in Partnerschaften
Reflektierte Haltung zu Sexualität und Beziehung: „Warum mache ich das? Für wen?“
(Seite 30) Wie unterscheiden sich Selbstkonzept, Selbstschema, Selbstwert und Selbstwirksamkeit voneinander?
Selbstkonzept: Kognitive Struktur mit dem gesamten Wissen über die eigene Person.
Selbstschema: Mentale Modelle, die Erfahrungen über das eigene Selbst verallgemeinern („Ich als Freund …“).
Selbstwert: Affektive Bewertung des Selbstkonzepts → Gefühl eigener Wertigkeit.
Selbstwirksamkeit: Glaube an die eigenen Fähigkeiten, in einem Bereich wirksam handeln zu können.
(Seite 32) Wie misst die Rosenberg-Skala den Selbstwert?
Zehn Aussagen, die die globale Selbstbewertung erfassen.
Beispiele:
„Ich bin mit mir selbst zufrieden.“
„Ich halte mich für einen wertvollen Menschen.“
Umgekehrt gepolt: „Ich fühle mich nutzlos.“ → Hohe Zustimmung zu positiven Items = hoher Selbstwert.
(Seite 33) Wie definieren Donnellan et al. (2005) den Begriff Selbstwert?
„Self-esteem refers to an individual’s subjective evaluation of his or her worth as a person.“
→ Es handelt sich um eine subjektive Einschätzung des eigenen Werts, nicht um objektive Leistung.
(Seite 34) Welche Rolle spielen Bindungssicherheit und Elternemotionalität für den Selbstwert im Vorschulalter?
Studie von Goodvin et al. (2008):
Unsichere Bindung und negativer Affekt der Mutter im Alter von 4 Jahren → niedrigerer Selbstwert des Kindes mit 5 Jahren. → Frühbeziehungen prägen das Selbstwertgefühl.
(Seite 35) Wie verläuft die Entwicklung des Selbstwerts von der Kindheit bis zur Jugend?
Vorschulalter: Stark positiver Selbstwert, aber mit Varianz.
Mittlere Kindheit → Jugend: Rückgang durch soziale Vergleiche.
Realismus nimmt zu: Bessere Übereinstimmung zwischen Selbst- und Fremdbeurteilung.
Günstig: leichte Selbstüberschätzung.
Jugend: Körper-Selbstkonzept gewinnt an Bedeutung.
(Seite 37) Warum gilt ein hoher Selbstwert als entwicklungsförderlich?
Stabiler Befund: positiver Zusammenhang mit psychischer Gesundheit.
Effekte zwar klein, aber robust über Alter, Geschlecht, Kultur und Messinstrumente hinweg. Quelle: Orth & Robins (2022).
(Seite 38) Wie stark beeinflusst Selbstwert andere Entwicklungsbereiche im Vergleich zu weiteren Faktoren?
Effektstärken (Orth & Robins 2022):
Selbstwert → verschiedene Domänen: r = .10
Selbstwirksamkeit → Leistung: r = .07
Positiver Affekt → Depressivität: r = –.08
Bindungssicherheit → Substanzmissbrauch: r = –.05 → Selbstwert hat die größte Wirkung unter diesen Variablen.
(Seite 41) Wie lassen sich Selbstkonzept, Selbstwert, Selbstwirksamkeit und Selbstschema definieren?
Selbstkonzept: Kognitives Wissen über sich selbst.
Selbstwert: Affektive Bewertung dieses Wissens.
Selbstwirksamkeit: Vertrauen in die eigene Handlungsfähigkeit.
Selbstschema: Mentale Struktur, die selbstbezogene Informationen organisiert.
(Seite 41) Wodurch entsteht das Selbstkonzept – und wie ist es organisiert?
Quellen: direkte & indirekte Zuschreibungen, soziale Vergleiche, Reflexion.
Aufbau: mehrdimensional, hierarchisch (Shavelson-Modell), stabil, zunehmend differenziert.
(Seite 41) Wie unterscheiden sich Selbstbeschreibungen von Kindern und Jugendlichen?
Kinder: konkret, körper- & verhaltensorientiert, unrealistisch positiv.
Jugendliche: abstrakter, integrieren positive & negative Eigenschaften, beziehen andere Perspektiven ein.
(Seite 41) Was ist Identität – und welche Komponenten gehören dazu?
Definition: Subjektive Vorstellung dessen, was das Selbst im Kern ausmacht.
Komponenten: persönliche, relationale, kollektive und öffentliche Identität.
(Seite 41) Welche Identitätsausprägung begünstigt laut Meca et al. (2015) eine gute psychosoziale Anpassung?
Die „fully engaged“-Identität mit
hoher persönlicher, relationaler, kollektiver,
aber niedriger öffentlicher Zentralität.
(Seite 41) Wie entwickelt sich der Selbstwert typischerweise über Kindheit und Jugend?
Frühe Kindheit: stark positiver Selbstwert
Jugend: Absinken durch soziale Vergleiche, dann Stabilisierung
Realismus nimmt zu, Körperaspekte werden zentral.
(Seite 41) Warum ist der Selbstwert bedeutsam für die Entwicklung?
Hoher Selbstwert wirkt sich positiv auf psychische Gesundheit, Anpassung und Leistungsfähigkeit aus.
→ Kleine, aber stabile Effektstärken über Lebensspanne und Kulturen hinweg.
Zuletzt geändertvor 24 Tagen