Welche Regeln gelten gleichzeitig, wenn ein Foto/Video von mir genutzt wird?
Recht am eigenen Bild: Bilder dürfen grundsätzlich nur mit Einwilligung verbreitet/öffentlich gezeigt werden (§ 22 KunstUrhG). Ausnahmen (z. B. Zeitgeschehen, „Beiwerk“, Versammlungen) sind eng und stehen in § 23 KunstUrhG.
Datenschutz: Fotos/Videos sind personenbezogene Daten. Ihre Nutzung braucht eine Rechtsgrundlage (z. B. Einwilligung, Vertrag, rechtliche Pflicht, berechtigtes Interesse) und muss die DSGVO-Grundsätze einhalten (Zweckbindung, Datenminimierung, Transparenz). Beides – Bildrecht und Datenschutz – gilt nebeneinander und muss parallel erfüllt sein
=> Das KunstUrhG und die DSGVO gelten nebeneinander. Bei Bildveröffentlichungen müssen beide Rechtsgrundlagen beachtet
werden, dass KunstUrhG schützt das Persönlichkeitsrecht am Bild, die DSGVO regelt die Verarbeitung personenbezogener
Daten.
Wie muss eine Einwilligung aussehen – und kann ich sie zurückziehen?
Die Einwilligung muss freiwillig, informiert, eindeutig und zweckgebunden erteilt werden (ideal: schriftlich mit „wo, wie lange, wofür“). Im Arbeitsverhältnis ist wegen des Abhängigkeitsverhältnisses besondere Zurückhaltung geboten – Freiwilligkeit sicherstellen! Du kannst eine Einwilligung jederzeit widerrufen; dann ist künftige Nutzung zu stoppen (Vergangenes bleibt rechtmäßig).
Wo liegen die Schutzbereiche von „Bildrecht“ und „Datenrecht“?
Recht am eigenen Bild schützt deine äußere Erscheinung – sowohl bei der Herstellung als auch bei der Verbreitung. Auch erkennbare Abbildungen ohne Gesicht fallen darunter (z. B. markante Tattoos, Kennzeichen + Kontext).
Informationelle Selbstbestimmung schützt alle personenbezogenen Daten (inkl. Bilder) und gibt dir Auskunfts-, Berichtigungs- und Löschrechte. Grundlage: das Grundgesetz (Menschenwürde + freie Entfaltung) und das berühmte „Volkszählungsurteil“: Du sollst grundsätzlich selbst über Preisgabe und Verwendung deiner Daten bestimmen.
Was ist online besonders zu beachten – und wann braucht es keine Einwilligung?
Social Media hat riesige Reichweite – die Einwilligung muss plattform-spezifische Weiterverbreitung abdecken; Taggen/Markieren erfordert separate Zustimmung. Ausnahmen ohne Einwilligung: Personen der Zeitgeschichte, Beiwerk (du bist nur nebensächlich im Bild) und Versammlungen/Großereignisse – aber keine Bloßstellung oder Entwürdigung. Auch hier gilt: Immer beide Schienen (KunstUrhG und DSGVO) mitdenken.
Was tun, wenn eine Mitarbeiterin erst zustimmt und später die Löschung möchte?
Beim Widerruf muss das Unternehmen das Foto von Website & Kanälen entfernen, weitere Nutzung stoppen und dokumentieren, dass die frühere Veröffentlichung rechtmäßig war. Best Practices: Einwilligungen schriftlich einholen (Zweck/Ort/Dauer), Widerrufsbelehrung aufnehmen, separate Einwilligungen für Website/Social/Print, regelmäßig prüfen, alles dokumentieren und Mitarbeitende schulen. So werden rechtliche Risiken minimiert und Vertrauengewahrt.
Was ist geistiges Eigentum und in welche verschiedenen Schutzrechte gliedert es sich?
Geistiges Eigentum bezeichnet immaterielle Güter, die durch geistige oder kreativ Leistungen entstehen und rechtlich geschützt werden können
Schutzrechte:
Urheberrecht: Schützt individuelle, kreative Werke (Texte, Bilder, Musik, Software, etc.)
Markenrecht: Schützt Kennzeichen, Namen, Logos und Slogans, die Waren/Dienstleistungen eindeutig zuordnen
Designrecht: Schützt das äußere Erscheinungsbild eines
Erzeugnisses (Form, Farbe, Muster)
Patentrecht: Schützt technische Erfindungen oder Verfahren mit Neuheitswert
Welche Vorteile bieten Schutzrechte?
Förderung von Innovation & Fortschritt
- Schutzrechte schaffen Anreize für Forschung und Entwicklung
- Unternehmen investieren eher in neue Ideen, wenn sie rechtlich
geschützt sind
Schutz vor Nachahmung & unfairem Wettbewerb
-Schutzrechte verhindern Kopien und Plagiate
-Sichern die Einzigartigkeit und Glaubwürdigkeit von Marken
Rechtliche Sicherheit
-Gibt die Möglichkeit, gegen Plagiate oder Missbrauch juristisch
vorzugehen
-Schafft Vertrauen bei Partnern und Kund:innen
Welche Nachteile bieten Schutzrechte?
Hohe Kosten & aufwändige Verfahren
-Anmeldung von Patenten, Marken oder Designs ist teuer und zeitintensiv
-Besonders Start-ups & kleine Unternehmen sind oft benachteiligt
Komplexität & Bürokratie
-Unterschiedliche Regeln in verschiedenen Ländern
-Schwierige Durchsetzung von Recht bei internationalen Verstößen
Ungleiche Zugänglichkeit & Gerechtigkeitsfrage
-Reiche Länder & Unternehmen profitieren stärker vom System
-Wissen bleibt oft „eingesperrt“, statt geteilt zu werden
Innovationshemmnis durch Monopolrechte
-Schutzrechte können Wettbewerb auch behindern
-Große Konzerne blockieren mit Patenten keine Innovatoren
Wozu dient das Patenrecht?
Das Patentrecht gewährt Erfindern ein zeitlich begrenztes Monopol für ihre technischen Erfindungen
Es ist ein zeitlich begrenztes Ausschließlichkeitsrecht und schützt so vor unbefugter Nachahmung
Im Gegenzug zur Offenlegung der Erfindung schafft es Wissenszugang und Anreize für Innovation und technischen Fortschritt
Was meint der Erfindungsbegriff („Rote Taube“)?
Lehre zum technischen Handeln
Einsatz von beherrschbaren Naturkräften (keine reine
Verstandeslogik)
Anweisung (= Lehre) – Wiederholbarkeit, d.h. kein
Zufallsprodukt
Keine Entdeckung (wie z.B. Röntgenstrahlen oder
Kernspaltung)
=> Patentschutz können technische Gegenstände oder Verfahren erlangen, wie z.B. Maschinen, Geräte, chemische Erzeugnisse (Arzneimittel) aber auch Verfahren
Welche drei Kriterien entscheiden über Patentfähigkeit?
Neuheit (§ 3 PatG): vor dem Stichtag nirgends öffentlich zugänglich.
Erfinderische Tätigkeit (§ 4): für den Fachmann nicht naheliegend => aus dessen Sicht darf sich die Lösung nicht naheliegend aus dem Stand der Technik ergeben
Gewerbliche Anwendbarkeit (§ 5): herstell- oder benutzbar.
Was schließt § 1 Abs. 3 PatG typischerweise aus?
Entdeckungen,
wissenschaftliche Theorien,
mathematische Methoden,
ästhetische Formschöpfungen (Design),
Regeln/Methoden für geistige Tätigkeiten/Spiele/Geschäftstätigkeiten sowie „Computerprogramme als solche“.
=>Keine Patenterteilung, wenn Veröffentlichung/Verwertung gegen öffentliche Ordnung oder gute Sitten verstößt (klassisches Beispiel: Klonverfahren).
Sind Computerprogramme patentierbar?
Programme „als solche“ sind ausgeschlossen => Reine Algorithmen, Geschäftsmethoden, UI-Layouts etc., ohne technischen Bezug, sind nicht als „Erfindung“ anerkannt.
Patentfähig ist eine computerimplementierte Erfindung, wenn:
sie technische Mittel einsetzt (typisch: Computer, Server, Sensor, Netzwerk ist ein technisches Mittel), und
sie ein konkretes technisches Problem löst, und zwar technisch, also mit einem nachweisbaren technischen Effekt, der über das bloße „Abarbeiten von Code“ hinausgeht
=>Verbesserung der Computerfunktion selbst (z.B. effizientere Speicherverwaltung, Cache-Strategie, CPU-Last-Reduktion auf Betriebssystem-/Hardwareebene).
Welche Stufen durchläuft die DE-Patentanmeldung?
1. Anmeldung
Einreichung der Patentanmeldung beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) mit Beschreibung, Patentansprüchen und Zeichnungen.
2. Formale Prüfung
Prüfung auf Vollständigkeit der Unterlagen und Einhaltung formaler Anforderungen.
3. Recherche
Ermittlung des relevanten Stands der Technik durch das DPMA, um Neuheit und erfinderische Tätigkeit zu beurteilen.
4. Sachliche Prüfung
Intensive Prüfung der Patentfähigkeit (Neuheit, erfinderische Tätigkeit, gewerbliche Anwendbarkeit) und gegebenenfalls Erteilung oder Zurückweisung.
5. Offenlegung und Einspruchsverfahren
Veröffentlichung der Anmeldung und Möglichkeit für Dritte, innerhalb von 9 Monaten Einspruch gegen die Erteilung einzulegen.
Welche Rechte hat der Pateninhaber?
Ausschließlichkeitsrecht: Alleiniges Recht zur Herstellung,
Benutzung, Anbietung und Verbreitung der patentierten Erfindung.
Unterlassungsanspruch: Recht, Dritte an der unbefugten Nutzung der Erfindung zu hindern.
Schadensersatzanspruch: Bei Verletzung des Patents kann
Schadensersatz gefordert werden.
Lizenzierung: Möglichkeit, Nutzungsrechte an Dritte zu vergeben und Lizenzgebühren zu erhalten.
Welche Pflichten hat der Pateninhaber?
Aufrechterhaltung: Jährliche Entrichtung von Gebühren an das
an das DPMA, um das Patent in Kraft zu halten.
Verteidigung: Bei Verletzungen des Patents muss der Inhaber selbst aktiv werden, um seine Rechte durchzusetzen.
Offenlegung: Die Erfindung muss so detailliert beschrieben
werden, dass ein Fachmann sie nacharbeiten kann.
Wirtschaftliche Verwertung: Obwohl keine allgemeine
Nutzungspflicht besteht, kann bei Nichtnutzung eine Zwangslizenz drohen
Was ist das Ziel des Urheberrechts?
Das Urheberrecht schützt kreative Werke (Literatur, Kunst, Film etc.) + Persönlichkeit des Urhebers, während gewerbliche Schutzrechte (Patent, Marke etc.) eher auf technische/kennzeichnende Leistungen mit Eintragung/Prüfung zielen
Schutz der wirtschaftlichen Interessen (Vergütung, Kontrolle der Verwertung) und der ideellen Interessen (Anerkennung, Integrität des Werks) des Urhebers.
=> Schutz entsteht automatisch mit Schaffung; keine Registrierung nötig (nicht eingetragenes Schutzrecht)
Was bedeutet „persönliche geistige Schöpfung“ / Schöpfungshöhe?
Das Werk muss eine individuelle, eigenschöpferische Gestaltung aufweisen, die sich vom Alltäglichen/Handwerklichen abhebt.
Es ist stark personenbezogen und gehört nicht Unternehmen, sondern dem natürlichen Urheber (Unternehmen erhalten nur Nutzungsrechte).
Was sind Urheberpersönlichkeitsrechte?
Schützen die persönliche Beziehung zum Werk: Recht auf Erstveröffentlichung, Anerkennung der Urheberschaft (Namensnennung), Schutz vor Entstellung oder entstellender Kontextnutzung.
Sie sind grundsätzlich unverzichtbar und nicht übertragbar, können aber im Rahmen von Einwilligungen/Verträgen konkretisiert werden.
Was sind Verwertungsrechte?
Regeln die wirtschaftliche Nutzung des Werks: Vervielfältigung, Verbreitung, Ausstellungsrecht, Vortrags-/Aufführungs-/Vorführrechte, öffentliche Wiedergabe/ öffentliche Zugänglichmachung (insb. Online), Senderecht etc.
Diese Rechte können als einfache oder ausschließliche Nutzungsrechte vertraglich eingeräumt oder lizenziert werden.
Was ist das Vervielfältigungsrecht?
Geregelt in § 16 UrhG: Der Urheber hat das ausschließliche Recht, Vervielfältigungsstücke seines Werkes herzustellen, egal
ob vorübergehend oder dauerhaft,
in jedem Verfahren (analog, digital, Kopie, Scan, Download, Screenshot, Cloud-Kopie etc.).
Ohne Erlaubnis des Berechtigten ist jede Vervielfältigung grundsätzlich unzulässig – außer es greift eine Schranke.
Das Vervielfältigungsrecht ist nicht absolut; zentrale Ausnahmen u.a.:
Privatkopie (§ 53 UrhG): Kopien für den privaten Gebrauch sind in gewissen Grenzen erlaubt, solange keine offensichtlich rechtswidrige Vorlage (z.B. illegaler Stream / Warez-Seite) genutzt wird.
Unterricht, Wissenschaft, Forschung (§§ 60a ff. UrhG): Erlaubte Kopien für Unterrichtsmaterial, Lehrplattformen etc. in engen Grenzen (15%)
Zitate (§ 51 UrhG): Vervielfältigung von Teilen eines Werkes zulässig, wenn wirklich als Beleg/Zitat benutzt, mit Quellenangabe.
Panoramafreiheit, § 59 UrhGZulässig ist, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, mit Mitteln der Malerei oder Graphik, durch Lichtbild oder durch Film zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Bei Bauwerken erstrecken sich diese Befugnisse nur auf die äußere Ansicht.
Wie lange gilt Urheberrecht?
Grundsatz: bis 70 Jahre nach Tod des Urhebers; danach ist das Werk gemeinfrei und darf frei genutzt werden.
Was sagt der Erschöpfungsgrundsatz aus?
Der Erschöpfungsgrundsatz erlaubt den Weiterverkauf rechtmäßig gekaufter Einzelstücke (z.B. Software-DVD), aber nicht das Anfertigen oder Verbreiten von Kopien.
Bei dauerhaft lizenzierten Download-Programmen kann der Käufer seine Lizenz weiterverkaufen, wenn er die eigene Nutzung vollständig einstellt (UsedSoft).
Volumenlizenzen können in einzelne Lizenzen aufgespalten und separat weiterverkauft werden, unteilbare Client-Server-Lizenzen hingegen nur als Gesamtpaket.
An persönliche Online-Accounts gebundene Software (z.B. Half-Life 2 mit Aktivierung) ist praktisch nicht frei weiterverkäuflich, weil der Zugang vertraglich nicht übertragbar ist.
Für E-Books und Hörbücher wird der Erschöpfungsgrundsatz beim Download derzeit enger gesehen, weshalb „gebrauchte“ Downloads hier rechtlich unsicher sind.
Wer Software oder andere Werke im Internet zum Download anbietet, muss vorab prüfen, ob der Rechteinhaber das erlaubt hat, sonst begeht er eine Urheberrechtsverletzung.
Worum ging es im Telemediengesetz (TMG) und was macht das Digitale-Dienste-Gesetz (DDG) heute?
Das TMG regelte die Rechtsverhältnisse von „Telemedien“: also Websites, Online-Shops, → Impressum, Haftung der Diensteanbieter, Informationspflichten, erste Datenschutzvorgaben.
Seit 14.05.2024 ist das TMG außer Kraft; seine Rolle übernimmt das Digitale-Dienste-Gesetz (DDG), das den EU-Digital Services Act (DSA) in nationales Recht einbettet. Für normale Webseiten bleibt vieles ähnlich; für Plattformen gelten nun modernere, detaillierte Pflichten zu Haftung, Transparenz und Umgang mit rechtswidrigen Inhalten.
Was verlangt die Impressumspflicht und warum ist sie so wichtig?
Schon § 5 TMG (und inhaltlich fortgeführt im DDG-Umfeld) verlangte bei geschäftsmäßigen Angeboten Angaben zu: Name/Firma, Anschrift, Rechtsform & Vertretungsberechtigten, E-Mail, ggf. Telefon, Handelsregister, Aufsichtsbehörde, USt-ID.
Das Impressum muss leicht erkennbar und mit max. zwei Klicks erreichbar sein. Es dient Transparenz & Verbraucherschutz und ist ein klassischer Abmahn-Fall, wenn es fehlt oder falsch ist.
Wie funktionieren die Haftungsregeln für Content-, Access- und Host-Provider?
Content-Provider: Veröffentlichen eigene Inhalte (Unternehmensseite, Online-Magazin). → Haften voll nach allgemeinen Gesetzen, weil sie Kontrolle über Inhalt haben.
Access-Provider: Stellen nur die Internetverbindung bereit. → Grundsätzlich keine Haftung für fremde Inhalte, keine Pflicht zur generellen Überwachung; Eingreifen nur bei klaren gesetzlichen Pflichten/Anordnungen.
Host-Provider (z.B. Plattformen, Foren, Cloud): Speichern fremde Inhalte. → Haftungsprivileg: keine Verantwortung, solange keine Kenntnis von Rechtsverstößen; aber nach Hinweis müssen sie zügig löschen/sperren (Notice-and-Take-Down). DSA/ DDG bestätigen dieses System im Wesentlichen.
Wann sind Links unproblematisch, wann haftet man dafür?
Grundsatz
Ein Link ist zunächst nur eine technische Verknüpfung; dadurch allein entsteht keine automatische Haftung.
Unproblematisch (regelmäßig)
Links im Rahmen seriöser Berichterstattung / Meinungsäußerung, die nur Quellen belegen oder den Inhalt dokumentieren (BGH „AnyDVD“: Heise haftet nicht für Link auf Seite mit illegaler Software; geschützt durch Art. 5 GG).
Links auf offensichtlich legale Angebote (offizielle Seiten, etablierte Dienste), ohne Anhaltspunkte für Rechtsverletzungen.
Deep Links / Framing auf rechtmäßig frei zugängliche Inhalte, sofern keine „neue Öffentlichkeit“ erschlossen wird und der Rechteinhaber die Online-Stellung erlaubt hat (EuGH „Svensson“, „BestWater“).
Keine Kenntnis von Rechtswidrigkeit + keine Evidenz; bei Hinweis auf Rechtsverletzung wird der Link zügig entfernt.
Haftungsrisiko / Haftung
Du näherst dich der Haftung (als Täter, Teilnehmer oder jedenfalls Verantwortlicher), wenn:
bewusst Links genutzt werden, um Zugang zu klar rechtswidrigen Inhalten zu erleichtern (z.B. illegalen Streams/Downloads, Umgehung von Kopierschutz oder Paywalls).
du positive Kenntnis von der Rechtswidrigkeit hast oder sie sich geradezu aufdrängt (offenkundig illegaler Inhalt) und du den Link trotzdem setzt/stehen lässt.
der Link in einen Kontext eingebettet ist, in dem du dir die rechtswidrigen Inhalte zu eigen machst(zustimmende Übernahme, Werbung dafür, „hier könnt ihr kostenlos illegal XY laden“).
das Setzen des Links kommerziell erfolgt: Nach EuGH „GS Media“ besteht bei Gewinnerzielungsabsicht eine Prüfpflicht; wird auf offensichtlich illegal eingestellte Inhalte verlinkt, kann das als Urheberrechtsverletzung gewertet werden.
du als Betreiber (Website, Forum, Plattform) auf Hinweise („notice“) nicht reagierst und rechtswidrige verlinkte Inhalte nicht entfernst (heute im EU-Recht insb. über DSA / Haftungsprivilegien konkretisiert).
Merksatz fürs Examen / die Klausur:
Unproblematisch sind Links bei legalen Inhalten und seriöser, distanzierter Berichterstattung; Haftung droht, sobald du wissentlich oder grob fahrlässig als „Verteiler“ rechtswidriger Inhalte auftrittst oder dir diese erkennbar zu eigen machst.
Warum galt das TMG als reformbedürftig?
Technisch überholt
Der weite, unscharfe Begriff der „Telemedien“ und die Systematik passten nicht mehr zu modernen Diensten wie sozialen Netzwerken, Plattformen, App-Ökosystemen, Cloud-Services, algorithmischen Empfehlungssystemen etc.
Unklare Verantwortlichkeiten
Unscharf war v.a. die Störerhaftung für Hostprovider, Forenbetreiber, WLAN-Betreiber.
Unklare / uneinheitliche Prüf- und Überwachungspflichten: Was muss ein Plattformbetreiber bei Hinweisen tun? Wie weit geht die Prüfpflicht ohne generelle Überwachungspflicht?
Spannungen mit EU-Recht
Parallelvorschriften und Unklarheiten neben/binnen DSGVO, ePrivacy-Regelungen sowie Haftungs- und Informationspflichten aus EU-Richtlinien.
Zunehmender Bedarf nach EU-weit einheitlichen Plattformregeln, der schließlich durch den Digital Services Act (DSA) adressiert wurde.
Folge / Lösung
Ablösung und Neuordnung durch das Digitale-Dienste-Gesetz (DDG) als moderner nationaler Rahmen, der mit dem DSA verzahnt ist und das alte TMG-Regime weitgehend ersetzt.
Was sind zentrale Punkte des DDG?
Funktionswechsel: „Neues TMG+“
Das DDG ersetzt das TMG, knüpft aber an dessen Logik an: Informationspflichten (v.a. Impressumspflicht), Verantwortlichkeit von Diensteanbietern, Haftungsprivilegien für Access-/Cache-/Host-Provider bleiben im Kern erhalten – nun DSA-konform ausgestaltet.
Umsetzung & Flankierung des DSA
Das DDG ist das nationale Ausführungsgesetz zum Digital Services Act:
definiert zuständige Behörden (insb. Koordinator für digitale Dienste),
regelt Aufsicht, Verfahren und Sanktionen (Bußgelder bei Verstößen gegen DSA-Pflichten),
konkretisiert Pflichten für Vermittlungsdienste im deutschen Kontext.
Konkretisierung für Plattformen (DSA + NetzDG-Elemente)
Für Hostingdienste, Plattformen, soziale Netzwerke & Co insbesondere:
Pflicht zu Melde- und Beschwerdeverfahren für rechtswidrige Inhalte.
Anforderungen an Transparenz (z.B. Berichte, Hinweis auf Moderationspraxis, Umgang mit Meldungen).
Vorgaben zu Notice-and-Action-Prozessen, Kooperationspflichten mit Behörden und Aufsichtsstellen.
Übernahme/Integration bisheriger Regelungsinhalte aus dem NetzDG in ein einheitlicheres System.
Praktische Folgen
Normale Websites / klassische Telemedien: De facto kaum Neuerungen: Impressumspflicht & Haftungsprivilegien wie gewohnt, nur unter neuer Gesetzesnummer.
Plattformbetreiber & größere Dienste: Klare Compliance-Pflichten (Prozesse, Dokumentation, Risikomanagement, Beschwerdewege, Transparenzberichte, Zusammenarbeit mit Behörden, Bußgeldrisiko).
Wenn Unbekannte über ein WLAN urheberrechtswidrig (z.B. Filesharing) handelten, konnte der Anschlussinhaber als Störer auf Unterlassung haften.
Von ihm wurden Sicherungsmaßnahmen (Verschlüsselung) und Belehrungspflichten erwartet; bei Verstoß drohten Abmahnungen und Unterlassungsansprüche (aber meist kein Schadensersatz).
Effekt: Viele hatten Angst, WLAN öffentlich anzubieten → hinderlich für digitale Infrastruktur.
Was haben die Änderungen am TMG (und heute DDG/DSA) für WLAN-Betreiber gebracht?
Die klassische Störerhaftung für WLAN-Betreiber wurde weitgehend zurückgefahren: Betreiber sollen nicht mehr automatisch für Rechtsverstöße Dritter haften
In Einzelfällen Sperrmaßnahmen verlangt werden, wenn sie verhältnismäßig und zumutbar sind
Was ist ein Anspruch und warum braucht man immer eine Anspruchsgrundlage?
Ein Anspruch ist das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen.
In jedem Fall muss es dafür eine Rechtsnorm geben, deren Rechtsfolge genau das Gewünschte zuspricht (z. B. Zahlung, Herausgabe, Schadensersatz).
Ohne passende Anspruchsgrundlage kein Anspruch im Zivilprozess
Wie strukturierst du eine Anspruchsprüfung ganz am Anfang?
Mit der Vier-Fragen-Formel: WER verlangt WAS von WEM, aus WELCHEM Grund. So ordnest du Beteiligte, Anspruchsziel und passende Norm (z. B. Kaufpreiszahlung, Herausgabe, Schadensersatz).
Welche typischen vertraglichen Ansprüche gibt es?
Kaufvertrag: Käufer → Übergabe/Übereignung; Verkäufer → Kaufpreis.
Werkvertrag: Unternehmer → Werk herstellen; Besteller → Vergütung.
Mietvertrag: Vermieter → Gebrauch der Mietsache; Mieter → Miete.
Darlehen: Darlehensgeber → Geldsumme; Darlehensnehmer → Rückzahlung + ggf. Zinsen.
Was sind typische außervertragliche Anspruchsarten?
Dinglich (§ 985 BGB): Eigentümer kann vom Besitzer Herausgabe verlangen, wenn kein Recht zum Besitzbesteht (z. B. Leihe beendet).
Deliktisch (§ 823 Abs. 1 BGB): Wer rechtswidrig und schuldhaft absolute Rechte verletzt (Eigentum, Gesundheit etc.), schuldet Schadensersatz; Höhe nach §§ 249 ff. BGB (Beispiel: Verkehrsunfall; daneben § 7 StVG)
Worum geht es beim Bereicherungsrecht?
Wer ohne Rechtsgrund etwas erlangt, muss es herausgeben
Typischer Fall: Leistung wurde erbracht, aber der Vertrag war (noch) nicht wirksam → Rückabwicklung
Was ist ein Rechtsgeschäft – und welche Arten gibt es?
Rechtsgeschäfte entstehen durch Willenserklärungen.
Einseitig (z. B. Kündigung, Rücktritt, Anfechtung) lösen Rechtsfolgen durch eine Erklärung aus.
Mehrseitig sind Verträge bzw. Beschlüsse (mind. zwei passgenaue Erklärungen).
Wie wird eine Willenserklärung abgegeben – und gilt Schweigen?
Abgabe kann schriftlich, mündlich oder konkludent erfolgen (Kopfnicken; Münze in den Automaten; Einfahrt ins Parkhaus = Angebot Mietvertrag; Einsteigen in den Bus = Angebot Beförderungsvertrag).
Schweigen ist grundsätzlich keine Erklärung (Ausnahme: normiertes/beredtes/kaufmännisches Schweigen)
Wie kommt ein Vertrag zustande – was sind die Mindestinhalte?
Ein Vertrag verlangt Willenserklärungen von mindestens zwei Personen.
Die erste heißt nach § 145 BGB der Antrag (auch und häufig Angebot,
Offerte) und die zweite nach § 146 BGB die Annahme.
Die beiden Willenserklärungen müssen inhaltlich übereinstimmen.
Eine verspätete oder eingeschränkte Annahme gilt als Ablehnung des
Antrags mit neuem Antrag (vgl. § 150 BGB).
Es muss eine Einigung (Konsens) bestehen über einen bestimmten oder zumindest bestimmbaren Vertragsinhalt.
Wesentliche Vertragsbestandteile eines gegenseitigen Vertrages sind:
• die Vertragsparteien,
• der Gegenstand der Leistung,
• der Gegenstand der Gegenleistung.
Woran erkennst du ein Angebot?
Eine auf Vertragsabschluss gerichtete Willenserklärung, die so bestimmt ist, dass ein einfaches „Ja“ (oder konkludentes Einverständnis) genügt
Voraussetzungen: inhaltliche Bestimmtheit (essentialia) und Verbindlichkeit; nicht nur bloße Einladung zur Abgabe eines Angebots
Einladungen sind keine Angebote: Werbeprospekte, Anzeigen, Schaufensterauslagen. => Grenzfälle: Selbstbedienungsladen, Web-Shop. Nach AG München (04.02.2010) ist das Warenangebot im Online-Shop regelmäßig nur invitatio; erst die Bestellung ist das Angebot
Wann geht eine Erklärung zu – und wie/ wann kann man widerrufen?
Zugang liegt vor, wenn die Erklärung in den Machtbereich des Empfängers gelangt.
Praxis: Post auch im Urlaub sichten lassen (BAG). E-Mail-Lesebestätigung ist kein sicherer Beweis des Zugangs. Widerruf: möglich, wenn er vor oder gleichzeitig zugeht
Wie lange bindet ein Angebot – und wann erlischt es?
Der Antragende ist an sein Angebot gebunden (§ 145 BGB). Erlöschen nach § 146 BGB, z. B. durch Ablehnung oder verspätete Annahme (Details in §§ 147–149). ⇒ In der Praxis Fristen genau prüfen (Postlauf, E-Mail-Verzögerung).
Wann kann man eine Willenserklärung anfechten – und mit welcher Wirkung?
Fehlerhafte Willenserklärungen, die auf einem Irrtum
beruhen, können angefochten werden.
Wirkung: Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts von Anfang an => Es wird behandelt, als sei es nie wirksam zustande gekommen.
Trotz der Nichtigkeit muss der Anfechtende unter Umständen Schadensersatz leisten => Der andere Teil ist so zu stellen, wie er stünde, wenn er niemals auf die Gültigkeit der Erklärung vertraut hätte
Welche Irrtumsarten gibt es – und welche Fristen gelten?
Inhaltsirrtum: Man weiß, was man sagt, aber nicht, was es rechtlich bedeutet.
Erklärungsirrtum: Verschreiben, Versprechen, „Zahlendreher“.
Eigenschaftsirrtum: Irrtum über wesentliche Eigenschaften von Person/Sache (wertbildende Faktoren; nicht über den Preis selbst).
Frist: unverzüglich nach Kenntnis, Ausschluss nach 10 Jahren.
Was ist arglistige Täuschung – und welcher Praxisfall ist typisch?
Wer durch Vorspiegeln/Unterdrücken von Tatsachen einen Irrtum bewusst hervorruft, kann angefochtenwerden
Klassiker: Gebrauchtwagen als „unfallfrei“ trotz schwerem Unfallschaden
Anfechtungsfrist: § 124 BGB = 1 Jahr nach Entdecken der Täuschung
Was gehört zu Leistungsstörungen/Pflichtverletzung?
Leistungsstörungen gliedern sich in Unmöglichkeit (Nichtleistung), Verzug (Zuspätleistung) und Gewährleistung/Schlechtleistung (mangelhafte Leistung).
Rechtsfolgen reichen von Schadensersatz über Rücktritt/Kündigung bis zu Leistungsverweigerungsrechten
Was ist ein Fernabsatzvertrag und wann liegt er (nicht) vor?
Ja, Fernabsatz, wenn:
Unternehmer ↔ Verbraucher Vertrag schließen,
es um Waren oder Dienstleistungen geht und
ausschließlich Telefon, E-Mail, Website, App o. ä. genutzt werden (ohne persönliches Treffen) – und zwar im Rahmen eines organisierten Systems (klassischer Online-Shop, Hotline, App).
Kein Fernabsatz, wenn es nur zufällig „auf Distanz“ passiert (z. B. einmaliger E-Mail-Tausch ohne Online-Shop) oder zwischendurch ein Ladentermin stattfand.
Wichtig: Fernabsatz = Extra-Schutz für Verbraucher (Pflichtinfos, Widerruf etc.).
Mini-Beispiel: Bestellung in einem typischen Online-Shop mit Warenkorb → Fernabsatz.
Einmalige Kaufabrede per privater E-Mail zwischen Nachbarn → kein Fernabsatz.
Wie kommt online ein Vertrag zustande, und welche Fallstricke gibt es?
Website/Produktseite ist meist nur Einladung („Schau mal, was wir verkaufen“).
Deine Bestellung ist das Angebot.
Ob der Händler annimmt, steht in seiner Antwort:
„Eingangsbestätigung“ = nur technischer Empfang → noch kein Vertrag.
„Auftrags-/Versandbestätigung“ oder ausdrückliche Zusage → Vertrag da.
eBay & Auktionen: Bei eBay sind Angebot/Annahme in den Plattformregeln festgelegt (vorzeitiger Abbruch ohne Grund kann haftungspflichtig machen; „Startpreis 1 €“ sagt nichts über den Wert).
Merksatz: Vertrag erst, wenn ein klar erkennbares „Ja“ des Händlers vorliegt (Text oder Handlung wie Versand).
Mini-Beispiel: „Danke für Ihre Bestellung – wir prüfen jetzt.“ → noch kein Vertrag.
„Ihre Bestellung wurde angenommen – Versand morgen.“ → Vertrag.
Welche Infos muss der Shop geben – und was muss auf dem Bestell-Button stehen?
Vor dem Klick müssen klar sichtbar sein:
Produkt, Gesamtpreis inkl. Steuern, zusätzliche Kosten (z. B. Versand), Vertragslaufzeit/Automatik-Verlängerung, Widerrufsrecht (Info), Zahlungs-/Lieferbedingungen.
Preisvergleich/Listen: Spätestens mit dem ersten Klick muss erkennbar sein, ob Versandkosten enthalten sind.
Bestell-Button muss eindeutig heißen, z. B. „zahlungspflichtig bestellen“ (oder ähnlich klar).
Fehlt diese Klarheit, kommt regelmäßig kein wirksamer Vertrag zustande – genau dafür gibt es die Button-Lösung.
Mini-Beispiel: Button „Jetzt kaufen (Endpreis 39,90 € inkl. Versand)“ + klare Infos darunter → sauber.
Button „Weiter“ ohne Preisangaben → kritisch.
Wie funktioniert der Widerruf im Fernabsatz – und wo sind die Grenzen?
Frist: In der Regel 14 Tage ab Erhalt der Ware (bei Dienstleistungen ab Vertrag, ggf. Besonderheiten).
Start der Frist nur mit ordentlicher Belehrung (Text). Ohne Belehrung läuft die Frist nicht normal an.
So widerrufst du: Klare Erklärung (z. B. Formular, E-Mail) – ohne Begründung.
Rückabwicklung: Händler zahlt Kaufpreis (und standard-Versand) innerhalb von 14 Tagen zurück; du schickst die Ware zurück (wer die Rücksendekosten trägt, muss vorher mitgeteilt sein). Wertersatz, wenn die Ware mehr als nötig genutzt wurde.
Typische Ausnahmen (kein Widerruf):
maßgeschneiderte Ware, versiegelte Software/Audio/Video nach Öffnen, schnell verderbliche Güter, Zeitungen/Zeitschriften (außer Abo), vollständig erbrachte Dienstleistungen mit vorheriger Zustimmung.
Online-Auktionen: gelten nicht als „Versteigerung“ im rechtlichen Sinne → Widerruf meist möglich.
Mini-Beispiel: Abendkleid zuhause nur anprobiert → Widerruf ok.
Zelt drei Tage „getestet“ → evtl. Wertersatz.
Was bedeutet Cloud ganz einfach – und welche Grundformen gibt’s?
Cloud heißt: IT-Leistungen (Rechenpower, Speicher, Software) werden über das Internet spontan bezogen, flexibel skaliert und meist „pay per use“ abgerechnet – statt eigene Server zu kaufen.
Es gibt Public Clouds (für viele Kunden standardisiert, schnell & variabel) und
Private Clouds (nur für eine fest definierte Nutzergruppe, z. B. ein Unternehmen).
Service-Ebenen: IaaS (Infrastruktur wie virtuelle Server),
PaaS (Developer-Plattformen) und
SaaS (fertige Apps wie Mail, ERP).
Beispiel: Statt eigenen Mailserver zu betreiben, nutzt ein Start-up SaaS-E-Mail in der Public Cloud.
Was ist beim Cloud-Vertrag wichtig?
Leistungsbeschreibung ist das Herzstück (welche Dienste, Umfang, Laufzeit).
Details regelt das SLA mit KPIs (z. B. Verfügbarkeit/Response-Zeit) und ggf. Pönalen (Vertragsstrafen) bei Schlechtleistung.
Bei internationalen Anbietern unbedingt anwendbares Recht und Gerichtsstand sauber festlegen (sonst teure Verfahrensüberraschungen).
Nutzung von Software in der Cloud ist rechtlich oft Miete; Wartung/Anpassung eher Dienst/Werk – passt die Beschreibung, passt die Rechtsfolge. Praxis-Merker: Ohne präzises SLA keine verlässliche Qualität.
Dürfen Anwälte/Steuerberater einfach in die Cloud?
Bei Berufsgeheimnisträgern (z. B. Anwälte, Notare, Steuerberater) steht § 203 StGB im Raum: Eine unbefugte Offenbarung von Geheimnissen ist strafbar. Deshalb sind besonders strenge vertragliche/technische Sicherungen (Standort, Verschlüsselung, Zugriff, Sub-Processor) nötig – und im Zweifel eine konservative Gestaltung, bevor Mandantendaten ausgelagert werden.
Welche IT-Vertragstypen gibt es und was ist jeweils die „juristische Schublade“?
Internet-System-Vertrag (z. B. Entwicklung/Einrichtung eines kompletten Web-Auftritts): in der Regel Werkvertrag
Softwareerstellungsvertrag: meist Werkvertrag (fertige, funktionsfähige Software als Erfolg), je nach Fall auch Werklieferung (§ 651 BGB), wenn Standardkomponenten geliefert und angepasst werden.
Pflege eines Webauftritts (laufende Betreuung/Contentpflege): typischerweise Dienstvertrag
Wartung/Software-Anpassung: häufig Werkvertrag (konkretes Ergebnis wie Bugfix/Feature), kann im Einzelfall auch Dienstvertrag sein, wenn nur „Bemühungen“ geschuldet sind.
Merke: Werk = Erfolg geschuldet (Abnahme!), Dienst = Tätigkeit geschuldet (keine Erfolgsgarantie). Diese Einordnung bestimmt Abnahme, Vergütung, Haftung und Beweislast.
Worauf muss ich in IT-Verträgen unbedingt achten (Praxis)?
Glasklare Leistungsbeschreibung: Was genau wird geliefert/geleistet? Welche Version/Module, Schnittstellen, Usability-Kriterien? Ohne Präzision drohen Streit & Mehrkosten.
Vorleistungspflichten (z. B. hohe Anzahlung, Content/Feedback des Kunden): exakt regeln und durch Meilensteine + Leistungsfortschrittskontrolle absichern (Kennzeichnung von Zwischenergebnissen, Abnahmekriterien pro Meilenstein). Idee wie aus Bau/Architektur: Plan → Bauabschnitt → Abnahme → nächste Rate.
SLA anhängen: KPIs (z. B. Verfügbarkeit, Reaktions-/Behebungszeiten) + Pönalen bei Unterschreitung. Rechtswahl/Gerichtsstand festlegen (Auslandsanbieter!).
Merke: Gute Verträge sind Checklisten: Leistung, Qualität, Termine, Abnahme, Change-Requests, Vergütung je Stufe.
Was will das IT-SiG 2.0?
Ziel: Deutschland robuster gegen Cyberangriffe machen: KRITIS schützen, staatliche Cyberabwehr stärken, Pflichten für Unternehmen erweitern.
Welche Unternehmen sind beim IT-Sig 2.0. im Fokus—und was ist neu?
KRITIS-Sektoren wie Energie, Wasser, IT/TK, Verkehr, Gesundheit, Finanz/Versicherung bleiben; neu hinzukommt Siedlungsabfallentsorgung. Zusätzlich wurden Schwellenwerte gesenkt, dadurch fallen mehr Betreiberunter die Regeln.
UBI = Unternehmen im besonderen öffentlichen Interesse (drei Gruppen):
UBI-1 (AWV-UBI): z. B. Rüstungsindustrie, VS-IT;
UBI-2 (Wertschöpfungs-UBI): sehr große deutsche Unternehmen und wesentliche Zulieferer;
UBI-3 : Betriebe, in denen bei Störungen große Gefahren entstehen können (Störfall-Betriebe).
Welche Pflichten gibt es im Alltag beim IT-Sig 2.0.?
Angriffe erkennen: Es müssen automatische Systeme eingesetzt werden, die Angriffe laufend erkennen.
Vorfälle melden: Erhebliche IT-Störungen sind sofort an das Bundesamt zu melden.
Nachweis der Sicherheitsqualität: Regelmäßig zeigen, dass die Schutzmaßnahmen dem aktuellen Stand der Technik entsprechen (belegt durch Prüfungen und Dokumentation).
Vertrauenswürdige Produkte: Hersteller müssen die Sicherheit ihrer Produkte und ihrer Lieferketten belegen.
Kennzeichnung für Verbraucher: Digitalen Produkten kann ein IT-Sicherheitskennzeichen verliehen werden, das über Sicherheitsmerkmale informiert.
Was darf und macht das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik?
Prüfen und warnen: Das Bundesamt darf eigene Sicherheitsanalysen vornehmen (zum Beispiel an Software oder Netzen) und öffentlich vor unsicheren Produkten warnen.
Lage sammeln und bewerten: Sicherheitsvorfälle werden zentral erfasst und bewertet, damit schneller reagiert werden kann.
Bessere Zusammenarbeit: Staatliche Stellen zur Cyberabwehr arbeiten enger zusammen; das Bundesamt übernimmt die Koordination.
Was ist der Unterschied zwischen Recht auf Löschung und Recht auf Vergessenwerden (Art. 17 DSGVO)?
Recht auf Löschung: Daten müssen gelöscht werden, wenn z.B. Zweck wegfällt, Einwilligung widerrufen, unrechtmäßige Verarbeitung etc. => Das Recht auf Löschung betrifft typischerweise die direkten Daten, die ein Unternehmen oder
Anbieter über eine Person hat
Recht auf Vergessenwerden: Speziell: Entfernung von Links/Suchergebnissen (De-Listing), damit Infos bei Namenssuche nicht mehr so leicht auffindbar sind.
=> Immer mit Interessenabwägung: Persönlichkeitsschutz vs. Informations-/Pressefreiheit.
Wann muss Google Suchergebnisse entfernen?
Google ist Verantwortlicher
für die Verarbeitung der personenbezogenen Daten in seinen Suchergebnissen (vgl. EuGH „Google Spain“).
Pflicht zum De-Listing (Art. 17 DSGVO)
bei Treffern zur Namenssuche, wenn die angezeigten Infos im konkreten Fall:
unrichtig oder
veraltet / nicht mehr relevant oder
unangemessen oder
unverhältnismäßig belastend
sind und dadurch das Recht der betroffenen Person auf Schutz ihrer Daten und Persönlichkeit überwiegt.
Kein De-Listing, wenn kumulativ:
die Info wahr und
aktuell/relevant ist und
ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Auffindbarkeit über die Namenssuche besteht
(z.B. Politiker:innen, schwere Straftaten, wichtige Wirtschaftsinfos).
Prüfungsschema (prüfungsfest formuliert):
Personenbezug der Suchtreffer (Name → konkrete Person identifizierbar).
Anspruchsgrundlage: Art. 17 Abs. 1 DSGVO (insb. lit. a, c, d) i.V.m. EuGH „Google Spain“ und Folge-Rechtsprechung.
Interessenabwägung
Rechte der betroffenen Person (Privatsphäre, Resozialisierung, Zeitablauf etc.)
vs. Informationsfreiheit der Nutzer (Art. 11 GRCh) und öffentliches Informationsinteresse.
Ergebnis:
Bei Überwiegen der Betroffenenrechte: Entfernung bestimmter Links nur bei Namenssuche (nicht Löschung der Inhalte auf der Quellseite, kein Totalverbot anderer Suchanfragen).
Unter welchen Bedingungen ist Street View zulässig?
Personenbezogene Daten werden rechtmäßig verarbeitet
Gesichter, Kennzeichen, Hausfassaden, Gärten etc. sind personenbezogene Daten.
Rechtsgrundlage: Berechtigtes Interesse des Anbieters und der Öffentlichkeit (Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO).
Erforderlich: Interessenabwägung → kein überwiegendes Interesse der Betroffenen.
Datenschutzmaßnahmen (Privacy by Design)
Automatische Verpixelung von Gesichtern und Kfz-Kennzeichen.
Möglichkeit, zusätzlich eine weitere Verpixelung/Entfernung (z.B. gesamtes Haus) einfach zu beantragen.
Keine langfristige Speicherung der Rohdaten ohne Notwendigkeit.
Aufnahmebedingungen
Aufnahmen grundsätzlich von öffentlich zugänglichen Wegen/Plätzen aus.
Keine gezielte Ausspähung des Innenbereichs von Wohnungen oder abgeschirmter Privatbereiche.
Keine besonderen Hilfsmittel, die einen unzulässigen Einblick ermöglichen (z.B. extreme Überhöhung zur Einsicht in Hinterhöfe).
Panoramafreiheit & Urheberrecht
Außenansichten von Gebäuden, Kunstwerken im öffentlichen Raum etc. sind über die Panoramafreiheit (§ 59 UrhG) regelmäßig zulässig, solange von öffentlichem Raum aus aufgenommen.
Transparenz & Betroffenenrechte
Information der Öffentlichkeit über Art und Zweck der Aufnahmen.
Wahrung aller Rechte nach DSGVO: Auskunft, Widerspruch, Löschung/Verpixelung.
Was sind Ehrverletzungsdelikte?
Beleidigung: Jemand wird durch Worte, Bilder, Videos oder Gesten in seiner Ehre herabgesetzt (z. B. Ausfälligkeiten, „Mittelfinger“). Unhöflichkeit oder ein vertrauliches Gespräch reichen allein nicht. Strafe: Geldstrafe bis Freiheitsstrafe (max. etwa zwei Jahre).
Üble Nachrede: Es werden Tatsachen über jemanden verbreitet, die nicht nachweisbar wahr sind und den Ruf schädigen (z. B. „X klaut im Büro“, ohne Belege). Ebenfalls mit Worten, Bildern oder Videos möglich; Strafrahmen wie oben.
Verleumdung: Bewusst falsche Tatsachen werden über jemanden verbreitet, um ihn verächtlich zu machen oder seinen Ruf zu zerstören. Schwerer als üble Nachrede; Strafe bis zu fünf Jahren. Merksatz: Meinung darf hart sein – Unwahrheiten nicht.
Im Hinblick auf Ehrverletzungsdelikte: Was ist noch Meinungsfrreiheit?
Die Meinungsfreiheit schützt Werturteile und Kritik – auch scharf. Sie endet, wo die Menschenwürde verletzt wird oder ehrverletzende Schmähungen beginnen. Tatsachenbehauptungen müssen stimmen; wer bewusst Falsches behauptet, kann sich nicht auf Meinungsfreiheit berufen. Hass ist keine Meinung.
Sonderfall: Hetze gegen bestimmte Gruppen kann zusätzlich strafbar sein („verhetzende Beleidigung“).
Faustregel: Sagt man was jemand ist (Werturteil) → oft erlaubt; behauptet man was jemand getan hat (Tatsache) → das muss wahr sein.
Ab wann greifen Datenschutzregeln bei privaten Kameras – und worauf stützen sie sich?
Datenschutz gilt, sobald eine Kamera personenbezogene Daten erfasst – also erkennbare Personen oder Kennzeichen.
Das betrifft auch Fälle, in denen versehentlich Bereiche außerhalb des eigenen Grundstücks erfasst werden (z. B. Gehweg, Nachbareinfahrt).
Grundlage sind die Datenschutz-Grundverordnung (z. B. Grundsätze, Rechtsgrundlage, Informationspflicht) und das allgemeine Persönlichkeitsrecht.
Was darf eine private Überwachungskamera – und welche Infos müssen sichtbar sein?
Erlaubt ist die Überwachung des eigenen Grundstücks, und zwar so sparsam wie möglich (nur was für den Zweck nötig ist).
Unzulässig ist das Filmen von öffentlichen Flächen (Straße, Gehweg) oder Nachbarbereichen (z. B. Fenster, Eingänge).
Zusätzlich ist eine gut sichtbare Information nötig: Wer ist verantwortlich (Kontakt), Zweck und Rechtsgrundlage, mögliche Empfänger, ggf. Drittland-Übermittlungen, Speicherdauer/Löschfristen und die Rechte der Betroffenen.
Wichtig: Das Hinweisschild legalisiert keine Überwachung öffentlicher Bereiche.
Welche Rechte haben Betroffene – und wie setzt man Kameras rechtssicher ein?
Betroffene können Auskunft über gespeicherte Aufnahmen verlangen,
Löschung fordern,
Widerspruch einlegen und
sich bei der Aufsichtsbehörde beschweren.
Für eine rechtssichere Nutzung:
(1) Kamera so ausrichten, dass nur das eigene Areal erfasst wird;
(2) sparsam speichern und zeitnah löschen; (3)
Hinweisschild mit den Pflichtangaben gut sichtbar anbringen;
(4) Anfragen zügig beantworten und unzulässige Aufnahmen löschen.
Was schützt das vom Bundesverfassungsgericht entwickelte IT-Grundrecht?
Es schützt die Vertraulichkeit und Integrität deiner IT-Systeme (z. B. Laptop, Smartphone). Heimliches Eindringen des Staates (Auslesen, Mitlesen) ist nur erlaubt, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Gefahr für überragend wichtige Rechtsgüter bestehen (z. B. Leib, Leben, Freiheit oder die staatliche Existenz). Nur in echten Ausnahmelagen – nicht „auf Verdacht“.
Was sind personenbezogene Daten und wann greift der Datenschutz?
Personenbezogene Daten sind alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Personbeziehen. Identifizierbar ist jemand schon dann, wenn man ihn direkt oder indirekt bestimmen kann – etwa über Name, Adresse, Kfz-Kennzeichen, Online-Kennungen wie Nutzer-ID, Standortdaten oder eine Kombination mehrerer Merkmale.
Zweck des Datenschutzes
Datenschutz dient dem Schutz des Persönlichkeitsrechts und der informationellen Selbstbestimmung. Online-Dienste dürfen personenbezogene Daten nur erheben, speichern oder nutzen, wenn
eine gesetzliche Grundlage das erlaubt (z. B. Vertragserfüllung, berechtigtes Interesse, rechtliche Pflicht), oder
du wirksam eingewilligt hast.
Ohne Rechtsgrundlage ist die Verarbeitung grundsätzlich unzulässig.
Zuständigkeit bei globalen Diensten
Bei international tätigen Plattformen hängt die Zuständigkeit von Datenschutzaufsichtsbehörden oft vom EU-Sitz der Hauptniederlassung ab („One-Stop-Shop“). Beispiel: Für Facebook/Meta war lange die irische Behörde federführend zuständig, weil die EU-Zentrale in Irland sitzt. Andere nationale Behörden können zwar mitwirken, aber die Leitentscheidung läuft typischerweise über die Behörde am Hauptsitz.
Wann ist Werbung mit deinen Daten erlaubt?
Personenbezogene Daten dürfen
grundsätzlich für Werbung nur mit ausdrücklicher
Einwilligung des Betroffenen verarbeitet oder genutzt
werden.
Die Einwilligung muss im Regelfall
schriftlich erfolgen (deutlich hervorgehoben – nicht
versteckt in AGBs); ihr muss eine Unterrichtung über den
Verarbeitungszweck vorausgehen.
Die Einwilligung ist
jederzeit frei widerruflich. Im Zweifel ist nach der
Rechtsprechung ein sog. Opt-In-Verfahren erforderlich.
Einwilligungspflicht nach TTDSG (§ 25)
• Cookies dürfen nur gesetzt werden, wenn der Nutzer vorher zustimmt
• Ausnahmen: Cookies, die technisch unbedingt erforderlich
• Einwilligung muss DSGVO-konform sein
• Verstöße: Abmahnungen & Bußgelder bis zu 300.000 €
Anforderungen an Cookie-Banner
• Verständliche Infos + Jederzeit widerrufbar
• Opt-In (aktive Zustimmung) notwendig
• Keine Dark Patterns (manipulative Gestaltung) oder
Nudging (Subtile Beeinflussung) erlaubt
Dürfen Namen und Adressen einfach so weitergegeben werden?
Nein. Das frühere „Listenprivileg“ (einfache Adresslisten) gibt es nicht mehr. Heute braucht es eine Rechtsgrundlageoder eine ausdrückliche Einwilligung. Unternehmen müssen zudem Transparenz herstellen (z. B. Herkunft der Daten angeben) und Widersprüche beachten.
Welche Cookies sind erlaubt?
Technisch unbedingt notwendige Cookies (z. B. Warenkorb) sind ohne Einwilligung erlaubt.
Funktionale/Analyse-/Marketing-Cookies und seitenübergreifendes Tracking brauchen vorherige Zustimmung.
Was sind beispiehafte personenbezogene Daten des Arbeitnehmers?
Personenbezogene Daten
• Bewerbungsunterlagen
• Vereinbarungen (Arbeitsvertrag, Zielvereinbarung etc.)
• Stammdaten
• Krankheitstage / Fehlzeiten
• Beurteilungen
Welche Regeln gelten für Beschäftigtendaten?
Artikel 5 DSGVO
• Rechtmäßigkeit → Verarbeitung nur mit Rechtsgrundlage
• Transparenz & Fairness → Arbeitnehmer muss wissen, welche Daten warum verarbeitet werden
• Zweckbindung → Nutzung nur für festgelegte, legitime Zwecke
• Datenminimierung → nur notwendige Daten erheben & speichern
• Richtigkeit → Daten müssen korrekt & aktuell sein, Fehler zu berichtigen/löschen
• Speicherbegrenzung → Daten nur so lange speichern, wie erforderlich (Löschkonzept nötig)
• Integrität & Vertraulichkeit → Schutz vor Verlust, Zerstörung & unbefugtem Zugriff
• Rechenschaftspflicht → Arbeitgeber muss Einhaltung der Grundsätze nachweisen können
Artikel 15 DSGVO
Auskunftsrecht
• Den Zweck der Datenverarbeitung
• Die Kategorien der verarbeiteten Daten
• Die Empfänger oder Kategorien von Empfängern, denen die Daten offengelegt werden
• Die Dauer der Speicherung der Daten und die Kriterien für die Festlegung dieser Dauer
=> DSGVO: schützt Arbeitnehmer vor unverhältnismäßiger Datensammlung und schafft Transparenz
Wann ist Überwachung im Betrieb zulässig?
Nur wenn sie erforderlich, verhältnismäßig und transparent ist – und in der Regel mitbestimmt durch den Betriebsrat.
Beispiele: Erfassung von Arbeitszeiten, Produktivität oder Qualität kann zulässig sein, wenn sie der Steuerung von Prozessen dient und keine Persönlichkeitsprofile über Eigenschaften der Person erstellt werden.
In Deutschland und der EU sind die Regeln streng, in den USA ist vieles weitergehend erlaubt, weil es weniger spezielle Schutzgesetze gibt.
Wer handelt unlauter?
Unlauter handelt u. a., wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte
Was verbietet das Wettbewerbsrecht – und wie prüft man Irreführung?
Unlautere Geschäftspraktiken sind verboten.
Irreführung liegt vor, wenn eine Aussage einen falschen Eindruck erzeugt und die Kaufentscheidung beeinflussen kann.
Maßgeblich ist der Gesamteindruck: Wie versteht ein durchschnittlich informierter Mensch die Werbung?
Online ist zu beachten, dass viele Details erst nachgeklickt werden – das erhöht das Risiko, dass Wichtiges „untergeht“. Werturteile („super lecker“) sind eher erlaubt; prüfbare Behauptungen müssen stimmen.
Welche Preisangaben sind Pflicht?
Preise müssen eindeutig zuordbar, gut erkennbar und vollständig sein. Beim Online-Verkauf gehört dazu, ob Umsatzsteuer enthalten ist und ob Liefer-/Versandkosten anfallen. Der Endpreis muss am Ort der Preiswerbung klar sein – auch in Preisvergleichslisten. Zeigt eine Preissuchmaschine 29,90 €, der Shop verlangt später 34,90 €, ist das irreführend.
Beispiel: In der Liste steht „39,90 € inkl. MwSt.“ – erst im Warenkorb kommen „Pflicht-Versandkosten“ dazu → problematisch.
Darf man Aktionsware bewerben, die schnell weg ist?
Ja – aber nur mit angemessener Bevorratung. Wer ein Sonderangebot bewirbt, muss vorher so planen, dass die Ware für einen „angemessenen Zeitraum“ in „angemessener Menge“ verfügbar ist (Nr. 5 Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG).
2-Tage-Faustregel / Beweislast:
Die „zwei Tage“-Regel ist heute kein Automatismus mehr für die Unlauterkeit, sondern ein Beweislast-Indikator:
Ist das Angebot vor Ablauf von 2 Tagen ausverkauft, muss der Händler beweisen, dass er trotzdem angemessen bevorratet hatte (z.B. unerwartet hohe Nachfrage, Lieferschwierigkeiten).
Ersatzprodukt:
Ein Ersatzprodukt hilft nur, wenn es aus Verbrauchersicht wirklich gleichwertig ist (Preis, Qualität, Leistung, Marke/Modellniveau). Sonst bleibt es ein unzulässiges Lockangebot.
Merksatz:
Wer lockt, muss liefern – oder fair und deutlich begrenzen.
Wie sind herausgestellte Preise (Blickfang) zu behandeln?
Wenn ein Preis blickfangmäßig (z.B. groß, farbig, dominant) beworben wird, müssen alle zwingenden Preisbestandteile bzw. unvermeidbaren Zusatzkosten unmittelbar beim Blickfang mitgenannt werden.
Sonst liegt eine Irreführung vor, weil der Verbraucher den Endpreis falsch einschätzt (§ 5, § 5a UWG i.V.m. Preisangabenrecht).
Sternchenhinweis:
Ein Sternchen ist nur okay, wenn der Hinweis leicht erkennbar, klar zugeordnet und ohne Suchen wahrnehmbar ist. Ein „versteckter“ Sternchentext reicht nicht.
Beispiel (BGH Kabelanschluss):
Wird ein Telefon-/Internetpreis groß beworben, aber der Tarif funktioniert nur mit einem kostenpflichtigen Kabelanschluss, dann müssen dessen Kosten direkt beim Blickfangpreis stehen.
Was für den Preis zwingend ist, muss am Preis stehen.
Was gilt, wenn Ware noch gar nicht verfügbar ist?
an darf die Lieferfähigkeit nicht schönreden. Wer online wirbt, muss wahrheitsgemäß sagen, ob und wann geliefert werden kann. Vage Formeln („bald wieder da“) reichen nicht, wenn man tatsächlich nicht liefern kann. Kundinnen und Kunden rechnen im Online-Handel mit zeitnaher Lieferung.
Wieso ist getarnte Werbung unzulässig?
Werbung und redaktionelle Inhalte müssen klar getrennt sein. „Als Information getarnte Werbung“ (z. B. Blog-Artikel, die faktisch Ads sind) ist unzulässig. Online betrifft das z. B. Frames oder Unterseiten, die Werbung wie redaktionellen Inhalt aussehen lassen. Kennzeichnung (z. B. „Anzeige“) ist Pflicht.
Wann darf man Werbe-E-Mails schicken?
Grundsätzlich nur mit vorheriger ausdrücklicher Einwilligung. Für Newsletter gilt praktisch Double-Opt-In als Nachweis: Anmeldung + Bestätigungs-E-Mail mit aktivem Klick. Ohne Einwilligung sind Werbe-Mails eine unzumutbare Belästigung; außerdem drohen zivilrechtliche Ansprüche (Eingriff in Persönlichkeitsrecht oder Gewerbebetrieb).
„Bestandskunden“-Ausnahme: Erlaubt ist E-Mail-Werbung nur für ähnliche eigene Produkte, wenn die Adresse im Kauf erhoben wurde, kein Widerspruch vorliegt und der Widerspruch jederzeit möglich ist.
Wann sind Werbeanrufe zulässig – und was muss dokumentiert werden?
rivatpersonen: Werbeanrufe nur mit vorheriger, ausdrücklicher Einwilligung.
Unternehmen: Erlaubt, wenn eine mutmaßliche Einwilligung plausibel ist (z. B. offenkundiges Interesse des IT-Leiters an passender Software). Beweislast liegt beim Anrufer.
Dokumentation: Einwilligungen müssen nachweisbar gespeichert werden; Aufbewahrungspflichten gelten.
Worum geht’s beim Risikomanagementsystem – und wozu dient es?
Ein RMS ist die „Frühwarn- und Schutzanlage“ eines Unternehmens:
Risiken werden systematisch erkannt, bewertet, gesteuert und überwacht, damit Schäden gar nicht erst entstehen oder klein bleiben.
Das hilft bei Finanz-, Rechts-, Technologie- und IT-Risiken, stärkt Vertrauen bei Investor:innen und Behörden und macht Entscheidungen fundierter – nicht nur „aus dem Bauch“.
Es schafft bessere Entscheidungsgrundlagen (weniger Bauchgefühl, mehr Daten), mehr Transparenz & Vertrauen bei Kund:innen, Mitarbeitenden und Aufsicht, und es senkt Haftungsrisiken für das Management, weil Pflichten nachweisbar erfüllt werden. Oft wird Risikomanagement damit sogar zum Wettbewerbsvorteil.
Was verlangt das Gesetz vom Management im Hinblick auf ein RMS?
Leitungen von AGs und GmbHs müssen angemessene Maßnahmen für ein Überwachungs-/Risikofrüherkennungssystem treffen und mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters handeln – sonst droht persönliche Haftung. Kurz: Risiken früh erkennen, transparent berichten, verantwortungsvoll entscheiden
Welche IT-Risiken sind besonders typisch?
Cyberangriffe & Erpressersoftware: Daten werden verschlüsselt, Freigabe nur gegen Lösegeld – Produktionsstopp droht.
Datenschutzverstöße: Personenbezogene Daten werden unzulässig verarbeitet oder offengelegt – Bußgelder, Reputationsschaden.
Cloud-/Systemausfälle: Dienste sind nicht erreichbar – Bestellungen, Schichtpläne oder Zahlungen stehen still.
Ein gutes RMS behandelt diese Risiken gezielt und wiederkehrend.
Wie läuft Risikomanagement praktisch ab?
Identifizieren: Alle wesentlichen Risiken sammeln (z. B. Finanzen, IT, Personal, Lieferkette).
Analysieren & Bewerten: Wie wahrscheinlich ist der Eintritt? Wie hoch wäre der Schaden? → Prioritäten setzen.
Steuern: Risiko vermeiden, mildern (Maßnahmen), übertragen (Versicherung) oder bewusst akzeptieren, wenn beherrschbar.
Überwachen & Berichten: Risiken ändern sich – daher kontinuierlich verfolgen und regelmäßig an Geschäftsleitung/Aufsicht berichten.
Was gehört zur IT-Sicherheit im Unternehmen?
Unternehmen brauchen IT-Sicherheitsstandards, die Verfügbarkeit, Unversehrtheit/Integrität und Vertraulichkeitvon Informationen schützen (Definition im Gesetz über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik). Dazu zählen eine Risikoanalyse, die Festlegung interner und externer Risiken, der Schutz personenbezogener Daten sowie die Beachtung strafrechtlicher Schutzvorschriften (z. B. gegen Daten- und Systemangriffe).
Wofür gibt es Datenschutz- und Compliance-Beauftragte?
Datenschutzbeauftragter (DSB): Achtet darauf, dass das Unternehmen die Datenschutzgesetze einhält (v. a. Datenschutz-Grundverordnung und Bundesdatenschutzgesetz).
Ziel: Personendaten schützen und Datenpannen vermeiden.
Compliance-Beauftragter (CB): Achtet darauf, dass alle Gesetze und internen Regeln eingehalten werden (z. B. Anti-Korruption, Kartellrecht, Geldwäsche, Arbeitsschutz).
Ziel: Rechtsverstöße und Skandale verhindern und eine faire Unternehmenskultur sichern.
Woher kommen die Aufgaben – und wann muss bestellt werden?
DSB: Gesetzlich geregelt. Pflicht zur Bestellung, wenn z. B. mehr als 20 Personen regelmäßig mit Personendaten arbeiten, Datenverarbeitung Kerntätigkeit ist (z. B. Cloud-Provider, Tracking-Anbieter) oder besonders sensible Daten verarbeitet werden.
CB: Kein einzelnes „Compliance-Gesetz“. Die Rolle ergibt sich aus allgemeinen Organisationspflichten der Unternehmensleitung , Gesellschafts- und Corporate-Governance-Vorgaben. Nicht zwingend, aber Best Practice – besonders in größeren/risikoreichen Unternehmen.
Was macht ein DSB konkret?
Einhaltung überwachen: Regeln, Prozesse und Technik auf Datenschutz-Konformität prüfen (Löschfristen, Zugriffe, Datensicherheit).
Beraten & Schulen: Führungskräfte und Mitarbeitende zu Datenschutzfragen beraten, schulen und sensibilisieren.
Folgenabschätzungen begleiten: Bei Datenschutz-Folgenabschätzungen mitwirken, wenn Risiken für Betroffene hoch sind (z. B. neue Tracking-Tools).
Anlaufstelle sein: Für Aufsichtsbehörden und betroffene Personen (Auskunft, Löschung, Beschwerden).
Meldewege & Pannen: Datenpannen managen helfen (Meldung an Behörde, Information Betroffener) und reporten an die Geschäftsleitung.
Wofür ist ein CB zuständig?
Compliance-System aufbauen: Regeln, Prozesse, Hinweisgebersystem und Kontrollen gestalten (CMS).
Risiken erkennen: Rechts- und Ethikrisiken identifizieren (z. B. Korruption, Kartellverstöße, Geldwäsche, Arbeitsschutz, Lieferkettengesetz).
Richtlinien & Training: Verhaltenskodex, Fachrichtlinien und Schulungen (z. B. Anti-Korruption, Interessenkonflikte).
Hinweisen nachgehen: Interne Untersuchungen bei Verdachtsfällen, Maßnahmen vorschlagen.
Berichten: Regelmäßige Berichte an Geschäftsführung/Aufsichtsrat, KPI-Monitoring.
Beispiele: Prüfung von Beraterprovisionen, Geschenkerichtlinien, Sanktionslisten, Lieferanten-Due-Diligence.
Was haben DSB und CB gemeinsam?
Schutzfunktion: Beide sollen Rechtsverstöße und Reputationsschäden verhindern.
Beratend statt operativ: Sie beraten und überwachen, führen aber in der Regel nicht die Fachprozesse.
Berichtspflichten: Regelmäßige Berichte an die Unternehmensleitung/Gremien.
Weisungsfreiheit & Vertraulichkeit: Unabhängig in der Sache, mit Verschwiegenheitspflicht; keine Interessenkonflikte (z. B. DSB sollte nicht zugleich IT-Leitung sein).
Wo unterscheiden sie sich deutlich?
Fokus: DSB = Datenschutz/IT-Datensicherheit; CB = alle Rechts-/Ethikthemen im Unternehmen.
Rechtsrahmen: DSB gesetzlich verankert mit klaren Aufgaben; CB beruht auf Leitungspflichten und best practice.
Bestellung: DSB in bestimmten Fällen vorgeschrieben; CB freiwillig/empfohlen.
Behördenkontakt: DSB kommuniziert mit Datenschutzaufsicht; CB hat keine spezialisierte Aufsichtsbehörde, arbeitet aber oft mit verschiedenen Behörden/Prüfern zusammen.
Sanktionen: Datenschutzverstöße können zu hohen DSGVO-Bußgeldern führen; Compliance-Versäumnisse zu Unternehmensbußen, Strafbarkeit einzelner Personen, Ausschlüssen von Vergaben und Reputationsschäden.
Wie bindet man beide Rollen sinnvoll ein – und wo sind Schnittstellen?
Organisation: DSB kann intern (eigene Fachkraft) oder extern bestellt werden; Unabhängigkeit sicherstellen und bei der Aufsichtsbehörde melden. CB sitzt meist in Recht/Compliance (teils als Chief Compliance Officer), berichtet an Vorstand/Geschäftsführung/Aufsichtsrat.
Zusammenspiel:
Schulungen: Gemeinsame Trainings zu IT-Sicherheit, Datenschutz, Korruptionsprävention.
Hinweisgebersystem: DSB prüft Datenschutz, CB bewertet Sachverhalt & Maßnahmen.
Lieferkette & CSR: CB koordiniert gesetzliche Sorgfaltspflichten, DSB prüft Datenflüsse/Transfers.
IT-Sicherheitsmaßnahmen: DSB achtet auf DSGVO-Konformität (z. B. Datenminimierung, Löschkonzepte), CB auf Gesamt-Compliance (z. B. Vergabe-, Export-, Wettbewerbsrecht).
Merksatz: DSB schützt Daten – CB schützt das Ganze. Beide Rollen ergänzen sich und brauchen klare Zuständigkeiten, kurze Wege und Rückhalt durch die Führung.
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