Was versteht man unter Wortauslegung ?
Die grammatikalische Auslegung ist die Auslegung eines Gesetzes nach dem Wortlaut.
Es wird untersucht, welche Bedeutung der verwendete Sprachgebrauch (Wörter, Satzbau, Grammatik) im allgemeinen oder juristischen Sinne hat.
Rekonstruktion( reformulierung) und Präzisierung (eingrenztente Bedeutung) des Tatbestands- und Eechtsfolgemerkmals
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Beispiel :
§212a Abs.1 BauGB- Dritte“ können gegen eine Baugenehmigung klagen.
→ Grammatikalisch ergibt sich aus dem Wort „Dritte“, dass nicht der Bauherr selbst, sondern außenstehende Personen gemeint sind
Was ist die Historisch Auslegung ?
sinn einer Norm nach dem Willen des Gesetzgebers zur Zeit ihrerseits erlasses (Gesetzeszweck in der Entstehung)
fragt, welchen Willen der historische Gesetzgeber beim Erlass der Norm hatte, und versucht, den ursprünglichen Zweck und Bedeutungsgehalt
Beispiel:
Art. 3 Abs. 2 GG („Männer und Frauen sind gleichberechtigt“) kann auf die Debatten im Parlamentarischen Rat zurückgegriffen werden, um den ursprünglichen Gleichstellungsbegriff zu verstehen.
Was versteht man unter Teleogische Auslegung ?
Auslegung einer Norm nach ihrem Zweck (telos = Ziel, Zweck).
Sie fragt: Welche Zielsetzung verfolgt die Norm?
→ Ziel ist es, den Sinn und Zweck (ratio legis) zu ermitteln, der hinter der gesetzlichen Regelung steht.
§ 242 BGB („Leistung nach Treu und Glauben“):
Der Zweck der Norm – Verhinderung von Rechtsmissbrauch – erlaubt es, eine Handlung zu verbieten, die zwar dem Wortlaut nach zulässig wäre, aber dem Sinn der Gerechtigkeit widerspricht.
Ziel und Feststellung der grammatikalischen Auslegung ?
objektiven Sinn des Gesetzestextes zu ermitteln, wie ihn ein verständiger Durchschnittsadressat nach allgemeinem Sprachverständnis verstehen würde.
Feststellung :
Herkunft des Wortes
Duden älegaldefinition = durch Gesetzgeber
Untersuchung
Welche Rolle spielt der Wortlaut und welche Grenzen ?
Wortlaut ist Ausgangspunkt und Grenze jeder Auslegung.
Eine Auslegung contra legem (gegen den klaren Wortlaut) ist unzulässig.
Mittel:
Bedeutung einzelner Wörter = symantik
Syntak
Satzbau und Grammatik= Pragmatik
Zeichensetzung
Sprachgebrauch (juristisch oder allgemein)
Verwendung identischer Begriffe in anderen Vorschriften
Grenzen :
Wortlaut darf nicht überdehnt werden= ungenau
Doppeldeutung und Widerspruch.
Der Wortsinn setzt die äußere Grenze der Auslegung, innerhalb derer andere Methoden (systematisch, historisch, teleologisch) wirken können.
Welches Ziel verfolgt die historische Auslegung?
Ermittlung des historischen Gesetzgeberwillens, um den ursprünglichen Zweck und die Motive der Norm zu verstehen
Gesetzesbindung = Gesetze sind Speicher von historischen Erfahrungen
Verständnis des Gesetzestextes im historischen Kontext präzisiert werden
also, was der Gesetzgeber damals regeln wollte und welches Problem die Norm lösen sollte => Sicherheit
Mittel :
Gesetzesmaterialien (z. B. Regierungsentwürfe, Ausschussberichte, Parlamentsdebatten, ausschussprotokolle,..)
Frühere Fassungen/Entwürfe der Norm
Zeitgeschichtlicher Kontext
Welche Bedeutung und welche Grenzen hat die historische Auslegung ?
erläutert und ergänzt den Wortlaut einer Norm, insbesondere bei mehrdeutigen Begriffen.
darf nicht den klaren Wortlaut verdrängen oder contra legem auslegen
ist kein verbindliches Auslegungskriterium, da sich der Gesetzeszweck mit der Zeit wandeln kann
aktuell objektivierte Wille des Gesetzes, nicht der subjektive Wille einzelner Abgeordneter
Welches Ziel verfolgt die teleogische Auslegung ?
will den gesetzlichen Zweck feststellen
um den objektiven Willen des Gesetzes (nicht notwendigerweise des historischen Gesetzgebers) zu erkennen
dient dazu, die Norm zweckorientiert anzuwenden, insbesondere wenn der Wortlaut unklar oder zu eng ist
Gesetzesbegründung und Materialien
Systematische Stellung der Norm im Gesetz= Selektion
Rechtsprinzipien und Wertentscheidungen der Verfassung
Vergleich mit ähnlichen Regelungen
Gesetzeshistorie (zur Ermittlung der ratio legis)
Welche Bedeutung und Grenzen hat die teleogische Auslegung .
besonders wichtig bei mehrdeutigen oder lückenhaften Vorschriften
Klare Gewichtung Underdog der Zwecke
klaren Wortlaut nicht völlig aufheben (keine Auslegung contra legem)
Zweck darf nicht frei erfunden, sondern muss objektiv aus dem Gesetz ableitbar sein
ermöglicht eine teleologische Reduktion oder Extension, wenn der Normzweck das rechtfertigt.
Teleologische Reduktion: Einschränkung des Anwendungsbereichs einer Norm -> wenn der Wortlaut über den Normzweck hinausgeht
→ Beispiel: § 142 StGB (Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort) gilt nicht bei bloßen Bagatellschäden ohne Verkehrsbezug.
Teleologische Extension: Erweiterung des Anwendungsbereichs -> wenn Zweck der Norm weitergehende Anwendung verlangt
→ Beispiel: § 823 Abs. 1 BGB kann auch auf Schockschäden naher Angehöriger angewendet werden.
Was ist systematische Auslegung ?
systematische Auslegung ist die Auslegung einer Norm nach ihrem Zusammenhang im Gesetz
betrachtet die Stellung der Norm im Gesamtsystem der Rechtsordnung und fragt = Beziehung zu anderen Vorschriften steht
Betrachtung der Norm im Gesamtzusammenhang des Gesetzes
Sicherung der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung
Anwendung anerkannter Prinzipien: lex specialis, lex superior, lex posterior
§ 929 Satz 1 BGB (Übereignung beweglicher Sachen) verlangt „Einigung und Übergabe“
→ Aus systematischer Betrachtung mit § 930 BGB („Besitzkonstitut“) ergibt sich, dass eine Übereignung ohne tatsächliche Übergabe möglich ist, wenn ein Besitzmittlungsverhältnis besteht
Welche Ziel verfolgt die systematische Auslegung ? Mit welchen Mittel
Bedeutungsgehalt einer Norm im Kontext der übrigen Vorschriften zu erfassen und Widersprüche im Rechtssystem zu vermeiden
Sie dient damit der Einheit und Kohärenz der Rechtsordnung
Gesetzessystematik: Stellung der Norm im Gesetz (z. B. im Abschnitt, Kapitel oder Titel)
Zusammenhang mit anderen Normen:
Spezialisierung : lex specialis derogat legi generali
-> zwei Normen denselben Sachverhalt regeln, gilt die speziellere Norm => Körperverletzung
normenhierarchie: lex superior derogat legi inferiori
-> Normen unterschiedlichen Ranges (z. B. Verfassung, Gesetz, Verordnung) miteinander kollidieren, gilt die höherrangige Norm
Zeitfolge: lex posterior derogat legi priori
-> zwei Normen gleichen Rangs denselben Sachverhalt regeln und sich widersprechen, gilt die neuere Norm.
Vergleichbare Begriffe in anderen Vorschriften
Gesetzesstruktur (Aufbau, Überschriften, Regelungszusammenhänge)
Welche Bedeutung und Grenzen hat die systematische Auslegung?
stellt sicher, dass Gesetze widerspruchsfrei angewendet werden
hilft, Begriffe einheitlich zu verstehen, die an mehreren Stellen im Gesetz vorkommen
Grenze: Auch hier darf der klare Wortlaut nicht völlig übergangen werden (keine Auslegung contra legem).
Der systematische Zusammenhang darf nicht überbewertet werden, wenn der Zweck oder Wortlaut etwas anderes sagt
Was ist Rechtsethische Auslegung ?
Auslegungsmethode, die unbestimmte oder konfliktträchtige Rechtsnormen interpretiert anhand :
ethischer Prinzipien
moralischer Werte
verfassungsrechtlicher Grundentscheidungen
um ein gerechtes Ergebnis zu erzielen
Merksatz: Rechtsethische Auslegung ist nie der Anfang, aber oft das Ende der Argumentation.
Beispiel GG: Artikel 3
Was ist der Zweck von der Rechtsrthischen Auslegung ?
unklare oder unvollständige Rechtsnormen so auszulegen, dass das Ergebnis ethisch vertretbar und gerecht ist.
Schließt Wertungslücken
Verhindert unbillige, unethische oder sozial unangemessene Ergebnisse
Ergänzt klassische Methoden, wenn diese keine eindeutige Lösung bringen
Dient der Verwirklichung materieller Gerechtigkeit
Beispiel: Wenn eine rein grammatikalische Auslegung zu einem unfairen Ergebnis führt, wird ethisch korrigiert (z. B. Schutz von Schwachen, Würde, Gleichbehandlung).
Welsche Werte spielen bei der rechtsethischen Auslegung eine Rolle ?
Menschenwürde, Fairness, Solidarität, Verantwortung, Gleichbehandlung und Schutz grundlegender Rechte
Wo wird die rechtsethische Auslegung besonders häufig herangezogen?
bei unbestimmten Rechtsbegriffen („sittenwidrig“, „angemessen“, „billig“, „Gefahr im Verzug“)
bei Generalklauseln (§ 138, § 242 BGB)
bei Grundrechtsfragen
in Abwägungssituationen
bei Fällen mit hohem Moral- oder Wertbezug
Beispiel: § 138 BGB (Sittenwidrigkeit) wird praktisch immer rechtsethisch ausgelegt, da der Gesetzgeber bewusst ein moralisches Werturteil verlangt.
Warum ist § 242 ein Paradebeispiel für rechtsethische Auslegung?
Weil die Norm keine konkrete Rechtsfolge vorgibt, sondern auf Fairness, Loyalität und moralische Billigkeit verweist.
Beispiel: Ein Gläubiger, der trotz Bagatellverzögerung eines Schuldners sofort den Vertrag kündigt, verstößt möglicherweise gegen § 242 – ethisch unangemessen harte Reaktion.
Warum ist die rechtsethische Auslegung teilweise umstritten?
Gefahr subjektiver Moralvorstellungen
Risiko richterlicher Rechtsfortbildung
Mangel an klaren Maßstäben Dennoch gilt sie als unverzichtbar bei offenen Normen.
Wie wird rechtsethische Auslegung im Gutachtenstil eingebaut?
Problem benennen
Klassische Auslegungsmethoden prüfen
Auf ethische Wertungen/Grundrechte verweisen
Ergebnis mit Gerechtigkeitsüberlegung begründen
Was versteht man unter Rechtsethischen Auslegung ?
Eine Korrekturmethode, die unbillige oder ungerechte Ergebnisse der klassischen Methoden korrigiert.
Beispiel: Kündigung einer Schwangeren trotz Zulässigkeit → könnte als treuwidrig gelten (§ 242 BGB).
Merksatz:
„Wenn Recht und Gerechtigkeit kollidieren – rechtsethisch korrigieren.“
Was ist das Ziel der Auslegung einer Willenserklärung?
Den wirklichen Willen des Erklärenden zu ermitteln (§§ 133, 157 BGB), nicht den buchstäblichen Ausdruck.
Beispiel: A schreibt „10 Stück“, meinte aber „10 Kartons”. → Auslegung nach §§ 133, 157.
Wille vor Wortlaut – aber Vertrauen schützen!“
Wann ist rechtsethische Auslegung besonders relevant?
Wenn durch den rein formalen Wortlaut ein unerträgliches, unfairer Ergebnis entsteht.
Beispiel: Formularvertrag, der extrem einseitig ist → Auslegung + § 305c, 307 BGB.
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