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Kapitel 3 - Einflussfaktoren und Kommunikationsverhalten

HM
von Hanna M.

3.1 Verbale Prozesse

Bedeutung der Sprache in der Kommunikation

  • Sprache gehört zu den wichtigsten Elementen der menschlichen Kommunikation.

  • Sowohl das Sprechen als auch das Verstehen verbaler Nachrichten laufen größtenteils unbewusst ab. Obwohl dabei sehr komplexe kognitive (geistige) und motorische (bewegungsbezogene) Leistungen beteiligt sind, ist es bisher nicht gelungen, diese Prozesse vollständig und überzeugend durch Automaten oder Maschinen nachzubilden.

Merke:

Kognition bezeichnet die Gesamtheit aller Aktivitäten des Menschen im Bereich des Wissens und Denkens. Sie umfasst unter anderem Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Problemlösen und Schlussfolgern


Sprache als System kognitiver Prozesse

Sprache umfasst eine Vielzahl kognitiver Prozesse, darunter:

  • Sprachrepräsentation

  • Spracherwerb

  • Sprachproduktion

  • Sprachverlust

Ein zentraler Bestandteil der Sprachrepräsentation ist das mentale Lexikon. Es ist Teil des Langzeitgedächtnisses und speichert den Wortschatz eines Menschen (Görgen, 2004).


Wortschatz: aktiv und passiv

Nach Angaben des Duden umfasst der Wortschatz der deutschen Gegenwartssprache etwa 300.000 bis 500.000 Wörter.

Man unterscheidet:

  • Aktiver Wortschatz: ca. 12.000–16.000 Wörter → Wörter, die ein Mensch selbst verwendet

  • Passiver Wortschatz: mindestens 50.000 Wörter → Wörter, die ein Mensch versteht, aber nicht aktiv nutzt


Sprachproduktion: Vom Gedanken zum gesprochenen Wort

Die Sprachproduktionsforschung untersucht, wie ein Kommunikator seine mentalen Repräsentationen in mündliche oder schriftliche Sprache umsetzt.

Der Prozess läuft in mehreren Schritten ab:

  1. Grammatikalische Kodierung

    • Inhalte werden in eine grammatikalische Struktur gebracht

    • Beziehungen zwischen Wörtern werden festgelegt

  2. Phonologische Kodierung

    • Die sprachliche Struktur wird in Lautfolgen übersetzt

    • Dieser Schritt wird als inneres Sprechen erlebt

  3. Artikulation

    • Die Botschaft wird mithilfe von Atmung, Rachen- und Mundhöhle nach außen realisiert

    • Es entsteht gesprochene Sprache

(Vater, 2002)



Einbindung der Abbildung: Prozess der Sprachproduktion

Die Abbildung zeigt den Ablauf der Sprachproduktion von der Idee bis zum gesprochenen Wort:

  1. Konzept-Ebene

    • Ausgangspunkt sind Konzepte (z. B. „Tee“, „Milch“, „Kaffee“)

    • Verwandte Konzepte (z. B. Saft, Zucker, Kaffee) werden mitaktiviert

  2. Sprachliche Ebene (Lemma-Ebene)

    • Auswahl eines Lemmas (z. B. TEE)

    • Aktivierung syntaktischer Eigenschaften (z. B. Wortart)

  3. Wortform-Ebene

    • Aktivierung der Wortform (z. B. „tee“)

    • Abruf der Morpheme und der phonologischen Struktur

  4. Formulierung

    • Phonologische Kodierung (Reihenfolge der Laute, Betonung)

  5. Artikulation

    • Aktivierung gespeicherter artikulatorischer Silbenpakete

    • Weitergabe der Befehle an den Sprechapparat

    • Ergebnis: das gesprochene Wort („tee“)

Der gesamte Prozess wird durch Self-Monitoring begleitet, also eine Selbstüberwachung des eigenen Sprechens.

Semantik: Bedeutung sprachlicher Zeichen (Mentale Repräsentation und Nutzung von Worten)

  • Die Semantik beschäftigt sich mit der Bedeutung von Wörtern und Zeichenfolgen und deren psychologischer Wirkung.

Eine erfolgreiche Kommunikation ist nicht selbstverständlich, da:

  • es mehr unterscheidbare Reize gibt als Wörter zu ihrer Beschreibung

  • Wörter daher nur als Orientierungshilfen für Wahrnehmung, Information und Gedächtnis dienen


Semantische Funktionen von Wörtern


1. Kategorisieren

  • Unterschiedliche Objekte werden unter einem gemeinsamen Begriff zusammengefasst

  • Vorteil: vereinfachte Kommunikation

  • Nachteil: Ungenauigkeiten

Beispiele:

  • Die Eskimos unterscheiden sehr viele Arten von „Schnee“, da dies überlebensrelevant ist

  • Im Alltag erleichtert die Kategorie „Obst“ die Kommunikation

Bei der Kategorisierung von Menschen entstehen häufig Stereotype, die positiv oder negativ bewertet sein können (Röhner & Schütz, 2016).

Wirtschaftliche Bedeutung: Kategorisierung spielt eine wichtige Rolle bei:

  • Markenbewertung

  • Einordnung neuer Produkte (Moreau et al., 2001)


2. Assoziieren

  • Wörter mit ähnlichem Inhalt oder gleichem Kontext werden miteinander verknüpft

  • Es entsteht ein Assoziationsnetzwerk

Dabei wird unterschieden:

  • Denotation: sachliche Bedeutung

  • Konnotation: emotionale Bewertung

Beispiel:

  • „arbeiten“ vs. „schuften“ → gleiche Sache, unterschiedliche emotionale Bewertung

In der Werbung werden häufig Bilder eingesetzt, um starke Assoziationen zu erzeugen. Das Gedächtnis speichert Wörter und Bilder gemeinsam, wodurch zusätzliche Bedeutungen entstehen.

Diese Assoziationsnetzwerke sind empirisch messbar und wichtig für:

  • Werbewirkungsforschung

  • Marken- und Positionierungsstudien (Kroeber-Riel, 1992)


Schemata: Organisation von Wissen

Informationen werden im Gedächtnis nicht isoliert gespeichert, sondern in größeren Einheiten, den sogenannten Schemata.

Schemata sind:

  • Informationscluster

  • hierarchisch und/oder zeitlich organisiert

  • enthalten allgemeines Wissen, keine konkreten Einzelereignisse

Beispiele:

  • Objekt-Schemata: Autos, Italien, Universitäten

  • Situationsschemata (Skripte): Restaurantbesuch, Bewerbungsgespräch

Menschen unterscheiden sich:

  • in der Existenz von Schemata

  • in der Qualität der Schemata


Tabelle 2: Arten von Schemata


Auswirkungen von Schemata

Schemata sind meist durch Sozialisation erworben, stark verfestigt und änderungsresistent. Sie führen dazu, dass wir uns in ähnlichen Situationen oft gleich verhalten.

Wichtige Auswirkungen:

  • Sie bestimmen, ob und wie gut wir etwas verstehen

  • Sie ermöglichen automatische Schlussfolgerungen

  • Sie lenken unsere Aufmerksamkeit

  • Sie beeinflussen unser Gedächtnis

  • Sie steuern unser Verhalten (Skripte)

  • Sie können Urteilsverzerrungen verursachen, indem widersprüchliche Informationen angepasst werden

(Kroeber-Riel, 1992; Herkner, 2001)

3.3 Vokale Prozesse

Einordnung der vokalen Kommunikation


Die vokale Kommunikation lässt sich nicht eindeutig der verbalen oder der nonverbalen Kommunikation zuordnen. Sie umfasst akustische Signale, die bei jedem Gespräch automatisch entstehen.

Diese Signale sind:

  • flüchtig

  • nicht exakt wiederholbar, weder zu einem späteren Zeitpunkt noch durch eine andere Person

Das bedeutet, dass vokale Signale immer situationsgebunden sind und nur im jeweiligen Moment existieren (Knapp, 1999).

Einfluss des vokalen Ausdrucks auf die Bedeutung

Der vokale Ausdruck beeinflusst die Aussage einer verbalen Botschaft entscheidend. Schon kleine Veränderungen in:

  • Tonfall

  • Betonung

können einer Nachricht eine völlig andere Bedeutung verleihen.

Beispiel:

  • Durch Sarkasmus oder Ironie kann eine eigentlich positive Aussage wie „Er ist so nett“ einen negativen Eindruck erzeugen und zur Wahrnehmung einer unsympathischen Person führen.

Stimmen und Persönlichkeitszuschreibungen

Menschen mit einer als sympathisch empfundenen Stimme werden häufig mit positiven Eigenschaften in Verbindung gebracht, zum Beispiel:

  • Kompetenz

  • Wärme

  • Empathie


Diese Zuschreibungen lassen sich jedoch nicht faktisch aus dem Gespräch heraus belegen. Der aktuelle Forschungsstand konnte bisher keine empirischen Beweise dafür liefern, dass Persönlichkeitseigenschaften tatsächlich zuverlässig vokal ausgedrückt werden.



Beurteilung von Stimmen und vokale Stereotype

Empirisch gut belegt sind hingegen die Kriterien, nach denen Stimmen beurteilt werden. Dazu gehören:

  • Geschlecht

  • Alter

  • Enthusiasmus

  • Attraktivität

  • Energie


Diese Merkmale tragen zur Entstehung sogenannter vokaler Stereotype bei (Knapp, 1999).

(Die im Text erwähnte Tabelle ordnet diese Kriterien systematisch den typischen Zuschreibungen zu und verdeutlicht, wie schnell aus Stimmmerkmalen stereotype Bewertungen entstehen.)


Zentrale vokale Merkmale und ihre Wirkung

Mehrere vokale Eigenschaften beeinflussen die Wirkung einer Botschaft:

  • Intonation

  • Lautstärke

  • Stimmfrequenz

  • Sprechgeschwindigkeit


Ihre Wirkungen im Überblick:

  • Feste und hohe Stimmen wirken eher durchsetzungsstark

  • Eine dunkle, unscharfe und kraftvolle Stimme wird häufig als sympathisch wahrgenommen

  • Schnelles Sprechen gilt als Zeichen von Kompetenz

  • Lautes Sprechen und Variation der Tonlage erhöhen:

    • Glaubwürdigkeit

    • Überzeugungskraft des Sprechers

(Knapp, 1999)

3.4 Aktivierende Prozesse

Bedeutung von Aufmerksamkeit in der Kommunikation

Kommunikation setzt voraus, dass die Kommunikationspartner aufmerksam sind und bereit sind, sich auf den Kommunikationsprozess einzulassen. Das Wecken und Aufrechterhalten von Aufmerksamkeit spielt daher eine zentrale Rolle bei der Untersuchung von Kommunikationsfaktoren.

Das Aktivierungspotenzial des Menschen bewegt sich auf einem Kontinuum:

  • von völliger Apathie (sehr geringe Erregung)

  • bis zu sehr hoher Erregung

Beide Extreme sind für eine gelungene Kommunikation ungeeignet, da sie die Verarbeitung von Botschaften behindern:

  • Bei zu geringer Aktivierung fehlt Aufmerksamkeit

  • Bei zu hoher Aktivierung ist die Informationsverarbeitung überfordert

Aktivierung und Reizstimulation

Ziel ist daher ein angemessenes Maß an Aktivierung, das die Aufnahme und Verarbeitung von Informationen ermöglicht.

Beispiel aus der Praxis:

  • Die Werbepsychologie untersucht, wie Aktivierungstechniken durch gezielte Reizstimulation eingesetzt werden können, um Aufmerksamkeit zu erzeugen, ohne zu überfordern.

In interpersonalen Kommunikationsprozessen wird diese Reizstimulation ausgelöst durch:

  • internale Faktoren (innere Zustände der Person)

  • externale Faktoren (Reize aus der Umwelt)

Aktivierende und kognitive Prozesse

Die inneren psychischen Prozesse, die unsere Kommunikationsaufmerksamkeit beeinflussen, lassen sich in zwei Gruppen einteilen:

  • aktivierende Prozesse

  • kognitive Prozesse

Aktivierende Prozesse

Aktivierende Prozesse sind innere Vorgänge, die mit:

  • Erregung

  • Spannung

verbunden sind.

Sie sorgen für:

  • einen Verhaltensimpuls

  • einen Zustand von Leistungsfähigkeit

  • Leistungsbereitschaft

Damit stellen aktivierende Prozesse die energetische Grundlage für Kommunikation und Verhalten dar.

Kognitive Prozesse

Kognitive Prozesse bezeichnen die gedankliche Informationsverarbeitung, also:

  • Wahrnehmen

  • Denken

  • Verarbeiten von Informationen

Sie stehen in ständiger Wechselwirkung mit den aktivierenden Prozessen. Das bedeutet:

  • Aktivierung beeinflusst, wie gut Informationen verarbeitet werden

  • Kognitive Prozesse wirken wiederum auf den Aktivierungszustand zurück (vgl. Kapitel 3.5 „Kognitive Prozesse“)

Bestandteile der aktivierenden Prozesse

Zu den aktivierenden Prozessen zählen:

  • Emotion

  • Motivation

  • Einstellung

Diese drei Faktoren bestimmen wesentlich:

  • wie aufmerksam wir sind

  • wie stark wir auf Kommunikationsreize reagieren

  • wie handlungsbereit wir sind

Aktivierende Prozesse in der Kommunikationspsychologie

In der Kommunikationspsychologie steht insbesondere die Frage im Mittelpunkt:

  • wie Kommunikation aktivierende Prozesse beeinflussen kann

  • und wie diese Prozesse umgekehrt auf die Kommunikation zurückwirken

Damit wird Kommunikation nicht nur als Informationsaustausch verstanden, sondern auch als Auslöser emotionaler, motivationaler und einstellungsbezogener Zustände (Kroeber-Riel, 1992).

3.4.1 Emotion

Bedeutung von Emotionen in der Kommunikation


„Everyone knows what an emotion is, until asked to give a definition.“ (Solokowski,

2008, S. 327)


  • Emotionen beeinflussen die Qualität menschlicher Kommunikation entscheidend. Sobald Kommunikation für die Beteiligten bedeutsam wird, sind Emotionen immer beteiligt – sowohl im privaten als auch im beruflichen Kontext (Freunde, Familie, Kollegen, Kunden, Vorgesetzte).

Emotionen können:

  • angemessene Reaktionen auslösen,

  • aber auch zu Verhaltensweisen führen, die im Nachhinein als unangemessen empfunden werden.


  • Gerade im beruflichen Umfeld wird häufig betont, Entscheidungen seien nicht emotional getroffen worden.

  • Damit wird Emotion implizit als negativ dargestellt. Tatsächlich befinden sich Menschen jedoch ständig in einem emotionalen Zustand, ob bewusst oder unbewusst (Thomson & Fox, 2001).


Soziale Funktion von Emotionen

Emotionen und emotionaler Ausdruck erfüllen wichtige soziale Funktionen:

  • Sie liefern unbewusst Informationen über andere Personen,

  • erleichtern die Einschätzung von Verhalten,

  • sorgen für Struktur, Koordination und Organisation kommunikativen Austauschs (Six et al., 2007).


Definition und Merkmale von Emotionen

Eine einheitliche Definition von Emotionen ist schwierig. Es existieren über 100 verschiedene Definitionsansätze. Dennoch lassen sich gemeinsame Merkmale identifizieren (Görgen, 2004):

Emotionen sind gekennzeichnet durch:

  • Erregung

  • eine bestimmte Qualität (Art der Emotion)

  • Emotionsbewusstsein

  • eine Richtung der Emotion


Abgrenzung: Gefühl – Emotion

Begriffe werden im Alltag oft gleichgesetzt, lassen sich wissenschaftlich aber trennen:

  • Gefühle → inneres Erleben, neuronale Erregung im Körper → z. B. Freude, Wut, Trauer → Gefühlswahrnehmungen

  • Emotionen → nach außen sichtbare motorische Reaktionen → z. B. lachen, weinen, zittern → laut Wortstamm movere = bewegen → Gefühlsbewegungen


Kulturvergleichende Emotionsforschung nach Paul Ekman

Erste kulturvergleichende Studien

Ekman untersuchte, ob mimische Emotionen universell erkannt werden. In einer ersten Studie bewerteten Personen aus:

  • Chile

  • Argentinien

  • Brasilien

  • Japan

  • USA

Fotos mit mimischen Gesichtsausdrücken. Die Mehrheit ordnete die Emotionen gleich zu, was Darwins These stützte.


Tabelle 3: Korrekte Identifikation mimischer Emotionen (in %)

  • Hohe Übereinstimmung bei Glück, Angst, Überraschung und Zorn

  • Trotz kultureller Unterschiede hohe Erkennungsraten (Rost, 1990)


Display Rules (Ausdrucksregeln)

Der Anthropologe Birdwhistell zeigte, dass emotionaler Ausdruck auch erlernt ist. Dies führte zur Theorie der Display Rules:

  • kulturell geprägte Regeln,

  • wie Emotionen gezeigt oder unterdrückt werden sollen.

Ekman zeigte:

  • Japaner und Amerikaner zeigen ohne Beobachter gleiche Gesichtsausdrücke

  • mit Beobachter unterdrücken Japaner negative Emotionen stärker und lächeln häufiger

Formen der Display Rules:

  • Gefühlsverstärkung (künstliches Lachen)

  • Gefühlsabschwächung (Verharmlosung)

  • Gefühlsneutralisierung (Unterdrücken von Weinen)

  • Gefühlsverstellung (z. B. guter Verlierer sein)


Studien in Papua-Neuguinea

Um Lerneinflüsse auszuschließen, untersuchte Ekman isolierte Völker:

  • Stamm Fore (Papua-Neuguinea)

  • Stamm Dani (Indonesien)

Ergebnis:

  • Emotionen wurden identisch zu westlichen Kulturen zugeordnet

  • besonders Glück, Angst, Abscheu, Trauer

➡️ Gesichtsausdrücke sind kulturübergreifend verständlich (Ekman, 2003)



Einschränkungen der Emotionsdeutung

Probleme entstehen durch:

  • kulturelle Display Rules

  • Mischung mehrerer Emotionen (z. B. Verlegenheit, Eifersucht)

➡️ Emotionen müssen oft im situativen Kontext interpretiert werden (Fischer & Wiswede, 2002)


Primäremotionen

Primäremotionen

Primäremotionen gelten als:

  • angeborene neuronale Erregungsmuster

  • treten häufig als Mischformen auf

Es gibt keine Einigkeit über die genaue Anzahl. Mehrheitlich anerkannt sind:

  • Freude

  • Trauer

  • Angst

  • Ekel

  • Wut

  • Überraschung (Kroeber-Riel, 1992)



Einzelne Primäremotionen (klausurrelevant)

Trauer

  • entsteht durch Verlust (Menschen, Orte, Dinge)

  • lang andauernd

  • von Schmerz begleitet

  • Erinnerungen kehren häufig zurück

Angst

Formen:

  • Existenzangst

  • Leistungsangst

  • soziale Angst (z. B. Redeangst)

Besonders relevant für Kommunikation:

  • soziale Ängste führen zu kommunikativen Störungen

Paradox:

  • vertraute Personen lösen häufiger Angst aus als Fremde (Ekman, 2003)

Angst in der Werbung

  • Einsatz von Furchtappellen

  • Schockkampagnen

  • Warnhinweise (z. B. Zigarettenpackungen)

Ekel

  • ausgelöst durch Geschmack, Geruch

  • auch durch visuelle, akustische oder verbale Reize

  • bereits der Gedanke kann Ekel hervorrufen

  • auch im beruflichen Kontext (unmoralische Praktiken)

Wut

  • sehr starke Emotion

  • oft unkontrollierbar

  • stärker als Ärger oder Zorn

Frustrations-Aggressions-Hypothese:

  • Frustration oder Beleidigung → erhöhte Aggressionsbereitschaft

  • Voraussetzung: Handlung wird als absichtlich wahrgenommen (Herkner, 2001)

Unterscheidung:

  • Ekel → moralische Verurteilung

  • Wut → Eigennutz betroffen (Kupfer & Giner-Sorolla, 2016)

Überraschung

  • kürzeste Emotion (Sekunden)

  • entsteht durch plötzliche, unerwartete Ereignisse

  • schlägt schnell in andere Emotionen um

Beispiel:

  • Börsenreaktionen auf überraschende Gewinnmeldungen


Positive Emotionen und Freude

In vielen klassischen Emotionsklassifikationen wird im Bereich der positiven Emotionen häufig nur die Freudegenannt. Diese Sichtweise ist jedoch zu undifferenziert. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass Freude nicht einheitlich ist, sondern aus verschiedenen spezifischen Qualitäten bestehen kann.

Sinnenfreude und euthymes Erleben

Ein Teil der Freude entsteht durch die fünf Sinnesorgane. Diese Form wird als Sinnenfreude bezeichnet. Sinnenfreude entsteht, wenn:

  • sich etwas angenehm anfühlt,

  • gut aussieht,

  • lecker schmeckt,

  • oder schön klingt.

Zu den positiven Emotionen zählt außerdem das sogenannte euthyme Erleben. Darunter versteht man:

  • entspannte Beziehungen,

  • Genuss,

  • ein ausgeglichenes, angenehmes Lebensgefühl (Rost, 1990).


Bedeutung positiver Emotionen für Kommunikation

Für eine erfolgreiche Kommunikation ist das Erleben positiver Emotionen essenziell. Dazu zählen insbesondere:

  • Freude

  • Genuss

  • Amüsieren

Positive Emotionen:

  • erleichtern den Gesprächsverlauf,

  • fördern Offenheit und Kooperationsbereitschaft,

  • unterstützen eine konstruktive Interaktion.

Beruflicher Kontext: Im Arbeitsumfeld wird dieses Wissen gezielt genutzt. Tagungen und Besprechungen finden häufig:

  • außerhalb des gewohnten Arbeitsumfeldes,

  • in stressarmen, angenehmen Räumlichkeiten

statt. Ziel ist es, das Wohlbefinden der Teilnehmenden zu steigern und dadurch die Kommunikation zu verbessern (Görgen, 2004).

Zufriedenheit in der Konsumentenkommunikation

Die Erreichung und Aufrechterhaltung von Zufriedenheit spielt insbesondere in der Konsumentenkommunikationeine zentrale Rolle.

Beispiele:

  • Beschwerdemanagement

  • Kundenbindungsprogramme

Zufriedenheit fördert:

  • Kundenloyalität

  • positive Kommunikation zwischen Unternehmen und Kunden

Gleichzeitig weist Trommsdorff (1993) darauf hin, dass dauerhaft höchste Zufriedenheit aus betriebswirtschaftlicher Sicht problematisch sein kann:

  • Innovationsanstrengungen nehmen ab

  • Verbesserungen von Produkten und Dienstleistungen lassen nach

Erleichterung und Dankbarkeit

Zu den von Ekman identifizierten positiven Emotionen gehören auch:

  • Erleichterung

  • Dankbarkeit

Erleichterung:

  • tritt häufig nach einer erfolgreich bewältigten kritischen Kommunikationssituation auf

  • äußert sich oft körperlich, z. B. durch ein tiefes Ausatmen

Dankbarkeit:

  • wirkt positiv auf den weiteren Kommunikationsverlauf

  • fördert Vertrauen

  • trägt wesentlich zum Aufbau langfristiger Geschäftsbeziehungen bei (Görgen, 2004)


Wirkung positiver und negativer Emotionen in der Kommunikation

Grundsätzlich gilt:

  • Positive Emotionen fördern den Verlauf von Gesprächen und Kommunikationssituationen

  • Negative Emotionen können diese behindern

Besonders kritisch wird von Interagierenden der Einsatz unpassender Emotionen beim Gesprächspartner bewertet. Dabei ist bemerkenswert, dass:

  • die Wahrscheinlichkeit für unpassende emotionale Reaktionen relativ hoch ist,

  • selbst Menschen aus ähnlichen sozialen Systemen sich deutlich in ihrer emotionalen Ausdrucksweise unterscheiden können.


Einstellungen als System und vier Theorien zur Veränderung ohne äußere Kommunikation

Einstellungen sind Teil eines komplexen Einstellungssystems:

  • Sie bedingen sich wechselseitig.

  • Sie können sich auch durch das Individuum selbst verändern, sogar ohne Kommunikation im Außen.

Diese Sicht wird durch vier Theorien gestützt (Kroeber-Riel, 1992):

a) Kognitive Dissonanz (Festinger, 1957/2020)

  • Dissonanz = unangenehmer Spannungszustand durch Widersprüche.

  • Grundidee (Konsistenztheorie): Menschen streben nach Widerspruchsfreiheit zwischen Denken, Fühlen, Handeln und Erfahrungen.

  • Widerspruch (Dissonanz) soll vermieden oder beseitigt werden.

Beispiel im Text:

  • Einstellung: „Rauchen ist ungesund.“

  • Verhalten: „Ich rauche.“

Voraussetzung: Verhalten wird freiwillig ausgeführt. Dann entsteht Dissonanz, die „aufgelöst werden muss“.

Dissonanzreduktion (Spannungsabbau) durch Anpassung von:

  • Verhalten („Ich höre auf zu rauchen.“)

  • oder Einstellung/Deutung („Ich rauche nur Lights…“ / „Mein Opa ist trotz Rauchen 90 geworden…“)

b) Balance-Theorie (Heider, 1946) – Konsistenztheorie

Sie untersucht eine Dreiecksbeziehung zwischen:

  • Sender (S)

  • Empfänger (E)

  • Einstellungsobjekt (EO)

Balanciert ist die Beziehung, wenn:

  • eine oder alle drei Relationen positiv sind (positive Einstellung zum Partner bzw. Objekt).

Unbalanciert ist sie, wenn:

  • keine oder alle zwei Relationen positiv sind.

Ein unbalancierter Zustand wird als unangenehm erlebt und führt zu einer Einstellungsänderung – entweder:

  • gegenüber dem Einstellungsobjekt

  • oder gegenüber dem Sender.


Abbildung 15: Balancetheoretische Beziehungskonstellationen


Die Abbildung zeigt mehrere Dreiecke (E–S–EO) mit:

  • Grau = positive Einstellung

  • Rot = negative Einstellung

  • Oben: Beispiele für balanciert

  • Unten: Beispiele für unbalanciert Zusätzlich erklärt die Legende:

  • E = Empfänger

  • S = Sender

  • EO = Einstellungsobjekt


Die Kernaussage der Abbildung ist: Je nachdem, wie positiv/negativ die Beziehungen in diesem Dreieck verteilt sind, entsteht Balance oder Unbalance – und bei Unbalance entsteht Druck zur Einstellungsänderung.


c) Selbstwahrnehmungstheorie (Bem, 1967)

  • Zwischen der Wahrnehmung anderer und der Eigenwahrnehmung besteht kein großer Unterschied.

  • Menschen schließen ihre Einstellung aus dem eigenen Verhalten.

Wichtig: Verhalten muss ohne äußeren Zwang erfolgt sein. Beispiel:

  • Wenn man „unbewusst“ eine Marke kauft, kann man später schließen: „Ich mag die Marke, sonst hätte ich sie nicht gekauft.“

Nur sehr intensive Gefühle/eindeutige innere Reize werden ohne Beobachtung direkt wahrgenommen und gedeutet.


d) Social-Judgement-Theorie (SJT) (Sherif et al., 1965)

Wenn neue persuasive Informationen zur bisherigen Einstellung kommen, prüft man, ob sie im Einstellungskontinuum liegen in:

  • Zustimmungsbereich

  • Indifferenzbereich

  • Ablehnungsbereich

Folgen:

  • Zustimmung → kann Einstellung verfestigen

  • Indifferenz → wird toleriert/umgedeutet → keine Einstellungsänderung

  • Ablehnung (stark abweichend) → Informationen werden abgewiesen oder es kommt zu massiver Einstellungsänderung


Author

Hanna M.

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