Abgrenzung zu anderen Theorien der kognitiven Entwicklung
Durch die Detailliertheit der Beschreibung der kognitiven Mechanismen und Prozesse
In Abgrenzung zu Piaget: Kontinuierliche Entwicklung statt diskontinuierliche Entwicklung in Stufen (3. grundlegende Frage zur Kindesentwicklung)
Wichtige Veränderungen treten ständig auf und sind nicht auf Übergangsphasen zwischen Stufen beschränkt
Kognitive Entwicklung vollzieht sich nicht durch abrupte Sprünge, sondern in kleinen Schritten
“Das Kind als Informationsverarbeitungssystem mit begrenzter Kapazität”
Vergleich zwischen der Informationsvearbeitung von Computern und Menschen
Kognitive Entwicklung entsteht durch die Überwindung von Verarbeitungsbeschränkungen
Gedächtniskapazität
Effizienz der Denkprozesse
Verfügbarkeit relevanter Strategien und Wissensinhalte zur Lösung von Aufgaben
Zeitabhängige Komponenten des Gedächtnisses
Dauer der Speicherung von Informationen
Menge der gespeicherten Informationen
Veränderung im Laufe der kognitiven Entwicklung
Die Kapazität des Arbeits- und Kurzzeitgedächtnisses steigt ab dem 8. Lebensjahr an
= Der sensorische Speicher speichert ganz kurzfristig alle Sinnesempfindungen
Dauer: Bruchteile von Sekunden
Menge: Unbegrenzt
= Das Arbeits- und Kurzzeitgedächtnis speichert kurzfristig eine begrenzte Anzahl von Informationen, die bearbeitet werden, um die Überführung ins Langzeitgedächtnis oder die Lösung von Aufgaben zu erleichtern
Dauer: Sekunden bis Minuten
Menge: Begrenzt (ca. 9 Informationseinheiten)
= Das Langzeitgedächtnis speichert Informationen langfristig
Dauer: Unbegrenzt
Reize treffen auf den Organismus
Speicherung der Reize im sensorischen Speicher
Jene Reize, auf die Aufmerksamkeit gerichtet wird, wandern weiter ins Arbeits- und Kurzzeitgedächtnis
Manche Informationen wandern weiter ins Langzeitgedächtnis
Aus dem Langzeitgedächtnis können die Informationen später wieder ins Arbeits- und Kurzzeitgedächtnis ab- bzw. zurückgerufen werden z.B. wenn sie für eine Aufgabe benötigt werden
Mechanismen der Gedächtnisentwicklung
Die Gedächtnisleistung steigt im Kindesalter sprunghaft an und pendelt sich im Jugendalter auf einem stabilen Niveau ein
Steigerung der Effizienz bei der Ausführung von Basisprozessen
Erwerb von Strategien
Erweiterung des Inhaltswissens
Entwicklung des Metagedächtnisses
Mechanismen der Gedächtnisentwicklung - Basisprozesse
= Basisprozesse sind einfachste und am häufigsten eingesetzte geistige Aktivitäten
Die Verbesserung der Fähigkeit zur Enkodierung und zum Abruf von Informationen sowie der Anstieg der Verarbeitungsgeschwindigkeit erklären die Entwicklung des Gedächtnisses
Enkodierung
= Einspeicherung von Informationen bzw. deren Repräsentationen
Abruf von Informationen z.B. Wiedererkennen
Keine originalgetreue Abspeicherung des Erlebten, sondern Einspeicherung nur jener Informationen, die Aufmerksamkeit erregt haben oder für wichtig erachtet werden
Der Großteil der Informationen wird nicht enkodiert
Nicht enkodierte Informationen können nicht erinnert werden
Das Experiment zum Balkenwaageproblem von Piaget und Inhelder
Mit dem Experiment zum Balkenwaageproblem lässt sich untersuchen, welche Regeln bzw. Strategien Kinder anwenden, um eine Aufgabe zu lösen
Kinder (5-Jährige) enkodieren nicht alle wichtigen Informationen z.B. die Information über den Abstand der Gewichte vom Angelpunkt
Erhalten Kinder (5-Jährige) einen Hinweis, den Abstand der Gewichte vom Angelpunkt zu beachten, ist ihnen das Enkodieren dieser Information und somit das Erlernen der schwierigeren Waage-Regeln möglich
Das Experiment zur Mobile- und Zug-Aufgabe von Rovee-Collier
Baseline-Phase: Ein Fuß des Babys wird an ein Band gebunden, sodass das Ausgangsniveau der Tretfrequenz gemessen werden kann
Lernphase: Ein Fuß des Babys wird über ein Band an ein Mobile gebunden und die Tretfrequenz wird erneut gemessen
Typische Reaktion: 3-Monate-alte Babys strampeln 3x so oft pro Minute, wenn durch das Strampeln ein Mobile bewegt wird
Kinder können die assoziative Beziehung zwischen ihrer eigenen Bewegung und der des Mobiles erlernen und je nach Alter diesen Zusammenhang unterschiedlich lange erinnern
Das maximale Behaltensintervall d.h. die Fähigkeit zur visuellen Wiedererkennung steigert bzw. verbessert sich mit zunehmendem Alter
= Die Verarbeitunsggeschwindigkeit ist die Geschwindigkeit, mit der Basisprozesse ausgeführt werden
Die Verarbeitungsgeschwindigkeit steigt im Kindesalter stark an und erhöht sich gemäßigt in der Pubertät
Erfahrung d.h. Bekanntheit des zu Verarbeitenden und Übung damit
Reifung d.h. körperliche Reife
Myelinisierung der Axone von Nervenzellen
Zunahme von Verbindungen zwischen Hirnregionen
Mechanismen der Gedächtnisentwicklung - Strategien
Der Erwerb und zunehmend bessere Einsatz von Strategien erklärt die Entwicklung des Gedächtnisses
Mediationsdefizit (ca. 3 bis 4 Jahre)
Produktionsdefizit (ca. 5 bis 6 Jahre)
Nutzungsdefizit (in der Anfangsphase des spontanen Strategiegebrauchs)
Wenig spontaner Einsatz von Gedächtnisstrategien
Das Kind profitiert nicht von einer Unterweisung in Strategien
Kaum spontaner Einsatz von Gedächtnisstrategien
Das Kind profitiert von einer Unterweisung in Strategien -> Verbesserung der Gedächtnisleistung
Der spontane Einsatz von Gedächtnisstrategien verbessert die Gedächtnisleistung zunächst kaum, weil sie viel mentale Energie binden d.h. kognitiv anstrengend sind
Die Vorteile des Einsatzes von Gedächtnisstrategien zeigen sich erst nach wiederholter Erfahrung und zunehmender Automatisierung
= Rehearsal ist der Prozess der andauernden Wiederholung von Informationen als Gedächtnisstütze
Kinder nutzen die Rehearsal-Strategie mit zunehmendem Alter (9-Jährige zu 85%)
= Ordnungsstrategien meinen die Einordnung der zu erinnernden Informationen in Kategorien
Kinder nutzen Ordnungsstrategien mit zunehmendem Alter (12-Jährige zu 80%)
Mechanismen der Gedächtnisentwicklung - Inhaltswissen
Die Zunahme von Inhaltswissen erklärt die Entwicklung des Gedächtnisses
Umfangreicheres Wissen verbessert das Gedächtnis für neues Material -> Verknüpfung des neuen Materials mit bereits vorhandenen Informationen wird erleichtert
= Skripte sind die abgespeicherten üblichen Abläufe bestimmter Typen von Alltagsereignissen z.B. Gute-Nacht-Rituale, Restaurantbesuche, Arztbesuche, etc.
Skripte von Kindern werden mit Alter und Erfahrung zunehmend stabiler und detaillierter
Das bereichsspezifische Vorwissen hat einen großen Einfluss auf die Gedächtnisleistung (in dieser Studie sogar einen größeren Einfluss als das Alter und die allgemeine Intelligenz)
Studie: Experten vs. Novizen Studie zum Thema Fußball von Schneider et al.
Mechanismen der Gedächtnisentwicklung - Metagedächtnis
= Das Metagedächtnis ist das Wissen über Gedächtnisvorgänge
Die Verbesserung der Fähigkeit, Wissen über Gedächtnisvorgänge in Selbstregulationsvorgängen umzusetzen d.h. Lernzeiten richtig einzuteilen und somit die eigene Gedächtnisaktivität zu regulieren, erklärt die Entwicklung des Gedächtnisses
Deklaratives Metagedächtnis
= Faktisch verfügbares und verbalisierbares Wissen über Gedächtnisvorgänge
Ausbildung vor allem im Grundschulalter
Verbesserungen bis ins Jugendalter
Prozeduales Metagedächtnis
= Die Fähigkeit zur Regulation und Kontrolle gedächtnisbezogener Aktivitäten
Überwachung schon im Vorschulalter möglich
Regulation und Kontrolle erst ab dem Grudschulalter möglich
Verbesserungen bis ins Erwachsenenalter
Ältere Kinder können im Gegensatz zu jüngeren Kindern nicht nur verstehen, dass sie für schwerere Informationen mehr Zeit zum Lernen brauchen, sondern auch ihre Lernzeiten dementsprechend einteilen und somit ihre Gedächtnisaktivität besser regulieren
Studie von Lockl und Schneider
Last changed5 months ago