Lerntheorien
Lernen durch Erfahrung als primärer Faktor der sozialen Entwicklung und der Entwicklung der Persönlichkeit
Hervorhebung der Rolle der Umwelt
Betrachtung von spezifischen Veränderungsmechanismen
Das Lernen aus der Interaktion mit anderen Menschen bestimmt die soziale Entwicklung und die Entwicklung der Persönlichkeit
Unterschiede zwischen Kindern entstehen durch verschiedene Lernbiografien
Dieselben Prinzipien steuern das Lernen und Verhalten über die gesamte Lebensspanne
In pädagogischen Kontexten
In klinisch-psychologischen Kontexten
Lerntheorien - Behaviorismus nach Watson
= Klassisches Konditionieren beruht auf einer im Verhaltensrepertoire bereits bestehenden Reiz-Reaktions-Verbindung und meint die wiederholte Kopplung eines neutralen Reizes mit dem ursprünglichen Auslösereiz, sodass der neutrale Reiz letztlich ebenfalls die Reaktion auslöst
Iwan Pawlow durch seine Experimente mit Hunden (Pawlowscher Hund)
DAVOR: Unkonditionierter Reiz (Futter) -> Unkonditionierte Reaktion (Speichelfluss)
DAVOR: Neutraler Reiz (Glocke) -> Keine konditionierte Reaktion
WÄHRENDDESSEN: Unkonditionierter Reiz (Futter) + Neutraler Reiz (Glocke) -> Unkonditionierte Reaktion (Speichelfluss)
DANACH: Konditionierter Reiz (Glocke) -> Konditionierte Reaktion (Speichelfluss)
Die soziale Umwelt bestimmt die Kindesentwicklung
Entwicklungsmechanismus ist das Lernen durch klassisches Konditionieren
Erwachsene formen das Verhalten von Kindern, indem sie die Verknüpfung von Reizen und Reaktionen steuern
Motto: Umwelt ist alles, Anlage ist irrelevant
Beispiel: “Little Albert”-Experiment von Watson und Rayner
Der Dekonditionierung bzw. Eliminierung von Furcht in der Verhaltenstherapie
Studie zur Behandlung des zweijährigen Peter (der sich vor Kaninchen fürchtete) durch klassische Konditionierung von Jones
= Systematische Desensibilisierung ist eine Therapieform, die auf dem klassischen Konditionieren aufbaut und meint die Konditionierung positiver Reaktionen auf Reize, die anfänglich eine sehr negative Reaktion hervorrufen
Nützlich für die Behandlung von Ängsten und Phobien
Lerntheorien - Theorie des operanten Konditionierens nach Skinner
Die soziale Umwelt bestimmt das Verhalten
Menschen neigen dazu, Verhaltensweisen zu wiederholen, die zu günstigen Ergebnissen führen -> Steigerung der Häufigkeit einer Verhaltensweise bei Verstärkung
Menschen neigen dazu, Verhaltensweisen zu unterdrücken, die zu ungünstigen Ergebnissen führen -> Reduzierung der Häufigkeit einer Verhaltensweise bei Bestrafung
= Operantes Konditionieren ist die Erhöhung oder Senkung der Auftretenswahrscheinlichkeit eines Verhaltens durch die darauf folgenden Konsequenzen
Positive Verstärkung
= Angenehme Konsequenz (Belohnung) z.B. Lob
Negative Verstärkung
= Unangenehme Konsequenz bleibt aus (Entlastung) z.B. Wegfallen der Hausaufgaben
Positive Bestrafung
= Unangenehme Konsequenz (Präsentationsbestrafung) z.B. Strafarbeit
Negative Bestrafung
= Angenehme Konsequenz bleibt aus (Entzugsbestrafung) z.B. Fernsehverbot
Wenn gewünschtes Verhalten konsequent belohnt wird
Wenn unerwünschtes Verhalten konsequent bestraft wird
Wenn die Belohnung oder Bestrafung relativ unmittelbar und wiederholt (kontingent) auf das Verhalten folgt
Wenn die Belohnung oder Bestrafung für die Person, die das Verhalten gezeigt hat, von Bedeutung ist
Aufmerksamkeit als Verstärker
Wirkung intermittierender Verstärkung
Kinder zeigen unerwünschte Verhaltensweisen oft nur deshalb, weil sie dadurch Aufmerksamkeit bekommen
Löschung:
Konsequentes Ignorieren des Verhaltens
Systematischer Entzug von Aufmerksamkeit
Auszeit bzw. zeitweilige Isolierung des Kindes
= Intermittierende Verstärkung ist das inkonsequente Reagieren auf ein Verhalten (manchmal folgt Belohnung, manchmal nicht)
Wirkung:
Intermittierende Verstärkung immunisiert Verhalten gegen Löschung (Verhalten, das intermittierend verstärkt wurde, ist besonders schwer zu löschen)
Wird die Verstärkung schließlich bewusst ausgelassen, bleibt das Verhalten länger bestehen als es bei vorheriger kosequenter Verstärkung der Fall wäre
Problem: Eltern setzen oft unbeabsichtigt intermittierende Verstärkung ein, indem sie manchmal unkonsequent sind und nachgeben
Der Verhaltensmodifikation in der Verhaltenstherapie
= Verhaltensmodifikation ist eine Therapieform, die auf den Prinzipien des operanten Konditionierens beruht und mit dem Ziel, angepassteres Verhalten zu fördern, Verstärkungkontigenzen verändert
Lerntheorien - Soziale Lerntheorie nach Bandura
Der größte Teil menschlichen Lernen ist sozialer Natur und beruht auf dem Beobachten anderer Menschen (Beobachtunglernen bzw. Lernen am Modell)
Entwicklungsmechanismus ist das Beobachten und Nachahmen -> Kinder lernen am schnellsten und wirksamsten durch das Nachahmen von Handlungen
Verstärkung erhöht die Wahrscheinlichkeit der Nachahmung, ist aber zum Lernen nicht notwendig
Weil Verstärkung nicht notwendig ist, ist auch das Lernen über symbolische Modelle (z.B. aus Büchern oder Fernsehen) möglich
Beispiel: “Bobo Doll”-Experiment von Bandura
Lerntheorien beruhen auf Prinzipien, die aus empirischer Forschung abgeleitet wurden und weitere Forschung angeregt haben
Die Anwendung lerntheoretischer Prinzipien in der Erziehung, Bildung und im klinisch-psychologischen Bereich
Zu enge Sicht der Umwelteinflüsse (nur Interaktionspartner)
Keine Beachtung biologischer Einflüsse (Anlage)
Keine Beachtung der Auswirkungen der Kognition auf das Verhalten
Unterschätzung des eigenen Beitrags von Menschen zu ihrer Entwicklung
Theorien der sozialen Kognition
Befassen sich mit der Fähigkeit von Kindern, über ihre eigenen und die Gedanken, Gefühle, Motive und Verhaltensweisen anderer nachzudenken und daraus Schlüsse zu ziehen
Hervorhebung des Prozesses der Selbstsozialisation
Relativierung der Rolle der Umwelt
= Selbstsozialisation ist die aktive Formung der eigenen Entwicklung
Annahmen über sich selbst und über andere motivieren Kinder dazu, bestimmte Ziele und Normen zu übernehmen, die folglich ihr eigenes Verhalten leiten
Kinder verarbeiten aktiv soziale Informationen z.B. achten sie auf das Verhalten anderer und nehmen Interpretationen vor
Die Komplexität des kindlichen Denkens und Schlussfolgerns über die soziale Welt hängt mit der Komplexität der eigenen Denkprozesse zusammen und ist durch diese begrenzt
Mit dem Fortschreiten der allgemeinen kognitiven Entwicklung verändert sich auch die Art und Weise wie Kinder über sich selbst und andere nachdenken
Die Informationsverarbeitungstheorie des sozialen Problemlösens nach Dodge
Theorien der sozialen Kognition - Informationsverarbeitungstheorie des sozialen Problemlösens nach Dodge
Enkodierung von Schlüsselreizen
Enkodierung von Verhaltenssignalen des sozialen Partners
Reizinterpretation
Mentale Repräsentation der Bedeutung der Verhaltenssignale
Zielerklärung
Formulierung möglicher Ziele als Grundlage einer Reaktion
Antwortsuche
Suche nach einem möglichen Verhalten als Reaktion im Verhaltensrepertoire
Antwortentscheidung
Auswahl eines Verhaltens als Reaktion aus dem Verhaltensrepertoire
Ausführung
Ausführung des gewählten Verhaltens
Auf die Erklärung agrressiven Verhaltens bei Kindern
Untersuchung von Unterschieden zwischen aggressiven und nicht-aggressiven Kindern bezüglich der sechs Schritte
Haben die Tendenz, mehr Aufmerksamkeit auf aggressive Reize zu richten, sodass sie diese auch vermehrt wahrnehmen und enkodieren
Haben die Neigung, Reize von sozialen Partnern als feindlich zu interpretieren (feindlicher Attributionsfehler)
Verfolgen weniger soziale, sondern eher kompetitive Ziele
Haben eher atypische d.h. weniger kompetente Antwortmöglichkeiten in ihrem Verhaltensrepertoire zur Auswahl zur Verfügung
Schätzen aggressives Verhalten als legitimer d.h. als moralisch weniger verwerflich ein
Der feindliche Attributionsfehler
Schritt 2 -> Reizinterpretation
= Der feindliche Attributionsfehler ist die Tenzdenz, bei mehrdeutigen Handlungen anderer eine feindliche Absicht zu unterstellen d.h. es ist eine fehlerhafte Zuschreibung durch die generelle Erwartung, dass sich andere einem selbst gegenüber feindlich verhalten
Suche und Unterstellen von feindlichen Absichten
Betrachtung von Vergeltung als angemessene Reaktion
Aggressive Vergeltung für den unterstellten feindlichen Akt
Gegenangriffe und Zurückweisung durch die Bezugsgruppe
Nährung des Glauben an die Feindseligkeit der anderen
Ethologische Theorien
= Ethologie ist Verhaltensforschung, die die evolutionsbiologischen Grundlagen des Verhaltens untersucht und versucht, es im Hinblick auf seinen adaptiven Wert (Überlebenswert) zu verstehen
Befassen sich mit Aspekten der menschlichen Entwicklung, die dem evolutionären Erbe zugeschrieben werden
Konzentrieren sich hauptsächlich auf Verhaltensweisen, die allen Menschen, unabhängig von der Gesellschaft, in der sie leben, gemeinsam sind
Eine Vielzahl angeborener Verhaltensmuster wurde von Tieren durch die Evolution geformt
Kinder sind die Erben genetisch basierter Fähigkeiten und Veranlagungen, die den meisten Aspekten ihres Verhaltens zugrunde liegen
Die Bindunsgtheorie nach Bowlby
Übertragung des Prägungsbegriffs auf den Prozess, in dessen Verlauf Kinder Bindungen an Bezugspersonen ausbilden
Ethologische Theorien - Bindungstheorie nach Bowlby
= Der Begriff der Prägung stammt aus der Biologie und meint den Prozess, bei dem neugeborene Vögel und bestimmte neugeborene Säugetiere beim ersten Anblick an ihre Mutter gebunden werden und ihr fortan überall hin folgen
Prägung gewährleistet, dass sich ein Tierbaby immer in der Nähe einer Schutz- und Nahrungsquelle aufhält und somit höhere Überlebenschancen hat
Beobachtungen in den 1930er und 1940er Jahren, dass Kinder, die in Einrichtungen aufwachsen, zu Kränklichkeit, Entwicklungsverzögerungen, Depressivität oder anderen emotionalen Störungen sowie Kriminalität im Jugendalter neigen
Harlows Untersuchungen zu den Primärbedürfnissen von Rhesusaffen, die ergaben, dass ihr Bindungs- und Schutzbedürfnis stärker ist als ihr Nahrungsbedürfnis
Wie beeinflusst die Qualität der Eltern-Kind-Interaktionen (Bindungsqualität) die Entwicklung der Kinder und insbesondere die Entwicklung emotionaler Beziehungen zu anderen Menschen?
= Bindung ist die emotionale Beziehung zu einer bestimmten Person, die räumlich und zeitlich Bestand hat
Kinder haben eine evolutionsbiologische Veranlagung, Bindungen zu Bezugspersonen zu entwickeln, um die eigenen Überlebenschancen zu erhöhen
Bowlby war Psychoanalytiker und beeinflusst durch die zentralen Lehren Freuds
Er teilte nicht alle Annahmen der Psycholoanalyse, jedoch teilte er die Auffasung, dass früheste Beziehungen der Säuglinge zu ihren Müttern ihre Entwicklung formen
Er definierte die Mutter-Kind-Bindung als ein primäres Bedürfnis, dem das evolutionäre Motiv des Überlebens zugrunde liegt
Bowlby nahm an, dass die Wurzeln des Bindungsprozesses in der Evolution liegen
Wie die Prägung erhöht auch die Bindung die Überlebenschancen des Kindes
Wie beim Prozess der Prägung entwickelt sich auch der Bindungsprozess aus der Interaktion artspezifischer Lernpräferenzen und der Erfahrung mit den Bezugspersonen -> Nicht nur biologische Komponente, sondern auch die der Umwelt
Vorphase der Bindung (Geburt bis 6 Wochen)
Kinder zeigen angeborene Signale wie Schreien, die andere zu ihnen rufen und fühlen sich durch die darauf folgende Interaktion getröstet
Entstehende Bindung (6 Wichen bis 6/8 Monate)
Kinder beginnen bevorzugt auf vertraute Personen zu reagieren z.B. Lächeln und Plappern bei deren Anwesenheit
Kinder entwickeln Erwartungen darüber, wie Bezugspersonen auf ihre Bedürfnisse reagieren
Kinder entwickeln ein Gefühl dafür, wie sehr sie den Bezugspersonen vertrauen können
Ausgeprägte Bidnung (6/8 Monate bis 1/2 Jahre)
Kinder suchen aktiv Kontakt zu Bezugspersonen z.B. freudiges Begrüßen der Mutter und Trennungsangst
Bezugspersonen dienen als sichere Basis, die dem Kind die Erkundung der Umwelt erleichtert
Reziproke Beziehungen (Ab 1/2 Jahre)
Kognitive und sprachliche Fähigkeiten der Kinder steigen rapide an, sodass sie die Gefühle und Motive der Eltern verstehen können -> Trennungsangst sinkt
Kinder nehmen eine aktivere Rolle beim Aufbau der Beziehung zu den Eltern ein -> Wechselseitige Beziehung
= Das innere Arbeitsmodell von Bindung ist die mentale Repräsentation des Selbst, der Bindungspersonen und der Beziehungen im Allgemeinen d.h. die intrapsychische Repräsentation bindungsrelevanter Erfahrungen und beinhaltet Wissen über eigene Handlungsmöglichkeiten und Erwartungen an das Verhalten von Bezugspersonen
Es basiert auf den frühen Erfahrungen eines Kindes mit seinen Bezugspersonen bezüglich der Zuverlässigkeit der Bedürfnisbefriedigung zur Ermöglichung eines Gefühls von Sicherheit
Das innere Arbeitsmodell von Bindung leitet Erwartungen bezüglich sozialer Beziehungen das ganze Leben hindurch
Bei zugänglichen und interessierten Bezugspersonen: Kinder erwarten, dass zwischenmenschliche Beziehungen etwas Erfreuliches sind und haben das Gefühl, dass sie selbst der Fürsorge und Liebe wert sind
Bei unzugänglichen und nicht reagierenden Bezugspersonen: Kinder entwickeln eine negativ Auffassung von zwischenmenschlichen Beziehungen und von sich selbst
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