was ist die Idee hinter der Neuroökonomik?
In der Neuroökonomik sollen die Neurowissenschaften mit den Wirtschaftswissenschaften interdisziplinär verknüpft werden, um zu erklären, wie Entscheidungsprozesse im Inneren des Menschen ablaufen. Indem man aufdeckt, welche Gehirnregionen bei welchen Aufgabentypen wie aktiviert werden und wie diese zusammenspielen, lässt sich erkennen, wie Menschen verschiedene Aufgaben lösen – dabei zeigt sich auch, wie kognitive und affektive (emotionale, gefühlsgesteuerte) Verhaltenskomponenten miteinander verwoben sind.
Welche Ansätze gibt es in der Neuroökonomik?
Inkrementeller Ansatz: Neurowissenschaften ergänzen die konventionelle Ökonomie um zusätzliche Variablen
Radikaler Ansatz: klassische Grundannahmen werden durch neuen Ansatz auf Basis der Neurowissenschaften komplett ersetzt
Nenne die Grundkomponenten für Entscheidungen in neuroökonomischen Modellen
1. Im Moment der Entscheidung berechnet das Gehirn einen Entscheidungswert für jede zur Wahl stehende Option
2. Um zu lernen, berechnet das Gehirn im Moment des Konsums ein Signal, das die Stärke des in diesem Moment erfahrenen Nutzens wiedergibt.
3. Entscheidungen werden getroffen, indem die Entscheidungswerte miteinander verglichen werden.
4. In die Entscheidungswerte werden alle Informationen über die Attraktivität der verschiedenen Optionen integriert.
5. Die Berechnung und der Vergleich der Entscheidungswerte hängen auch von der Aufmerksamkeit ab, die das Gehirn verschiedenen Optionen zumisst. Sie beeinflusst die Berechnung und Gewichtung der Attribute und den Vergleich der Entscheidungswerte. Somit kann eine Beeinflussung der Aufmerksamkeit zu Verzerrungen in den Entscheidungen führen.
Nenne die Implikationen für die ökonomische Theorie
Ökonomische Konstrukte
Informationsverarbeitung
Direkter Nutzen von Geld
Verzerrungen in der Urteilskraft
Was verbirgt sich hinter der Implikation “ökonomische Konstrukte”?
Die Hinterfragung ökonomischer Konstrukte wie Zeitpräferenzen, Risikopräferenz oder Altruismus durch Neuroökonomen. Die Einstellungen der Menschen zum Risiko, zum Sparen oder zur Freigiebigkeit sind nicht in allen Situationen gleich: Wer beim Sport risikofreudig ist, ist es nicht zwingend auch an der Börse. Man hat mal konsistentes Verhalten, manchmal aber auch inkonsistentes.
Was verbirgt sich hinter der Implikation “Informationsverarbeitung”?
Annahme der Ökonomen, dass Menschen eine gegebene intellektuelle Kapazität haben, sodass sie immer alle Probleme gleich gut lösen. Intelligenz ist jedoch themen-, aufgaben- und domänenspezifisch, nicht universell, wie ökonomische Modelle es annehmen. Bestimmte Bereiche im Gehirn sind auf bestimmte Aufgaben spezialisiert, die sie schnell und einfach lösen können. Hat ein Mensch jedoch noch keine spezialisierten Lösungsregeln für ein Problem, so fällt die Lösung des Problems sehr schwer, weil er sich den Lösungsweg mühsam erarbeiten muss.
Was verbirgt sich hinter der Implikation “Direkter Nutzen von Geld”?
In der traditionellen Ökonomik hat Geld keinen eigenen Wert, sondern dient lediglich als Tauschmittel. Neuroökonomen sagen: Geld löst die gleichen Gehirnaktivitäten aus wie Essen, Kokain oder Sportautos, offenbar hat es für Menschen einen eigenen Wert. Der Gedanke an Geld führt eher zu unmoralischem Verhalten (z.B. mogeln). Schmerz und soziale Ausgrenzung steigern das Bedürfnis nach Geld – und Geld reduziert Schmerzen.
Was verbirgt sich hinter der Implikation “Verzerrungen in der Urteilskraft”?
Viele Entscheidungsprozesse laufen automatisch und unbewusst ab (schnelles Denken), sodass wenige Möglichkeiten bestehen, diese unbewussten Prozesse als solche wahrzunehmen und kognitiv zu korrigieren (System II verwirft Entscheidungsvorschlag von System I nicht). Das kann z.B. dazu führen, dass unbewusst diskriminiert wird, bspw. auf dem Arbeitsmarkt. Folglich müssten die Regeln für Bewerbungsverfahren angepasst werden (keine Kenntnis über Aussehen, Geschlecht, ethnische Herkunft, Hautfarbe etc.).
Nenne Beispiele der Neuroökonomik
Diskontieren, Zeitinkonsistentes Verhalten und Sparen (Ü-Ei Werbung, mit den wartenden Kindern)
Zum einen gibt es ein eher unbewusstes, automatisches System, das dafür verantwortlich ist, wenn wir uns für die sofortige Belohnung entscheiden – das würde der Idee des hyperbolischen Diskontierens entsprechen. Das andere System würde nach dieser Lesart eher dem herkömmlichen exponentiellen Diskontieren entsprechen – man rechnet nach, bevor man sich für eine der beiden Alternativen entscheidet.
Neuromarketing (Coca Cola - Pepsi-Test)
Die Forscher maßen bei dem Zeigen des Coke-Logos deutlich stärkere Aktivität in der Hirnregion für kognitive Kontrolle und sensorische Informationen und in der Region, in der vermutlich kulturell verankerte Informationen abgerufen werden.
Nenne die Pro-Argumente zur Forschung der Neuroökonomik
tatsächlich erfahrener Nutzen kann, z.B. durch Markeneffekt, steigen
durch optimierte Werbung gesteigerte Zahlungsbereitschaft ist dann gerechtfertigt
Effizientere Werbung hilft Ressourcen (in Werbeindustrie) zu sparen (ökonomisches Prinzip), Marktforschung und Werbung werden in jedem Fall betrieben, nur ineffizienter mit Umfragen nach Produkttests, Flopquote könnte so sinken
Verbraucher sind nicht völlig unmündig und wissen, dass Werbung manipulativ ist
Drittmittel aus der Werbeindustrie helfen weitere Forschung zu finanzieren und Manipulation zu verstehen und zu publizieren, Zusammenarbeit bietet Zugang zu internen Daten
Nenne die Kontra-Argumente zur Forschung der Neuroökonomik
Forscher helfen Markenherstellern Verbraucher zu manipulieren, sodass sie für gleichwertige Produkte höhere Preise verlangen und ihre Absatzmenge steigern können
Erfahrener Nutzen ist nur eine Illusion
Wettbewerbsschädlich, da nur große Markenanbieter profitieren
Kontrollillusion lässt Verbraucher glauben, sie seien mündiger, als sie sind
Forscher machen sich abhängig und könnten ihre Ressourcen stattdessen für gesellschaftlich „nützliche“ Forschung verwenden
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