Rubikon-Modell der Handlungsphasen
Heckhausen und Gollwitzer 1987
Menschliches Handeln wird als zeitliche Abfolge von vier Phasen dargestellt, in denen Motivation unterschiedliche Funktionen aufweist
1) Prädezisionale Phase
Person bewertet, wie bedeutsam für sie das Erreichen eines erwünschten bzw. Vermeiden eines unerwünschten Zustand ist
2) Präaktionale Phase
Planung der Handlung, Herbeiführen oder Abwarten einer günstigen Gelegenheit zur Handlungsinitiierung und Abschirmung von konkurrierenden Zielen
3) Aktionale Phase
Aufrechterhaltung, Steuerung der initiierten Handlung
4) Postaktionale Phase
Bewertung von Handlungsverlauf und -ergebnis
Rahmenmodell der Lern- und Leistungsmotivation
Dresel und Lämmle 2011
“Kurzversion” Rahmenmodell der Lern- und Leistungsmotivation
Erweitertes kognitives Motivationsmodell -> prädesizionale Phase
Heckhausen und Rheinberg 1980
Differenzierungen zwischen drei Erwartungen, die Personen während des Abwägens (prädesizionale Phase) ausbilden:
Handlungs-Ergebnis-Erwartung
Angenommene Wahrscheinlichkeit, mit der ein Ergebnis durch eigenes Handeln herbeigeführt werden kann
S ist überzeugt, dass er durch intensive Vorbereitung in einer Klausur gut abschneidet (= hohe H-E-E)
Verwandtes (aber nicht identisches Konstrukt) —> Selbstwirksamkeiterwartung (Bandura 1977)
Situations-Ergebnis-Erwartung
Angenommene Wahrscheinlichkeit, mit der ein Ergebnis ohne eigenes Zutun durch die Situation festgelegt ist
S ist überzeugt, dass er unabhängig davon wie er sich vorbereitet, eine schlechte Note bekommen wird (= hohe S-E-E)
—> Motivation ist beeinträchtigt, Lernhandlungen werden kaum initiiert
Ergebnis-Folgen-Erwartung
Angenommene Wahrscheinlichkeit, mit der ein Ergebnis zu gewünschten Folgen führt
S ist überzeugt, dass die von Eltern versprochene Belohnung für eine gute Note tatsächlich bekommen wird (=hohe E-F-E)
Kann zielführende Lernhandlungen begünstigen
Internal/external Frame of Reference Model
Marsh 1986
Zeigt, wie Personen zu ihrem Wissen über eigene Fähigkeiten gelangen: nicht das Leistungsniveau an sich beeinflusst das FSK, sondern Vergleich der eigenen Leistung mit der Leistung anderer (external-sozialer Vergleich) sowie mit eigenen Leistungen in anderen Fächern (internal-dimensionaler Vergleich)
Lernende repräsentieren ihr Wissen über ihre Fähigkeiten fach- bzw. aufgabenspezifisch
Abwärtsvergleiche (z.B. Vergleich mit schlechterem S oder Fach) —> höheres FSK, als bei Aufwärtsvergleichen
Einfluss schulischer Leistungen auf FSK = skill development: SuS erlangen durch bessere schulische Leistungen ein höheres FSK
FSK beeinflusst schulische Leistungen = self enhancement
Überhöhtes, stark unrealistisches FSK kann auch negative Effekte auf Lernhandlungen und Leistungen haben —> moderat optimistisches FSK besonders günstig
Marsh 2008: Einfluss eigener Leistungen auf FSK (skill development) ist etwas stärker als Einfluss auf schulische Leistungen (self enhancement)
Kontextuelle Determinanten
Annahmen von LK, Eltern, Peers über Fähigkeiten, zukünftiges Verhalten und Leistungen, Stärken/Schwächen einzelner SuS
z.B. haben Annahmen der LK Einfluss auf das FSK und in Konsequenzen auf die Erfolgserwartung dieser SuS
Pygmalion-Effekt (Rosenthal und Jacobson 1968)
LK wurde gesagt, dass in ihrer neuen Klasse bestimmte SuS überdurchschnittlichen IQ haben und bei ihnen überdurchschnittliche Leistungentwicklungen zu erwarten sei (zufällig ausgewählt)
Ein Jahr später schnitten diese SuS tatsächlich signifikant besser ab
—> Einfluss von Lehrkrafterwartungen auf Motivation
Big-Fish-Little-Pond-Effekt (Marsh 1987)
In einer Klasse mit schwächerem SuS (Abwärtsvergleich) fühlt sich einguter S wie ein großer Fisch im kleinen Teich
in insgesamt leistungsstarker Klasse: Aufwärtsvergleich, kleiner Fisch
Selbstbestimmungtheorie der Motivation
Deci und Ryan 1985
Intrinsisch: Handlung erfolgt selbstbestimmt, Lerner handeln autonom und unabhängig von mögl. Handlungskonsequenzen (Verstärkung/ Sanktionierung)
Extrinsisch (abhängig von persönl. Werten und Zielen)
—> Selbstbestimmt-extrinsisch: Handlungskonsequenzen bedeutsam
—> Fremdbestimmt-extrinsisch: externale Beweggründe
Drei grundlegende Bedürfnisse müssen erfüllt sein, damit intrinsische Motivation entstehen kann:
—> Kompetenzerleben
—> Autonomie
—> soziale Eingebundenheit
Lern- und Leistungskontext: Unterscheidung von Lern-, Performanz- und Arbeitsvermeidungszielen
Kleinbeck 2006
Schulrelevante Ausprägungen des Leistungsmotivs
Herber 1979
Kontextuelle Determinanten der Wertkomponente
Relevanz von Bezugspersonen: Sozialisationseffekt
Freunde sind einander ähnlich hinsichtlich ihrer Motivation (nimmt mit der Dauer der Freundschaft zu) (Schunk et al. 2008)
SuS aus bildungsfernen Elternhäusern weisen schulischen Lerninhalten geringere Bedeutung zu (Möller 2008)
Zielorientierungen von Eltern korrespondierten mit denen ihrer Kinder (Friedel et al. 2007)
Klassenzielstruktur: beschreibt, in welchem Ausmaß der Klassenkontext die Verfolgung bestimmter Ziele begünstigt; SuS nehmen deutlich wahr, ob im Unterricht Lern- oder Performanzziele im Vordergrund stehen
Wenn LK Lernzielorientierung anstrebt (SuS sollen dazulernen, Lerninhalte verstehen oder Fehler als Lernchance sehen) und dies den SuS deutlich macht, verfolgen diese selbst eher Lernziele
Durch Leistungszielorientierung der LK (Bevorzugung leistungsstarker SuS, häufige Prüfungen) nehmen SuS Performanzzielorientierung wahr und verfolgen diese selbst
Unterscheidung zwischen Selbstkontrolle und Planung
Szymansky et al. 2004
Günstige volitionale Strategien
Determinanten von Volition:
Selbstkontrollkapazität: Personen unterscheiden sich in dem Ausmaß, in dem sie zu willentlichen Handlungen in der Lage sind —> eingeschränkt wenn Wert oder Erwartung gering sind oder sich reduzieren
z.B. schiebt S das Lernen für die Klausur auf, weil er keine Lust dazu hat
In Abhängigkeit von solchen dispositionalen Unterschieden zeigen sich Unterschiede im Regulationserfolg, z.B. von ungünstigen Emotionen wie Prüfungsangst (niedrige Selbstkontrolle—> stärker negative Einflüsse von ungünstigen Emotionen)
Unterrichtsgestaltung und Aufgabenstellung beeinflussen volitionale Prozesse
3 Attributionsdimensionen
Weiner 1986
! Attributionen geschehen am Ende eines Handlungsverlaufs bei der Bewertung der Handlungsergebnisse
Lerner machen bei gleichem Ergebnis verschiedene Ursachen dafür verantwortlich, wobei Attributionen nicht realistisch sein müssen
z.B. tendieren SuS zu selbstwertdienlichen Attributionen, um ihr Gesicht zu wahren (McAllister 1996)
Personen reflektieren verstärkt/ bewusst über Ursachen, wenn ein subjektiv bedeutsames, ein negativ bewertetes, ein unerwartetes oder ein überraschendes Ergebnis eintritt (Möller und Jerusalem 1997)
Ursachenzuschreibungen (Attributionen) beeinflussen welche Emotionen erlebt werden und die Motivation für anschließende Handlungen —> beeinflussen auch nachfolgendes (Lern-) Verhalten
—> Nicht Ursache an sich bedeutsam, sondern deren wahrgenommene Verortung auf 3 Attributionsdimensionen
Häufige Attributionen für Erfolge und Misserfolge von SuS (Vier-Felder-Tafel)
Erfolgserwartung bleibt weitgehend unverändert, wenn Leistung auf variable Ursachen zurückgeführt
Erfolgserwartung verändert sich stark, wenn stabile Ursachen verantwortlich gemacht werden (z.B. mangelnde Fähigkeit —> EE sinkt; analog steigt sie, wenn auf hohe Fähigkeiten attribuiert)
SuS die Misserfolg auf variable kontrollierbare Ursachen zurückführen, haben weniger Einbußen im FSK, als SuS die stabile und unkontrollierbare Attributionen vornahmen
Attribuieren Lerner Leistung internal: selbstwertende Emotionen (Stolz, Hoffnungslosigkeit)
Attribuieren Lerner Leistung external: soziale Emotionen (Dankbarkeit, Ärger, Neid, Schadenfreude)
Entwicklung von Motivation und Interesse
Drei Fragen, die für die Erklärung motivationalbezogener Phänomene wesentlich sind:
Was macht neugierig?
Berlyne 1960
Neugier wird durch bestimmte Reiz-, Situation- oder Umweltparameter angeregt, die einen kognitiven Konflikt (vgl. Piaget) herausfordern. Subjektive Unsicherheit als entscheidender motivationaler Zustand, der durch Explorationsverhalten wieder reduziert werden kann.
Auslöser subjektiver Unsicherheit sind Variablen der Reizsituation
1) (subjektive) Neuartigkeit (Vergleich eines Umweltreizes mit bekannten Merkmalen)
2) Komplexität und Mehrdeutigkeit
3) Ungewissheit (bei unsicheren Erwartungen)
4) Konflikt (bei gleichzeitig aktivierten Reaktionstendenzen)
Verhältnis zwischen Angst und Zuwendung zu Neuem lässt sich als Reizvertrautheit darstellen
Situationales und individuelles Interesse
Durch wiederholte Beschäftigung kann sich aus situativem Interesse, durch die Prozesse der Integration und Internalisierung, individuelle Interesse entwickeln, also eine stabile Person-Gegenstands-Beziehung
Klassisches altersbezogenes Stufenmodell zur Interessenentwicklung
Todt 1995
1) Universelle Interessen (bis ca. 2 Jahre)
Für alle Kinder einer Entwicklungsstufe dominieren weitgehend gleiche Interessen. Dies sind eng mit der kognitiven Enwicklung verknüpft und dienen vor allem dem Aufbau und der Stabilisierung allgemeiner mentaler Strukturen
*2) Kollektive Interessen (ab 4 Jahren)
Anpassung der Interessen innerhalb der altersgleichen Geschlechtergruppe
*3) Allgemeine Interessen (ab ca. 11 Jahren)
Gruppenspezifische, kollektive Interessen (Geschlechtsrollenidentität)
4) Individuelle Interessen (ab ca. mittlerem Jugendalter)
immer mehr kristalliert sich ein individuelles Interesse heraus (hervorgerufen durch die eigenen Fähigkeiten und Begabungen)
—>Zunehmende Entwicklung individueller Interessen ist von Ausblendungsvorgängen geprägt
Vier Phasen der Interessensentwicklung im Schulkontext
Hidi und Renninger 2006
1) initiiertes situationales Interesse: ausgelöst und getragen durch Merkmale der Umgebung
2) aufrechterhaltenes situationales Interesse: durch Umgebung unterstützte längere Aufrechterhaltung von Konzentration und Ausdauer
3) aufkommendes personales Interesse: vertiefte teilweise selbstgesteuerte Beschäftigung getragen von positiven Emotionen, erweiterten Wissenbeständen, positiver Bewertung des Gegenstands —> epistemisches Interesse
4) voll entwickeltes personales Interesse: autonome Lernhandlungen und Aufrechterhaltung durch positive Emotionen bei der Beschäftigung mit Gegenstand, umfangreicheres Wissen
Erklärung für sinkendes Interesse im Laufe der Schulzeit
Daniels 2008
*Grundschulalter: generelles, hohes Interesse an vielen Themen
*Ab dem späten Grundschulalter: Interessen in Schulfächern sinken deutlich ab
Ab der Pubertät: Identitäsrelevante, individuelle Interessen
—> Ungünstige schulische Unterrichts- und Lernbedingungen: kein Autonomieerleben
—> Entwicklungsaufgaben, konkurrierende Lebensziele
—> Differenzierung und Spezifizierung der Lern- und Leistungsziele (Interessen): Wunschvorstellungen über berufliche Zukunft - Konzentration des schulischen Engagements auf entsprechende Fächer/ Themen
Abwärtstrend zeigt sich für alle Jugendliche besonders aber bei Mädchen in Naturwissenschaften
Gestaltung eines interessenförderlichen Unterrichts
Prenzel 1994
Drei Bedingungskomplexe, die sich negativ auf bereits vorhandene Interessen auswirken können:
a) Minutiöses Vorschreiben, wie Schüler Aktivitäten auszuführen haben —> Entziehen von Spielräumen und Wahlmöglichkeiten
b) Rückmeldungen an den Schüler, die eher als Kontrolle wahrgenommen werden
c) Wenig Interaktion im Unterrichtsverlauf
Gestaltung eines interessenentwickelnden Unterrichts
Oft gibt es keine direkten Verbindungen zwischen Lehrinhalt und Lerner. Aber nach Deweys Konzept der “indirekten Interessen”, lassen sich Brücken bauen. Unterrichtskonzepte, die dies “ausnützen” sind:
Offener Unterricht
Projektmethode
Fallstudienmethode
Hier entscheiden schließlich andere Faktoren während des Unterrichts darüber, ob sich der Lerner mit dem Lerngegenstand innerlich anfreundet und eine Identifikation mit dem Gegenstand stattfindet, die ein lang anhaltendes Interesse hervorruft.
Erwartungs-Mal-Wert-Theorien
Erklären die Intensität der Leistungsmotivation
Abhängig von dem zu erwartenden Erfolg des Handlungsergebnisses (Erwartungskomponente)
und vom Anreiz des Handlungsergebnisses (Wertkomponente)
Richtung der Leistungsmotivation wird bestimmt durch die beiden Ausprägungen des Leitungsmotivs
Erfolgsmotiv (Hoffnung auf Erfolg)
Misserfolgsmotiv (Furcht vor Misserfolg)
Ausprägung entscheidet, ob SuS leistungsthematische Situationen aufsuchen und sie als Herausforderung sehen oder sie meiden, da sie als Bedrohung wahrgenommen werden
Selbstbewertungsmodell der Leistungsmotivation
Heckhausen 1972
—> Positive Erfolgs-/ Misserfolgsbilanz: S sucht zukünftig wieder Leistungssituation auf
—> Negative Erfolgs-/ Misserfolgsbilanz: S vermeidet zukünftig Leistungssituation
Risiko-Wahl-Modell
Atkinson 1957
Leichte Aufgabe: zwar hohe Erfolgswahrscheinlichkeit, aber niedriger Anreiz des Erfolgs, langweilig
Schwere Aufgabe: sie zu lösen ist reizvoll, aber unwahrscheinlich/ schwer
Mittelschwere Aufgabe: versprechen, lösbar zu sein, aber stellen trotzdem Herausforderung dar —> höchste Motivation
Entwicklung der Leistungsmotivation
Drei Etappen: Heckhausen & Heckhausen 2006
1) Wirksamkeitserleben und Freude am Effekt (1. Lebensjahr)
2) Selbermachenwollen und Autonomieerleben
3) Orientierung an Gütemaßstäben und Bewertung der eigenen Tüchtigkeit
Stage-Environment-Fit-Theory
Eccles et al. 1989
Erklärung des Motivationsabfalls
Annahme: abnehmende Passung zwischen den Bedürfnissen der Schüler und den Kontextbedingungen der Schule
Veränderung der Lehrer-Schüler-Beziehung
Strengere Notenpraxis in der Sekundarstufe 1
Stärkere Ausrichtung der Noten an sozialer Bezugsnorm
Stärkerer lehrerzentrierter Unterricht im Vergleich zur Grundschule
Fazit: Betrachtung der grundlegenden Bedürfnisse der Lernenden scheint notwendig
Flow
Person handelt in völliger Übereinstimmung mit den Zielen ihres individuellen Selbst; enge Querbezüge zur intrinsischen Motivation
Merkmale von Flow (nach Rheinberger 2006)
Anforderung und Fähigkeit passen optimal zueinander
Handlungsanforderungen und Rückmeldungen sind klar und bedürfen keiner Interpretation (man weiß, was zu tun ist)
Handlungsablauf wird als glatt und fließend erlebt
Konzentration auf Tätigkeit ist anstrengungsfrei, erfordert keine bewusste Willensanstrengung
Reduziertes Zeitgefühl (Stunden vergehen wie Minuten)
Selbst und Tätigkeit verschmelzen miteinander; (Selbst-)Reflexivität und Selbstbewusstsein treten in den Hintergrund
SMART
Locke & Latham 2002
Ziele entwickeln ihre motivationale Wirkung besonders dann, wenn sie SMART (spezifisch, messbar, anspruchsvoll, realistisch, terminiert) formuliert werden
TARGET
Epstein 1989
Klassenzielstruktur: abhängig von LK entweder stärkere Lernziel- oder Performanzzielstruktur
T: Task
A: Authority
R: Recognition
G: Grouping
E: Evaluation
T: Timing
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