Welche Ausnahmen kenne Sie von der Formfreiheit bei der Abtretung?
Eine Ausnahme von der Formfreiheit liegt bei der Abtretung einer Anweisung (§ 792) und bei der Abtretung hypothekarisch gesicherter Forderungen vor. Grund dafür ist
§ 1154: Die Hypothek geht zwangsläufig mit der Forderung über, §§ 401 I, 1153, und die Formbedürftigkeit der Hypothekenbestellung liegt nicht allein im Interesse des Schuldners.
In welchen Fällen scheidet die Übertragbarkeit der Forderung bei der Abtretung aus?
Bei der Inhaltsänderung durch Abtretung, § 399 Alt. 1, bei einem vereinbarten Haftungsausschluss gem. § 399 Alt. 2 und bei der Unpfändbarkeit gem. § 400 BGB.
Handelt es sich bei dem vereinbarten Haftungsausschluss um ein relatives Veräußerungsverbot?
Der Abtretungsausschluss ist kein relatives Veräußerungsverbot (vgl. § 135). In Abgrenzung zu § 137 liegt schon gar kein veräußerliches Recht mehr vor. Die Abtretung ist also wirkungslos.
Zu welchem Zeitpunkt geht die Forderung bei einer Vorauszession über?
Mit Abschluss des Abtretungsvertrages geht die zedierte Forderung auf den Zessionar über, bei Vorauszession mit Entstehung der Forderung, § 398 S. 2.
Welche Rechtsfolge bringt die mehrfache Abtretung einer künftigen Forderung mit sich?
Wird eine bestehende Forderung mehrfach abgetreten, so kann nur die zeitlich frühere Abtretung Wirkung zeigen. Bei der zeitlich späteren Abtretung war der Zedent bereits nicht mehr Inhaber der Forderung. Fraglich ist, ob dies auch bei der Abtretung künftiger Forderungen gelten kann. Hier wirkt die Abtretung ja erst im Zeitpunkt der Entstehung der Forderung. Das Prioritätsprinzip bezieht sich jedoch auch bei der Abtretung nicht bestehender, künftiger Forderungen auf die Vereinbarung der Abtretung. Die zeitlich frühere Verfügung ist wirksam, die spätere kann nur im Wege des gutgläubigen Erwerbs Wirkung entfalten, welcher aber bei der Forderungsabtretung weitgehend ausgeschlossen ist. Entsteht die zedierte Forderung, so ist damit nur die zeitlich erste Abtretung wirksam, alle späteren mangels Verfügungsmacht nicht.
Was ist unter „Fiduziarische Abtretungen“ zu verstehen? Welche Fallgruppen kenne Sie?
Bei „Fiduziarische Abtretungen“ erlangt zwar der Zessionar nach außen die volle Rechtsstellung, im Innenverhältnis zwischen Zedent und Zessionar ist die Wirkung jedoch auf einen Sicherungszweck beschränkt.
Die wichtigsten Erscheinungsformen sind:
Inkassozession: Es werden Forderungen an ein Inkassobüro „abgetreten“, welches die Gelder eintreibt.
Die Sicherungszession: Vollrechtsübertragung, die durch eine Sicherungsabrede zweckgebunden ist. Entfällt die Sicherungsabrede, fehlt der Zession der Rechtsgrund.
Factoring: Ein Unternehmen tritt seine Forderungen insgesamt an einen Factor ab, der die Buchhaltung, das Mahnwesen und die Einziehung übernimmt. Beim echten Factoring kauft die Bank die Forderungen vom Kunden, unter Abzug der Provision und Risikopauschale. Dafür trägt aber auch der Factor das Risiko der Nichteinziehbarkeit von Forderungen. Beim unechten Factoring verbleibt das Risiko der Bonität der Forderungen beim Kunden. Die Abtretung erfolgt zur Sicherung eines gewährten Kredites und erfüllungshalber.
Erläutern Sie den Unterschied zwischen rechtshindernden, rechtsvernichtenden und rechtshemmenden Einwendungen im materiellen Recht.
rechtshindernde Einwendungen: der Anspruch entsteht nicht (z.B. §§ 104 ff., 134, 138, 142, 254 I).
- rechtsvernichtende Einwendungen: der entstandene Anspruch geht wieder unter (z.B. nachträgliche Unmöglichkeit bei 275 I; Erfüllung und ihre Surrogate, 362 ff; Rücktritt; Abtretung, 398 ff.; Legalzession, z.B. 412; befreiende Schuldübernahme, 414 ff.).
- rechtshemmende Einwendungen (= Einrede in materiellrechtl. Terminologie): der entstandene Anspruch bleibt bestehen, wird aber in seiner Durchsetzung gehemmt (z.B. Verjährung; Stundung; Bereicherungseinrede; § 821; Arglisteinrede, § 853).
Wird die Möglichkeit zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gem. § 123 BGB von den Gewährleistungsrechten gem. §§ 434 ff. BGB auf Grund von Spezialität verdrängt?
Für das Verhältnis zur Irrtumsanfechtung aus § 119 II wird dies bejaht. Ist neben einem Sachmangel aber gleichzeitig der Tatbestand der arglistigen Täuschung erfüllt, so kann der Käufer, statt die Rechte aus §§ 434 ff. geltend zu machen, anfechten. Als Argument wird das mangelnde Schutzbedürfnis des arglistigen Verkäufers bzw. die erhöhte Schutzwürdigkeit des Käufers angeführt. Die kurze Verjährung kaufrechtlicher Ansprüche ist kein Argument hiergegen, da sie gem. § 438 III im Falle arglistigen Verschweigens gerade nicht gilt. Dementsprechend ist es bei der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung möglich, diese auch neben der Geltendmachung der Gewährleistungsrechte durchzuführen.
Tritt der täuschende Teil eine vertragliche Forderung an einen Dritten ab, wer ist dann richtiger Anfechtungsgegner?
a) Vertragspartner
Nach § 143 II bleibt es auch in diesem Fall dabei, dass Anfechtungsgegner beim Vertrag nur der Vertragspartner = Zedent ist nicht hingegen der Zessionar. Geht der Zessionar aus der zedierten Forderung gegen den Schuldner vor, kann dieser gegenüber dem Zedenten anfechten mit der Wirkung, dass der der Forderung zugrundeliegende Vertrag entfällt und damit auch die geltend gemachte Forderung, was der Schuldner dem Zessionar gegenüber einwendungsweise entgegenhalten kann, § 404.
b) § 143 II Alt. 2 i.V.m. § 123 II 2
Hier hat L die Anfechtung nicht gegenüber seinem unerreichbaren Vertragspartner H, sondern gegenüber dem Zessionar S erklärt. Nach dem eben erwähnten Regelfall des § 143 II Alt. 1 ist die Anfechtung damit noch nicht erklärt. § 143 II Alt. 2 i.V.m. § 123 II 2 eröffnet jedoch die Möglichkeit der Anfechtung gegenüber einem Dritten. In Wirklichkeit handelt es sich bei den von § 123 II 2 normierten Fällen um 4- Personenverhältnisse: Die Täuschung wird von einem Dritten vorgenommen, ein Vierter, also weder der Vertragspartner des Getäuschten noch der Täuschende, erlangt aus der Willenserklärung des Getäuschten unmittelbar ein Recht. Dem Vierten gegenüber ist dann anzufechten, § 143 II 2. Alt. i.V.m. 123 II 2, sofern dieser die Täuschung kennt oder kennen musste.
c) h.M. § 143 II auch bei Forderungsabtretung
Die h.M. hält an der Regelvorschrift des §143 II auch für den Fall der Forderungsabtretung fest. Zur Begründung wird u.a. darauf verwiesen, dass der Zessionar lediglich hinsichtlich der zedierten Forderung, nicht jedoch hinsichtlich des gesamten Schuldverhältnisses an die Stelle des Zedenten trete. Die Anfechtung richte sich nicht gegen die Forderung, sondern gegen die zum Vertragsschluss führende Willenserklärung und damit gegen das Schuldverhältnis insgesamt.
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