UN-Agenda: The Sustainable Development Agenda
17 Ziele für die Menschen, für den Planeten: Die Ziele für nachhaltige Entwicklung sind ein universeller Aufruf zum Handeln, um die Armut zu beenden, den Planeten zu schützen und das Leben und die Perspektiven aller Menschen zu verbessern.
Die 17 Ziele wurden 2015 von allen UN-Mitgliedstaaten als Teil der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung angenommen, die einen 15-Jahres-Plan zur Erreichung der Ziele vorsieht.
UN-Agenda 2030: Goal 12 – Responsible Consumption & Production
Sollte die Weltbevölkerung bis zum Jahr 2050 auf 9,6 Milliarden Menschen anwachsen, könnte das Äquivalent von fast drei Planeten benötigt werden, um die natürlichen Ressourcen bereitzustellen, die zur Aufrechterhaltung des derzeitigen Lebensstils erforderlich sind.
Die Haushalte verbrauchen 29 Prozent der weltweiten Energie und tragen folglich zu 21% der daraus resultierenden CO2-Emissionen bei. Der Anteil der erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch lag 2015 bei 17,5%. Die Weltbevölkerung ohne Zugang zu Elektrizität ging von 1,2 Milliarden im Jahr 2010 auf 840 Millionen im Jahr 2017 zurück.
Wenn die Menschen weltweit auf energieeffiziente Glühbirnen umsteigen würden, könnte die Welt jährlich 120 Milliarden US-Dollar einsparen.
Der Wasserverbrauch ist seit den 1980er Jahren weltweit um etwa 1 Prozent pro Jahr gestiegen. Die Landwirtschaft (einschließlich Bewässerung, Viehzucht und Aquakultur) ist bei weitem der größte Wasserverbraucher und macht 69% der jährlichen Wasserentnahme weltweit aus. Auf die Industrie (einschließlich Energieerzeugung) entfallen 19% und auf die Haushalte 12%. Mehr als 2 Milliarden Menschen leben in Ländern, die unter hohem Wasserstress leiden.
Jedes Jahr landet schätzungsweise ein Drittel aller produzierten Lebensmittel - das entspricht 1,3 Milliarden Tonnen im Wert von rund 1 Billion Dollar - in den Mülleimern der Verbraucher und Einzelhändler oder verdirbt aufgrund schlechter Transport- und Erntemethoden.
Behaviour Change Wheel (BCW)
BCW ist ein Konzept mit dem vorab analysiert werden kann, was die effizienteste Maßnahme wäre àsystematische Verhaltensanalyse, um herauszufinden, was am besten ist
Es gibt drei Ebenen (grün, rot, weiß)
Grün: Verhaltensweisen analysieren
Rot: konkrete Interventionsmaßnahmen
Weiß: politische Intervenierung
BCW: Schritte der Interventionsentwicklung
BCW Schritt 1a: Verhaltensauswahl
Kriterien
Einfluss des Verhaltens auf das gewünschte Ergebnis
Wahrscheinlichkeit, dass das Verhalten erfolgreich verändert werden kann
Wahrscheinlichkeit eines positiven / negativen Spillovers auf verwandte Verhaltensweisen
Messbarkeit des Verhaltens
BCW Schritt 1b: Verhaltensdiagnose mit dem COM-B Model
Wechselbeziehung zwischen den drei Komponenten des Verhaltens: Capability, Motivation, Opportunity
—> diese Komponenten können dazu führen, dass ein Verhalten geändert wird
(Opportunity ist, dass es z.B. einen Fitnessraum für Mitarbeiter gibt und sie deswegen in ihren Pausen Sport machen à die Möglichkeit ist geboten, deswegen wird Verhalten möglicherweise geändert)
BCW Schritt 1b: Verhaltensdiagnose mit dem COM-B Model – Beispiel körperliche Aktivität
COM-B Komponente
Was muss gegeben sein, damit das Zielverhalten auftritt
Besteht der Bedarf einer Veränderung?
Fähigkeit (körperlich, psychologisch)
- Wissen um die Vorteile von körperlicher Aktivität
- Wissen und körperliche Fähigkeiten zur korrekten Ausführung von Übungen (...)
- Vorteile allgemein bekannt
- Mitarbeiter äußern Unsicherheiten im Umgang mit den Fitnessgeräten
Gelegenheit (physische, soziale)
- Räumlichkeiten und Sportangebote auf der Arbeit
- Zeitliche Flexibilität in der Pausengestaltung -Unterstützung durch Arbeitskollegen (...)
- aktuell sind sportlich aktive Mitarbeiter „Einzelgänger“ – gut wären Gruppenaktionen
Motivation (reflektiv, automatisch)
- Spaß an der Bewegung
- Erkennen der Notwendigkeit regelmäßiger, um eigene Gesundheit aufrechtzuerhalten
- Gewohnheitsbildung (...)
- einige Mitarbeiterinnen wünschen sich vermehrt Kurse zusätzlich zu den Kraftgeräten
- Aktuell keine Routinebildung durch feste Termine
Relevante Komponenten für die Intervention
Fähigkeit (körperlich), Gelegenheit (sozial), Motivation (reflektiv und automatisch) -> gehört zu beiden Spalten
BCW Schritt 2a: Möglichkeiten zur Intervention/Interventionsfunktionen
Interventionsmöglichkeiten:
Bildung
Überzeugung
Schaffung von Anreizen
Zwang
Training
Einschränkungen
Umstrukturierung des Umfelds
Modellierung
Befähigung
BCW Schritt 2b: Auswahl politischer Handlungsoptionen
Politische Handlungsoptionen: Richtlinien/Regulation/Gesetzgebung - Verbraucherschutz
Verbraucherschutz = Eine Fülle von Ge- und Verboten, fixiert in zivil- und öffentlich- rechtlichen Regelungen, sollen die Stellung des Verbrauchers gegenüber den Marketing- Praktiken von Anbietern stärken.
Beispiel: Gaststättengesetz
§ 6 Ausschank alkoholfreier Getränke
Ist der Ausschank alkoholischer Getränke gestattet, so sind auf Verlangen auch alkoholfreie Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle zu verabreichen.
Davon ist mindestens ein alkoholfreies Getränk nicht teurer zu verabreichen als das billigste alkoholische Getränk.
Der Preisvergleich erfolgt hierbei auch auf der Grundlage des hochgerechneten Preises für einen Liter der betreffenden Getränke.
Die Erlaubnisbehörde kann für den Ausschank aus Automaten Ausnahmen zulassen.
Politische Handlungsoptionen: Richtlinien/Regulation/Gesetzgebung - Rigth to Repair
Konsumenten sollen in der Lage sein, technische Geräte selbst zu reparieren oder bei einem Experten ihrer Wahl reparieren zu lassen
Geplante Obsoleszenz (absichtliche Verkürzung der Lebensdauer von Geräten) und E-Waste reduzieren (vgl. Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG): § 4 ElektroG: Pflicht zur Produktkonzeption; Verbot einer künstlichen Verkürzung des Lebenszyklus von Produkten durch entsprechende Konstruktionsmerkmale, die einer Wiederverwendung entgegenstehenàVerlängerung der Produkthaltbarkeit)
z.B. verklebte Akkus in Smartphones oder proprietäre Schrauben vom Hersteller
Zugang zu Handbüchern, Software-Updates, etc. ermöglichen und Softwarelizenzen so gestalten, dass Support-Optionen nicht eingeschränkt werden und klar ist, was in einem Verkauf enthalten ist
Teile und Werkzeuge für die Wartung von Geräten Dritten (auch Privatpersonen) zur Verfügung stellen
Das Entsperren, Anpassen oder Modifizieren eines Geräts legalisieren, damit der Besitzer benutzerdefinierte Software installieren kann
Geräte sollten so konzipiert und designt sein, dass eine Reparatur möglich ist
Positivbespiel: Autoreparatur (der Kunde kann das Auto in einer Werkstatt seiner Wahl reparieren lassen)
Frankreich: 2021 Einführung eines Reparatur-Indexes (Indice de réparabilité), der beurteilt, wie gut Geräte reparierbar sind
Bewertungsdimensionen: u.a.
Zugang zu Informationen wie Handbüchern oder Reparaturanleitungen
Einfachheit der Demontage
Zugang zu und Preis der Ersatzteile
Politische Handlungsoptionen: Richtlinien/Regulation/Gesetzgebung - Erweiterte Herstellerverantwortung
Extended Producer Responsibility (EPR) = Erweiterte Herstellerverantwortung
= Hersteller sind für ihre Produkte verantwortlich
umweltpolitischer Ansatz: Verantwortung eines Herstellers erstreckt sich für ein Produkt auf die Post- Verbraucher-Phase seines Lebenszyklus
Produkt-Gestaltung, über den Vertrieb, Rücknahme und daraus folgend eine sachgemäße Entsorgung oder Wiederverwertung
Ziel: Umweltbelastungen, die der gesamte Produktlebenszyklus verursacht, so gering wie möglich zu halten.
Hersteller können auf unterschiedliche Weise diese Verantwortung übernehmen:
Verantwortung für durch das Produkt verursachte Umweltschäden
wirtschaftliche Verantwortung zur Deckung der Kosten für Sammlung, Recycling und Entsorgung
physische und/oder informationsbezogene Verantwortung
Politische Handlungsoptionen: Richtlinien/Regulation/Gesetzgebung - Ökodesign
Umweltgerechten Gestaltung (Richtlinie 2009/125/EG34) („Ökodesign-Verordnung“) energiebetriebener Produkte ist Ausdruck der EU-weit integrierten Produktpolitik
Beeinflussung
der Planungsphase
der Entwicklung und Gestaltung des energiebetriebenen Produktes
der Gestaltung von Produktionsprozessen
Politische Handlungsoptionen: Richtlinien/Regulation/Gesetzgebung - Kennzeichnung
Im Haushaltsgerätebereich beabsichtigt der EU-Gesetzgeber, durch eine genaue, sachdienliche und vergleichbare Unterrichtung über den spezifischen Energieverbrauch von Haushaltsgeräten die Wahl der Öffentlichkeit auf Geräte zu lenken, die nur geringfügig Energie verbrauchen
Hersteller sollen Maßnahmen zur Verringerung des Energieverbrauchs der von ihnen hergestellten Geräte vornehmen
Deutsches Recht:
Energieverbrauchskennzeichnungsgesetz (EnVKG)
Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (EnVKV)
Hersteller-/ Händlerverpflichtung zu Angaben über den Energieverbrauch von Haushaltsgeräte
Einteilung der Geräte in verschiedene, durch EU-Richtlinien definierte Energieeffizienzklassen
Energieeffizienzklasse wird durch ein EU-Label gekennzeichnet
Energieverbrauchshöchstwerteverordnung (EnVHV)
Politische Handlungsoptionen: Richtlinien/Regulation/Gesetzgebung - Produktnutzung
Nachhaltiger Konsum kann auch durch eine Verlängerung des Produktlebenszyklus erzielt werden
Die Nutzungseffektivität wird erhöht, wenn Anreizmodelle geschaffen werden, die verschiedenen Nutzern eine parallele wie serielle Mehrfachnutzung von Produkten ermöglichen.
Beispiel: Automobilbranche
Privatleasing/Abo-Modelle
Diskutiert wird ein „Öko-Leasing“:
serielle Mehrfachnutzung: umfasst eine Anbieterverantwortung für Reparatur und Rücknahme und läuft über mehrere Nutzungszyklen
parallele Mehrfachnutzung, „Sharing-Modelle“: Nutzung von Mietangeboten anstelle des Kaufs von Produkten, d.h. Teilen von Produkten unter mehreren Nutzern entsprechend des Modells des „Car Sharing“
Politische Handlungsoptionen: Lieferkettengesetz
Der Bundestag hat am Freitag, 11. Juni 2021, den Gesetzentwurf der Bundesregierung über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten (19/28649) in der vom Ausschuss für Arbeit und Soziales geänderten Fassung (19/30505) angenommen. Ziel ist es, Menschenrechte und Umwelt in der globalen Wirtschaft besser schützen.
Politische Handlungsoptionen: Finanzpolitische/Steuerliche Maßnahmen
Einführung einer Zuckersteuer in Großbritannien im April 2018: mehr als 5g/100ml: 18 Pence (21 Cent), ab 8g/100ml: 28 Pence (33 Cent)
Durchschnittlicher Zuckergehalt von Softdrinks ist zwischen 2015 und 2018 von 4,4 g pro 100ml auf 2,9 g zurückgegangen (entspricht 30% Rückgang im Zuckerkonsum pro Kopf und Tag)
60% der Teilnehmer des Kongresses der British Soft Drinks Association sehen die Einführung der Steuer positiv.
Politische Handlungsoptionen: Gestaltung des Umfelds – Nudging
“Eine Veränderung in der Umwelt, welche das Verhalten von Menschen in vorhersagbarer Weise verändern kann, ohne irgendwelche Optionen auszuschließen oder wirtschaftliche Anreize stark zu verändern.”
Thaler & Sunstein, 2008
Nudges
· engl. für „Anstupser“
· sind keine harte Regulierung, keine finanziellen Anreize
· sind transparent, nie versteckt
· sind im Sinne der Person
· oft Änderungen des „Status Quo“ (z.B. des Standards)
Politische Handlungsoptionen: Nudging – Beispiele im Bereich Ernährung
In der Schulcafeteria (Bequemlichkeit):
Wird das gesunde Essen nur an der Schnell-Kassenschlange („convenience line“) angeboten, wird es häufiger gewählt (Hanks et. al. 2012)
An der Kasse (Verfügbarkeit):
Wird die Verfügbarkeit von gesunden Snacks von 25% auf 75% erhöht, werden mehr gesunde Snacks verkauft (van Kleef et al., 2012)
Am Buffet (Vielfalt):
Werden zwei Gemüsesorten statt einer angeboten, wird insgesamt mehr Gemüse genommen (Bucher et. al. 2011)
Politische Handlungsoptionen: Nudging – Vor- und Nachteile
Vorteile:
kann im großen Stil eingesetzt werden
kosten- und zeiteffektiv
wirkt auch, wenn Ziel offen gelegt wird (Kroese et al., 2017)
höhere Akzeptanz als Regulierungen, Gesetze oder Verbote
Nachteile:
Paternalismus/ „Nanny State“-Vorwurf
Transparenz wird zwar vorausgesetzt, ist aber nicht zwangsläufig garantiert
Mechanistische Vorstellung von Verhaltensänderung (unterschlägt, dass Menschen aktiv Ihre Umgebung gestalten und auswählen)
Das Ziel, Menschen kompetenter zu machen, wird aufgegeben
Politische Handlungsoptionen: Dientsleistungen/Bildung – Boosting
“Interventionen, die auf die Fertigkeiten und Kenntnisse des Einzelnen, die verfügbaren Entscheidungsinstrumente oder das Umfeld, in dem Entscheidungen getroffen werden, abzielen.“
Grüne-Yanoff und Hertwig, 2016
Boosts:
können die Entscheidungsfindungskompetenzen von Laien und Fachleuten erweitern
unterstützen die Handlungsfreiheit: Entscheidungsträger entscheiden, ob und zu welchem Zweck sie die neue Kompetenz einsetzen wollen
beschränkt sich nicht nur auf (Schul-) Bildung
Politische Handlungsoptionen: Boosting – Eine Taxonomie von möglichen Boosts
Mögliche Boosting Maßnahmen:
Risikokompetenz/ Entscheidungen unter Risiko
zielt darauf ab, die statistische Kompetenz von Menschen zu verbessern, damit sie verwirrende und irreführende Darstellungen verstehen und durchschauen können
Beispiel: Darstellung von absoluten statt relativen Häufigkeiten (Gigerenzer et al., 2007; Spiegelhalter et al., 2011)
Unsicherheitsmanagement/ Entscheidungen unter Unsicherheit
schafft oder fördert prozedurale Regeln für gute Entscheidungen, Vorhersagen und Bewertungen unter unsicheren Bedingungen
Beispiel: einfache Heuristiken und „fast and frugal decision trees” (Gigerenzer et al., 2011)
Vermittlung von Kernkompetenzen
identifiziert und korrigiert spezifische Fertigkeits- und Wissensdefizite mit weitreichenden Folgen für Gesundheit, Wohlstand und Lebenszufriedenheit
Beispiel: „growth-mindset” Interventionen an Schulen (Paunesku et al., 2015), Involvierung bei der Essenszubereitung (Dohle et al. 2014)
Politische Handlungsoptionen: Boosting – Beispiel Ernährung und Kochfertigkeiten
Veränderungen des Alltags beeinflussen die Ernährung
—> Minimierung von Zeit und Aufwand beim Kochen
—> Convenience-Orientierung vieler Verbraucher
Weitergabe von Kochfertigkeiten findet seltener statt
—> Zu Hause
—> In Schulen (in den meisten Ländern)
—> Zahlreiche Studien haben Veränderungen bezüglich der Essenszubereitung und der Kochfertigkeiten mit ungesunden Ernährungsmustern und mit einem erhöhten Risiko für Übergewicht und Adipositas in Verbindung gebracht (z.B. Engler-Stringer, 2010)
In der Tabelle ist zu erkennen, dass Kochfertigkeiten negativ mit allem korreliert sind (convenience food, meat,…)
—> Menschen, die kochen können ernähren sich gesünder
—> Menschen, die nicht kochen können ungesünder (mehr convenience food, Fleisch,…)
Bei einer Korrelation kennt man die Richtung der Kausalität nicht (Können Leute gut kochen und essen deswegen gesund oder ernähren sich Leute gesund (wollen sich gesund ernähren) und kochen deswegen gut?)
—> um das herauszufinden kann man ein Experiment machen (siehe nächste Seite)
Politische Handlungsoptionen: Boosting – Involvierung bei der Esszubereitung
Politische Handlungsoptionen: Boosting – Vor- und Nachteile
unterstützt Autonomie von Personen
ermöglicht informierte Entscheidungen
ermöglicht Transfer in andere Bereiche
Transparenz gegeben, da Boosting eine aktive Kooperation voraussetzt
hohe Kosten (in der Regel)
oft langwierig
setzt bestimmte Basiskompetenzen voraus
basiert auf Wissensdefizitmodell und kann u.U. bestehende Unterschiede vergrößern (vgl. Gustafson & Rice, 2016)
Kompetenzstärkung bedeutet nicht zwangsläufig Verhaltensänderung
Politische Handlungsoptionen: Vergleich – Nudging vs. Boosting
Nudging ist vermutlich erfolgreicher/besser, wenn
Motivation und Kompetenz der Zielgruppe gering sind (Nudging erfordert keine Motivation/Minimalkompetenz)
Boosting ist vermutlich erfolgreicher/besser, wenn
politische Entscheidungsträger kein Wissen über Präferenzen von Personen haben oder eine große Heterogenität in den Präferenzen besteht (Maßnahme ist dann weniger fehleranfällig)
der Staat nicht wohlwollend ist
der Staat es zulässt, dass die Privatwirtschaft massiv „toxische“ Umwelten schafft (d.h. nicht reglementiert wird)
Politische Handlungsoptionen: Kommunikation – Risikokommunikation/-wahrnehmung
Wahrscheinlichkeiten für Einzelereignisse (single event probabilities)
"Es besteht eine 30%ige Chance, dass es morgen regnet" = Wahrscheinlichkeitsaussage über ein einzelnes Ereignis: Entweder regnet es morgen oder es regnet nicht.
3 verschiedene Interpretationen:
in 30 % des Gebiets wird es regnen
es wird 30 % der Zeit regnen
an 30 % der Tage wie morgen wird es regnen
Gebiet, Zeit und Tage sind Beispiele für Referenzklassen, und jede Klasse verleiht der Regenwahrscheinlichkeit eine andere Bedeutung.
Bedingte Wahrscheinlichkeiten (conditional probabilities)
"Wenn eine Frau an Brustkrebs erkrankt, beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass die Mammographie ein positives Ergebnis liefert, 90 %.
Wird oft verwechselt mit: "Wenn eine Frau ein positives Ergebnis in der Mammographie hat, beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass sie Brustkrebs hat, 90 %."
Die bedingte Wahrscheinlichkeit von A bei B wird mit der von B bei A verwechselt.
Relative Risiken
Frauen im Alter von über 50 Jahren wird gesagt, dass ein Mammographie-Screening ihr Risiko, an Brustkrebs zu sterben, um 25 % verringert. Frauen in Hochrisikogruppen wird gesagt, dass eine beidseitige prophylaktische Mastektomie ihr Risiko, an Brustkrebs zu sterben, um 80 % senkt.
Von 1000 Frauen, die sich keiner Mammographie unterziehen, werden 4 innerhalb von 10 Jahren an Brustkrebs sterben, während von 1000 Frauen, die sich einer Mammographie unterziehen, 3 sterben. (absolut dargestellt)
In ähnlicher Weise bezieht sich die Zahl von 80 % für die prophylaktische Mastektomie auf eine absolute Risikoreduzierung von 4 von 100: Fünf von 100 Frauen der Hochrisikogruppe, die sich keiner prophylaktischen Mastektomie unterziehen, werden an Brustkrebs sterben, verglichen mit 1 von 100 Frauen, die sich einer Mastektomie unterzogen haben.
Zwei Möglichkeiten, dieselbe statistische Information darzustellen
Bedingte Wahrscheinlichkeiten
Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau Brustkrebs hat, beträgt 0,8 %. Wenn sie Brustkrebs hat, ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Mammographie ein positives Ergebnis zeigt, 90%. Wenn eine Frau keinen Brustkrebs hat, liegt die Wahrscheinlichkeit eines positiven Ergebnisses bei 7 %. Nehmen wir zum Beispiel eine Frau, die ein positives Ergebnis hat. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie tatsächlich Brustkrebs hat?
Natürliche Häufigkeiten
8 von 1000 Frauen haben Brustkrebs. Von diesen 8 Frauen mit Brustkrebs haben 7 ein positives Ergebnis bei der Mammographie. Von den 992 Frauen, die nicht an Brustkrebs erkrankt sind, haben etwa 70 ein positives Mammographieergebnis. Nehmen wir zum Beispiel eine Stichprobe von Frauen mit positiven Mammogrammen. Wie viele dieser Frauen haben tatsächlich Brustkrebs?
Risiken so darstellen, dass sie gut verständlich sind!!!
Konsumenten schulen (Dienstleistung anbieten), um bessere Zahlenkompetenzen bei Menschen zu erreichen
Idee: Politik ist gut beraten, wenn sie selbst so kommuniziert, dass Konsumenten die Informationen gut verarbeiten und verstehen können. Aber auch, dass es hier sinnvoll ist Regeln einzuführen wie z.B. Informationen zu medizinischen Maßnahmen oderWirksamkeit von Medikamenten so kommuniziert werden müssen, so dass Konsumenten diese verstehen können
Politische Handlungsoptionen: Kommunikation – Informationspflicht
Kernaussage: Wenn ich es schaffe eine Vereinfachung in der Informationsvereinbarung zu erreichen, ist das an sich erstmal positiv
Die Scores sind prägnanter und mit einer Bewertung versehen à Konsumenten kaufen gesünder als, wenn nur die Nährwertaufgaben auf der Verpackung stehen
Im Schnitt ernähren sich Menschen gesünder, wenn diese Bewertungen (Scores) auf der Verpackungen haben à die Nährwertangaben bieten so viele Informationen, dass sie oftmals nicht beachtet werden àwenn es viele Informationen gibt greifen Menschen häufig zu Heuristiken, wobei nicht alle relevanten Informationen berücksichtigt werden
Kritik: Der Nutri-Score bezieht sich auf eine Vergleichsklasse von Lebensmitteln à nicht absolut, sondern relativ zu sehen à dies ist irreführend; Konsumenten könnten denken ein Lebensmittel ist absolut gesund
Politische Handlungsoptionen: Kommunikation – Zertifizierung/Labels
Bsp. Blauer Engel
Seit über 40 Jahren das Umweltzeichen der Bundesregierung Deutschland (im Vergleich zu anderen Produkten in dessen Klasse)
Zweck des Umweltzeichens ist es, privaten Verbraucherinnen und Verbrauchern, institutionellen Großverbrauchern und öffentlichen Einrichtungen eine verlässliche Orientierung beim umweltbewussten Einkauf zu geben.
Der Blaue Engel steht für eine unabhängige, transparente und ambitionierte Kennzeichnung.
Der Blaue Engel garantiert, dass ein Produkt die Umwelt weniger belastet und dabei hohe Ansprüche zum Schutz der Gesundheit erfüllt – und dies bei gleicher Gebrauchstauglichkeit und Qualität
Eine gezielte Nachfrage nach umweltschonenden Produkten fördert ökologische Produktinnovationen und reduziert Umweltbelastungen.
Politische Handlungsoptionen: Kommunikation & Marketing
In den letzten Jahren nur lustige Kampagnen mit bunten Farben -> früher eher negative Konsequenzen dargestellt
Studien haben gezeigt, dass das wenig effektiv ist, wenn man eine Kampagne macht, die auf einen Bereich abzielt, der üblicherweise in einer guten Stimmung erfolgt (Alkoholkonsum -> Party)
—> wenn man mit Kampagnen mit drohenden Szenarien arbeitet, die eine schlechte Stimmung auslösen -> inkompatibel zu der glücklichen Situation, in der es wichtig ist, dass die Menschen sich an die Kampagnen erinnern à man erinnert Sachen besser, die zur aktuellen Stimmung passen (-> Gedächtniseffekte)
Paternalismus
Paternalistischer Staat = Bestreben [eines Staates], andere [Staaten] zu bevormunden, zu gängeln
Ziel: Selbstbeschädigung verhindern oder den Selbstnutzen fördern
rekonstruiertes Prinzip eines grundlegenden Typus von Interaktion, der auf das Wohl von anderen zielt, es dabei aber für nicht erforderlich erachtet, die Zustimmung der Betroffenen einzuholen, oder sich sogar absichtlich über deren Willen hinwegsetzt
Charakteristik von Paternalismus:
Maßnahmen werden eingeleitet, die das Wohl der Bevölkerung zum Ziel haben. Aber Betroffene werden nicht danach gefragt, ob sie es wollen
Paternalismus: Liberaler und klassischer
Welche Maßnahmen sollen umgesetzt werden? (Demokratie)
1. Versuchen so wenig zwingende Eingriffe wie möglich zu treffen (eher in den linken Bereich gehen) —> Entscheidungsfreiheit möglichst aufrecht erhalten
2. Aus empririscher Sicht bzw. Konsumenten-Verhaltens-Sicht weiß man, dass Maßnahmen im mittigen bzw. linken Spektrum des Paternalismus trifft, dass diese effektiver sein können, als die die rechts stehen
—> Verbote/Einschränkungen bringen die Schattenseite mit, dass sie Reaktanz auslösen können
—> Nudging ist z.B. sehr effektiv, um Entscheidung zu beeinflussen -> trotzdem Entscheidungsfreiheit /hält diese offen
—> generell ist eher der liberale Paternalismus zu raten (im linken Bereich)
Last changed2 years ago