Was versteht man allgemein unter Biopsychologischen Ansätzen?
Die Ansätze beschäftigen sich damit, welche biologischen Substrate (einschließlich Gene) zu Persönlichkeitsunterschiede beitragen.
Was ist die Ursache für Extraversion?
Was ist die biologische Ursache dafür?
Welche Ideen über den Zusammenhang von Körper und Psyche gab es seit der Antike?
Mediziner Galenus (2. Jhd. n. Chr.):
Temperament durch unterschieldiche Konzentration der Körpersäfte bestimmt:
Phrenologie von Gall (1758-1828)
Zusammenhang zwischen Schädelform und Temperament (große Stirn = Intelligenter)
Physiognomik von Carus (1789-1869)
Zusammenhang zwischen Gesichtszügen und Temperament -> man kann dem Menschen aus dem Gesicht ansehen, wie sein Temperament ist
Ernst Kretmscher (1888-1964)
Zusammenhang zwischen Körperbau und psychischen Störungen
leptosom (schmalwüchsiger Körperbautyp) – Schizophrenie
pyknisch (rundlicher Körperbautyp) – manisch/depressive Störungen
athletisch (muskulöser Körperbautyp) – Epilepsie und katatone Schizophrenie
dysplastisch (leptosomer Oberkörper, athletische Beine) – Epilepsie
Welche Aspekte davon sind nach wie vor plausibel?
Medizinier Galus
Körperflüssigkeiten empirisch widerlegt
ABER: Typen werden in Eysencks Modell aufgegriffen (Extraversion und Neurotizismus)
Phrenologie von Goll
Schädelform und Temperament empirisch widerlegt
Physiognomik von Carus
mit aktuellen Theorien grundsätzlich verträglich (Menschen können von bestimmten Gesichtsmerkmalen bestimmte Persönlichkeitseigenschaften schließen - Cues)
Positive und negative Affektivität (Lach- und Kummerfalten)
Extraversion – Introversion (Lachfalten)
Neurotizismus – emotionale Stabilität (Kummerfalten)
Verträglichkeit – Unverträglichkeit (Zornesfalten)
Körperformen von Ernst Kretmscher
Körperform und psychischen Störungen empirisch widerlegt
Welche neuroanatomischen Substrate postulierte Eysenck für Extraversion und Neurotizismus?
PEN-Modell = Psychotizismus, Extraversion, Neurotizismus
Neurobiologische Fundierung für sein hierarchisches Persönlichkeitsmodell
neuroanatomatisches Substrat =
Trait
Neuroanatomisches Substrat
Psychotizismus
— (nicht ausgearbeitet)
Extraversion
Formatio Retikularis (vernetzungen aus dem Rückenmark, Stammhirn)
Augsteigende Retikuläre Aktivierungssystem (ARAS)
Neurotizismus
Limbisches System
Wie ist es nach Eysenck zu erklären, dass manche Menschen extravertierteres Verhalten zeigen als andere?
Extraversion wird durch das neuroanatomatische substrat: Formatio Reticularis, das Aufsteigende Retikuläre Aktivierungssystem (ARAS) reguliert
reguliert den Grad der Wachheit
reguliert mit Signalstärke wie sehr sensorische und kognitive Reize die kortikale Erregung (“arousal”) beeinflussen
Ansprechbarkeit der Arousabilität (Ansprechbarkeit des ARAS) führt zu unterschiedlichen Extraversionswerte
-> Extravertierte haben eine geringere Arousability (und
höhere Schwelle) als Introvertierte
Introvertierte haben eine niedrigere Schwelle (zum hedonischen Tonus), brauchen weniger stimulation, um diese zu erreichen -> meiden Stimulation häufiger; hemmung des ARAS setzt ein
Extrovertierte haben eine höhere Schwelle, brauchen mehr Stimulation, um diese zu erreichen -> suchen Stimulation häufiger; ARAS wird verstärkt
Abweichung von der Schwelle (hedonischer Tonus) unangenehm:
zu wenig arousability - langeweile
zu viel arousability - auch nicht gut (reizüberflutung)
Wie ist es nach Eysenck zu erklären, dass manche Menschen größere emotionale Instabilität aufweisen als andere?
limbische system = im Großhirn
liegt in der nähe der Formatio Reticularis
moduliert emotionale Reize und beeinflusst dadurch die Erregung des autonomen Nervensystems
Ansprechbarkeit des limbischen Systems begürndet Unterschiede in der emotionalen Stabilität der Menschen:
emotional instabile Menschen: niedrigere Schwelle für emotionale Reize und reagieren stärker (emotional) auf solche Reize
emotional stabile Menschen: höhere Schwelle für emotionale Reize und reagieren weniger stark auf solche Reize
Nennen und erläutern Sie eine empirisch testbare Hypothese, die sich aus Eysencks Theorie zur biologischen Fundierung von Extraversion ableiten lässt.
Hypothesen zu Extraversion und pharmakologische Experimente:
Welche Verhaltenskonsequenzen sollte Sedierung haben?
ARAS reagiert schwächer auf Reize durch Stimulation
Sedierung führt dazu, dass der hedonische Tonus unterschritten ist und menschen sich extravertierter Verhalten -> suchen nach Stimulation
bei Extravertierten kann es zu langeweile und depressionen führen (weil sie sehr viel mehr Stimulation benötigen als vorher schon, um den tonus zu erreichen)
Welche Verhaltenskonsequenzen sollten erregende Mittel (z.b Koffein) haben?
bereits wenig koffein führt bei introvertierten dazu, dass der tonus schneller erreicht und möglicherweise überschreiten wird
bei extrovertierten verläuft das langsamer
Neutotizismus und Konditionierbarkeit:
Wer ist nach Eysenck’s Theorie leichter konditionierbar? Warum?
bei emotional instabilen sollte konditionieren besser funktionieren, weil die reaktion auf die valenten Reize stärker ist
Wie ist die negative Korrelation von Extraversion und Neurotizismus nach Eysenck zu erklären? In welchem Wechselspiel stehen E und N?
Anatomische Nachbarschaft von ARAS und limbischen System -> keine getrennte Systeme
negative Korrelation: starke Ansprechbarkeit des limbischen Systems führt zu stärkerer Arousability (und umgekehrt)
führt zu geringeren Unterschieden zwischen Extravertierten und Introvertierten in ihrem Verhalten
-> Wenn sich Extravertierte in emotional sehr belastenden Situationen befinden, verhalten sie sich wie Introvertierte
Welche Verhaltenssysteme unterschied Gray?
Persönlichkeitseigenschaften ergeben sich aus individueller Sensitivität für
Reize, die positive oder negative Konsequenzen ankündigen (Belohnungs- /Bestrafungssensitivität)
unbekannte Reize
Annahme von 3 Verhaltenssystemen
BAS: behavioral activation system
FFFS: fight flight freeze system
BIS: behavioral inhibition system
Durch welche Reize werden BAS, FFFS und BIS jeweils aktiviert?
BAS – Behavioral Activation System = „Belohnungssystem
aktiviert durch: Reize, die Verstärken/positive Konsequenzen ankündigen (Belohnung)
FFFS – Fight Flight Freeze System = „Bestrafungssystem“
aktiviert durch: Gefahrensignale
BIS – Behavioral Inhibition System = „Konfliktsystem“
aktiviert durch: Verhaltenskonflikte
Welche affektiven und verhaltensbezogenen Tendenzen gehen mit der Aktivierung von BAS, FFFS und BIS einher?
führt zu: positiven Emotionen, Annäherungsverhalten
eine höhere Ansprechbarkeit des BAS geht mit einer höheren Impulsivität einher
führt zu: Reaktion, abhängig davon, ob Gefahrensituaiton vermeidbar oder nicht
vermeidbar; weit entfert: Flucht
unvermeidbar; weit entfernt: Verhaltenshemmung (freeeze)
unvermeidbar; nahe: Gegenwehr
Ansprechbarkeit des FFFS bedingt Anfälligkeit für Phobien, Panikstörungen, generalisierten Angststörungen und Depression
führt zu: Inhibition von Verhalten, Suche nach mehr Informationen, Besorgnis (anxiety)
Ansprechbarkeit des BIS bedingt Ängstlichkeit
Wie werden Ängstlichkeit bzw. Impulsivität durch die „Reinforcement Sensitivity Theory“ erklärt?
FFFS/BIS und BAS nicht unabhängig -> Aktivierung eines Systems bewirkt die Hemmung des anderen
Ängstlichkeit (FFFS/BIS ansprechbarer als BAS)
Impulsivität (BAS ansprechbarer als FFFS/BIS)
Welche biopsychologischen Substrate werden den Verhaltenssystemen zugeschrieben?
BAS / Belohnungssensitivität
Dopaminspiegel, -freisetzung, -wiederaufnahme
je mehr Dopamin ausgeschüttet wird, desto positiver und relevanter werden solche Reize fürs Individuum
-> desto mehr wird danach gestrebt
Dopaminmangel -> Depression - kann auch an mangelnden Positiven Effekt liegen
BIS / FFFS / Bestrafungssensitivität:
Serotonin, Cortisol
mangel an Serotonin führt zu übermäßiger Aktivität des Bestrafungssystems
Auf welchen Ebenen können interindividuelle Verhaltens- und Persönlichkeitsunterschiede entstehen und erklärt werden?
Erklärungen können auf verschiedenen Ebenen gesucht werden:
psychologische Prozesse
neurophysiologische Prozesse
genetische Grundlagen
Ebenen stehen in komplexer Wechselwirkung
Wie wird Erblichkeit in populationsgenetischen Untersuchungen geschätzt?
Schätzung des Einflusses von genetischen Grundlagen auf ein Phänomen
Schätzer für Erblichkeit eines Merkmals
Paare von Menschen werden verglichen, genetische Ähnlichkeit ist bekannt und es wird von ähnlicher Umwelt ausgegangen
-> Zwillingsstudien
Wie funktioniert die Schätzung bei Zwillingsstudien oder Adoptionsstudien?
Vergleich der Ähnlichkeit eineiiger und zweieiiger Zwillinge
(100% geteiltes Erbgut versus 50% geteiltes Erbgut; Annahme ähnlicher Umwelt)
ein bestimmtes Merkmal bsp. Extraversion wird bei beiden betrachtet -> wie ähnlich ist es bei beiden ausgeprägt
→ sind sich eineiige Zwillinge ähnlicher als zweieiige Zwillinge, dann führt man das auf die genetischen Faktoren zurück
-> Unterschied in Ähnlichkeit wird unterschiedlicher genetischer Ähnlichkeit zugeschrieben (Annahme, dass Umwelten gleich ähnlich für ein- und zweieiige Zwillinge)
Adoptionsstudien:
Vergleich von leiblichen und Adoptivgeschwistern → Größere Ähnlichkeit leiblicher Geschwister durch Erbgut erklärt
Vergleich eineiiger Zwillinge, die getrennt aufwachsen →Ähnlichkeit der getrennten Zwillinge durch 100% geteiltes Erbgut erklärt
Welcher Anteil der Varianz in den Big Five wird ungefähr genetischen Einflüssen zugeschrieben?
(– aufgrund populationsgenetischer Untersuchungen
– aufgrund molekulargenetischer Untersuchungen)
aufgrund populationsgenetischer Untersuchungen:
Offenheit: 45% auf genetische faktoren zurückgeführt
Gewissenhaftigkeit: 41% auf genetische faktoren zurückgeführt
Extraversion: 49% auf genetische faktoren zurückgeführt
Verträglichkeit: 38% auf genetische faktoren zurückgeführt
Neurotizismus: 35% auf genetische faktoren zurückgeführt
kann aber auch durch Risikoverhalten, Verhalten, Umgebung verursacht werden
Umwelteinflüsse wirken insofern auf die Gene ein, inwiefern sie abgelesen/ausgeführt werden
Aufgrund molekulargenetischer Untersuchungen:
Individuelle Besonderheiten durch individualtypische Allelmuster erklärbar
Genomweite Assoziationsstudien: exploratorische suche nach Basenpaaren (SNPs)
Neutrotizismus: 15% Varianzaufklärung durch Vielzahl an SNPs, Einfluss einzelner SNP so klein, dass kaum replizierbar
“missing heriability problem”
Wie kann h² interpretiert werden?
Eine geschätzte Erblichkeit von 50% ist vereinbar mit starken Umwelteinflüssen auf das Merkmal
Die Erblichkeit drückt aus, in welchem Verhältnis Varianzanteile stehen, die auf genetische und nicht-genetische Faktoren zurückgeführt werden können
Falsch:
die Neurotizismus-Ausprägung von Person x ist zu ca. 35% durch ihre Gene bestimmt
beziehen sich auf interindividuelle Unterschiede im Phenotyp und nicht auf eine bestimmte Person
Gene determinieren das Ergebnis, das jemand in einem Persönlichkeitsinventar erreicht
Eine hohe Erblichkeit bedeutet, dass Unterschiede zwischen Gruppen (z.B. Geschlecht, Nationalität) durch genetische Unterschiede erklären sind
h² wird immer innerhalb von Populationen geschätzt -> gibt Auskunft über Variablität in dieser Population -> nicht für deren Ursachen
Was versteht man unter dem „missing heritability“ Problem? Welche Lösungsansätze gibt es dafür?
Diskrepanz zwischen populationsgenetischen Schätzungen und dem was man in genomweiten Assoziationsstudien findet (SNPs)
Gründe für die unterschiedlichen Ergebnisse:
große Zahl Genvarianten mit sehr kleinen Effekten -> Interaktion, Muster
Genvarianten interagieren in komplexen Mustern
Gen-Umwelt-Interaktion: Genvarianten werden in Abhängignkeit von ERfahrungen relevant
Epigenetische Prozesse (Genaktivität durch Erfahrung veränderbar)
Wie entsteht Verhalten?
Funktionsweisen neurobiologischer Systeme erklären Verhalten
Systeme machen eine Person sensibel für spez. Reize, steuern deren Verarbeitung und Reaktionen auf sie
Verknüpfung von Eigenschaftstheorien und Annahmen über neurobiologische Systeme
Wie entstehen interindividuelle Verhaltens- und Persönlichkeitsunterschiede?
Durch interindividuell verschiedenen Ansprechbarkeit der neuro-biologischen Systeme
Ansprechbarkeit bewirkt, wie schnell und wie stark eine Person auf eine Klasse funktional äquivalenter Reize reagiert
Entwicklung genetisch sowie durch Erfahrungen bedingt (stehen im sehr komplexen Bezug zueinander)
Wie kommt es zu Persönlichkeitsstörungen?
mögliche Ursachen:
Überhöhte Sensibilität eines Systems:
es reagiert zu leicht und zu heftig auf bestimmte Reize
Bsp.: Hypersensibilität gegenüber Hinweisen auf Strafe/Gefahr
Zu geringe Sensibilität eines Systems:
zu schwache Reaktion auf relevante Reize
Bsp.: Psychotizismus, Hyposensibilität für Hinweise auf das Leid anderer
Ungleichgewicht zwischen Systemen
Bsp.: Impulsivität, Chronische Dominanz des BAS über das FFFS/BIS
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