Warum ist es wichtig, Kinder und Jugendliche bei der Diagnostik und Behandlung psychischer Störungen gesondert zu betrachten?
Entwicklungsbedingte Besonderheiten, die mit emotionalen Auffälligkeiten einhergehen, z.B.
Trotzphase
Pubertät
Biologische Besonderheiten, z.B.
Stoffwechselprozesse
Herz-Kreislaufsystem
Berücksichtigung Entwicklungstand, z.B.
Kognitive Leistungsfähigkeit (z.B. Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Einsichtsfähigkeit, Perspektivübernahme)
Was ist die Definition von einer psychischen Störung bei Kindern und Jugendlichen?
Eine psychische Störung bei Kindern und Jugendlichen liegt dann vor, wenn das Verhalten und/oder Erleben eines Kindes oder Jugendlichen unter Berücksichtigung verschiedener Faktoren (z.B. Alter, Geschlecht, Erwartungen der Gesellschaft, Art und Ausmaß der Auffälligkeiten) abnormal ist und/oder zu einer Beeinträchtigung führt (z.B. durch persönliches Leiden, soziale Einengung, Behinderung der Entwicklung, Auswirkungen auf Dritte).
Wie werden Kinder und Jugend Störungen klassifiziert? Also mit welchen 4 Klassifikationssystemen?
DSM-V
Störungen, die gewöhnlich zuerst im Kleinkindalter, in der Kindheit oder Adoleszenz diagnostiziert werden
ICD-10
Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit oder Jugend
Entwicklungsstörungen
Intelligenzminderungsstörungen
Multiaxiale Klassifikationsschema für psychische Störungen des Kindes- und Jugendalters (basierend auf der ICD-10)
Klinisch-psychiatrisches Syndrom (Achse I)
Umschriebene Entwicklungsstörungen (Achse II)
Intelligenzniveau (Achse III)
Körperliche Symptomatik (Achse IV)
Assoziierte aktuelle abnorme psychosoziale Umstände (V)
Globalbeurteilung des psychosozialen Funktionsniveaus (VI)
Diagnostische Klassifikation 0-3 (zero-to-three)
Ziel: Erfassung von Störungen von 0-3-Jährigen
Regulationsstörungen und Entwicklungsstörungen
Wie unterschieden sich die Klassifizierungen von Störungen mit Beginn im Kindes- oder Jugendalter im ICD-10 und DSM-V
Im DSM-5 gibt es kein gesondertes Störungskapitel, sondern die Störungen sind bei den vorliegenden Kategorien eingeordnet
Störung mit Trennungsangst (DSM-5)
Diagnsotischen Leitlinien A-D
A Eine dem Entwicklungsstand unangemessene und übermäßige Furcht oder Angst vor der Trennung von Bezugspersonen, mindestens drei der folgenden Kriterien:
1. Wiederholtes übermäßiges Leiden, wenn eine Trennung von zu Hause oder von wichtigen Bezugspersonen erwartet oder erfahren wird.
2. Andauernde und übermäßige Besorgnis über den Verlust von Bezugspersonen oder darüber, dass diesen etwas zustoßen könnte, etwa Krankheit, Verletzung, Unheil oder Tod.
3. Andauernde und übermäßige Besorgnis, dass ein Unglück passieren könnte (z.B. verloren gehen, entführt werden, einen Unfall haben, erkranken), welches die Trennung von einer wichtigen Bezugsperson zur Folge hat.
4. Andauernder Widerwillen oder Weigerung, aus Angst vor der Trennung auszugehen, von zu Hause weg, in die Schule, zur Arbeit oder an einen anderen Ort zu gehen.
5. Andauernde und übermäßige Furcht oder Widerwillen, allein oder ohne wichtige Bezugspersonen zu Hause oder in einem anderen Umfeld zu bleiben.
6. Andauernder Widerwillen oder Weigerung, auswärts zu übernachten oder ohne die Nähe einer wichtigen Bezugsperson schlafen zu gehen.
7. Wiederholt auftretende Alpträume von Trennung.
8. Wiederholte Klagen über körperliche Beschwerden (z.B. Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen), wenn die Trennung von einer wichtigen 9 Bezugsperson bevorsteht oder stattfindet.
B Die Furcht, Angst oder Vermeidung ist anhaltend, bei Kindern und Jugendlichen mindestens über 4 Wochen und bei Erwachsenen typischerweise über 6 Monate oder länger.
C Das Störungsbild verursacht in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigung in sozialen, schulischen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen.
D Das Störungsbild kann nicht besser durch eine andere Störung erklärt werden...
Emotionale Störung mit Trennungsangst des Kindesalters (ICD-10)
A-E
A mind. 3 von 8 Kriterien
B Fehlen von GAS
C Beginn vor dem 6. LJ
D Ausschluss weiterer Störungen
E Dauer mind. 4 Wochen
Was sind Besonderheiten der Depression bei der Klassifikation nach DSM-V im Kindesalter?
Es kann sich um reizbare Stimmung und nicht depressive Verstimmung handeln
Bei Kindern ist das Ausbleiden der zu erwartenden Gewichtszunahmme zu berücksichtigen
Was muss man bei der Diagnose von Zwangsstörung nach DSM-V bei Kindern beachten?
Kleine Kinder könnten nicht in der Lage sein, den Zweck dieser Verhaltensweisen oder mentalen Handlungen auszudrücken.
Prävalenz psychischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen?
Was sind die 2 häufigsten?
Wie sind die Geschlechterunterschiede?
18% [15-22%] (3-12 Monate)
Häufigste Störungen:
Angststörungen (10,4%)
Dissoziale Störungen (7,5%)
Hohe Persistenzraten psychischer Störungen (2-5 Jahre)
am höchsten bei Dissozialen Störungen (50%)
Geschlechtsunterschiede
bis 13 Jahren: Jungen > Mädchen; danach: Jungen = Mädchen
Externalisierende Störungen: Jungen > Mädchen
Essstörungen, psychosom. Störungen: Mädchen > Jungen
Was ist bei der Art der Diagnose bei Kindern zu beachten?
Die Diagnose wird durch Befragung der Eltern und des Kindes gestellt
Problem: die Übereinstimmung der beiden Informationsquellen ist mangelhaft
Psychische Störungen sind von normalen Entwicklungsauffälligkeiten abzugrenzen
Wie unterscheidet sich Psychotherapie bei Kindern und Jugendlichen?
Behandlung wird üblicherweise durch Erwachsenen mitbestimmt (z.B. Eltern, Lehrer, Erzieher)
Erwachsene initiieren die Behandlung, bestimmen die Ziele mit und nehmen Einfluss auf den Verlauf der Therapie
Informationen erhalten Therapeut:innen durch Kinder und unterschiedliche Erwachsene (Konkordanz)
Kinder nehmen sich häufiger nicht als behandlungsbedürftig wahr (Motivation, Beziehung)
Erfordert spezifische Behandlungsangebote für Jugendliche unter Berücksichtigung der Motivation und Bezugsgruppen
—> Diagnostik und Evaluation der Behandlung erfolgt immer aus unterschiedlichen Perspektiven
Wirksamkeit von Psychotherapie bei Kindern und Jugendlichen
—> Hohe Effektstärken erreicht
—> Es gibt bei Erwachsenen und Kindern vergelichbare Effekte
Was ist der Unterschied zwischen den 3 Graden der empirischen Bewährung?
Spezifisch effektiv
—> Mindestens zwei unabhängige Studien mit Kontrollbedingung (Medikamente, andere Behandlung)
Effektiv
–-> Mindestens zwei unabhängige Studien mit unbehandelter Kontrollbedingung belegen die Effektivität
Vermutlich effektiv
—> Verfahren erwies sich zumindest in einer Studie als
effektiv
—> Es liegen keine widersprüchlichen Befunde vor
Was sind bei Autismus Moderatoren für ein besseres Therapieergebniss?
Moderatoren für besseres Therapieergebnis
Therapieintensivität
längere Therapie
höhere Frequenz
Training für Eltern
Höheres Ausgangsfunktionsniveau
Jedoch nicht Ausgangsintelligenz
Moderatoren bei Essstörungen
Bei schweren Formen der Essstörungen sind längerfristige Behandlungsansätze erfolgsversprechender
Auch bei nicht-intakten Familiensystemen profitieren die Patient:innen stärker von längerfristigen Behandlungsansätzen
Mediatoren und Moderatoren bei Depression
Mediator:
Bestimmte kognitive Merkmale haben einen Effekt auf den Therapieerfolg (externalisierender Attributionsstil, Pessimismus)
Aufnahme von angenehmen Aktivitäten
Moderatoren:
Perspektive der Erfolgsmessung (bessere Therapieergebnisse ergaben sich aus Kind-/ Jugendlichenperspektive)
Höhere Ausgangssymptome führen zu stärkeren Verbesserungen (allerdings kann sich auch mehrverändern, wenn mehr Symptome bestehen...)
Therapeutische Beziehung Allianz
Ist Allianz wichtiger bei Kinder und Jugendlichen?
Waum?
Nein, es gibt einen eher geringen Zusammenhang zwischen Allianz und Therapieerfolg
Gründe:
Behandlungsformen nicht direkt mit Erwachsenentherapie vergleichbar (z.B. Familientherapie vs. Einzeltherapie)
Kinder können die therapeutische Beziehung nicht so valide beurteilen wie Erwachsene
Gibt es einen Zusammenhang zwischen Adhärenz und Therapieoutcome bei KiJus?
Adhärenz
Hinweise, dass die therapeutische Adhärenz für den Therapieerfolg relevant ist, wenn sie von den Eltern beurteilt wurde
Keine Hinweise auf einen Adhärenz-Outcome- Zusammenhang bei der Berücksichtigung von unabhängigen Beurteilern
Ist Paar- und Familientherapie ein einheitlicher Behandlungsansatz? Was sind die Ziele?
Paar- und Familientherapie ist kein einheitlicher Behandlungsansatz
Z.B. psychodynamische Paartherapie, systemische Paartherapie, verhaltenstherapeutische Paartherapie
Gemeinsamkeit: Behandlung konzentriert sich auf mindestens zwei miteinander in Beziehung stehende Personen
Ziele
Qualität der Paar-/ Familienbeziehung
Psychische Probleme/Störung einer Person der Paar- oder Familienkonstellation
Wie ist die Wirksamkeit von Familientherapie und Paartherapie?
Familientherapie: Mittlere Effektstärke d = .47
mittlere Effektstärke für Paartherapie: d = .60
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