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Meinungsstreit / Problemfälle

FK
by Felix K.

Beispiel für Fallgruppe in der objektiven Zurechnung

C ist in der gesamten Stadt verhasst und hat viele Feinde. Da ihm diese auch nach dem Leben trachten, legt er besonders großen Wert auf seine eigene Sicherheit. A und B sind seine entschlossensten Gegner. Sie schmuggeln unabhängig voneinander Gift an allen Sicherheitsvorkehrungen vorbei. Anschließend geben sie jeweils, ohne dass der jeweils andere es weiß, eine Dosis Gift in den Kaffee des C. Dieser trinkt ihn, ohne etwas zu ahnen, und ist sofort tot. Die beiden Dosen Gift wären jeweils für sich genommen tödlich gewesen.

Abwandlung, dass die eingesetzte Giftmenge jeweils zu gering war, um tödlich zu wirken. C verstirbt nur, weil beide Dosen zusammengenommen den tödlichen Schwellenwert überschreiten.

Hat A den objektiven Tatbestand des Totschlags erfüllt?

Objektive Zurechnung

A schüttet Gift in den Kaffee des C.

C stirbt.

A hat mit dem Schütten von Gift in den Kaffee das Risiko geschaffen, dass C zumindest verletzt wird.

Dieses Risiko ist auch rechtlich missbilligt. Dieses Risiko müsste sich aber auch im Erfolg (Tod des C) verwirklichen.


(P): Dosierung war zu gering für Erfolgseintritt → erst durch Zusammenwirken mit dem Gift des B tödlich

Atypischer Kausalverlauf: War für einen objektiven Beobachter vorhersehbar, dass eine weitere Person Gift in den Kaffee tut?

  • Pro: C hatte viele Feinde

  • Contra: Sicherheitsmaßnahmen, Zeitliches Zusammentreffen der Vergiftungen

  • i.E. objektive Zurechnung (-) (a.A. vertretbar)


Meinungsstreit: Vorsätzliches Dazwischentreten eines Dritten

= Ein Fall des eigenverantwortlichen Dazwischentreten eines Dritten liegt vor, wenn der Ersttäter einen Kausalverlauf in Gang setzt, in den ein Zweittäter (=Dritter) eigenverantwortlich eingreift und die Handlung des Zweittäters zum Erfolgseintritt herbeiführt.

Fallbeispiel: C verprügelt B, A sticht auf den verletzt liegen gebliebenen B ein, wäre ihm aufgrund der körperlichen Überlegenheit des B nie gelungen.

(P) objektive Zurechnung:

  • Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen dem Ersttäter die Handlung des Zweittäters objektiv zurechenbar ist, obwohl der Zweittäter für sich gesehen strafrechtlich eigenständig zur Verantwortung gezogen werden kann

  • nur, wenn anknüpfende Kausalität vorliegt

eA: Adäquater Zurechnungszusammenhang:

  • wenn die Zweithandlung nicht außerhalb jeder Lebenserfahrung liegt, so dass mit ihr vernünftigerweise nicht gerechnet zu werden braucht.

  • Vorhersehbarkeit


aA: Regressverbotslehre:

  • Handlung eines vorsätzlichen Dritten kann dem Ersttäter nie zugerechnet werden, denn jeder ist nur für die von ihm beherrschbaren Umstände verantwortlich.

    • Der Ersttäter darf darauf vertrauen, dass andere die geschützten Rechtsgüter des Opfers nicht auch verletzen.

  • Die vorsätzliche Herbeiführung des Erfolges durch einen Zweittäter sperrt die Zurechnung zum fahrlässigen Ersttäter. Die Zurechnung zu einem vorsätzlich handelnden Ersttäter bleibt jedoch möglich

—> objektive Zurechnung (+/-)


Kritik: Die Abhängigkeit der objektiven Zurechnung von Vorsatz und Fahrlässigkeit kann nicht überzeugen.


aA: Lehre von den Verantwortungsbereichen:

  • Grundsätzlich ist jeder nur für das eigene Verhalten verantwortlich

  • Obj. Zurechnung des Ersttäters (-), wenn der Dritte vollverantwortlich eine neue, selbstständig auf den Erfolg hinwirkende Gefahr begründet, die sich dann allein im Erfolg realisiert.

  • Obj. Zurechnung des Ersttäters (+), wenn die vom Ersttäter gesetzte Gefahr gerade das Risiko eines Eingreifens Dritter beinhaltet oder das Verhalten des Dritten als typischerweise in der Ausgangsgefahr angelegt erscheint.


Fallbeispiel eigenverantwortliche/Freiverantwortliche Selbstschädigung

+ Meinungsstreit Freiverantwortlichkeit

Durch das Anzünden des Hauses hat T das rechtlich missbilligte Risiko geschaffen, dass O in den Flammen zu Tode kommt.

Allerdings müsste sich auch genau dieses Risiko im Taterfolg verwirklicht haben

aa) Freiverantwortliche Selbstschädigung

Zum einen könnte die Zurechnung zum Ersttäter durch eine freiverantwortliche Selbstschädigung des Opfers ausgeschlossen sein.


(1) Selbstschädigung: liegt vor, wenn das Opfer die Tatherrschaft über das Geschehen hat bzw. die Schädigung als eigene will


(2) Die Selbstgefährdung muss gewollt, das in Frage stehende Risiko also zumindest bewusst in Kauf genommen worden sein.

(Fehlt es daran, kann der Außenstehende seinerseits nach allgemeinen Regeln nur bestraft werden, wenn er überlegene Risikokenntnis hat. Weil das eine Frage nicht mehr der objektiven Zurechnung, sondern des Vor- satzes ist, lassen manche beim Fahrlässigkeitsdelikt richtigerweise genügen, dass der Außenstehende über- legene Risikokenntnis hätte haben können.)


(3) Eigenverantwortlich/Freiverantwortlich: Dazu, nach welchem Maßstab sich die Freiverantwortlichkeit richtet, werden unterschiedliche Ansichten vertreten.

  • (a) Exkulpationslösung

    • An der Eigenverantwortlichkeit fehlt es, wenn der sich selbst Gefährdende als Täter einer rechtswidrigen Tat schuldlos gehandelt hätte

      • Opfer als Täter gegen sich selbst; Heranziehung von Kriterien der Schuldlosigkeit (§§ 20, ! Notstand § 35 StGB !, § 3 JGG)

        • Freiverantwortlichkeit entfällt nur bei „unreifen“ Jugendlichen, geistig Erkrankten, seelisch Gestörten oder Personen in einer unter § 35 StGB fallenden Notlage.

  • (b) Einwilligungslösung:

    • An der Eigenverantwortlichkeit fehlt es darüber hinaus, wenn der sich selbst Gefährdende als Opfer einer Fremdgefährdung nicht wirksam eingewilligt hätte

      • Nötig ist Einwilligungsfähigkeit; wesentliche Willensmängel machen eine Einwilligung unwirksam

        • Verletzte*r als Opfer seiner selbst; Orientierung an den Regeln der Einwilligungslehre. Freiverantwortlichkeit (+), wenn Einwilligungsfähigkeit und Freiheit von Willensmängeln gegeben ist.

        • Täterschaft und Teilnahme! = Teilnahmeargument: wenn man sich selbst schädigt, erfüllt dies nicht den Tatbestand. Ohne strafbare Tat keine Teilnahme.


  • Retterformel!

    Freiverantwortlichkeit auch dann ausgeschlossen, wenn Täter ein einsichtiges Motiv schafft, indem er*sie erhebliche Gefahr für Opfer oder ihm nahestehende Person schafft und Rettungsbemühungen nicht von vornherein sinnlos oder unverhältnismäßig

bb. Atypischer Kausalverlauf (-):

Nicht außerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung, dass bei Hausbränden Menschen ins Haus laufen, um Angehörige zu retten und dabei zu Tode kommen

Fallbeispiel: Meinungsstreit objektive Zurechnung, ob sich beim Dazwischentreten eines Dritten das noch das ursprüngliche Risiko realisiert

A verprügelt C auf offener Straße. Als C schwer (aber nicht tödlich) verletzt am Boden liegt, kommt sein Feind B vorbei und nutzt die Chance, um C zu töten. Zu diesem Zweck versetzt er C einen tödlichen Stich in den Bauch. Dies wäre B aufgrund der körperlichen Überlegenheit des C ansonsten niemals gelungen.

Hat A den objektiven Tatbestand des Totschlags erfüllt?

Lehre vom Regressverbot:

Handlung eines vorsätzlich handelnden Dritten kann dem Ersttäter nie zugerechnet werden.

→ (dann noch Fahrlässigkeit prüfen)


Lehre vom adäquaten Zurechnungszusammenhang:

Erfolg ist zurechenbar, wenn die Zweithandlung nicht außerhalb jeder Lebenserfahrung liegt. Das ist der Fall, wenn mit ihr vernünftigerweise nicht gerechnet zu werden braucht.

(Vorhersehbarkeit) Es liegt nicht außerhalb jeder Lebenserfahrung, dass die Verletzung einer Person von einem Dritten zu Tötungszwecken ausgenutzt wird („a.A. vertretbar“/ Argumentationssache). → Objektive Zurechnung [+]


Lehre von den Verantwortungsbereichen.

Grds. ist jeder nur für das eigene Verhalten verantwortlich.

  • Obj. Zur. [-], wenn der Dritte eine neue, selbstständig auf den Erfolg hinwirkende Gefahr begründet.

  • Obj. Zur. [+], wenn das hinzutretende Verhalten typischerweise in der Ausgangsgefahr angelegt ist oder die vom Ersttäter gesetzte Gefahr das Risiko, dass ein Dritter eingreift, enthält.


Jauchegrube-Fall

Objektive Zurechnung:

Indem T der O Sand in den Mund stopfte, hat sie das Risiko geschaffen, dass die O durch Ersticken stirbt.

Allerdings ist O nicht durch den Sand erstickt, sondern anschließend in der Jauchegrube.

Dazu, wie mit einem solchen Fall umzugehen ist, werden mehrere Ansichten vertreten:

Erste Ansicht: Nach der ersten Ansicht liegt hierin kein Sonderfall und die Regeln der objektiven Zurechnung sind normal anzuwenden.

(1) Atypischer Kausalverlauf:

Dafür müsste das Tatgeschehen nicht mehr vorhersehbar gewesen sein, also derart von dem im Rahmen der normalen Lebenserfahrungen Erwartbaren abweichen, dass mit ihm nicht mehr gerechnet zu werden brauchte. Der anschließende Tod war vorhersehbar.

(2) Dazwischentreten eines Dritten

(Hierin könnte auch ein vors. Dazwischentreten d. Täters liegen- Streit)

(3) Zwischenergebnis

Im Tod hat sich noch das urspr. Risiko realisiert. Der Erfolg ist T nach dieser Ansicht objektiv zurechenbar.


Zweite Ansicht (Versuchslösung):

  • Nach einer anderen Ansicht ist in einem solchen Fall der Erfolg d. Täter*in in der ersten Handlung nicht zurechenbar, wo d. Täter*in noch Vorsatz hat.

    (Aber: Versuchter Totschlag durch Stopfen von Sand in den Mund).

  • In der zweiten Handlung ist der Erfolg d. Täter*in dann zurechenbar, aber d. Täter*in hat keinen Vorsatz mehr.

    (Aber: fahrlässige Tötung durch Werfen in die Grube)


Die Versuchslösung spaltet ein Geschehen künstlich in zwei Bereiche auf. Deswegen überzeugt sie nicht.

Der Taterfolg ist T zum Zeitpunkt des Stopfens von Sand in den Mund zurechenbar.

Vorsatz

Abgrenzung: dolus eventualis - bewusste Fahrlässigkeit



Wissenstheorien

Möglichkeitstheorie:

Dolus eventualis: wenn der Täter die konkrete Möglichkeit der Rechtsgutsverletzung erkennt und dennoch handelt

Bewusste Fahrlässigkeit: bei der Theorie nicht vorhanden


Wahrscheinlichkeitstheorie:

Dolus eventualis: wenn der Täter den Erfolgseintritt für wahrscheinlich hält; „wahrscheinlich“ bedeutet mehr als bloß „möglich“, aber weniger als „überwiegend wahrscheinlich“

Bewusste Fahrlässigkeit: wenn der Täter die Tatbestandsverwirklichung für unwahrscheinlich hält

  • Begriff der Wahrscheinlichkeit konturenlos

  • Verzicht auf voluntatives Element macht keinen Sinn —> keine Unterschiede zu anderen Vorsatzformen

  • Kein Unterschied zu bewusster Fahrlässigkeit möglich, strukturelles und systematisches Problem —> Ausdehnung der Strafbarkeit



Willenstheorie

Gleichgültigkeitstheorie:

Dolus eventualis: wenn der Täter den Erfolgseintritt für möglich hält und ihn aus Gleichgültigkeit gegenüber dem geschützten Rechtsgut in Kauf nimmt

Bewusste Fahrlässigkeit: wenn der Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges für möglich hält, aber auf sein Ausbleiben vertraut oder die Tatbestandsverwirklichung aus anderen Gründen als aus Gleichgültigkeit in Kauf nimmt


Billigungstheorie + Ernstnahmetheorie:

Dolus eventualis: wenn der Täter den Erfolgseintritt für möglich hält und ihn billigend in Kauf nimmt. Auch wenn dem Täter der Eintritt des Erfolges unerwünscht ist, billigt er diesen Erfolg, wenn er sich – um des erstrebten Ziels willen – mit ihm abfindet

Bewusste Fahrlässigkeit: wenn der Täter den Erfolgseintritt für möglich hält, aber ernsthaft darauf vertraut, dass es nicht zur Tatbestandsverwirklichung kommt


h.M.: Willenstheorien - Die Abgrenzung erfolgt nach Wissens- und Willenselementen. (Gleichgültigkeitstheorie) (Ernstnahmetheorie) Billigungstheorie

Meinungsstreit über Vorsatz bei Irrtum

A zielte und schoss auf B, traf allerdings den X. Hierin liegt kein Irrtum (error) sondern ein Fehlgehen (aberratio) des Angriffs (ictus) also eine aberratio ictus.

Dazu, wie diese zu bewerten ist, werden unterschiedliche Ansichten vertreten:

1. Ansicht: (formelle Gleichwertigkeit)

Nach einer Ansicht unterscheidet sich die aberratio ictus nicht vom error in persona:

  • Wenn die Tatobjekte gleichwertig sind, liegt Vorsatz vor. B und X sind beides Menschen, mithin gleichwertig. Nach dieser Ansicht handelte A vorsätzlich.

2. Ansicht: (materielle Gleichwertigkeit)

Nach einer anderen Ansicht ist diese Gleichwertigkeit differenzierter zu betrachten:

  • Sie ist nur zu prüfen bei Rechtsgütern, die nicht höchstpersönlich sind.

  • Bei höchstpersönlichen Rechtsgütern hingegen sei Vorsatz ausgeschl.

    Zwar sind B und X gleichwertig (s.o.). Verletzt ist aber das Leben als höchstpersönliches RG. Mithin scheidet Vorsatz d. A aus

3. Ansicht: (Sonderfall des Irrtums über den Kausalverlauf)

Nach einer weiteren Ansicht ist die aberratio ictus ein Sonderfall des Irrtums über den Kausalverlauf.

  • Vorsatz (-) also nur dann, wenn die Abweichung vom vorgestellten Kausalverlauf wesentlich sei. Das ist der Fall, wenn das Geschehen außerhalb des nach der allgemeinen Lebenserfahrung Vorstellbaren liegt.

  • Dass A vorbei schießt ist [Argumentation] [m.M.n. keine wesentliche Abweichung; a.A. vertretbar]

    Mithin handelte A vorsätzlich.

4. Ansicht (Konkretisierung)

Schließlich vertritt eine letzte Ansicht, dass sich der Vorsatz bereits durch die Tathandlung konkretisiere.

  • Eine aberratio ictus schließe demnach immer den Vorsatz aus.

    Indem A auf B schoss, konkretisierte sich sein Vorsatz auch auf diesen. Bzgl. der Tötung von X hatte A mithin keinen Vorsatz.

5. Ansicht: Planverwirklichungstheorie

Handelt der Täter im Fallle einer Aberratio ictus nur vorsätzlich, wenn die Objektindividualisierung zufällig und unmotiviert war. Dies ist der Fall, wenn der Täter eine zufällige Person, irgendjemanden, treffen wollte.

Rechtsfolgen Aberratio ictus

a) Formelle Gleichwertigkeitstheorie

Sind das anvisierte und das getroffene Rechtsgut gleichwertig, so ist nach diesem Ansatz der Vorsatz stets zu bejahen.

Der abstrakte Wortlaut der Tatbestände verlange nur Vorsatz bzgl. der Tötung (irgend),,eines“ Menschen.

Die Vorstellung des Täters, ein Objekt der im Tatbestand umschriebenen, abstrakten Gattung zu verletzten, reiche daher aus, um den Vorsatz zu bejahen.

Selbst wenn eine verirrte Kugel eine vollkommen andere Person als die anvisierte treffe, liege eine vorsätzliche Tötung vor, solange der Täter bei Abgabe des Schusses Tötungsvorsatz hatte.

Damit wäre der Vorsatz nach dieser Konzeption zu bejahen.

b) Materielle Gleichwertigkeitstheorie

Die materielle Gleichwertigkeitstheorie vermeidet auch bei Gleichwertigkeit von anvisiertem und getroffenem Objekt pauschalierende Erwägungen.

Sind das anvisierte und das getroffene RG gleichwertig, ist zu differenzieren, um welches RG es sich handelt.

Es sei vielmehr weiter anhand der Rechtsgüter der Normen zu differenzieren:

  • Bei der Verletzung höchstpersönlicher Rechtsgüter wie Gesundheit und Leben sei der Vorsatz abzulehnen.

  • Handele es sich indes um individualitätsunabhängige Rechtsgüter wie den staatlichen Strafanspruch, so sei der Vorsatz zu bejahen.

Vorliegend ist das Rechtsgut Leben betroffen, daher wäre nach diesem Ansatz der Vorsatz des A abzulehnen.

c) Unterfall des Irrtums über den Kausalverlauf

Ein weiterer Ansatz begreift die aberratio ictus als Sonderfall des Irrtums über den Kausalverlauf.

Kennzeichnend für ein Fehlgehen der Tat sei das so vom Täter nicht vorhergesehene Geschehen. Es können niemals sämtliche Einzelheiten des Geschehensablaufs antizipiert werden.

  • Daher sei eine Fehlvorstellung nur dann beachtlich (d.h. vorsatzausschließend), wenn es sich um eine wesentliche Abweichung vom Kausalverlauf handelt.

  • Eine unwesentliche Abweichung vom Kausalverlauf liegt vor, wenn sich das tatsächliche Geschehen noch innerhalb der Grenzen des nach der allgemeinen Lebenserfahrung Vorhersehbaren befindet und keine andere rechtliche Bewertung der Tat rechtfertigt. Ein Vorbeischießen ist nicht vollkommen ausgeschlossen und in Anbetracht der gleichwertigen Tatobjekte wäre keine wesentliche Abweichung des vorgestellten vom tatsächlichen Kausalverlauf gegeben.

d) Konkretisierungstheorie

Schließlich wird darauf abgestellt, dass der Täter

  • durch das Anvisieren eines bestimmten Tatobjekts seinen Vorsatz auf dieses konkretisiert und damit auch nur Vorsatz bzgl. der Verletzung genau dieses anvisierten Objekts gegeben sei.

    In Betracht kommen demnach nur eine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit bzgl. des verletzten Objekts und eine Strafbarkeit wegen Versuchs im Hinblick auf das anvisierte Objekt. B hätte nach diesem Ansatz den X nicht vorsätzlich getötet.

Erlaubnistatbestandsirrtum, rechtliche Konsequenzen

Strenge Schuldtheorie:

  • Erlaubnistatbestandirrtum soll wie klassischer Verbotsirrtum §17 StGB behandelt werden

  • Jeder Irrtum über die Rechtfertigung der Tat ein Fall des §17 StGB

  • Nicht nur Irrtümer über die rechtliche Seite des Rechtfertigungsgrundes, sondern auch wenn der Täter die Voraussetzungen der rechtfertigenden Norm falsch sieht

    = Der Täter handelt somit in jedem Fall vorsätzlich und rechtswidrig, je nach Vermeidbarkeit des Irrtums entfällt jedoch die Bestrafung wegen fehlenden Unrechtsbewusstseins ganz (S.1) oder kann gemildert werden (S.2).

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  1. Hypothetische Rechtsfertigungslage

    • die Lage, die in der Vorstellung des Täters vorliegt

      • Notwehrlage, Notwehrhandlung, Notwehwille, die aus sich des Täters vorliegt

  2. Rechtsfolgen des ETBI

  • Eingeschränkte Schuldtheorie:

    • Reine eingeschränkte Schuldtheorie:

      • Die Situation “ich irre mich über das Vorliegen einer Notwehrlage (ETBI) ist vergleichbar mit “ich irre mich über das Vorliegen eines objektiven Tatbestandsmerkmals” (Tatbestandsirrtum) (deshalb auch “Erlaubnistatbestandsirrtum”)

      • §16 I 1 STGB ist analog anzuwenden: der Vorsatz entfällt

    • Rechtsfolgenverweisende eingeschränkte Schuldtheorie

      • Die Situation “ich irre mich über das Vorliegen einer Notwehrlage (ETBI) ist vergleichbar mit “ich irre mich über das Vorliegen eines objektiven Tatbestandsmerkmals” (Tatbestandsirrtum) (deshalb auch “Erlaubnistatbestandsirrtum”)

      • Nicht im TB, §16 I 1 analog, “Vorsatzschuld”: X irrt sich über das Vorliegen einer Notwehrlage,

  • Strenge Schuldtheorie:

    • §17 StGB, Erlaubnistatbestandsirrtum und Erlaubnisirrtum gleichwertig

    • liegt ETBI vor, der nicht vermieden werden konnte (argumentieren!), schuldlos


  • Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen (in der Regel nicht vertreten)

    • Tatbestand und Schuld, TB (obj, rw, subj) und Schuld

    • RW als Teil des Tatbestands. Vorsatz muss sich darauf beziehen.

    = T handelt ohne Vorsatz bzgl des Nichtvorliegen rechtfertigender Umstände







Täterschaft und Teilnahme Abgrenzung

Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme


1. Formal-objektive Theorie (veraltet):

Täter ist, wer den Tatbestand durch seine Handlung entweder ganz oder teilweise objektiv erfüllt. Teilnehmer ist, wer zur Tatbestandsverwirklichung nur durch eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beiträgt.


2. Subjektive Theorie (Rechtsprechung):

Täter ist, wer die Tat als eigene will, d.h. mit Täterwillen (dem sog. animus auctoris) handelt. Teilnehmer ist, wer die Tat als fremde veranlassen oder fördern will, d.h. mit Teilnehmerwillen (dem sog. animus socii) handelt.

Besondere Spielart hiervon: Interessentheorie: Täter ist, wer ein überwiegendes Interesse am Taterfolg besitzt. Teilnehmer ist, wer ein untergeordnetes Interesse besitzt.


3. Tatherrschaftslehre:

Täter ist derjenige, der die Tatherrschaft besitzt, d.h. als Schlüsselfigur das Tatgeschehen nach seinem Willen hemmen, lenken oder mitgestalten kann. Tatherrschaft bedeutet dabei das vom Vorsatz getragene „In-den-Händen-Halten“ des tatbe- standsmäßigen Geschehensablaufes.

Teilnehmer ist, wer die Tat nicht beherrscht und lediglich als Randfigur die Begehung der Tat veranlasst oder in irgendeiner Weise fördert.


Wichtig: Die Abgrenzung anhand der eben genannten Theorien erfolgt nur dann, wenn der Handelnde nach der Ausgestaltung des Tatbestandes überhaupt sowohl Täter als auch Teilnehmer sein könnte.

Dies scheidet aus bei Delikten, die eine besondere Subjektsqualität bzw. eine besondere Pflichtenstellung des Täters voraussetzen (z.B. Amtsdelikte, Unterlassungsdelikte). Wer diese besondere Subjektsqualität nicht aufweist, kann niemals Täter sein.

Gleiches gilt bei eigenhändigen Delikten (z.B. Eidesdelikten) und Delikten, die besondere subjektive Voraussetzungen für die Deliktsverwirklichung fordern (z.B. die Zueignungsabsicht beim Diebstahl).




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Felix K.

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