Grundthese
„Relativ konstant geblieben sind in der Entwicklung der Bundesrepublik die Verteilungsrelationen sozialer Ungleichheit, geändert haben sich gleichzeitig, und zwar ziemlich drastisch, die Lebensbedingungen der Menschen.“(S. 222)
->Abnehmende Wirkung von handlungsspezifischer Klassenlogik
z.B. Arbeiter wählen nicht zwangsläufig SPD
Es kommt zu „[…] einer Diversifizierung und Individualisierung von Lebenslagen und Lebenswerten […], die das Hierarchiemodell sozialer Klassen und Schichten unterlaufen und in seinem Realitätsgehalt zunehmend in Frage stellen.“ (S. 222)
—> Beck beschreibt den Fahrstuhleffekt
Der Fahrstuhleffekt
Der Begriff „Fahrstuhleffekt“ wurde von Ulrich Beck geprägt
Er bezeichnet damit die Tatsache, dass es quer durch alle Schichten den Menschen besser geht, als früher. Alle Menschen sind also (wie in einem Fahrstuhl) ein paar Stockwerke höher gefahren. („höher fahren“ meint hier Wohlstand erreichen).
Der „normale“ Arbeiter kann sich – im Gegensatz zu früher – nun ein kleines Haus und einen PKW leisten. Für ihn ist das in Ordnung so, es geht im subjektiv gut.
Der Firmenbesitzer kann sich zu seiner Villa noch eine zweite Villa in Spanien kaufen und noch einen Drittwagen für seine Familie. Die soziale Ungleichheit ist also geblieben, allerdings ist sie nicht mehr so offensichtlich.
Die Menschen nehmen die bestehende soziale Ungleichheit gar nicht mehr wahr, weil es ja allen „relativ“ gut geht.
Bedingung: Individualisierung aufgrund…
8 Bedingungen
Fahrstuhleffekt
Mobilität (sozial und räumlich)
Sozialstaatliche Sicherungs- und Steuerungssysteme (keine Existenzangst)
“künstliche“ Binnendifferenzierungen (steigende Mobilität)
Mehr Konkurrenzbeziehungen (Abschottung)
Urbane Großstadtsiedlungen (weniger Einbindung)
Dynamischer Arbeitsmarkt (Gemeinsamkeit über Risiken, nicht durch Berufsfelder)
Sinkende Erwerbsarbeitszeit (mehr Freizeit)
—> “Diese Individualiserungsschübe konkurrieren mit Erfahungen des “kollektivschicksals am Arbeitsmarkt“ […]“ (S.225)
—> Sozialmoralische Milieus werden relativiert und ausgehöhlt
Individualiserung aus historischer Perspektive
Abgrenzung
(früh)bürgerliche Individualiserung:
Kapitalbesitz und -vermehrung
Identitätsentwicklung im Kampf gegen die feudale Herrschafts- und Rechtsordnung
Arbeitsmarkt-Individualisierung:
Setzt Bedingungen staatlich regulierter Lohnarbeit voraus
Entfaltet sich im Kreislauf von Erwerb, Anbietung und Anwendung von Arbeitskompezenen
Individualisierung und Arbeitsmarkt
Bildung
Bildung als Selbstfindungs- und Reflektionsprozess
Herauslösung aus Herkunftsmilieus durch längere Bildungszeiten
Traditionelle Denkweisen und Lebesstile werden durch universalistische Lehre verdrängt
Selektionsprozess des Bildungssystems erfordert individuelle Aufstiegsorientierung
“individualisiertes Nadelöhr“ vom Prüfung, Klausuren, Tests
Mobilität
Arbeitsmartk als Motor der Individualisierung von Lebensläufen
Lebenswege entfernen sich von Bedingungen der Herkunft
Notwendigkeit von individualisiertem Gewinn von Eigenständigkeit und Eigenrealität
Konkurrenz
Minimierung von Austauschbarkeit durch Betonung von Besonderheit, Einmaligkeit und Individualität der eigenen Leistungen
Individualisierung unter Gleichen (gleiche Ausbildung, gleiche Erfahrung, gleicher Wissensstand etc.)
∑
—>Die „soziale Klasse“ verliert für die Handlungen der/des Einzelnen an Bedeutung
—>Die gesellschaftliche Verortung findet nicht mehr ausschließlich durch den Besitz/Verfügung über Produktionsmittel statt (vgl. Marx und Weber)
Konsequenzen für das Individuum
- „[…] Individualisierung bedeutet in diesem Sinne, daß die Biographie der Menschen aus vorgegebenen Fixierungen herausgelöst, offen, entscheidungsabhängig und als Aufgabe in das individuelle Handeln jedes einzelnen gelegt wird.“ (S.235)
—> Gestaltungsmacht bedingt Gestaltungspflicht
Zusammenfassung
- Bedingung:
Bildungsexpansion
Arbeitsmarktstruktur
-> Ergebnis der wirtschaftlichen/sozialen Entwicklungen des 20Jh.
->Zunehmende Optionsvielfalt und Entscheidungsnot
-> Klassen/Schichten haben abnehmende Erklärungskraft des menschlichen Handelns
—> Herauslösung des Individuums aus traditionellen Kontexten
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