Wie nennt man die Form des Analphabetismus, bei der die Lese- und Schreibfähigkeit ursprünglich erworben wurde, jedoch fast vollständig verloren ging?
Sekundären Analphabetismus
Funktionaler Analphabetismus ist gegeben, wenn die schriftsprachlichen Kompetenzen von Erwachsenen niedriger sind als diejenigen…
Welches Alpha-Level bezieht sich auf das Lese-Sinn-Verständnis auf der Ebene einzelner Sätze?
Wie viele Menschen in Deutschland Zählen laut der LEO-Studie zu den gering Literalisierten?
Beschreibe und erkläre das Modell von Döbert & Nickel zu den Ursachen funktionalen Analphabetismus.
Was sind die Probleme des Modells von Döbert & Nickel? Durch welchen Faktor wurde das Modell im Nachhinein ergänzt?
sehr geringe Datenbasis (wenige Interviews)
Bei vielen Menschen treffen genannte Bedingungen zu, ohne, dass sich Lese-/ Rechtschreibprobleme entwickeln
—> Zusatzfaktoren notwendig!
—> Ergänzung um neurobiologische Risikofaktoren (Vulnerabilität)
Welche möglichen biologischen Vulnerabilitätsfaktoren werden in der Forschung angenommen?
Defizit in der Wahrnehmung sich schnell ändernder auditiver Reize (rapid auditory processing deficit)
Magnozelluläre Fehlentwicklung
Automatisierungsdefizit (Kleinhirn)
Unterschiede in der funktionalen Neuroanatomie von guten und schlechten Lesern
Erläutere kurz den theoretischen Hintergrund, wie die basalen Wahrnehmungsfähigkeiten funktionalen Analphabetismus bedingen.
Beschreibe den Versuch von Boltzmann et al. (2017) und dessen Ergebnisse unter Bezugnahme der relevanten Hirnregionen und deren Veränderung im fMRT.
Aufgabe: Taste drücken, wenn 2 Reize auf dem Bildschirm sich reimen bzw. identisch sind
Bedingungen:
Wörter (z.B. Uhr, Flur)
Pseudowörter (z.B. Weu, Meu)
Sinnfreie Buchstabenketten (z.B. xcl)
Ergebnis:
Temporo-parietale und okzipito-temporale Region bei fA unteraktiviert
Geringe Spezialisierung der Areale bei fA
Kaum Unterschiede in der frontalen Region
Posttest>Prätest: Aktivität normalisiert sich nach Trainingsprogramm (r = .60)
Erläutere was Artificial Grammar Learning ist anhand eines Beispielversuchs mit typischem Ergebnismuster.
Ein Versuchsaufbau, in dem künstliche Strukturregeln (implizit) erlernt werden, um zu demonstrieren, wie Grammatik erworben wird.
nur grammatisch korrekte Strings
Je 5 Strings auf einer Karte
5s Einprägungszeit/Karte
Bedingungen
Gruppe 1: zufällige Buchstabenfolgen (KG)
Gruppe 2: nach Grammatik konstruierte Buchstabenfolgen
AV: Anzahl der Durchgänge bis zur korrekten Reproduktion
neue Buchstabenfolgen (48); davon 24 nach Regeln der Grammatik, 24 mit je einer Regelverletzung
Aufgabe: Für jede Buchstabenfolge beurteilen, ob sie nach der Grammatik konstruiert ist oder nicht (“wellformed task”)
Typisches Ergebnismuster
Personen aus Gruppe 2 machen überzufällig weniger Fehler bzw. klassifizieren überzufällig häufiger korrekt (-> Grammatik wird schnell und implizit gelernt)
Auf Nachfrage können Personen nicht angeben, wie die Regeln explizit aussehen, nach denen sie klassifiziert haben
Ein anderes Buchstabenset führt zu einer schlechteren Klassifikationsleistung - jedoch ist diese weiterhin besser, als die von Personen ohne Lernphase (Yoked Gruppe)
Ergänzt man zusätzlich um eine von Gruppe 2 instruierte Gruppe, zeigen diese keine verbesserte Leistung (-> verbalisiertes Wissen über Regelhaftigkeiten reicht nicht aus, um die Klassifizierungsperformanz zu erklären)
Im Vorhinein klare Hinweise auf Strukturiertheit des Materials führen zu einer schlechteren Lernleistung (-> Bei komplexem Material erleichtert der Hinweis auf die Existenz von Regeln den Regelerwerb nicht, sondern erschwert ihn eher)
Beschreibe die Merkmale impliziten Lernens. Nenne Beispiele für Fähigkeiten, die hauptsächlich implizit erworben werden.
Automatisch, ohne Intention
zeigt sich im Verhalten des Lerners (z.B. schnellere RT, Klassifikationsleistung)
führt zu abstrakter, nicht verbalisierbarer Repräsentation des Wissens (alternative Vorstellungen: beispiel-basiertes Lernen, Häufigkeitslernen)
Beispiele: Spracherwerb, prozedurales Lernen
Stelle die 4 verschiedenen Theorien zur Wissensrepräsentation im impliziten Gedächtnis dar.
Bonus: Wie kann man die verschiedenen Theorien prüfen und wofür spricht die Evidenz?
Regelabstraktion
Symbolisches Wissen in Form von Produktionsregeln, Unterscheidungsbäumen, Klassifizierungen
z.B. Wenn die Buchstabenfolge mit T oder P beginnt, dann ist sie grammatisch korrekt
Fragmentbasiert/ Chunking
Dekomposition in Bi- und Trigramme
Neue Exemplare werden daraufhin beurteilt, wieviele Chunks sie mit dem Trainingsmaterial teilen
Beispielbasiert
Komplette Items werden gespeichert
Neue Items werden aufgrund ihrer Ähnlichkeit zu einzelnen Beispielitems der Lernphase oder aufgrund ihrer Ähnlichkeit mit der gesamten gespeicherten Datenbank beurteilt
Statistisch
Assoziative Lernmechanismen extrahieren die statistischen Eigenschaften des Lernmaterials (Häufigkeiten von Buchstaben, Bi- und Trigrammen, Quadrupel etc.)
Neuronale Netze
Überprüfung: Proband:innen Begründungen angeben lassen, wieso ein Item falsch ist, indem sie fehlerhafte Teile unterstreichen sollen
Evidenz: Insgesamt sehr heterogene Befunde, sprechen tendenziell für Chunking-basierten Ansatz
Beschreibe den Ablauf der Seriellen Wahlreaktionsaufgabe. Was zeigt diese Aufgabe in Bezug auf die Repräsentation impliziten Wissens?
Proband:in sieht auf Computer 4 Felder mit jeweils 1 Reaktionstaste in räumlich kompatibler Form
Aufgabe: So schnell wie möglich entsprechende Taste drücken, wenn an der Position ein Stimulus erscheint
Räumliche Abfolge der Reize folgt einer bestimmten Struktur
Mehrere Blöcke werden bearbeitet
1. und 2. Block zufällige Reihenfolge
ab 3. Block bestimmtes Muster
ab 13./14. Block erneuter Zufallsblock
Typisches Ergebnismuster: Sobald sich wiederholende Sequenz aufgelöst wird -> Leistungsabfall
Bewusstes und unbewusstes Wissen wird in unterschiedlichen Bereichen des Gehirns repräsentiert
Nenne die Unterschiede zwischen explizitem und implizitem Wissen.
Bewusstheit (implizit: unbewusst; explizit: bewusst)
Transferspezifität (Transfer von implizit gelerntem Wissen zumeist schwach)
Robustheit (Implizites Lernen ist robust gegenüber Hirnschädigungen, emotionalen Einflüssen, Intelligenzunterschieden, etc.)
Welche Möglichkeiten gibt es in der seriellen Wahlreaktionsaufgabe zu untersuchen, ob Wissen implizit/unbewusst ist?
Verbaler Report: Proband:innen werden aufgefordert, alle aufeinander folgenden Elemente der Sequenz zu produzieren, an die sie sich erinnern
Generierungsaufgabe: Proband:innen sollen die Sequenz, die sie im Experiment gesehen haben, per Tastendruck produzieren
Wiedererkennungsaufgabe: Präsentation von Sequenzfragmenten; Entscheidung, ob Teil der gesehenen Sequenz oder nicht (vgl. AGL)
Stelle die unterschiedlichen Modelle dar, wie Wissen bewusst wird.
Single System Modell
Es gibt ein Wissensspeichersystem
Wenn eine Repräsentation eine bestimmte Aktivierungsschwelle erreicht hat, wird Wissen bewusst
Multiple System Modell
Damit Wissen bewusst wird, müssen zusätzliche, qualitativ unterschiedliche Informationsprozesse stattfinden
Qualitativer, nicht nur quantitativer Unterschied zwischen bewusstem und unbewusstem Wissen
Hierarchische Modelle
Notwendig für sich bewusstes Wissen sind eine sich entwicklende Stärke der Gedächtnisrepräsentation
Bewusstheit entsteht, wenn ein hierarchisch aufgebautes System in der Lage ist zu repräsentieren, dass es etwas weiß
Wie lässt sich das Single-System-Modell der Bewusstwerdung impliziten Wissens testen? Sprechen die Ergebnisse eher für oder gegen diese Hypothese?
explizites Wissen kann nur dann entstehen, wenn auch im Verhalten sichtbares, nicht verbalisierbares, implizites Wissen vorhanden ist
explizites Wissen ohne gleichzeitiges implizites Wissen ist demnach nicht möglich
Material: Buchstabenfolge
Proband:innen wurde auf Monitor ein Buchstabe präsentiert und sie sollten so schnell wie möglich zugehörige Taste drücken
Zufallsblöcke & strukturierte Sequenz
Testphase: Rückkehr zum Zufallsblock
Zusätzlich freie Wiedergabe: Proband:innen sollten anschließend Sequenz, die sie gesehen haben, wiedergeben
Gruppeneinteilung
Explizite Lerner: 6 oder mehr korrekt aufeinander folgende Elemente der Sequenz in freier Wiedergabe wiedergegeben
Implizit Lerner: Lerneffekt größer als 10ms (Vergleich zwischen Blöcken)
Ergebnisse
9 Proband:innen wiesen explizites, aber kein implizites Wissen auf -> Widerspricht Single-System-Modell!
Reaktionszeiten für explizite Lerner veränderten sich nicht bei Rückkehr zum Zufallsblock
Explizite Lerner zeigten keinen impliziten Lerneffekt i.S. einer Reaktionszeitenabnahme
Was besagt die Unexpected Event Hypothesis? Wie lässt sich diese überprüfen?
Unerwartete Ereignisse führen dazu, dass das hierarchisch höhere Wissensrepräsentationssystem aktiviert wird und beginnt, auf der hierarchisch niedrigeren Repräsentationsebene nach Regelhaftigkeiten zu suchen
In der SRTT: Frage nach Regeln; abweichende Ereignissen in der Sequenz; irrelevante Reaktionseffekte
4 Gruppen
No Tone
Random Tone (zufälliger Ton nach jedem Tastendruck)
Inconsistent Tone (“One-to-many-Mapping”)
Consistent Tone (“One-to-one-Mapping”)
In der Gruppe mit irrelevanten, redundanten Reaktionseffekten entwickeln mehr Versuchsteilnehmende explizites Sequenzwissen (getestet mit Wiedererkennungsaufgabe)
In der Gruppe mit irrelevanten, redundanten Reaktionseffekten zeigen Versuchsteilnehmende mehr implizites Sequenzlernen
Ergebnisse zeigen, dass irrelevante Reaktionseffekte implizites Lernen fördern
Ergebnisse sind gut im Kontext der Unexpected Event Hypothesis erklärbar
Zeigen Erwachsene mit Lese-Rechtschreib-Schwäche Defizite beim impliziten Lernen? Begründe deine Antwort.
Relevanz impliziter Lernprozesse für den Schriftspracherwerb ist vielfach nachgewiesen
Serielle Wahlreaktionsaufgabe: Sowohl Erwachsene mit als auch ohne LRS zeigen bei Einführung eines Zufallblocks deutlichen Abfall in der RT & gleiche Lernleistung in der Testphase -> kein Hinweis auf Einschränkungen im impliziten Lernen
Metaanalyse zu SRTT
Personen mit LRS haben ein prozedurales Lerndefizit (ES: .45)
In nur 6 von 14 Studien prozedurales Lerndefizit gefunden
3 Moderatorvariablen identifiziert: Alter, Art der verwendeten Sequenz (Länge), Anzahl der Sequenzwiederholungen (Lerndurchgänge)
Möglicherweise Publication Bias
Lesefähigkeit von 5-12-jährigen Kindern korreliert mit implizitem Lernen
Kinder mit LRS scheinen beim AGL beeinträchtigt zu sein, Erwachsene hingegen nicht
unabhängig davon, ob Buchstaben, geometrische Figuren oder Töne als Stimulusmaterial verwendet werden
Uneinheitliches Befundmuster
in vielen Experimenten keine methodisch gute Erhebung impliziten & expliziten Wissens
Unterschiede in den Ergebnissen in Abhängigkeit des eingesetzten Versuchsdesigns
keine Studien, die dasselbe Stimulusmaterial bei Kindern und Erwachsenen verwenden
Unklar, inwieweit implizites Lernen in Trainingsprogrammen für Kinder/Erwachsene mit LRS eingesetzt werden sollte
Definiere den Begriff Lese-Recht- Schreibschwäche unter Bezugnahme auf ICD-10 und DSM-5.
= Spezifisches Defizit der Lese- und Rechtschreibfähigkeit, das nicht durch mangelnde Intelligenz, fehlenden Zugang zu Bildungsmöglichkeiten, sensorische Defizite oder mangelnde Motivation erklärt werden kann
Umschriebene Entwicklungsstörung schulischer Fertigkeiten (F81.0)
Unterscheidet reine Lese- oder Rechtschreibstörung und kombinierte Störung
Specific Learning Disorder (315.0)
Unterscheidet: Schwerpunkt auf reading, writing, mathematics and other (sehr unscharf)
Abweichung von der aufgrund Alter und IQ erwartbaren Leseleistung, wobei die Abweichung von der aufgrund des Alters erwartbaren Leseleistung immer gegeben sein muss
In der Praxis: Inklusion aller Fälle, die von der aufgrund des Alters erwartbaren Leseleistung abweichen und einen IQ im Normalbereich aufweisen
Welche Aussage zur Prävalenz von LRS ist korrekt?
Was sind häufige Komorbiditäten von LRS?
ADHS (25-40%)
Störungen des Rechnens (11-46%)
Sprachentwicklungsstörungen (13-63%)
Emotionale Störungen (Schulangst, depressive Verstimmungen, Selbstunsicherheit)
Störungen des Sozialverhaltens (ca. 25% der Jugendlichen mit LRS werden aufgrund von Delinquenzdelikten verurteilt)
Welche Ursachen für die Entwicklung einer Lese-Rechtschreib-Schwäche werden unterschieden?
Biologische Ebene: genetische Prädisposition für die Störung der Entwicklung der neurobiologischen Grundlagen des Schriftspracherwerbs
hohe Heritabilität (Genetischer Anteil wird auf 40-60% geschätzt)
Heritabilität steigt mit zunehmendem Bildungsniveau der Eltern (bessere Literalitätsumgebung -> genetische Einflüsse spielen größere Rolle; ungünstigere, variablere Umgebung -> Risikofaktoren in der Umwelt spielen größere Rolle)
Neuroanatomie: Cerebelläre Defizithypothese (-> Defizit der Automatisierung des prozeduralen Lernens)
Kognitive Ebene: Defizite in kognitiven Grundlagen des Schriftspracherwerbs
Phonologische Defizit-Hypothese: Phonologische Bewusstheit als bester Prädiktor der späteren Leseleistung -> Kinder mit LRS haben ein Defizit der phonologischen Bewusstheit
LRS als Störung der auditiven zeitlichen Verarbeitung: Probleme in der Phonemdiskrimination
Aufmerksamkeitsdefizit: Personen mit LRS sind in seriellen Suchaufgaben, die Aufmerksamkeit erfordern, beeinträchtigt, nicht aber bei der automatisch ablaufenden parallelen Suche
Verhaltensebene: Erwartungswidrig schwache Leistungen im Lesen und Schreiben
Welcher Bereich ist bei Personen mit LRS verkleinert?
Beschreibe die neuronalen Systeme, die für das Lesen wichtig sind inklusive ihrer Funktionen. Welche Aussage lässt sich über den Vergleich zwischen dyslektischen und unbeeinträchtigten Lesern treffen?
Anteriores System (Broca, inferiorer frontaler Kortex)
Artikulation
Auch wichtig bei leisem Lesen, wo ebenfalls eine stille Artikulation vorgenommen wird
Temporo-parietale Region: Teile des supramarginalen Gyrus im inferioren Parietallappen, posteriore Teile des superioren temporalen Gyrus, Teile des Gyrus angularis
Zuordnung des visuellen Perzepts der gedruckten Schrift zur phonologischen Repräsentation
Wortanalyse auf der Ebene des Phonems
Occipito-temporale Region/ visual word form area im Gyrus fusiformis
Ganzheitliche Wortformerkennung
Stärkere Aktivierung bei Verarbeitung von Wörtern verglichen mit Bildern oder Symbolfolgen
Vergleich beeinträchtigte - unbeeinträchtige Leser
Personen mit LRS zeigen eine Unteraktivierung im temporo-parietalen und occipito-temporalen Bereich
Personen mit LRS zeigen eine Überaktivierung im Frontalkortex -> keine Automatisierung
Erkläre, was unter der phonologischen Defizithypothese zu verstehen ist. Wie kann diese Hypothese überprüft werden und was sagt die Evidenz?
Kinder/Erwachsene mit LRS haben ein Defizit in der phonologischen Bewusstheit
Training führt zu Verbesserung der Leseleistung; bei bestehender LRS haben reine Trainings zur Förderung der phonologischen Bewusstheit jedoch wenig Erfolg
Phonolog. Bewusstheit als bester Prädiktor der späteren Leseleistung
Messung
Phonemvertauschung: Suppe-Pause -> Puppe-Sause
Ist ein “S” in Sonne?
Reime erkennen: reimen sich Haus und Maus?
Bewertung: z-standardisierte Summenscores aus Bildbenennung, Zahlenbenennung, Spoonerisms (Vertausch von worteinleitenden Phonemen oder Morphemen) und Nicht-Wort-Wdh. (künstliche Wörter sollen wiederholt werden)
Stelle dar, von welchen Zusammenhängen von den Ursachen von LRS das multiple Ursachenmodell (Rüsseler) ausgeht.
Verschiedene neurobiologisch/genetisch bedingte Ursachen können zu denselben kognitvien Defiziten führen (einzeln oder zusammen auftreten)
Phonologisches Defizit als Hauptvermittler von LRS
Wie ist das Diskrepanzkriterium für LRS nach ICD-10 festgelegt? Was sind Kritikpunkte an dieser Festlegung
normale Intelligenz (IQ >= 75)
Lese-Rechtschreibleistung (Lesegenauigkeit, -verständnis) ist um 2 Standardabweichungen schlechter als durch den IQ vorhergesagt (IQ-Diskrepanz) und auch mind. 2 SD unter der Altersvergleichsstichprobe
(Im Deutschen und anderen transparenten Sprachen ist eher die verlangsamte Lesegeschwindigkeit als die Lesegenauigkeit beeinträchtigt)
Praktisch: Abweichung um 1,5 SD in Lesegeschwindigkeit von der Altersstichprobe bei einem non-verbalen IQ im Normalbereich
Kinder mit geringer Intelligenz werden nicht bzw. seltener als lese-rechtschreib-schwach diagnostiziert
bei identischer Leseleistung hängt es von IQ ab, ob eine LRS diagnostiziert wird
Beschreibe den Ablauf der LRS-Diagnostik.
Leseprüfung (z.B. ZLT, WLLP, SLRT)
Buchstaben lesen
Zahlen lesen
Rechtschreibprüfung (z.B. DRT, SLRT)
Buchstabendiktat
Abschreiben von Wörtern und Texten
Intelligenztestung (non-verbaler IQ, z.B. WMT)
internistische und neurologische Untersuchung (Seh- und Hörfunktion, Ausschluss Cerebralparese)
Anamnese und Exploration (Biografisches Interview)
Erläutere das Vorgehen bei der Therapie von Lese-Rechtschreib-Schwäche. Was ist besonders erfolgreich?
Therapien, die direkt auf Verbesserung der Lese- und Rechtschreibleistung abzielen (symptomatische LRS-Therapie)
Therapien, die auf Behandlung der zugrunde liegenden biologischen Defizite abzielen
Kombination beider Therapieansätze (vielversprechend)
Multimodale Therapie
Im Mittelpunkt stehen Maßnahmen zur Verbesserung der Lese-Rechtschreib-Leistungen
Ergänzend: psychische Stabilisierung, Berücksichtigung der Begleitsymptome, Einbezug von Schule/ Elternhaus
Generell: eher geringe Fortschritte bei Lesegeschwindigkeit und Rechtschreibung, aber Verbesserung des Leseverständnisses
Verbesserung sind bei den meisten Kindern zeitstabil
Am erfolgreichsten: Interventionen, die intensive, explizite Übungen zur phonologischen Bewusstheit, dem alphabetischen Prinzip, Wortanalyse und Lesegeschwindigkeit enthalten
früher Beginn (je früher, desto besser)
Einzeltherapie/ kleine Gruppen
Intensive Therapie über einen langen Zeitraum
Verbesserung des Textverständnis wird erreicht durch
Verbesserung der Leseflüssigkeit
Vokabularaufbau
Training von Strategien, wie über den Inhalt von Texten nachgedacht werden kann (Metakognition)
Defizite der Aufmerksamkeit und Verhaltenskontrolle
rapid-naming-Defizite (schnelle Benennung von Strichzeichnungen
verbale Defizite
Was sind die Hauptunterschiede zwischen LRS und funktionalem Analphabetismus?
Gruppe der funktionalen Analphabet:innen schließt schwer Betroffene Erwachsene mit LRS ein
Literalisierung wird nur für deutsche Sprache betrachtet, nicht für evtl. andere Erstsprachen (ca. 45% der Betroffenen)
Diagnostik
LRS: primär über Lesegeschwindigkeit
f.A.: primär über Leseverständnis
Nur Erwachsene älter als 16 werden als f.A. klassifiziert (bei LRS schon bei Kindern)
f.A. sehr heterogene Gruppe von gering literalisierten Erwachsenen
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