Was versteht man unter der Selbstbestimmung?
bei der Selbstbestimmung handelt es sich um ein ethisches Konstrukt
die Selbstbestimmung hat im Kern die Grundannahme: jeder Mensch strebt nach Freiheit und eigenverantwortlichem Handeln
die Selbstbestimmung impliziert dabei: die Selbverantwortung, die Selbstleitung und die Selbstständigkeit
die Selbstbestimmung geht einher mit der Entwicklung des personalen und sozialen Selbst
personales Selbst bedeutet: eine Identität entwickeln.., Welche Fähigkeiten haben wir? Was sind unsere Stärken und Schwächen?
soziales Selbst: bezieht sich auf unser Beziehungsstatus..Wie treten wir mit der Außenwelt in Kontakt?
bei der Selbstbestimmung hat man den Anspruch auf eine Entwicklung größtmöglicher Unabhängigkeit von Fremdbestimmungen
durch Unterstützung und Assistenz (Assistenz meint Angebote zur Unterstützung der Pflege, Therapie…)
Assistenz: nicht mehr durch Dritte definierte Therapie- bzw. Fördernotwendigkeit, sondern von Beeinträchtigten gewünschte Form der Alltagsbewältigung (individueller Lebensstil)
—> durch den Paradigmenwechsel haben Menschen mit Behinderung keine durch Dritte definierte Fördernotwendigkeit..sie können selber entscheiden, wie sie ihren Alltag bewältigen wollen
Definition Anthropologie:…
ist die Wissenschaft vom Menschen
Woher kommt die ethische Leitlinie der Selbstbestimmung?
historisch betrachtet: Selbstbestimmung zunächst für Menschen mit körperlich-motorischen Beeinträchtigungen oder Sinnesbeeinträchtigungen
die ersten Anfänge: USA 1970er Jahre
in DE seit 1980er Jahre…die Menschen mit Behinderung forderten:
a. das Ender der institutionellen Unterbringung (ein Leben zuhause statt in Pflegeeinrichtungen)
b. Selbstorganisation von persöhnlicher Assistenz
c. verstärktes Einfordern von Bürgerrechten (z.B. gegen Zwangsbehandlung)
seit den 1990er Jahren: gibt es selbstorganisierte Beratungs- und Serviceeinrichtungen
a. seit 1991 Dachorganisation “Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben”
seit 1994: Kongress der Bundesvereinigung Lebenshilfe “Ich weiß doch selbst, was ich will! Menschen mit geistiger Behinderung auf dem Weg zu mehr Selbstbestimmung”
heute, z.B. Netzwerke, wie “People first” (hierbei handelt es sich um ein Netzwerk, welche sich stark machen, z.B. für aktuell einfach verständliche Texte, damit die jeder versteht)
Gibt es eine uneingeschränkte Selbstbestimmung?
Selbstbestimmung steht in Abhängigkeit zu sozialen Bezugssystemen (Institutionen, Pflegern, Betreuern, Vormund)
heutzutage haben wir auch immernoch wenig Interessensvertretungen von und für Menschen mit Beeinträchtigungen..
naja..
es ist eine Machtfrage mit der uneingeschränkten Selbstbestimmung seitens der Mehrheitsgesellschaft
die WHO hat 1981, Menschen mit Behinderung die Sorge für sich selbst angezweifelt
…diese Einstellung findet man zum Teil heute noch in den Debatten, ob Menschen mit geistiger oder seelischer Behinderung überhaupt einen Vernunftswillen haben
so die Mehrheutsgesellschaft: Menschen mit geistiger und/ oder seelischer Behinderung haben keinen oder nur einen eingeschränkten Vernuftswillen
Gefahr von Behindertenhierarchie: Autonomiefähigkeit wird nach Rang strukturiert
Waldschmidt (1999): Einzelfallstudien mit Menschen mit körperlicher Einschränkung
vor allem Befreiung von äußeren Abhängigkeiten, wie Heimstrukturen und paternalistische Fürsorgebestrebungen (paternalistisch: meint Gegenteil von Assistenz, man hat etwas, wo ein erziehender Aspekt mit drin ist..”ich weiß besser, was du brauchst und kümmere mich um dich”
finanzielle Ressourcen, eigene Erwerbstätigkeit und soziales Netzwerk einschließlich mit Menschen ohne Beeinträchtigung
barrierefreie, eigene Wohnung, ausreichendes Angebot an persöhnlicher Assistenz, technische Hilfen und z.b. barrierefreier Personalverkehr als wesentliche Voraussetzung
Was ist mit der ethischen Leitlinie Empowerment gemeint?
ursprünglich ist damit der Kampf der schwarzen Bevölkerung in den USA ab 1950er Jahre gemeint
mit Empowerment bezeichnet man Strategien und Maßnahmen die den Grad an Autonomie und Selbstbestimmung im Leben von Menschen oder Gemeinschaften unteranderem erhöhen sollen
Empowerment wird oft ins Deutsche übersetzt mit Selbstbefähigung/ Selbstermächtigung
a. man versteht darunter unter anderem das selbstständige Aneignen von Kraft und Gestaltungsvermögen, um sich von bestimmten Abhängigkeiten zu lösen
b. politisch ausgerichtet: Macht und Durchsetzungskraft
—> Emanzipation von gesellschaftlicher Marginalisierung
—> Mitgestaltung in Macht ausübenden Institutionen
Empowerment wird grundsätzlich allen Menschen zugesprochen, wenngleich seitens der Mehrheitsgesellschaft unterschiedlich stark
Ist Empowerment an bestimmte, individuelle Ressourcen gekoppelt oder aber an struktureller wie personeller Unterstützung?
bei Empowerment geht es im Kern um Machtfragen
Was ist mit Empowerment-Praxis gemeint?
Ausgangspunkt: Fremdbestimmung, Machtlosigkeit, biographische “Nullpunkt-Erfahrungen” und Ohnmacht
Seligman hat dazu die Theorie der “erlernten Hilflosigkeit” entwickelt
d.h. unteranderem:
erlernte Hilfslosigkeit: aufgrund negativer Erfahrung entwickelte Überzeugung, die Fähigkeit zur Veränderung der eigenen Lebenssituation verloren zu haben und für diesen Zustand selbst verantwortlich zu sein
Ziel der Empowerment-Praxis: ist es, die vorhandenen Fähigkeiten der Menschen zu kräftigen und Ressourcen freizusetzen, mit deren Hilfe sie die eigenen Lebenswege und Lebensräume selbstbestimmt gestalten können
so ist die Empowerment-Praxis häufig Ausdruck in politisch tätigen Organisationen wie auch Selbsthilfegruppen zur Lösung von Alltagsproblemen
Worauf zielt Empowerment im Kern ab?
Empowerment zielt auf das Erkennen von Ressourcen bzw. Durchsetzungskräften:
es geht um den Prozess der Ermächtigung (geligende Kontrolle über die Gestaltung der eigenen sozialen Lebenswelt)
es kann nicht von professionellen Helfern hergestellt werden..stattdessen: Vertrauen in eigene Fähigkeiten entwickeln (“Hilf mir, es selbst zu tun” Montessori)..—> eben das ist auch der Unterschied zwischen einer paternalistischen Fürsorge und einer Assistenz
Was bedeuten Paternalismus und Assistenz?…
Welche Ebenen und Methoden nach Hoppe gibt es zum “Empowerment und Selbstkonzept von Menschen mit geistiger Behinderung”?
Ebene: Subjekt
Methode: aufarbeiten der Biografiearbeit, persöhnliche Zukunftsplanung..bewusst werden über das, was man bisher geschafft hat und noch schaffen möchte
Ebene: Gruppen
Methode: Netzwerkarbeit und Förderung von Selbsthilfegruppen
Ebene: Organisation
Methode: Förderung von Interessenvertretungen
Ebene: Sozialraum
Methode: Angebot und Förderung inklsuiver Freizeit- und Kulturangebote
Was versteht man unter der ethischen Leitlinie Partizipation?
lat. pars (Teil) capere (nehmen) =teilnehmen
ähnliche Termini: Teilhabe, Teilnahme..—> Partizipation bedeutet aber nicht genau dasselbe wie Teilhabe
Wie lautet die Definition der Behinderung nach der WHO?
Def: ..[…] neben Beeinträchtigung hinsichtlich Körperstrukturen oder -funktionen Beeinträchtigung der Teilhabe
lebensbereichsbezogen (z.T. zusammenhängend mit rechtlichen Aspekten)
-Lernen und Wissensanwendung
-Kommunikation und Mobilität
-Selbstversorgung, häusliches Leben
-interpersonelle Interaktionen und Beziehungen
-staatsbürgerliches Leben
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Inklusion hat den Fokus auf die Einbeziehung aller Menschen in alle Lebensbereiche
(politische) Partizipation als Mittel zum Einbringen eigener Interessen und als Beteiligung an die Fortentwicklung der Gesellschaft
Was meint die ethische Leitlinie der Lebensqualität?
diese Leitlinie ist sehr wichtig und 1960 im Zuge reformierter Gesellschaftspolitik entstanden
sie ist ein Gegenmodell zur ausschließlich ökonomischen Betrachtungsweise von Wohlstand
außerdem gibt es auch mehrdimensionale Betrachtungsrahmen von Lebensqualität:
objketive Lebensbedingungen
subjektive Wahrnehmung und Bewertung der eigenen Lebenssituation
materielle (Handy, Laptop..) und immaterielle Güter(Gesundheit, Anerkennung, Bildung..)
Wie definieren Glatzer und Zapf Lebensqualität?
diese verstehen unter Lebensqualität…gute Lebensbedingungen, die mit einem positiven Wohlbefinden einhergehen
Was sind die Kerndimensionen der Lebensqualität?
emotionales Wohlbefinden (Selbstwertgefühl, Freiheit von subjektiver Belastung..)
soziale Beziehungen (Intimbeziehungen, Familie, Freunde..)
materielles Wohlbefinden
persöhnliche Entwicklung
physisches Wohlbefinden (Gesundheitszustand…)
soziale Integration
Rechte (Privatsphäre…)
Interdependenzen…Inwieweit beeinflussen sich Selbstbestimmung, Partizipation, Empowerment und Lebensqualität gegenseitig?
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