Rehabilitation im Kindes- und Jugendalter: Überblick
Die Kindheit ist eine relativ gesunde Lebensphase.
Ein Teil der Kinder & Jugendlichen erleidet jedoch gesundheitliche Störungen, die mit dem Begriff „_______“ beschrieben werden.
Erklären Sie den Begriff genauer.
Was dominiert unter den psychischen Beeinträchtigungen?
Welches sind Sozialmedizinisch relevante körperliche Krankheiten?
Was sind Chronische Krankheiten im Kindes- und Jugendalter?
KiJu-Reha deshalb wichtiger Bereich im medizinischen Versorgungssystem. Was ist deren Aufgabe?
- Kindheit ist eine relativ gesunde Lebensphase
- ein Teil der Kinder & Jugendlichen erleidet jedoch gesundheitliche Störungen, die mit dem Begriff „neue
Morbidität“ beschrieben werden
- damit ist gemeint, dass sich die Gesundheitsprobleme gewandelt haben
- von den Infektionskrankheiten zu chronischen Krankheiten
- von körperlichen Krankheiten hin zu psychischen Auffäligkeiten & Entwicklungsstörungen
- unter den psychischen Beeinträchtigungen dominieren v. a.: - Störungen des Sozialverhaltens - emotionale Störungen wie Angst- und depressive Störungen - ADHS
- Sozialmedizinisch relevante körperliche Krankheiten sind bei Kindern u. a. - Asthma
- Neurodermitis
- Adipositas
- Chronische Krankheiten im Kindes- und Jugendalter
- bedrohen Lebensqualität und Teilhabe in der aktuellen Lebensphase &
- „altern mit” → können später die Erwerbsfähigkeit einschränken
- KiJu-Reha deshalb wichtiger Bereich im medizinischen Versorgungssystem
- Aufgabe: Teilhabe von chronisch kranken KiJU am gesellschaftlichen Leben & ihre Autonomie fördern
- z. B. Regel-Kindertagesstätte bzw. Regelschule besuchen, Freundschaften schließen und an
Freizeitaktivitäten teilnehmen, wie es Kinder ohne Behinderung auch können
Welches sind die 4 häufigste Indikationen in der medizinischen Reha von KiJu?
Was sind dabei die Ziele?
Gibt es Besonderheiten in der medizinischen Reha von KiJu?
- 4 häufigste Indikationen in der medizinischen Reha von KiJu
- Asthma - Adipositas - Neurodermitis - ADHS
- Ziele in der medizinischen Rehabilitation wie bei Erwachsenen:
- KiJu unterstützen und befähigen, die psychischen & sozialen Probleme ihrer Erkrankung zu bewältigen
- einen selbstbestimmten Umgang mit der KH und eine gesundheitsförderliche Lebensführung zu
entwickeln
- Besonderheiten in der medizinischen Reha von KiJu:
- es geht nicht darum, sie „in ihren alten Stand zurückzuversetzen“ (= Wortbedeutung von „rehabilitieren“) - sondern darum, ihnen erst den Erwerb „normaler“ altersgerechter Fähigkeiten zu ermöglichen
Was sind wichtige Kontextfaktoren für die Krankheitsbewältigung?
Erklären Sie den Begriff „erschöpfte Familien“?
- lebensphasentypische Entwicklungsaufgaben müssen mit und trotz der Krankheit bewältigt werden
- KiJU dabei in hohem Maße abhängig von den Eltern/Bezugspersonen
- Beziehungen & Ressourcen der Kinder sind darum wichtige Kontextfaktoren für die Krankheitsbewältigung
(Familie, Kita, Schule)
- „erschöpfte Familien“
- chronische Konflikte, Arbeitslosigkeit, gesellschaftlicher Ausschluss und materielle Armut verursachen häufig die chronische Erkrankung mit
- können zugleich auch ihre Bewältigung erschweren
- Familienmitglieder sind häufig selbst unterstützungsbedürftig
- oft auch die „vergessenen“ Geschwisterkinder - daher wichtig Eltern/Bezugspersonen in den Rehabilitationsprozess mit einzubeziehen
KiJu-Rehabilitation hat einen stark ______ Charakter. Erklären Sie!
Was ist deshalb wichtig?
Die Behandlung erfolgt durch interdisziplinäre Teams. Was umfasst dies alles?
Welche Aufgaben haben Erzieher?
- KiJu-Rehabilitation hat einen stark präventiven Charakter
- man will verhüten, dass sich die KH verschlimmert & Entwicklungsstörungen, Fehlanpassungen, Probleme der Erwerbsfähigkeit verhindern
- Gesundheitsförderung und Ressourcenorientierung wichtig
- GHF: Förderung individueller Kompetenzen & gesundheitsgerechte Gestaltung der Lebenswelten (Familie, Schule usw.)
- → Gesundheitsrelevante Verhaltensweisen, die sich die Kinder aneignen, haben große Chancen, langfristig beibehalten zu werden
- durch interdisziplinäre Teams: Ärzte, Krankenschwestern, Psychologen, Physio- und Sporttherapeuten, Diätassistenten, Erzieher & Lehrer
- auch schulische Betreuung, um (weitere) Schulschwierigkeiten zu verhindern
- Aufgaben Erzieher:
- Kinder mit aggressiven Verhaltensweisen/Rückzugstendenzen in die Gruppe zu integrieren
- Freizeit- und Sportaktivitäten betreuen
- Behandlungsziele/Therapieprogramme werden am Entwicklungsniveau ausgerichtet & altersgruppenspezifisch
durchgeführt - Säuglings- & Kindesalter: intensive Elternberatung und -begleitung steht im Vordergrund - mit zunehmendem Alter gewinnt das Selbstmanagement an Bedeutung
Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS)
etwa ____% erhalten die Diagnose ADHS
bezeichnet ein auffälliges störendes Verhalten, das durch ... gekennzeichnet ist
Worüber ist man sich hinsichtlich der Störung einig, was wird kontrovers diskutiert?
Welche Störungsbilder und Charakeristika umfasst ADHS lt. ICD-10?
- etwa 5 % erhalten die Diagnose ADHS - bezeichnet ein auffälliges störendes Verhalten, das durch ... gekennzeichnet ist
- Unaufmerksamkeit - motorische Unruhe und - Impulsivität
- ADHS-Spektrum zählt zu den häufigsten psychischen Auffälligkeiten im KiJu - nach Störungen des Sozialverhaltens - sowie emotionalen Problemen wie Ängsten und Depressionen
- Einigkeit besteht darin, dass die Symptome ein Massenphänomen unter heute Aufwachsenden sind - kontrovers: Konstruktion als Krankheit/Störung, die Ursachenzuschreibung & Therapie
„Struwwelpeter”
- populärste Darstellung ADHS: Bilderbuch „Struwwelpeter“ (Zappelphilipp, der böse Friederich, Suppenkasper) - vom Arzt Heinrich Hoffman gestaltet, 1844 - als Weihnachtsgeschenk für seinen Sohn - kommt in seiner Phänomenologie dem heutigen Störungsbild des ADHS nahe
- wird oft als Synonym für dieses verwendet - Verhalten des Jungen Philipp:„er gaukelt und schaukelt, trappelt und zappelt auf dem Stuhle hin und her“
- besitzt jedoch eher den Charakter der Unartigkeit - erst seit dem 19. Jh. wird hyperaktives, unaufmerksames und impulsives Verhalten als Krankheit gedeutet
- Störungskonzept wurde immer wieder verändert - erschien in den 1980er-Jahren im damaligen DSM III - unter dem noch heute verwendeten Begriff „Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung“
ICD-10
- Kapitel F90: hyperkinetische Störungen
- 4 Störungsbilder
- einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung (F90.0) - hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens (F90.1) - sonstige hyperkinetische Störungen (F90.8) - nicht näher bezeichnete hyperkinetische Störung (F90.9)
- Charakterisierung: - früher Beginn, meist in den ersten fünf Lebensjahren - mangelhafte Ausdauer bei Beschäftigungen mit kognitivem Einsatz - sprunghafter Wechsel von einer Tätigkeit in eine andere, ohne etwas zu Ende zu bringen
- überschießende Aktivität, die vom Kind nicht reguliert werden kann und desorganisiert wirkt
- unachtsame und impulsive Verhaltensweisen, die sich in einer Neigung zu Unfällen äußert - Diagnose von ADHS durch Aufsummieren von beobachteten Verhaltensabweichungen (Expertenkonsens)
Wer ist am meisten von ADHS betroffen?
Wie häufig sind komorbide Störungen?
- etwa 5 % erhalten die Diagnose ADHS in Deutschland (KIGGS-Studie — Kinder- und Jugendgesundheitssurvey)
- ADHS tritt mit einem starken sozialen Gradienten auf: - je niedriger der Sozialstatus der Eltern, desto häufiger wird ADHS diagnostiziert
- sozial benachteiligte Jungen am häufigsten betroffen - Jungen erhalten etwa 3x so häufig eine ADHS-Diagnose wie Mädchen
- bei 80% zusätzlich mindestens eine komorbide Störung - bei etwa der Hälfte eine oppositionelle Verhaltensstörung bzw. eine Störung des Sozialverhaltens, - bei 10–55 % eine depressive Störung und - bei 15–40 % eine Angststörung.
- Teilleistungsstörungen (z. B. LRS/ Dyskalkulie) & kognitive Beeinträchtigungen & sprachliche und motorische Entwicklungsverzögerungen findet man ebenfalls häufiger
Ursachen von ADHS werden kontrovers diskutiert. Welche Modelle und Hypothesen gibt es?
Neurobiologisches Modell (Döpfner et al. 2000)
- aktuelles Ätiologiemodell: neurobiologisches Defizit im Zentrum - Störungen im Neurotransmitterstoffwechsel (Dopamin u. a.) durch...
- erblich-genetische biologische Schäden (sehr relevant)
- während der Schwangerschaft & unter der Geburt erworbene biologische Schäden (weniger relevant) - → Ausbildung pathologischer neuronaler Netzwerke
- daraus ergeben sich neuropsychologische Fehlfunktionen:
- Störung von Selbstregulation, Flexibilität im Denken, Reaktionshemmung, Planen und Organisieren von
Verhalten
- diese führen wiederum zu den bekannten Verhaltensauffälligkeiten
- psychosoziale Faktoren werden nicht als ursächlich angesehen - Modell schreibt ihnen lediglich einen Einfluss auf Schweregrad und Aufrechterhaltung zu
Kritik
- Krankheitsmodell ignoriert die neueren Ergebnisse der Hirnforschung - → nutzungsabhängige Entwicklung des Gehirns! - → Bildung neuronaler Netzwerke wird im Gehirn nicht von „autonomen“ Genen gesteuert - → stattdessen ist es abhängig von wiederholter Aktivierung & Nutzung
Psychosoziale Erklärungsansätze
Hüther (2006): entwicklungsneurobiologisches Modell
- verbindet biologische und psychosoziale Ansätze
- den (nur bei einem Teil der Kinder feststellbaren) neurologischen Befund eines überstark entwickelten
Dopaminsystems führt er auf psychosozial belastende Erfahrungen der Kinder zurück - Angst, unsichere Bindung, Reizüberflutung, überlastete Eltern usw. - diese Erfahrungen gehen mit übermäßigen Stressreaktionen einher - → wirkt desorganisierend auf die Hirnreifung, so die Annahme
psychoanalytische Erklärungen
- stützen sich auf zahlreiche retrospektive Fallrekonstruktionen
- erklären das unruhige Verhalten als Folge von verunsichernden frühkindlichen Beziehungserfahrungen
- diese führen zur ungenügenden Ausbildung regulierender (struktureller) Fähigkeiten & zu inneren und
interpersonellen Konflikten
Schulschwierigkeiten-Hypothese
- mangelnde Passung zwischen individuellen Lernvoraussetzungen und Entwicklungsprozessen und den Anforderungen im Schulsystem
- Morrow et. al. (2012): früh eingeschulte Kinder bekommen im Vergleich zu später eingeschulten häufiger eine ADHS-Diagnose und Medikamente
- andere sehen die betroffenen Kinder mit einem besonderen Temperament ausgestattet, dem die heutigen Lebens- und Lernbedingungen keinen Raum lassen
Evidenz
- psychosoziale Erklärung durch sozialepidemiologische Befunde gestützt:
- Störung kommt wesentlich häufiger bei Kindern aus sozial benachteiligten und Ein-Eltern-Familien vor
- Ausbleiben substantieller Ergebnisse bei der Suche nach „Krankheitsgenen“ (im Sinne ursächlich
wirksamer ererbter „Webfehler“ in der DNA-Struktur) - Umweltbelastungen
- sollten als Ursache nicht übersehen werden
- empirische Evidenz dafür, dass die Exposition gegenüber Umweltschadstoffen (PCBs, Blei u. a.) mit
neurobiologischen Dysfunktionen und ADHS-typischem Verhalten assoziiert ist
Fazit: Ursachen
- heutiger Kenntnisstand: ganz verschiedene Bedingungsgefüge können zu dem auffälligen Verhalten führen - psychosozialen Erklärungsansätze legen eine soziale Prävention nahe
- z. B. positive Bindungserfahrungen ermöglichen
- z. B. schulische Lernbedingungen anders gestalten (kleine Gruppen, Schaffung von Bewegungs- und
Ruheräumen)
- z. B. Eltern mehr Zeit zur Verfügung stellen, damit sie ihre Kinder in der Sozialisation begleiten können
Nennen Sie die Biopsychosoziale Problembereiche bei ADHS und jeweils einige Beispiele.
das störende Verhalten der KiJu wirkt sich belastend auf ihre sozialen Beziehungen aus (in Familie, Schule, Peers usw.)
- Störungen im Beziehungssystem verstärken/verursachen das störende Verhalten
- Tabelle 7.1 zeigt die (bio-) psychosozialen Problembereiche im Überblick
Schulischer und vorschulpädagogischer Bereich
- im schulischen und vorschulpädagogischen Bereich ist häufig die Fähigkeit beeinträchtigt... - sich in die Gruppen zu integrieren - Regeln zu akzeptieren und - Aufforderungen zu folgen
- bei den Peers werden die Kinder darum oft abgelehnt und isoliert - Leistungsvermögen kann meist nicht voll ausgeschöpft werden
- → schlechtere Schulleistungen & Schulversagen führt - Risiko, Klassen zu wiederholen oder in Sonderschulen abgeschoben zu werden, ist erhöht.
ADHS-belasteter familiärer Alltag
- ständige Konflikte um Hausaufgaben, das tägliche Anziehen, Tischdecken und Ähnliches - Jugendalter: Häufung von internalisierten Probleme & delinquentem Verhalten - In Beziehungen zu Erwachsenen wird ein distanzloses Verhalten deutlich
- Kinder erfordern durch ihre ungerichtete Getriebenheit fast permanente Aufmerksamkeit
- Kinder dadurch auch oft von Erwachsenen abgelehnt
- → negative Spirale: Ablehnung drängt Kind dazu, noch mehr Aktivität in die Suche nach Kontakt zu
investieren, was weiter in die Ablehnung und Isolierung führt
Geschwister/Mütter von Kindern mit ADHS
- bei Geschwistern von Kindern mit ADHS treten häufiger emotionale und Verhaltensstörungen auf - Mütter von Kindern mit ADHS
- erleben größeren Stress im Beziehungsalltag - sind häufiger psychisch belastet
- berichteten häufiger über Selbstschuldzuweisungen & einem geringeren Selbstwertgefühl - erleben häufig soziale Isolation - → erhöhter Stress und emotionale Belastung wirken sich auf die Partnerschaft/Ehe aus
Nehmen Sie Stellung zuR Medikalisierung der ADHS-Diagnose.
Ist ADHS eine Behinderung?
- ADHS-Diagnose kann entlastend wirken - besonders wenn Eltern, Erzieher und Lehrer überfordert sind
- Diagnose nimmt den Druck von Verantwortung, Schuld- und Ohnmachtsgefühlen (aufgrund des dominierenden biologischen Entstehungsmodells)
- Wahrnehmung der Betroffenen: störende Verhaltensweisen/Lebensprobleme werden zu einer Krankheit, die das Kind „hat“
- Medizin verspricht dann mit Medikamenten eine individuelle Lösung
- ohne dass an den sozialen Beziehungen der Kinder in der Familie, Schule usw. etwas geändert werden
muss
- diese Prozesse werden in der Soziologie als „Medikalisierung” bezeichnet
- medizinisch- biologische Deutung hat wieder Rückwirkungen auf die Beziehungen in der Familie: - Blick auf die Subjektivität des Kindes wird verstellt durch...
- Fragen der „medikamentösen Einstellung“, - der Beobachtung von Verhalten in Abhängigkeit der verabreichten Dosis usw.
Prognose
- ob es zu einer beeinträchtigten Teilhabe (Behinderung) und negativen Entwicklung kommt, hängt maßgeblich von den „Kontextfaktoren“ (ICF) ab
- also davon, wie Familie, Schule, Kita usw. mit den Verhaltensauffälligkeiten umgehen
- darum ist es sehr wichtig, diesen Lebenskontext bei der Diagnostik und Therapie mit einzubeziehen
Welche Institutionen sind an der Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit ADHS beteiligt?
- Kasten 14 zeigt die wichtigsten Institutionen, die an der Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit ADHS beteiligt sind
- psycho-soziale Problemlagen erfordern, dass auch die Eltern und Lehrer beraten und schulbezogene Interventionen durchgeführt werden
- medizinische Reha indiziert wenn ambulante Maßnahmen nicht ausreichen & die Teilhabe bedroht oder eingeschränkt ist
- v.a. bei komplexen Problemlagen (z. B. komorbiden Störungen des Sozialverhaltens/Teilleistungsstörungen)
Welche Bausteine umfasst die ADHS-Therapie?
- Leitlinien orientierte Behandlung von ADHS - multimodular aufgebaut - umfasst folgende Bausteine:
- Psychoedukation (Eltern, Erzieher, Kinder/Jugendliche) - Verhaltenstherapie (Elterntraining, Psychotherapie des Kindes, schulbezogene Interventionen) - Pharmakotherapie
Pharmakotherapie
- v.a. Methylphenidat eingesetzt (aus der Gruppe der Psychostimulantien)
- seit 2004 auch Atomoxetin (Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer)
- Verordnung von Methylphenidat ist in den letzten Jahren drastisch gestiegen (wie Psychopharmaka bei KiJu
allgemein)
- Schätzungen auf der Basis von Krankenkassendaten: 2011 erhielten etwa...
- 10% aller Jungen - 3,5% aller Mädchen mindestens einmal Methylphenidat - 50 % der KiJu mit einer ADHS-Diagnose werden mit Psychostimulantien behandelt
- Nebenwirkungen: - Schlafstörungen
- Appetitminderung - Ängstlichkeit - Müdigkeit - Magenbeschwerden - Erbrechen
- Kopfschmerzen
- Schwindel
- langfristige Folgen sind ungewiss, da die Langzeitwirkungen nicht hinreichend erforscht sind
Psychoedukation
- Psychoedukation der Eltern als Basis aller nachfolgenden Interventionen - wird immer durchgeführt - Aufklärung & Beratung der Erzieher oder Lehrer empfehlenswert
- Inhalte der PE:
- Aspekte der Symptomatik & Ätiologie, Verlauf & Behandlungsmöglichkeiten - Beratung dazu, wie konkrete häusliche/schulische Problemsituationen bewältigt werden können
- z. B. wie Tagesabläufe in Familie/Schule strukturiert werden können
- z. B. wie man angemessene Grenzen setzt - z. B. wie man Anforderungen an das Kind formuliert - z. B. wie man in unterschiedlichen Situationen adäquat auf das Verhalten des Kindes reagiert
- Ab dem Schulalter sollte auch eine altersangemessene Psychoedukation des Kindes erfolgen Verhaltenstherapie
Hier unterscheidet man - familienbezogene Interventionen (Elterntrainings) - Kita- und schulbezogene Interventionen - kindzentrierte Interventionen (Psychotherapie der Kinder und Jugendlichen)
Elterntraining sowie Interventionen in der Familie
- Familienmitglieder müssen dafür kooperationsbereit sein
- mittels VT Techniken soll das auffällige Verhalten vermindert werden:
1. 2.
3.
Situationen identifizieren, in denen bestimmte Verhaltensweisen des Kindes auftreten
Verhaltensanalysen dieser Situationen - Erziehungsverhalten der Eltern wird betrachtet - angemessener Umgang mit positiven und negativen Konsequenzen eingeschätzt - fehlende oder unklare Familienregeln thematisieren
Eltern anleiten /Üben
- Anforderungen & Grenzsetzungen auf wirkungsvolle Weise äußern
- wird in spezifischen Situationen eingeübt
- Token-Systeme, um angemessenes Verhalten durch die Vergabe von Verstärkern zu festigen bzw.
unangemessenes Verhalten durch Entzug von Verstärkern zu verringern
- Technik der Auszeit als ein häufig verwendetes Mittel
- bei Jugendlichen therapeutische Verträge (statt Token-Systeme) und Selbstmanagement-Techniken
- analog sind auch die Interventionen in Kindergarten und Schule aufgebaut
- bei Beziehungsstörungen werden auch familientherapeutische Maßnahmen empfohlen (z. B. systemische
Therapie).
Verhaltenstherapie des Kindes/Jugendlichen bei ADHS
- am häufigsten angewendete Psychotherapie: KVT - Wissen vermitteln
- Motivation aufbauen - Selbstinstruktions- und Selbstmanagementkompetenzen trainieren
- Motivationsstrategien stehen am Anfang jeder Behandlung - denn Kindern mit ADHS fällt es oft schwer, den Leidensdruck unter ihren Symptomen in
Behandlungsmotivation umzusetzen
- ähnlich wie seine Bezugspersonen wird das Kind über die Störung informiert (z. B. Einsatz von Geschichten:
„Wackelpeter & Trotzkopf“)
- Selbstinstruktionstrainings
- Fähigkeiten werden erlernt, die helfen, Aufmerksamkeit und Impulskontrolle aufrecht zu erhalten
- Handlungsplanung soll dem Kind eine bessere Verhaltenssteuerung ermöglichen: Therapeut als Modell
- macht vor, wie man am besten mit Schwierigkeiten umgeht - anhand von spielerischen Aufgaben wie Labyrinthen oder Puzzles - hierbei wird geübt, Handlungsabläufe zu planen und zu strukturieren
- Schwierigkeiten zu erkennen - Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln, abzuwägen und zu überprüfen - Lösungen auf Richtigkeit zu kontrollieren usw. - die gewonnenen Fertigkeiten sollen dann auf andere Aufgaben übertragen werden
- für jüngere Kinder (3–6 Jahre) gilt Spieltraining als angemessene Methode, um die Fähigkeit auszubauen, zu spielen bzw. sich konzentriert und ausdauernd zu beschäftigen
Welche Therapiemöglichkeiten gibt es nebst der VT?
Psychoanalytische Kinderpsychologie
- kritisiert den KVT Therapieansatz: - Ansatz ist technologisches Veränderungskonzept, welches auf med. & psych. Reparatur eines Defizits
setzt → vernachlässigt dabei die Innenwelt des Kindes
- für psychodynamische Herangehensweisen gilt (Hüther,2006, Neurobiologe) ↓
- auch in PA wird ein multimodales Vorgehen
angestrebt:
- erste Phase der PT: weitere Behandlungen
sollen vermieden werden
- → verhindern, dass die Beziehungsdynamik zwischen
Therapeut, Kind & Bezugsperson in andere Situationen
hineingetragen wird
- Motivation des Kindes steigern, um Macht- und
Selbstbehauptungskämpfe zu vermeiden
- In der Arbeit mit den Eltern:
- Fokus: Eltern sollen Perspektive des Kindes & die Wechselwirkungen in der Interaktion zwischen ihnen & Kind verstehen lernen
- Wechselwirkungen werden so charakterisiert → - Hier gilt es, einen produktiv-verstehenden Dialog wieder herzustellen
Systemische Therapie
- hat ein an die PA-Sichtweise anschlussfähiges Störungsverständnis - in der ST geht es darum, gestörte Beziehungsprozesse in der Familie wieder zu „entstören“ - pathogene einengende Wirklichkeitskonstruktionen & problem- und Lösungsszenarien werden hinterfragt
Worauf stützen sich Therapiekonzepte in der medizinischen Reha?
- stützen sich vorwiegend auf die Module Psychoedukation, Verhaltenstherapie und Pharmakotherapie
- Im Rahmen einer mehrwöchigen Rehabilitationsmaßnahme ist es möglich, diese Module mit Sport und Spiel,
Entspannungsverfahren sowie familientherapeutischen Interventionen zu kombinieren
- Kinder und Eltern können in einem geschützten Raum fern von den Alltagsbelastungen neue Beziehungs- und
Lernerfahrungen machen und ihre Ressourcen stärken
- Evaluierte Therapiestandards existieren in diesem Bereich noch nicht
- ein integriertes familienorientiertes und verhaltenstherapeutisches Therapiekonzept für eine 4-wöchige
stationäre Rehabilitation findet sich etwa bei Hampel et al. (2006)
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