Population
Eine Population ist eine Gruppe von Individuen der gleichen Art, die aufgrund ihrer Entstehungsprozesse miteinander verbunden sind, eine Fortpflanzungsgemeinschaft bilden und zur gleichen Zeit in einem einheitlichen Areal zu finden sind.
Wilhelm Johannsen (1903)
Beispiele:
Stichlinge eines Teiches
Margariten einer Wiese
Je eine Population pro Wiese
Aber auch: Population aller drei Wiesen, da sexueller Austausch denkbar
Es kommt auf den Untersuchungsansatz an!
Individuen
Population ist durch Anzahl von Individuen charakterisiert
Unitare Organismen:
Verändern Körperform kaum Aussehen vorhersehbar:
Kohlmeise behält im Laufe ihres Lebens immer zwei Flügel, zwei Beine usw.
Spinne hat acht Beine
Mensch
Modulare Organismen:
Verändern Körperform unvorhersehbar:
Wachsen durch ständige Bildung von Modulen
Entwicklungsprogramm nicht vorhersehbar z. B.
Äste und Zweige eines Baumes
Korallen
Häufig verzweigt und mit dem Boden verhaftet
Abundanz vs. Individuendichte
Abundanz – Anzahl der Individuen
Individuendichte (= Populationsdichte) – Anzahl der Individuen pro Fläche / Volumen
Vergleiche Dichten in Quadraten 1, 2, 3 und 4
Verteilungsmuster von Individuen
Jede Population hat 16 Individuen
Würden wir von nur je einem Quadrat der drei Beispiele auf die gesamt Population hochrechnen, sind die Ergebnisse unterschiedlich.
Das heißt: Nur eine ausreichend große Stichprobe liefert annähernd richtige Ergebnisse!
Bestimmung einer solche Populationsgröße N - Fang-Wiederfang-Methode
M = Anzahl der markierten Individuen
n = Anzahl der Individuen der Stichprobe des Wiederfangs
m = Anzahl der markierten Individuen im Wiederfang
Markierung genehmigungspflichtig!!!
Lebenszyklen und Fortpflanzung
Eine Generation im Jahr: Univoltin
Zwei und mehrere Generationen im Jahr: bi-, trivoltin, polivoltin
Mehr als ein Jahr andauernde Entwicklung bis zur Fortpflanzung: mehrjährig, z. B. Hirschkäfer
Zyklen der Organismen:
Eine Generation im Jahr, überdauern als Samen: Anuelle = Einjährige, z. B. Ringelblume, oder als Ei: z. B. die meisten Fliegen
Lebenszyklus geht über mehr als ein Jahr hinaus und endet nach der Fortpflanzung: Bienne = Zweijährige (z. B. Wiesenbärenklau, 1. Jahr Rosette, 2. Jahr Spross und Blüte)
Pro Jahr eine Generation, aber der Organismus pflanzt sich über mehrere Jahre hin fort: Perennierende oder Ausdauernde (Mehrjährige), z. B. Gänseblümchen
Sowohl Wachstum als auch Fortpflanzung erfordern Ressourcen → Konflik
-> Wachstum verlangsamt sich oder hört auf, wenn die Fortpflanzung beginnt
Lebenszyklen und Fortpflanzung - Iteropare Arten
Verwenden Teil ihrer Ressourcen für das eigene Überleben und die nächste Fortpflanzungsphase (→ Mensch)
Lebenszyklen und Fortpflanzung - Semelpare Arten
Verwenden alle körpereigenen Ressourcen für die Fortpflanzung, sterben danach ab
(→ bienne Pflanzen, Ibisfliege Atherix ibis, Pazifischen Lachse Oncorhynchus)
Säugetier-Art (Gelbfuß-Beutelmaus) mit semelparen Männchen!
Testosteron extrem hoch Cortisol extrem hoch → Herzinfarkt
Extremfall: Bambus
Gartenbambus Fargesia murielae blüht nur einmal in etwa 90 bis 120 Jahren
alle Pflanzen dieser Sorte tun dies fast gleichzeitig, weil sie alle von einem einzigen Bambus abstammen
Der englische Pflanzensammler ERNEST H. WILSON hatte diese Bambusart 1907 in der chinesischen Provinz Hupeh ausgegraben
In Boston (USA) kultiviert
1913 in Londoner Botanischen Garten
Von dort aus weiter verbreitet
in deutschen Gärten gibt es rund fünf Millionen Bambuspflanzen dieser Sorte
Weltweit über 30 Millionen
Und für alle tickte dieselbe "genetische Uhr“! → 1996+Tod!
Altersstruktur von Populationen
a) Truthuhn Meleagris galloparvo
b) Virginiawachtel Colinus virginianus
c) Grauhörnchen Sciuruscarolinenensis Adulte Farbiger Streifen
d) Fingerknochen von Fledermäusen
Geschlechstverhältnis altersund artabhängig
Keimzellen bei allen Arten 1 :1, aber:
Individuen bewegen sich zwischen Populationen
Abwanderung = Emigration
Zuwanderung = Immigration
Viele Pflanzen und einige Tiere breiten sich passiv aus mit Hilfe der
Schleudermechanik (Ballochorie)
Wind (Anemochorie)
Wasser (Hydrochorie)
Durch andere Tiere (Zoochorie) aus
Geschieht die Ausbreitung z. B. von Samen über den Darmtrakt, heißt dies Endozoochorie, über Backentaschen z. B. bei Hörnchen Synzoochorie)
Individuen bewegen sich zwischen Populationen - Abwanderung von Tieren
Abwanderung von Tieren wegen
Überbevölkerung
Nahrungsknappheit
Revierkämpfen
Erreichen des Erwachsenenstadiums (adultus)
Individuen bewegen sich zwischen Populationen - Beispiele
Bsp. für Ballochorie
Saftdruckstreuer
Großes Springkraut (Impatiens noli-tangere)
Austrocknungsstreuer (Xeroballochoren)
Platterbse, Ginster, Akelei
Bsp. für Anemochorie
Löwenzahn (Taraxacum officinale)
Bergulme (Ulmus glabra)
Spiderling
Linien = Bereiche gleicher Samendichte
Bsp. für Hydrochorie
Ibisfliege (Atherix ibis)
Kokospalme (Cocos nucifera)
Die Steinfrucht ist durch ihren Aufbau auch für längere Reisen gerüstet
Das faserige Mesokarp dient als Stoßdämpfer und das Exokarp als Ionenbarriere gegen das Salzwasser
Keimungsfähigkeit nach 100 Tagen Meerwasserkontakt ist belegt
Bsp. für Zoochorie:
Gemeine Klette (Arctium lappa)
Pseudoscorpion
Individuen bewegen sich zwischen Populationen - Spezialfall Endozoochorie
Mistel kann ohne Verdauungstrakt-Passage nicht keimen
Viele andere Pflanzen z. B. Walderdbeeren, Maiglöckchen, keimen auch ohne Zoochorie
Blattnasen-Fledermäuse
Mit als Früchten getarnten Ködern haben Forscher Blattnasen-Fledermäuse in Rodungsflächen gelockt.
Die Tiere sollten dort verdaute Samen ausscheiden und so die Wiederbesiedlung durch heimische Regenwaldpflanzen fördern.
Individuen bewegen sich zwischen Populationen - Spezialfall Myrmekochorie (Ameisenausbreitung) - Pflanzen
Die Diasporen von myrmekochoren Pflanzen haben ein nährstoffreiches Anhängsel, ein Elaiosom, als Lock- und Nährkörper
Einige Pflanzenarten bleiben im Nest, andere werden nach Verzehr des Elaiosoms als Abfall abtransportiert
Viele Frühjahrsblüher Bsp. Leberblümchen Hepatica nobilis
Individuen bewegen sich zwischen Populationen - Spezialfall Myrmekochorie (Ameisenausbreitung) - Tiere
Einige Gespenstschrecken legen Eier, die in auffallender Weise Pflanzensamen mit Elaiosomen ähneln uns ebenfalls einen Nährkörper besitzen (Cipitulum adaequat zum Elaiosom)
Ameisen tragen Samen und Eier in gleicher Weise in ihre Nester, ohne die Eier zu beschädigen
Migration
Anthropogen bedingte Ausbreitung
Im 19. Jahrhundert wurden 24 Kaninchen in Australien (1859) ausgesetzt
In nur 50 Jahren nahmen sie ein Gebiet ein, das größer ist als halb Europa
In knapp 100 Jahren gab es mehrere Milliarden Kaninchen
Die Folgen für die einheimische Flora und Fauna waren erheblich
Verbreitung von Oryctolagus cuniculus in Australien
Rot Gebiete mit häufigem Vorkommen
gelb Gebiete mit verstreuten Vorkommen
Populationswachstum
Veränderung der Individuenzahl einer Population im Laufe der Zeit
Populationswachstum Durch Kapazität K begrenzt
N: Anzahl der Tiere
R: Wachstumsrate
K: Kapazität (abhängig von Nahrungsangebot, Niststätten etc.)
Nur kurzfristig möglich, wird rasch revidiert
Z. B. Massenwechsel der Feldmaus
Welche vereinfachten Annahmen wurden gemacht?
alle Tiere gleich
nur Weibchen werden betrachtet
Wachstumsrate ist konstant
keinerlei Wachstumsbegrenzung → unbegrenzt Platz und Nahrung!
Populationswachstum - Stochastizität (Zufallsabhängigkeit)
R: Wachstumsrate war bisher konstant über Raum und Zeit
ABER:
zufallsbedingte Schwankungen in den Geburten- und Sterberaten
→ demographische Stochastizität
es gibt „gute“ und „schlechte“ Jahre: Witterungsschwankungen, Unwetter, Katastrophen
→ Umweltstochastizität
beide stochastischen Prozesse wirken auf die Populationsdynamik
Warum gibt es im Regelfall kein exponentielles Populationswachstum?
Begrenzung der Ressourcen wie z.B. Nahrung, Nistplätze etc.
D.h., die Individuen einer Population konkurrieren miteinander!
→ intraspezifische Konkurrenz ist das Ergebnis limitierter Ressourcen
Krankheiten, Feinde
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