Rahmenmodell der Führung
Rosenstiel (2006)
Begriffsabgrenzungen
Führungsemergenz
Führungseffektivität
= Hervortreten von Führung, d. h. ob und zu welchem Grad jemand zur Führungsperson wird bzw. von anderen als Führungsperson betrachtet wird
= zu welchem Grad eine Führungsperson Ergebnisse erzielt, die von Team oder Organisation wertgeschätzt werden
=> Kriterien des Führungserfolgs
Kriterien des Führungserfolgs können ansetzen auf der Ebene:
der Führungsperson:
Beförderung,
Gehalt, ...
der ihr unterstellten Arbeitsgruppe:
Produktivität
Konflikthäufigkeit
Fluktuation, ...
der ihr unterstellten Mitarbeiter*innen:
Leistung
Qualifikation
Zufriedenheit, ...
=> Annahmen des eigenschaftsbasierten Ansatzes
Annahmen des eigenschaftsbasierten Ansatzes:
Stabile Personen-Eigenschaften sind zentral für Führungserfolg
Diese Eigenschaften ermöglichen es Führungspersonen, so auf ihre Umwelt einzuwirken, dass ihre Vorstellungen Wirklichkeit werden
Trait Ansatz
Suche nach Merkmalen, die mit Führungsemergenz und Führungserfolg zusammenhängen
Beispiele für untersuchte Merkmale:
soziodemographische Merkmale
physische Merkmale
kognitive Merkmale
soziale Merkmale
Für lange Zeit großes Problem:
=> Keine konsistenten Zusammenhänge zw. einzelnen Traits und Führungseffektivität
Wie wichtig ist Intelligenz für Führungskräfte?
Metaanalyse Judge, Colbert & Ilies (2004):
Intelligenz korreliert mit:
Zusammenhänge jeweils ρ ≈ .20 bis .30
Moderatoren:
Stress-Level der Führungskraft:
—> Keine Korrelation bei hohem Level
Direktivität der Führungskraft:
—> Keine Korrelation bei niedriger Direktivität
Sind Intelligenz und andere Fähigkeiten immer gleich wichtig?
Theorie von Mumford et al. (2007):
4 Fähigkeitsbereiche
Wichtigkeit von Fähigkeiten variiert mit hierarchischem Level einer Führungsposition
Wie wichtig ist die Persönlichkeit?
Metaanalyse von Judge et al. (2002):
Ergebnisse für die Big-Five-Dimensionen:
Führungsverhalten
Interesse am Verhalten der Führungskräfte
geweckt durch das Bedürfnis, sich mit direkt beobachtbaren Einflussgrößen des Führungserfolges zu beschäftigen
Verhalten wirkt direkt auf andere Menschen ein
2 grundlegende Aspekte:
mitarbeiterorientiertes Verhalten
aufgabenorientiertes Verhalten
Michigan Ansatz
Prominente Vertreter: Likert, Katz, Kahn
Untersucht anhand der Analyse von mehr oder weniger effizienten Arbeitsgruppen in verschiedenen Organisationen
Identifikation einer bipolaren Dimension mit den Polen „mitarbeiterorientiertes“ vs. „aufgabenorientiertes“ Führungsverhalten
Annahme: Mitarbeiterorientiertes Führungsverhalten ist günstiger
Ohio Ansatz
Prominente Vertreter: Stogdill, Fleishman
Vorgehen: Mitarbeiter*innen schätzten ihre Führungskräfte anhand konkreter Verhaltensbeschreibungen ein
Faktoranalytische Auswertungen
=> 2 übergreifende Dimensionen
Aufgabenorientierung (Initiating Structure)
Mitarbeiterorientierung (Consideration)
Annahmen:
—> Mitarbeiterorientierung => Zufriedenheit
—> Aufgabenorientierung => Leistung
Wie ist die heutige Bewertung von Mitarbeiterorientierung und Aufgabenorientierung?
Korrelation von Mitarbeiter- und Aufgabenorientierung p = .17
Annahme der Kontingenzansätze
Annahme der Kontingenzansätze:
Effektivität von Führungskräften ist nicht allein von deren Verhalten abhängig, sondern auch von Merkmalen der Situation
Je nach Situation sind unterschiedliche Verhaltensweisen besser
Kontingenztheorie von Fiedler (1967)
2 relevante Aspekte:
Führungsstil
Günstigkeit der Situation
Führungsstil:
Mitarbeiter- vs. Aufgabenorientierung
Annahme: stabile Orientierung der Führungsperson
MO und AO als bipolare Dimension wie bei Michigan-Ansatz
Günstigkeit der Situation:
Relevante Situationsvariablen:
Beziehung zwischen Führungsperson und Unterstellten:
—> Vertrauen in und Sympathie und Loyalität gegenüber dem/der Vorgesetzten
Aufgabenstruktur:
—> Zielklarheit, Vielfalt der Wege zum Ziel und Eindeutigkeit der optimalen Lösung
Positionsmacht:
—> Macht durch Belohnung und Bestrafung durch die Rolle als Vorgesetzte*r
Wie hängen Führungsstil und Führungssituationen zusammen?
Durch Kombination der 3 Situationsvariablen => 8 Führungssituationen
In günstigen Situationen leichtere Einflussnahme der Führungskraft auf die Geführten
In Oktanten 5 bis 7 ist laut Fiedler mitarbeiterorientierte Führung besser, in den übrigen aufgabenorientierte Führung
Stärken und Schwächen von Fiedlers Kontingenztheorie
Stärken
Schwächen
In Metaanalysen passable empirische Abstützung
MO und AO schließen sich gegenseitig nicht aus
erster bedeutender Kontingenzansatz —> Beachtung der Situation
AV in Untersuchungen meist Korrelation zwischen MO und Leistung (nicht absolutes Niveau der Leistung)
Zweifel, ob Positionsmerkmale tatsächlich unabhängig von Person und VH der Führungskraft sind
Normatives Entscheidungsmodell der Führung
(Vroom & Yetton, 1973)
Ausgangsfrage:
Wann ist ein partizipativer Führungsstil besser und wann ein direktiver?
Modell bildet eine Entscheidungslogik ab zur Frage:
=> Wann soll die Führungsperson Mitarbeitende wie in die Entscheidungsfindung einbeziehen?
Mögliche Entscheidungsstrategien
Beispielstudie zum Vroom-Yetton-Modell
Vroom & Jago (1978):
Sammlung von 181 Situationen, in denen Führungskräfte Entscheidungen treffen mussten
Klassifikation dieser Situationen gemäß Entscheidungsbaum
Entscheidung effektiv
Entscheidung nicht effektiv
Führungsstil in Übereinstimmung mit dem Modell
68%
32%
Führungsstil nicht in Übereinstimmung mit dem Modell
22%
78%
Vroom-Yetton-Modell: Probleme bei der Anwendung
Führungspersonen … –
glauben, dass sie immer über genügend Informationen verfügen
unterschätzen Bedeutsamkeit der Akzeptanz von Entscheidungen
gehen zu oft davon aus, dass eine Entscheidung automatisch von allen akzeptiert wird
=> Training erforderlich, um Führungspersonen für die einzelnen Punkte zu sensibilisieren
Modernere Unterscheidung von Führunsstilen
transaktionale vs. transformationale Führung
Ausgangspunkt Burns (1978): Analyse des Verhaltens politischer Führungspersonen
Annahmen von Burns:
zugrunde liegendes Kontinuum von transaktional zu transformational
Bürokratinnen und Bürokraten führen transaktional, d. h. durch bedingte Belohnung
Transformationale Führungspersonen „transformieren“ andere, indem sie an höhere Motive wie Gerechtigkeit, Moral oder Frieden appellieren
Durch Bass (1985):
Übertragung des Konzepts in die psychologische Führungsforschung
Untersuchung der psychologischen Mechanismen, die diesen beiden Führungsstilen zu Grunde liegen
Später weitere Ausdifferenzierung
—> Full-Range-Theory of Leadership
Full-Range-Theory of Leadership
Avolio & Bass (1991), Bass (1997):
Hierarchische Anordnung der verschiedenen Führungsstile
Annahme: Je höher, desto effektiver
=> transformationale Führung als effektivster Stil angenommen
Welche Strategien transformationaler Führung gibt es?
Welche transaktionalen Führungsstile gibt es?
+1 weiterer Führungsstil
Contingent Reward (Leistungsorientierte Belohnung):
Klärung gegenseitiger Erwartungen und Vereinbarung von Zielen
Belohnung von Mitarbeitenden für gezeigte Leistung
Management by Exception Active (Führung durch aktive Kontrolle):
Überwachung, dass Abläufe und Vorgänge reibungslos verlaufen
Kontrolle von Prozessen
Sanktionierung von Mitarbeitenden bei Fehlern
Management by Exception Passive (Führung durch Eingreifen bei Bedarf):
Eingreifen erst, wenn Fehler oder Probleme ein Eingreifen unbedingt erforderlich machen
weiterer Führungsstil:
Laissez-Faire Führung:
wird von manchen Autoren/innen zur transaktionalen Führung gezählt
aber: – ist kein aktives Führungs- oder Managementverhalten – stattdessen: Verweigerung von Führung
Wie effektiv sind die verschiedenen transaktionalen Führungsstile Führungsstile?
Probleme der Full-Range-Theory of Leadership
Metaanalyse von Judge & Piccolo (2004):
Sehr große Korrelation zwischen transformationaler Führung und Contingent Reward
Zusammenhänge mit Kriterien für Führungseffektivität für Contingent Reward z. T. größer als für transformationale Führung
Beziehung zw. Führungskraft und Mitarbeitenden
Führungspersonen verhalten sich nicht gegenüber allen Geführten auf dieselbe Art und Weise
Leader-Member-Exchange-(LMX-)Theorie
Von Graen und Kollegen (z. B. Graen & Uhl-Bien, 1995)
Ursprünglich „Vertical Dyad Linkage“ (VDL; Dansereau, Graen & Haga, 1975)
Grundidee:
Führungskraft entwickelt mit jedem/r Mitarbeiter*in eine separate Austauschbeziehung
Beziehung zwischen Führungsperson und Geführten (= vertikale Dyade) ist von zentralem Interesse
Ziel: Entwicklung einer möglichst guten Beziehung zu allen Geführten
Aspekte der Beziehungsqualität:
=> Gegenseitiges Vertrauen, Respekt, Zuneigung, Unterstützung und Loyalität
2 Arten von Austauschbeziehungen
High-Quality-Relationship
Low-Quality-Relationship
viel Verantwortung und großer Handlungs- und Entscheidungsspielraum
wenig Verantwortung und geringer Handlungs- und Entscheidungsspielraum
Zuwendung und Unterstütztung
Führung basiert auf Macht und Autorität
.—> In Group
—> Out Group
Welche Faktoren begünstigen LMX?
(Leader-Member-Exchange-Theory)
kleine Gruppengröße
von der Führungsperson wahrgenommene Kompetenz und Verlässlichkeit des/der Mitarbeitenden
gegenseitig wahrgenommene Ähnlichkeit
gute Beziehung der Führungsperson zu eigener Führungskraft
Welche Korrelate auf Seiten der Mitarbeitenden gehen mit LMX einher?
Probleme der LMX-Theorie
Metaanalyse von Gerstner & Day (1997):
Führungskraft und Geführte bewerten die Qualität ihrer Beziehung oft sehr unterschiedlich
=> Korrelation der LMX-Einschätzung von Führungskraft und mitarbeitender Person nur p = .37
Zudem: geringe praktische Anwendbarkeit der Theorie
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