Häufigste Ursachen für Fehlurteile
Falsche Identifikation durch Augenzeugen
Falsche forensische Beweise
Falsches Geständnis
Belastung durch Informanten
Sünden unseres Gedächtnisses
Fehlende Enkodierung
Schematische Verzerrung
Vergessen, Blockierung und Interferenz
Fehlzuschreibung und Suggestivität
Was ist der Waffenfokus?
Unter Stress und Belastung fokussiert man auf bedrohliche Details zulasten anderer Details
Studie zu Waffenfokus: Wird die Waffe präsentiert, …
werden weniger korrekte Details der Szene erinnert
Wird die kritische Person seltener identifiziert
Wie kann es zu systematischen Verzerrungen kommen?
Gedächtnis ist rekonstruktiv - unvollständige Gedächtnisspuren werden mit Rückgriff auf Schemata, Skripte und Stereotype ergänzt
Bei sexistischen oder rassistischen Stereotypen können systematische Verzerrungen entstehen
Was ist der wichtigste Faktor für Vergessen?
Interferenz, nicht Spurenzerfall
Kritik an der Studie von Loftus
Bilder wurden beim Rekognitionstest in zufälliger statt chronologischer Reihenfolge gezeigt
Dadurch fehlen geeignete Abrufhinweise, um die ursprüngliche Information abzurufen
-> Bakerian und Bowers konnten den Effekt umkehren
Ursachen für Nachinformationseffekte
Vertrautheitsvorteil und Blockierung des Abrufs der ursprünglichen Information
Fehlen geeigneter Abrufhinweise
Schlechtes Quellengedächtnis und dadurch Fehlzuschreibung
Demand Characteristics: Vertrauenswürdigkeit der Quelle der Nachinformation
Gegenmaßnahmen für Nachinformationseffekte
Quellenmonitoring (bzw. soziale Warnung)
Abruf der ursprünglichen Information erleichtern, z.B. indem der ursprüngliche Kontext aktiviert wird
Unterscheidung zwischen Quellen- und Realitätsmonitoring
Quellenmonitoring: Unterscheidung zwischen 2 extern wahrgenommen Quellen
Realitätsmonitoring: Unterscheidung zwischen intern generierter (Vorstellung) und extern wahrgenommener Quelle
Unterform von Quellenmonitoring
V.a. problematisch sind projektive Verfahren
Ergebnisse der Metaanalyse zur Präsentation von Verbrecherfotos vor einer Gegenüberstellung
Betrachten von Verbrecherfotos erhöht die falschen Identifikatonen von Personen aus den Verbrecherfotos in nachfolgenden Gegenüberstellungen
Besonders gefährdet sind Unschuldige, die bereits auf Fotos in der Verbrecherkartei fälschlich identifiziert wurden
Effekt größer, wenn nur wenige Fotos betrachtet werden
Bezieht sich nicht nur auf Fotos
Wodurch kommen falsche / erzwungene Aussagen zustande?
Täuschung (falsche Beweise)
Hypnose
Sozialer Druck
Ermunterung zu Raten
Erzwungene Fabrikationen werden 8 Wochen später frei reproduziert
Worin stimmen wahre und falsche Erinnerungen überein?
Grad der Detailliertheit
Emotionalität
Zeitliche Verbundenheit
-> Nicht möglich zwischen wahren und falschen Erinnerungen zu unterscheiden
Empfehlungen bei Zeugenbefragung
Vermeidung von:
Suggestiven Fragen
Sozialem Druck
Positivem oder negativem Feedback
Ermunterung zu raten
Dokumentation der Befragung
Aufklärung von Polzei, Gericht, Zeugen und Geschworenen
Grundideen des kognitiven Interviews
Soziale Beziehung herstellen
Begrenzte kognitive Ressourcen beachten
Transferangemessene Verarbeitung
Reichhaltiger Abruf
Anpassung an die Befragten
Maßnahmen um kognitive Ressourcen zu sparen
Ruhige Umgebung
Beim Erinnern Augen schließen
Pausen zulassen, keine direkten Nachfragen bei Gedächtnissuche
Wenige und offene Fragen, keine leitenden oder suggestiven Fragen
Keinen Druck ausüben
Wie kann transferangemessene Verarbeitung hergestellt werden?
Prozesse aus der Lernphase sollen in der Testphase ablaufen
Enkodierspezifität: Informationen aus der Enkodierphase zur Verfügung stellen (Kontexteffekte)
Es kann genügen, sich den Kontext vorzustellen
Wie kann reichhaltiger Abruf hergestellt werden?
Enkodierkontext vergegenwärtigen: Umgebung, Gefühle, Gedanken, eigene Reaktionen
Alles (auch nur teilweise Erinnertes) berichten, auch wenn es bedeutungslos erscheint
Erzählreihenfolge variieren: normal, umgekehrt, Beginn in der Mitte
Aus unterschiedlichen Perspektiven beschreiben
Wie sollte die Befragung angepasst werden?
An individuelle kognitive Voraussetzungen anpassen
An die zu dem Zeitpunkt aktivierten Gedächtnisinhalte anpassen
Ablauf des kognitiven Interviews
Einstieg: Beziehung herstellen, Instruktionen geben
Offener Bericht
Nachhaken: Anleitung zu Quellen reichhaltiger Information
Überprüfen: Unklarheiten und Diskrepanzen aufklären
Abschluss: Kontaktmöglichkeiten anbieten
Vor- und Nachteile des kognitiven Interviews
Vorteile
Nachteile
korrekte Erinnerungen steigen stärker als falsche
länger als Standardbefragung
einfach und schnell zu erlernen
erfordert relativ hohe Konzentration
minimaler theoretischer Hintergrund nötig
sinnlos bei fehlender Kooperation
nicht auf Zeugenaussagen beschränkt
Beispiel für merkmalsbasierte Konstruktion von Phantombildern
FACES
Beispiel für holistische Konstruktion von Phantombildern
EvoFIT
Warum sind Gegenüberstellungen so schwer?
Menschen sind Experten in der Rekognition bekannter Gesichter
Nicht jedoch unbekannter Gesichter
Sogar Unterschiede in EKPs
Außerdem:
Verschiedene Lichtverhältnisse
Veränderung von Frisur, Bart etc.
Warum sollte bei Gegenüberstellungen nur eine verdächtige Person präsentiert werden?
Zeugen fällen nicht nur Gedächtnis-basierte Urteile, sondern raten auch
Bei echten Gegenüberstellungen wählen von den Personen, die eine Identifikation machen, 37% einen bekanntermaßen unschuldigen Distraktor
Einschluss bekanntermaßen unschuldiger Distraktoren schützen vor falschen Identifikationen
Aus wie vielen Personen sollte eine Gegenüberstellung bestehen?
Deutschland: 8
USA: meist 6
Wie errechnet sich die funktionale Größe?
N / NS
N = Anzahl Kontrollzeugen
NS = Anzahl Kontrollzeugen, die Verdächtigen wählen
-> Idealerweise entspricht die funktionale Größe der nominalen Größe der Gegenüberstellung
Warum sollten Distraktoren nach der Ähnlichkeit zur Täterbeschreibung ausgewählt werden?
Weil die frei variierenden Merkmale zur Täteridentifikation beitragen (während beide Methode dieselbe funktionale Größe aufweisen)
Warum sollten Gegenüberstellungen nur bei begründetem Verdacht durchgeführt werden?
Weil die Rate falscher Alarme im Vergleich zu Treffern steigt, je geringer die Basisrate
Gute Gründe für einen Verdacht
Allgemein: Gründe, die die spezifische Person mit der spezifischen Tat in Verbindung bringen
einzigartige Passung zu individuellen Charakteristika des Täters oder der Tat
Selbstbelastung, physische Beweise
zur Zeit der Tat am Tatort
Schlechte Gründe für einen Verdacht
Person war früher für eine ähnliche Tat inhaftiert oder verdächtigt
Ähnlichkeit zum Phantombild
Warum sind zweiseitige Instruktionen besser?
Beide Instruktionen weisen die gleiche Sensitivität auf
Bei einseitigen Instruktionen ist das Antwortkriterium jedoch liberaler
Deshalb erhöhte Rate falscher Alarme
Einflüsse auf die Validität von Konfidenzurteilen
Abnahme mit der Zeit (bereits in den ersten 5 Min)
Abnahme bei Wiederholung
Nur diagnostisch bei erster Testung
Abnahme durch Feedback
Art der Entscheidung
Höher für Identifikationen (r = .41) als für Zurückweisungen (heterogene Ursachen verdecken Zusammenhang)
Sollten Gegenüberstellungen simultan oder sequenziell ablaufen?
Sequenzielle Darbietung unbekannter Länge führt zu konservativerem Antwortkriterium und daher weniger FA
Bei simultaner Darbietung ergibt sich jedoch ein (kleiner) Sensitivitätsvorteil
-> Keine klare Empfehlung
Wie kommt Diagnostizität zustande?
D = H / FA
Jedoch kein reines Maß für Sensitivität
Maß wird durch Antworttendenz beeinflusst
Besser, je konservativer
Warum eignet sich die SDT besser, um die Güte von Gegenüberstellungen zu beurteilen?
Unterscheidung zwischen Antwortkriterium und Sensitivität d’
Statt d’ eignen sich sogar besser ROC-Kurven, weil sie nicht von Verteilungsannahmen abhängen
Warum gehen die FA bei den ROC-Kurven nicht bis 1?
Weil sich die falschen Alarme nur auf unschuldig Verdächtigte und nicht auf die Distraktoren beziehen
Bei 7 Distraktoren, Wahrscheinlichkeit für FA = 1/8
Kritik an der SDT
es wird nur ein Teil der möglichen Antwortkategorien betrachtet
nicht ausreichend, um die zugrundeliegenden Prozesse zu untersuchen
-> dafür eignen sich multinomiale Modelle besser
Empfehlungen für Gegenüberstellungen
Interview vor Gegenüberstellung: Sicht auf den Täter, Erkennbarkeit der Gesichtszüge, Vertrautheit mit dem Täter
Gegenüberstellung nur bei begründetem Verdacht
Gegenüberstellung (+ Konfidenzurteil) auf Video aufnehmen
Zweiseitige Instruktionen
Doppelblinde oder computergestützte Gegenüberstellungen
Nur ein Verdächtiger, mind. 5 Distraktoren
Konfidenzurteil sofort nach der Gegenüberstellung
Wiederholte Gegenüberstellungen mit demselben Zeugen und demselben Verdächtigen vermeiden
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