Rechtsformwahl Definition
Rechtsformwahl setzt ein Bündel rechtlicher Regelungen in Kraft, das bestimmte Sachverhalte, die sich gegenüber den Gesellschaftern oder gegenüber Dritten als konfliktträchtig erweisen, vorab regelt:
→ Kapitalbeteiligung, Leitungsbefugnis nach innen, Vertretungsmacht nach außen, Erfolgsbeteiligung, Risikoübernahme, Kontrollrechte, Publizität
Unternehmungen sind in ihrer Rechtsformwahl in der Regel frei
Nicht alle wesentlichen Regelungen sind durch Gesetze verbindlich festgeschrieben
Zahlreiche Regelungen sind dispositiv, können also vertraglich individuell geregelt werden (Gesellschaftsvertrag, Satzung)
Gründe für eine bestimmte Rechtsformwahl
Verteilung der Verfügungsrechte (Unternehmensleitung und Residualeinkommen)
Glaubwürdige, dauerhafte Bindung an bestimmte Regelungen zum Schutz möglicher Vertragspartner
Steuerliche Gründe
Publizitätsvorschriften
Personen- Vs. Kapitalgesellschaften
Kriterien der Rechtsformwahl
Umfang der Haftung
Leitungsbefugnis
Gewinn- und Verlustbeteiligung
Finanzierungsmöglichkeiten
Rechnungslegungs- und Publizitätsvorschriften
Steuerliche Gründe
Unternehmenskontinuität
Personengesellschaft: Einzelkaufmann
Der Einzelkaufmann stellt seinem Unternehmen das erforderliche Eigenkapital zur Verfügung, und ihm steht das Residualeinkommen zu
Weitere Merkmale:
• Persönliche unbegrenzte Haftung
• Anwendung der Regeln für Kaufleute im HGB und BGB
• Publizitätsvorschriften in Abhängigkeit von der Größe des Einzelunternehmens (i.d.R. keine Publizitätspflicht)
• Vereinigung aller Verfügungsrechte in einer Person: Vermeidung externer Effekte, aber keine Spezialisierungsvorteile z. B. im Hinblick auf Unternehmensleitung und Risikotragfähigkeit
Personengesellschaft: Offene Handelsgesellschaft (OHG)
Die OHG ist die Übertragung der Rechtsform des Einzelkaufmanns auf den Fall mehrerer Gesellschafter (mehrere schließen sich zusammen)
Die Gesellschafter haben die Verfügungsrechte (Residualeinkommen und Unternehmensleitung) über die Unternehmung gemeinschaftlich inne
In der Regel keine schwerwiegenden Anreiz- und Kontrollprobleme, da der Gesellschafterkreis üblicherweise klein ist und die Geschäftsführung sowie die Beschlussfassung gemeinsam erfolgen
Regelungen im HGB (§§ 105-160), z. B.
• Recht und Pflicht zur gemeinsamen Geschäftsführung (Grundregel) und Vertretungsmacht
(§ 114 HGB bzw. § 109 HGB)
• Gesamtschuldnerischen Haftung (persönliche Haftung, § 128 HGB, gegenüber den Gläubigern der OHG, unabhängig von der Höhe seiner Kapitaleinlage, § 105 Abs. 1 HGB)
• Gewinnverteilung ist dispositiv (§ 121 HGB) -> eigene Regeln festlegen untereinander, freie Auswahl in man den Gewinn aufteilt
Personengesellschaft: Kommanditgesellschaft (KG) + Grundidee/ Ziele der KG
Die KG unterscheidet sich von der OHG vor allem dadurch, dass neben den persönlich unbeschränkt haftenden Komplementärgesellschaftern einige der Gesellschafter nur mit ihrer Einlage für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften (Kommanditisten) -> Haftung auf Einlage beschränkt
Im Regelfall sind die Kommanditisten von der Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft nach außen ausgeschlossen; ihnen steht lediglich das Recht zur Einsicht und zur Prüfung des Jahresabschlusses und der Bücher zu
Grundidee/ Ziele der KG:
Erleichterung der Kapitalzufuhr durch weitere Gesellschafter, die nicht ihr ganzes Vermögen an die Unternehmung binden wollen und auch nicht an der Geschäftsführung beteiligt sein wollen
Keine Koordinationsprobleme durch zusätzliche Gesellschafter in der Geschäftsführung
Als Kommanditist wird ein Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft bezeichnet, der eine im Handelsregister eingetragene Einlage in die KG leistet und nur bis zur Höhe dieser Einlage für Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet.
Kapitalgesellschaft: GMBH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) -> juristische Person (kann verklagt werden)
Keine Mindestgesellschafterzahl
Trennung der privaten und betrieblichen Vermögenssphäre
Rechtliche Regelungen im GmbH-Gesetz
Mindeststammkapital (Summe der Einlagen der Gesellschafter) muss grundsätzlich wenigstens 25.000 € betragen (§ 5 Abs. 1 GmbHG)
Die Anteile der Gesellschafter können unterschiedlich, müssen aber volle Eurobeträge sein (§ 5 Abs. 2 und 3 GmbHG)
Die Geschäftsführung kann durch einen oder mehrere Geschäftsführer vorgenommen werden. Die Geschäftsführer können, müssen aber nicht, Gesellschafter sein (Fremdorganschaft, § 6 GmbHG)
Die Vertretung der Gesellschaft erfolgt durch die Geschäftsführer (§ 35 GmbHG)
Nicht an der Geschäftsführung beteiligten Gesellschaftern stehen weitgehende Informations-, Kontroll- und Mitgestaltungsrechte zur Verfügung
Als ein besonderes Kontrollorgan der Eigentümer kann ein Aufsichtsrat gebildet werden (§ 52 GmbHG)
Publizitätsvorschriften (§§ 325 – 329 HGB): Jahresabschluss, Lagebericht und Gewinnverwendung (Vereinfachung für kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften §§ 326 – 327 HGB, Kriterien für Größenabgrenzung in § 267 HGB)
Sind die Geschäftsführer nicht Gesellschafter, liegt die Verfügungsmacht über das Gesellschaftsvermögen weitgehend in den Händen der Geschäftsführer, die als solche nicht unmittelbar von Vermögensveränderungen betroffen sind (externe Effekte)
GMBH: Unternehmer Gesellschaft und “Mini-GMBH” -> Unterschied?
Existenzgründerfreundliche Variante der GmbH: sog. „Mini-GmbH“ -> OG, Offene Gesellschaft
Keine neue Rechtsform, sondern eine GmbH mit einem geringeren als dem Mindestkapital gem. § 5a GmbHG und mit einer besonderen Bezeichnung
Wichtigsten Unterschiede zur „normalen GmbH“:
• Stammkapital: 1 – 24.999 € (muss voll eingezahlt werden)
• Jährlich müssen mindestens 25% des Jahresüberschusses in eine Rücklage eingestellt werden bis 25.000 € erreicht sind (Puffer für Verluste)
• Bei drohender Zahlungsunfähigkeit muss die Versammlung der Gesellschafter unverzüglich einberufen werden
Kapitalgesellschaft: Aktiengesellschaft (AG) + Typen von Aktien
Am meisten verbreitete Rechtsform bei Großunternehmen
Möglichkeit zur Börsennotierung der Beteiligungstitel (Aktien) erleichtert die Aufbringung von Beteiligungskapital durch eine Vielzahl von Eigentümern
Keine Vorschriften zur Mindestanzahl an Gründern
Mindestnennbetrag des Grundkapitals bei Gründung: 50.000 € (§ 7 AktG); Nennbetrag je Aktie mindestens 1 € (§ 8 Abs. 2 AktG)
Typen von Aktien:
• Stammaktien: volles Stimmrecht auf der Hauptversammlung
• Vorzugsaktien: nur bei bestimmten Maßnahmen, z. B. Kapitalerhöhungen, stimmberechtigt, aber bevorzugte Dividendenzahlungen
Aktiengesellschaft: Entscheidungs- und Kontrollrechte sind drei Instanzen zugeordnet
Der Vorstand (§§ 76 – 94 AktG) leitet die Gesellschaft unter eigener Verantwortung und vertritt sie nach außen
Der obligatorische Aufsichtsrat (§§ 95 – 116 AktG) überwacht die Geschäftsführung und hat bei bestimmten Geschäften einen Zustimmungsvorbehalt
Über die Hauptversammlung (§§ 118 – 149 AktG) nehmen die Aktionäre ihre Eigentümerrechte wahr. Die Hauptversammlung wählt den Aufsichtsrat, ist aber nicht zur Geschäftsführung befugt
Aktiengesellschaft: Publizitätsvorschriften und Idealtyp der Publikumsgesellschaft
Die Publizitätsvorschriften für die AG entsprechen den allgemeinen Bedingungen für Kapitalgesellschaften
→ Börsennotierte Aktiengesellschaften unterliegen zudem der Ad-hoc-Publizität (Art. 17 Marktmissbrauchsverordnung): Verpflichtung zur unverzüglichen Veröffentlichung neuer kursbeeinflussender Tatsachen
Idealtyp der Publikumsgesellschaft: Die Verfügungsrechte sind verteilt
• Steuerung und Kontrolle der Unternehmung werden also in delegierter Form vorgenommen
• Ausnahmen: Familien-AG oder andere AG mit sehr engem Gesellschafterkreis
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