Psychopathologischer Befund : Abstract ?
Der psychopathologische Befund fasst die Ergebnisse einer psychiatrischen Untersuchung zusammen und bildet die Grundlage für diagnostische Entscheidungen sowie therapeutische Maßnahmen.
Dabei werden u.a. Bewusstsein, Orientierung, Gedächtnis, Wahrnehmung und Denken, Ich-Grenzen und Affekt beurteilt.
Die Erhebung der zahlreichen möglichen Befunde gibt Hinweise über die Erkrankung und ist unerlässlich für eine Diagnosestellung nach ICD-10-Kriterien.
Einige Symptome sind fast pathognomonisch für eine Diagnose (z.B. imperative Stimmen bei paranoider Schizophrenie), die meisten Symptome können jedoch bei verschiedenen Krankheitsbildern und im Einzelfall auch bei Gesunden vorkommen.
Zur Erhebung des psychopathologischen Befundes hat sich das AMDP-System als strukturierendes, diagnostisches Hilfssystem bewährt und soll in Deutschland standardisiert angewandt werden.
Es umfasst sowohl die Anamnese als auch den psychischen und somatischen Befund eines Patienten.
In dem folgenden Kapitel werden die Inhalte der psychischen Befunderhebung in Anlehnung an das AMDP-System näher dargestellt.
N:
Jede psychiatrische Erstuntersuchung beinhaltet eine internistische und neurologische Untersuchung, da sich hinter jeder psychischen Störung eine somatische Ursache verstecken kann! (siehe hierzu: Ablauf einer allgemeinen körperlichen Aufnahmeuntersuchung und Neurologische Untersuchung)
Die Orientierung zur eigenen Person geht typischerweise zuletzt verloren!
Das Vorliegen eines synthymen Wahns spricht eher für eine affektive Störung (Depression, bipolare Störung); ein parathymer Wahn eher für eine paranoide Schizophrenie!
Die folgenden drei Begriffe werden häufig gefragt und man sollte sie voneinander abgrenzen können. Illusionäre Verkennung bedeutet, dass etwas tatsächlich Vorhandenes verfälscht wahrgenommen und verkannt wird. Im Rahmen von Halluzinationen wird etwas nicht Existentes wahrgenommen. Und bei einer Wahnwahrnehmung wird etwas tatsächlich Vorhandenes korrekt wahrgenommen, aber wahnhaft umgedeutet!
Ich-Störungen mit Fremdbeeinflussung sind stets ein Hinweis für eine paranoide Schizophrenie!
Psychotherapeutische Verfahren (Klinik) : Abstract ?
Psychotherapeutische Verfahren sind nicht-medikamentöse Behandlungsverfahren mit dem Ziel der Heilung bzw. Linderung psychischer Störungen.
Im Zentrum der Behandlung steht i.d.R. das therapeutische Gespräch.
Es werden jedoch auch andere psychologische Mittel eingesetzt wie bspw. Verhaltensexperimente.
Nach internationaler Auffassung werden vier übergeordnete Verfahrensrichtungen voneinander unterschieden:
Verhaltenstherapie, psychodynamische Psychotherapie (bestehend aus tiefenpsychologisch fundierter und analytischer Psychotherapie), systemische Psychotherapie und humanistische Psychotherapie.
Die Verfahren unterscheiden sich insb. in Bezug auf Krankheitskonzept, therapeutischer Haltung und Behandlungstechniken.
Bei der Auswahl eines Behandlungsverfahrens sollten neben dem Erkrankungsbild u.a. auch Ressourcen und Präferenzen der Betroffenen berücksichtigt werden.
In der Versorgungspraxis werden primär verhaltenstherapeutische und psychodynamische Verfahren eingesetzt.
Psychoedukation ist bei allen psychiatrischen Erkrankungen ein wichtiger Bestandteil der Therapie!
Entspannungsverfahren werden bspw. häufig im Rahmen einer Verhaltenstherapie angewendet!
Delir : Abstract ?
(Delirium)
Das Delir ist ein komplexes hirnorganisches Syndrom, das durch eine akute Störung des qualitativen Bewusstseins, der Aufmerksamkeit, der kognitiven Funktionen (inkl. Wahrnehmung, Denken, Gedächtnis), der Psychomotorik, des Schlaf-Wach-Rhythmus und der Emotionalität gekennzeichnet ist.
Es gibt vielfältige Auslöser, die bisweilen eine ausführliche weiterführende Diagnostik erfordern.
Abhängig von der jeweiligen Ätiologie werden verschiedene Formen des Delirs bezeichnet, so z.B. postoperatives Delir, Fieberdelir oder Entzugsdelir, die jedoch phänomenologisch überlappen können.
Die Diagnose Delir wird anhand der klinischen Symptome gestellt, wobei die individuelle Präsentation sehr variabel sein kann.
Die Therapie des Delirs beinhaltet nach gründlicher Ursachensuche eine kausale Therapie mit Eliminierung der Ursache, wenn möglich, sowie symptomatische Therapiemaßnahmen, was ggf. auch eine Antipsychotikagabe einschließt.
Die zügige Wiederherstellung der Homöostase, bspw. durch eine angepasste Flüssigkeitstherapie, ist besonders bedeutsam aufgrund der Häufigkeit entsprechender auslösender Störungen.
Einen wichtigen Stellenwert nimmt zudem die Delirprophylaxe ein.
In der Geriatrie ist das Delir eine der häufigsten Ursachen für kognitive Defizite und muss hier insb. von der Differenzialdiagnose Demenz abgegrenzt werden.
Das auch als Delirium tremens bezeichnete Delir im Rahmen eines Alkoholentzugs wird aufgrund seiner klinischen, diagnostischen und therapeutischen Besonderheiten gesondert behandelt, siehe:
Alkoholentzugsdelir.
Die Ursachen für ein Delir sind vielfältig. Vereinfachend gesagt können alle Faktoren zu einem Delir führen, die körperlich und/oder psychisch als „Stressfaktoren“ wirken!
Das Delir ist in allen Erscheinungsformen eine qualitative Bewusstseinsstörung, die auch bei erhaltenem quantitativen Bewusstsein in Erscheinung tritt!
Aufgrund einer verminderten oder fehlenden motorischen Aktivität wird ein hypoaktives Delir häufig nicht oder erst sehr spät diagnostiziert!
Da es sich bei einem Delir um einen Notfall handelt, sollte bei V.a. ein Delir eine Notfall-Labordiagnostik erfolgen!
Der erste Schritt bei der Behandlung des Delirs ist die Identifizierung und Therapie des Auslösers!
Die effektivste Therapie des Delirs ist die Delirprophylaxe!
Für die Sonderform des Delirs im Alkoholentzug gelten spezielle Therapieempfehlungen! Siehe hierzu: Alkoholentzugsdelir.
Medikamentöse Therapieansätze sind sinnvoll, wenn die Delir-Symptomatik zu einer Eigen- oder Fremdgefährdung führt. Das Delir selbst kann aber nur durch Beseitigung der Ursache geheilt werden!
Benzodiazepine oder andere Sedativa bzw. Hypnotika bei älteren Patienten sollen nicht als Mittel der 1. Wahl im Falle von Schlafstörungen, Agitation oder Delir eingesetzt werden. (DGIM - Klug entscheiden in der Geriatrie)
Demenz : Abstract ?
Die Demenz ist ein erworbenes organisches Syndrom, das durch eine Störung höherer Hirnfunktionen zu einer Beeinträchtigung des Gedächtnisses mit Abnahme von Sprache, Urteilsvermögen, Denkvermögen und/oder Orientierung führt.
Diese Defizite sind chronisch progredient und durch Medikamente nicht wesentlich beeinflussbar.
Da demenzielle Erkrankungen für Betroffene und Angehörige sehr belastend sein können, stellen psychosoziale Maßnahmen eine wichtige Therapiesäule dar.
Die Ursachen der Demenz sind vielfältig und hauptsächlich neurodegenerativer und/oder vaskulärer Natur.
Diagnostisch sind vor allem Eigen- und Fremdanamnese und eine neuropsychologische Testung zur Objektivierung der Defizite zielführend.
Wichtig ist der Ausschluss sekundärer, nicht-hirnorganischer Demenzformen und anderer Erkrankungen, die mit kognitiven Defiziten einhergehen.
Zu den wichtigsten Differenzialdiagnosen zählen die depressive Pseudodemenz und das Delir.
Morbus Alzheimer : Abstract ?
(Alzheimer-Krankheit, Alzheimer'sche Demenz, Alzheimer-Demenz)
Beim Morbus Alzheimer handelt es sich um die häufigste Form der Demenz.
Je nach Eintrittsalter unterscheidet man zwischen präseniler (vor 65 Jahren) und seniler (nach 65 Jahren) Demenz.
Die Alzheimer-Demenz äußert sich durch Gedächtnisstörungen (wobei das Langzeitgedächtnis noch lange erhalten bleibt) sowie durch Werkzeug-, Orientierungs- und Wortfindungsstörungen.
Die Betroffenen können die äußere Erscheinung meist lange aufrechterhalten.
Histopathologisches Korrelat stellen die sog. „Amyloid-Plaques“ (aus Aβ-Protein) und Alzheimer-Fibrillen (aus Tau-Protein) dar.
Es konnten mehrere verursachende Gendefekte sowie verschiedene Risikofaktoren ausfindig gemacht werden, die genaue Pathogenese ist jedoch unklar.
Neben Anamnese und körperlicher Untersuchung können diagnostische Hinweise durch neuropsychologische Testung, Liquordiagnostik und Bildgebung gewonnen werden.
Zur Diagnosestellung ist der Ausschluss anderer Ursachen wichtig.
Da eine kurative Therapie bisher nicht existiert, kann lediglich eine symptomatische Therapie mit Acetylcholinesterasehemmern oder NMDA-Antagonisten (Memantine) versucht werden.
Die mittlere Überlebensdauer beträgt 8 Jahre.
Bei Patienten mit Alzheimer-Krankheit bleiben das soziale Verhalten (z.B. Bekleidung, Pflege) und die Persönlichkeit lange erhalten (Fassade)!
Frontotemporale Demenz : Abstract ?
Die frontotemporalen Demenzen (auch: Pick-Komplex-Demenzen) sind Unterformen der primären Demenzen, denen ein präseniler Beginn mit progressiver Hirnatrophie des Frontal- und Temporalhirns gemeinsam ist.
Die häufigste Form ist die frontotemporale Demenz vom Verhaltenstyp (auch: M. Pick), welche sich typischerweise durch starke Wesensveränderungen mit unangepasstem Sozialverhalten äußert.
Im Gegensatz zur Alzheimer-Demenz zeigen sich Gedächtnisstörungen erst im Verlauf. Eine wirksame Therapie gibt es nicht;
die Krankheit endet häufig innerhalb von 10 Jahren tödlich.
Bei der frontotemporalen Demenz vom Verhaltenstyp (M. Pick) kommt es klassischerweise zunächst zum Verlust der Manieren, die Gedächtnisfunktionen bleiben anfangs erhalten!
Vaskuläre Demenz : Abstract ?
Bei der vaskulären Demenz handelt es sich um einen Oberbegriff für alle Demenzen, denen eine vaskuläre Ursache zugrunde liegt.
Pathogenetisch spielen sowohl mikro- als auch makroangiopathische Veränderungen eine Rolle.
Da Art und Lokalisation der Schädigung jeweils sehr unterschiedlich sind, zeigt sich eine relativ große Symptomvielfalt.
Während die subkortikale vaskuläre Demenz durch langjährige arterielle Hypertonie verursacht und bildmorphologisch durch Marklagerläsionen charakterisiert wird, ist die Multiinfarktdemenz Folge mehrerer größerer Infarkte.
Therapeutisch stehen die Sekundärprophylaxe von Schlaganfällen sowie supportive Maßnahmen im Vordergrund.
Patienten, die eine Antikoagulation erhalten, sollen nicht zusätzlich mit Thrombozytenaggregationshemmern behandelt werden!
Somatoforme Störungen : Abstract ?
(F45)
Die Gruppe der somatoformen Störungen ist durch körperliche Symptome geprägt, die "somatisch" nicht begründbar sind.
Die Folge sind hartnäckige Forderungen nach medizinischen Untersuchungen trotz wiederholter negativer Ergebnisse.
Häufig geht den somatoformen Störungen aber eine somatische Erkrankung voraus.
Die Somatisierungsstörung (F45.0, F45.1) ist durch multiple wechselnde körperliche Symptome aller Organsysteme charakterisiert.
Bei der hypochondrischen Störung (F45.2) liegt der Fokus dagegen auf einer einzelnen bestimmten schweren Erkrankung (z.B. HIV, Malignome, etc.).
Die dritte wichtige Störung ist die somatoforme autonome Funktionsstörung (F45.3), bei der auf Organe des vegetativen Nervensystems "somatisiert" wird (z.B. Herzneurose).
Oft ist es schwierig, zwischen einer Somatisierungsstörung und einer Hypochondrie zu unterscheiden.
Um den Unterschied einmal ganz banal zu erklären:
Die Patienten mit der Somatisierungsstörung wollen unbedingt eine Diagnose haben.
Hypochondrische Patienten haben eine übertriebene Angst vor einer möglichen Diagnose.
Bei der langwierigen und schwierigen Therapie kommen Antidepressiva (SSRI), Benzodiazepine und psychotherapeutische Verfahren zum Einsatz.
Benzodiazepine bringen in der Regel kurzzeitige Symptomverbesserung, so dass die Patienten dazu neigen, sich auf diese Medikamentengruppe zu fixieren und eine Abhängigkeit zu entwickeln.
Patienten mit Somatisierungsstörung bringen eine Vielzahl von Befunden von verschiedensten Ärzten mit (sog. "Big-File-Patient")!
Die Patienten neigen zu einer Schmerzmittelabhängigkeit - die Gabe von Schmerzmitteln und insbesondere Morphinen sollte vermieden werden!
Benzodiazepine sollten nur mit Vorsicht gegeben werden, da die Patienten aufgrund der schnellen (und von ihnen erhofften) Symptomverbesserung ein besonders hohes Risiko haben, eine Abhängigkeit zu entwickeln!
Unipolare Depression : Abstract ?
(F32)
Unipolare depressive Störungen sind Krankheitsbilder, die durch eine Veränderung der Stimmung zum negativen Pol gekennzeichnet sind.
Sie machen mit ca. 65% den größten Anteil der affektiven Störungen aus.
Die Leitsymptome sind eine gedrückte Stimmung sowie ein Interessen- und Antriebsverlust.
Eine Unterteilung der depressiven Störungen erfolgt u.a. nach Schweregrad und Vorliegen eines somatischen Syndroms bzw. psychotischer Symptome.
Ätiologisch wird ein komplexes Vulnerabilitäts-Stress-Modell angenommen, wobei die Bedeutung biologischer und psychosozialer Faktoren je nach Krankheitsfall sehr unterschiedlich sein kann.
Im Rahmen der Diagnostik ist der Ausschluss einer organischen Genese wichtig.
Gleichzeitig sind Komorbiditäten mit somatischen (bspw. Diabetes, KHK) und psychiatrischen Erkrankungen zu berücksichtigen.
Therapeutisch stehen insb. mit Antidepressiva und Psychotherapie wirksame Mittel zur Verfügung.
Mit der initial gewählten Pharmakotherapie wird jedoch oft keine Remission erreicht.
Daher ist es in der Behandlung wichtig, strukturiert vorzugehen und alle verfügbaren Therapiemaßnahmen (inkl. EKT) im Blick zu behalten.
Depressionen im höheren Lebensalter sollen bei mittelschwerer Ausprägung primär psychotherapeutisch und bei schwerer Ausprägung kombiniert psychotherapeutisch und medikamentös behandelt werden. (DGIM - Klug entscheiden in der Geriatrie)
Bipolare affektive Störung : Abstract ?
(F31)
Bipolare Störungen gehören zu den affektiven Erkrankungen und zeichnen sich durch einen Wechsel depressiver und/oder manischer/hypomanischer Phasen mit i.d.R. dazwischenliegenden symptomfreien Intervallen aus.
Depressive Symptome entsprechen dabei denen einer unipolaren Depression (gedrückte Stimmung, Interessen- und Antriebsverlust), wohingegen manische Phasen mit gehobener Stimmung, vermehrtem Antrieb und ggf. leichtsinnigem und rücksichtslosem Verhalten einhergehen.
Je nach Ausprägung kann es dabei zu erheblichen sozialen Schwierigkeiten und Beeinträchtigungen kommen.
Ätiologisch wird ein komplexes Vulnerabilitäts-Stress-Modell angenommen, wobei die Bedeutung genetischer Faktoren insgesamt sehr groß ist.
Bipolare Störungen beginnen in der Mehrzahl der Fälle um das 18. Lebensjahr herum und somit früher als unipolare Depressionen.
Diagnostisch ist der Ausschluss einer organischen Genese wichtig, denn sowohl manische als auch depressive Symptome können durch eine Vielzahl körperlicher Erkrankungen bedingt sein.
Eine manische Episode wird akut mit Stimmungsstabilisierern und/oder Antipsychotika behandelt.
Mittel der Wahl zur Behandlung bipolarer Depressionen ist Quetiapin, aber auch Stimmungsstabilisierer und Antidepressiva (CAVE: Switch-Risiko) kommen zum Einsatz.
Um Rezidiven vorzubeugen, ist eine medikamentöse Phasenprophylaxe meist unumgänglich.
Hier ist Lithium nach wie vor Mittel der Wahl.
Bipolare Störungen beginnen in der Mehrzahl der Fälle in der Adoleszenz und damit früher als unipolare Depressionen!
Eine manische Episode ist eine schwere psychische Erkrankung, die zu psychosozialen, beruflichen und privaten Problemen führen kann!
Selbst bei einer reinen manischen Phase können abrupt kurze, nur für wenige Minuten bis Stunden anhaltende, depressive Verstimmungen auftreten, die nicht selten mit konkreten Suizidimpulsen einhergehen!
Benzodiazepine können bei agitierten und dysphorisch/gereizten Manien zusätzlich angewendet werden. Aufgrund des Abhängigkeitspotenzials sollte der Einsatz jedoch zeitlich begrenzt sein!
Psychotherapeutische Verfahren spielen in der Behandlung der akuten Manie aufgrund der fehlenden Krankheitseinsicht der Patient:innen im Vergleich zur medikamentösen Therapie eine untergeordnete Rolle!
Benzodiazepine können zusätzlich bei ängstlich-agitierten Depressionen angewendet werden. Aufgrund des Abhängigkeitspotenzials sollte der Einsatz jedoch zeitlich begrenzt sein!
Hirnstimulationsverfahren : Abstract ?
Hirnstimulationsverfahren wirken über eine elektrische oder magnetische Stimulation des Gehirns und werden u.a. zur Behandlung psychiatrischer Erkrankungen eingesetzt.
Die Elektrokonvulsionstherapie (EKT) gilt in diesem Rahmen als etabliertes und sicheres Verfahren.
Bei der EKT wird ein generalisierter Krampfanfall durch elektrische Stimulation des Gehirns ausgelöst.
Das therapeutische Agens ist der Krampfanfall selbst, wobei der genaue Wirkmechanismus bislang ungeklärt ist.
Die Behandlung erfolgt in Allgemeinanästhesie und unter Muskelrelaxation.
Im Regelfall wird der Krampfanfall unilateral über der nicht-dominanten Hemisphäre ausgelöst.
Eine Behandlungsserie umfasst im Durchschnitt 10 Behandlungen bei einer Frequenz von meist 2–3 Behandlungen pro Woche.
Die häufigste Behandlungsindikation ist die therapieresistente Depression.
Weitere Indikationen sind andere schwerwiegende psychiatrische Störungen (bspw. perniziöse Katatonie).
Einige Konstellationen (bspw. hohes Narkoserisiko, erhöhter Hirndruck, frischer Myokardinfarkt) bedürfen einer individuellen Risiko-Nutzen-Abwägung.
Absolute Kontraindikationen gibt es nicht.
Die Wirksamkeit ist hoch mit einer Remissionsrate von 50–90% bei depressiven Störungen.
Für eine EKT bestehen keine absoluten Kontraindikationen!
Abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle : Abstract ?
Abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle sind durch wiederholte Handlungen ohne begründbare Motivation gekennzeichnet.
Die häufigsten Störungen sind das pathologische Spielen, die Pyromanie, die Kleptomanie und die Trichotillomanie.
Diese Aktionen sind nicht kontrollierbar und schaden zumeist den betroffenen Patienten sowie ggf. anderen Menschen.
Die Ursachen dieser Störungen sind zumeist nicht bekannt.
Zwangsstörungen : Abstract ?
(F42)
Zwangsstörungen präsentieren sich meist als eine Kombination aus Zwangsgedanken (Vorstellungen, Ideen) und Zwangshandlungen.
Sie drängen sich Betroffenen wiederholt innerlich auf und werden i.d.R. als unsinnig und unangenehm erlebt.
Es gelingt jedoch meist nicht, Widerstand zu leisten, was zu einem hohen Leidensdruck und starker Alltagsbeeinträchtigung führen kann.
Ursächlich scheinen sowohl biologische (Neurobiologie, Genetik) als auch psychosoziale Aspekte relevant zu sein.
Zur Diagnosestellung nach ICD-10 müssen Zwangsgedanken und/oder -handlungen an den meisten Tagen während mind. 2 Wochen vorhanden sein.
Die Komorbidität mit anderen psychiatrischen Störungen ist hoch, insb. Angststörungen und Depressionen.
Therapeutisch stehen mit Psychotherapie (insb. Expositionstraining) und medikamentöser Behandlung (insb. SSRI) wirksame Mittel zur Verfügung.
Ohne Behandlung verlaufen Zwangsstörungen meist chronisch.
Bei der Behandlung von Zwangsstörungen ist Kognitive Verhaltenstherapie mit Expositionstraining die Therapie der 1. Wahl!
Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen : Abstract ?
(F43)
Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen werden durch relativ klar definierbare Faktoren verursacht.
Dabei handelt es sich zumeist um ein außergewöhnlich belastendes Ereignis (bei der akuten Belastungsreaktion und der posttraumatischen Belastungsstörung) oder besondere Veränderungen im Leben (bei der Anpassungsstörung), die als direkter Auslöser nachvollziehbar sind.
Dass diese Ereignisse eine Störung hervorrufen können, hängt aber maßgeblich von weiteren Faktoren ab wie bspw. von individueller Vulnerabilität, Resilienz und Bewältigungsressourcen.
Die akute Belastungsreaktion tritt unmittelbar nach dem Ereignis auf und ist v.a. durch ein wechselhaftes Bild von dissoziativen Symptomen, gesteigerten Affekten (Wut, Trauer etc.) und überschießenden vegetativen Reaktionen (Herzrasen, Schwitzen etc.) geprägt.
Sie ist eher als eine normale Reaktion auf ein „unnormales“ Ereignis zu verstehen und klingt i.d.R nach Stunden bis Tagen ab.
Psychosoziale Maßnahmen wie die primäre Vermittlung von Sicherheit, beruhigende Gespräche sowie die Förderung sozialer Anbindung sind hier meist ausreichend.
Die posttraumatische Belastungsstörung hingegen ist eine verzögerte Reaktion (innerhalb von 6 Monaten) auf ein Ereignis „katastrophalen“ Ausmaßes.
Sie ist gekennzeichnet durch ein eindringliches, ungewolltes Wiedererleben („Flashbacks“), Vermeidungsverhalten sowie psychische und vegetative Übererregung („Hyperarousal“).
Der therapeutische Fokus liegt hier klar auf psychotherapeutischen Interventionen.
Unterstützend können Antidepressiva zum Einsatz kommen.
Die Anpassungsstörung kann vereinfacht als eine meist depressive Reaktion (Interessenverlust, gedrückte Stimmung etc.) auf eine klar nachvollziehbare Lebensveränderung („Life Event“) bezeichnet werden und dauert definitionsgemäß nicht länger als 6 Monate an.
Obwohl sie zu den häufigsten gestellten psychiatrischen Diagnosen gehört, gibt es bisher keine konkrete Behandlungsleitlinie.
Entlastende Gespräche sowie Ressourcenaktivierung stehen hier im Vordergrund.
Die akute Belastungsreaktion ist eher als eine normale Reaktion auf ein „unnormales“ Erlebnis zu verstehen!
Solange keine akute Suizidalität vorliegt, sollten Psychopharmaka nicht eingesetzt und zunächst abwartend beobachtet werden!
Der Einsatz von Benzodiazepinen wird nicht empfohlen!
Die Anpassungsstörung ist eine ≤6 Monate andauernde, meist depressive Reaktion auf eine Veränderungskrise/Lebenskrise (Trennung, Tod)!
(F44, Konversionsstörungen)
Dissoziative Störungen sind durch einen partiellen oder völligen Verlust der Erinnerung an die Vergangenheit, der Wahrnehmung unmittelbarer Empfindungen sowie der Kontrolle von Körperbewegungen charakterisiert.
Sie können mit posttraumatischen Belastungsstörungen oder emotional instabilen Persönlichkeitsstörungen assoziiert sein und als Versuch der Psyche betrachtet werden, Situationen großer Anspannung, Angst oder Überlastung zu entkommen (Konversionsreaktion).
Nicht selten treten sie auch nach somatischen Beschwerden auf (z.B. dissoziative Lähmung nach Bandscheibenvorfall).
Zu einer Chronifizierung mit persistierenden Lähmungen und Gefühlsstörungen kann es kommen, wenn scheinbar unlösbare Probleme (z.B. bei ungünstigen Abhängigkeitsverhältnissen) vorliegen.
Die Störungen können sich beispielsweise in Form von Sinnesausfällen, geistiger Abwesenheit, Lähmungen, Sensibilitätsausfällen oder Krampfanfällen präsentieren, ohne dass Hinweise für eine bekannte somatische oder neurologische Krankheit vorliegen.
Ausschließlich Störungen der körperlichen Funktionen, die normalerweise unter willentlicher Kontrolle stehen, sowie der Verlust von sinnlicher Wahrnehmung werden als dissoziative Störungen bezeichnet.
Keines der Merkmale ist pathognomonisch, sondern die Zusammenschau der Symptome ist wegweisend!
Opioide (Intoxikation und Abhängigkeit) : Abstract ?
Unter den Opioiden finden sich sowohl als Arzneimittel verwendete Wirkstoffe als auch das illegale Heroin.
Beiden Gruppen ist die Wirkung an μ-Rezeptoren gemein.
Die akute Opioidintoxikation zeichnet sich durch die Trias Bewusstseinsstörung, beidseitige Miosis und Atemdepression aus und stellt einen medizinischen Notfall dar.
Das je nach Wirkstoff unterschiedlich starke Abhängigkeitspotenzial von Opioiden muss bei der medizinischen Verordnung bedacht werden.
Beim Opioidentzugssyndrom zeigt sich als Rebound-Effekt der sedativ-parasympathischen Hauptwirkung ein Syndrom übermäßiger Sympathikusaktivierung.
Für die Therapie der Opioidabhängigkeit stehen neben der Entzugs- und Entwöhnungsbehandlung auch Substitutionstherapien zur Verfügung.
Für Informationen zu Opioiden, die als Arzneimittel zur Verfügung stehen, siehe: Opioide
Bei Naloxon besteht aufgrund der dosisabhängigen Wirkdauer (kürzer als bei den meisten Opioiden) die Gefahr einer Remorphinisierung des Patienten!
Eine Buprenorphin-Intoxikation lässt sich aufgrund der hohen Rezeptoraffinität nicht durch nachträgliche Gabe von Naloxon antagonisieren!
Cannabinoide : Abstract ?
(Cannabis)
Cannabis stellt die in Deutschland am häufigsten konsumierte illegale Droge dar.
Die Hauptwirkstoffe THC und Cannabidiol werden aus der Hanfpflanze gewonnen und i.d.R. inhalativ als gedrehte Zigaretten (Joints) oder oral, z.B. in Form von Keksen (sog. Spacecookies), konsumiert.
Bei etwa 1% der deutschen Bevölkerung liegt ein Cannabismissbrauch bzw. eine -abhängigkeit vor.
Cannabis besitzt eine euphorisierende und sedativ-anxiolytische Hauptwirkung.
Je nach Züchtung können unterschiedlich stark ausgeprägte halluzinogene und psychotische Wirkungen hinzukommen.
Sedativa (Intoxikation und Abhängigkeit) : Abstract ?
Zu den Sedativa zählen unterschiedliche Substanzen, von denen Benzodiazepine die mit Abstand wichtigste Rolle in der Medizin spielen.
Wenngleich Benzodiazepine eine hohe therapeutische Breite haben, sind insb. bei Mischintoxikationen lebensbedrohliche Bewusstseinsstörungen möglich.
Die Abhängigkeit von Benzodiazepinen betrifft ca. 1,1 Millionen Menschen in Deutschland und ist oft mit ausgeprägten Entzugssyndromen sowie langwierigen Entwöhnungsbehandlungen verbunden.
Als K.o.-Tropfen werden narkotisierende Wirkstoffe bezeichnet, die unter anderem im Rahmen von Straftaten genutzt werden, um Opfer in einen wehrlosen Zustand zu versetzen.
In geringeren Mengen werden sie auch als Beruhigungs- und Rauschmittel verwendet.
Für Informationen zur legalen, klinischen Anwendung von Benzodiazepinen siehe Kapitel: Benzodiazepine.
Weitere Sedativa bzw. Hypnotika mit Abhängigkeitspotenzial sind Barbiturate und Benzodiazepin-ähnliche Substanzen.
Typische Trias der Benzodiazepin-Intoxikation: Bewusstseinsstörung, erhaltene Vitalfunktionen und fehlende neurologische Ausfälle!
Bereits nach wenigen Wochen kann es zu einer Benzodiazepin-Abhängigkeit kommen, sodass jede Indikation streng gestellt werden muss!
Benzodiazepin-Antagonisten wie Flumazenil sind kontraindiziert, da sie die Entzugssymptomatik verschlimmern!
Nikotin (Abusus und Abhängigkeit) : Abstract ?
Die Nikotin- bzw. die Tabakabhängigkeit ist mit einer Prävalenz von etwa 30% in der deutschen Bevölkerung die häufigste Abhängigkeitserkrankung in Deutschland.
Insb. die Schadstoffe im Tabakrauch führen bei regelmäßigem Konsum zu enormen gesundheitsschädlichen Langzeitschäden (z.B. Tumorerkrankungen, kardiovaskuläre und pulmonale Folgeerkrankungen).
Neben nicht-medikamentösen Therapieansätzen (z.B. verhaltenstherapeutische Maßnahmen) stehen auch medikamentöse Ansätze zur Unterstützung eines Rauch-Stopps zur Verfügung.
Rauchen ist die häufigste vermeidbare Todesursache weltweit!
Die gesundheitsschädlichen Langzeitschäden von Zigaretten (z.B. Tumorerkrankungen, Arteriosklerose) sind vor allem auf die Schadstoffe und nicht auf das Nikotin zurückzuführen!
Das Thema Rauchstopp sollte immer wieder angesprochen, der Motivationsstatus ermittelt und ggf. gefördert werden!
Jedem Raucher mit einer chronischen Lungenerkrankung soll eine strukturierte Tabakrauchentwöhnung angeboten werden. (DGIM - Klug entscheiden in der Pneumologie)
Jeder Raucher soll eine Messung der Lungenfunktion erhalten. (DGIM - Klug entscheiden in der Pneumologie)
Psychostimulanzien (Intoxikation und Abhängigkeit) : Abstract ?
(Psychostimulanzien)
Zu den Psychostimulanzien werden psychoaktive Substanzen mit unterschiedlicher chemischer Struktur zusammengefasst, die über eine sympathomimetische Rauschwirkung verfügen.
Hauptvertreter sind das Amphetamin („Speed“), seine Derivate (z.B. „Ecstasy“), Methamphetamin („Crystal Meth“) und Kokain.
Bei einer Intoxikation kann die sympathische Überstimulation u.a. zu Agitation, Herzrhythmusstörungen und zerebralen Krampfanfällen führen.
Insb. Kokain und Methamphetamin haben ein starkes Abhängigkeitspotenzial mit ausgeprägten Entzugssyndromen und Langzeitschäden.
Alkohol (Intoxikation und Abhängigkeit) : Abstract ?
(Alkoholabhängigkeit, Alkoholismus, Alkoholkrankheit)
Die Abhängigkeit von der Substanz Ethanol ist eine Erkrankung, an der ca. 2 Millionen Menschen in Deutschland leiden.
Alkoholbezogene Störungen gehören zu den am häufigsten vergebenen Krankenhausdiagnosen.
Die individuelle Alkoholverträglichkeit variiert stark.
Für die Diagnose einer Alkoholabhängigkeit beziehen die ICD- und DSM-Kriterien daher Abhängigkeitsmerkmale wie Toleranzentwicklung, Entzugserscheinungen und die Vernachlässigung anderer Aktivitäten zugunsten des Alkoholkonsums mit ein.
Diagnostisch können neben einer genauen Alkoholanamnese Screening-Tests wie der CAGE-Test sowie die Bestimmung von CDT und Transaminasen wegweisend sein.
Klinisch sind mehrere Krankheitsbilder auf den Konsum der toxischen Substanz zurückzuführen, die unter den Verlaufs- und Sonderformen beschrieben werden.
Während die akute Intoxikation, der pathologische Rausch und die Alkoholhalluzinose durch eine vermehrte Aufnahme entstehen, ist das Entzugssyndrom mit gefürchteten Komplikationen wie einem Alkoholentzugsdelir (Delirium tremens) Folge eines absinkenden Alkoholspiegels.
Die zahlreichen Folgeerkrankungen (z.B. Leberzirrhose, Wernicke-Korsakow-Syndrom, periphere Polyneuropathie) führen zu einer deutlichen Einschränkung der Lebenserwartung der Patienten.
Im klinischen Entzug kommt neben symptomorientierter medikamentöser Therapie mit Benzodiazepinen oder Clomethiazol der Substitution von Vitamin B1 eine wichtige Bedeutung zu.
Nach dem körperlichen Entzug steht therapeutisch die postakute Langzeitentwöhnung in zugelassenen Rehabilitationseinrichtungen mit individueller Nachsorge im Vordergrund.
Ein zunächst unkompliziertes Alkoholentzugssyndrom kann in ein Alkoholentzugsdelir übergehen!
Beim Alkoholentzugssyndrom sollte immer eine Thiaminsubstitution erfolgen!
Beim Alkoholentzugsdelir sollte immer eine Thiaminsubstitution erfolgen!
„Weniger (Cut-down) Kritik (Annoyed) ist gewiss (Guilty) ein Muntermacher (Eye opener)“
Die Diagnose einer Alkoholabhängigkeit sollte immer auch die Suche nach Folgeerkrankungen einschließen! Umgekehrt sollte bei Patienten mit typischen Alkohol-Folgeerkrankungen immer ein Screening auf eine Alkoholabhängigkeit erfolgen!
Wernicke-Enzephalopathie : Abstract ?
(Pseudoencephalitis haemorrhagica superior)
Die Wernicke-Enzephalopathie ist ein neurologischer Notfall, bei dem es aufgrund eines Vitamin-B1-Mangels (Thiamin-Mangel) zu einer Beeinträchtigung des zerebralen Energiestoffwechsels mit neurologischen Funktionsstörungen kommt.
Zu den Symptomen gehören u.a. die Störung der Okulomotorik, Ataxie, Desorientiertheit und Vigilanzminderung.
Ursächlich ist zumeist eine Mangelernährung bei Alkoholabhängigkeit.
Die Diagnose wird klinisch gestellt.
Die MRT-Darstellung von symmetrischen Läsionen in den Corpora mamillaria, im Thalamus und im Mittelhirn stützt die Diagnose.
Wird unverzüglich eine intravenöse Therapie mit hochdosiertem Thiamin eingeleitet, können sich die Symptome teilweise oder vollständig zurückbilden.
Das Krankheitsbild wird häufig erst verzögert oder gar nicht diagnostiziert.
Daraus resultiert eine hohe Letalität und der häufige Übergang in ein Korsakow-Syndrom.
Bei letzterem handelt es sich um ein Defektsyndrom bei chronischem Vitamin-B1-Mangel.
Das klinische Bild wird von einer ausgeprägten antero- und retrograden Amnesie sowie von Konfabulationen geprägt.
Die häufig beschriebene Symptomtrias aus gestörter Okulomotorik, Bewusstseinsstörung und Ataxie tritt nur bei etwa 15% der Patienten auf – ihre Abwesenheit schließt die Diagnose Wernicke-Enzephalopathie also nicht aus!
Eine unauffällige Bildgebung schließt eine Wernicke-Enzephalopathie nicht aus!
Aufgrund der schlechten Prognose einer nicht-therapierten Wernicke-Enzephalopathie sollte bereits beim geringsten Verdacht niederschwellig eine Therapie mit Thiamin i.v. erfolgen.
Schizophrenie : Abstract ?
(Schizophrene Psychose)
Die Schizophrenie ist eine psychische, i.d.R. episodisch verlaufende Erkrankung, die durch eine vielfältige und komplexe Symptomatik gekennzeichnet ist.
Dabei können Teile der Wahrnehmung, des Denkens, der Ich-Umwelt-Grenzen, des Affektes und der Psychomotorik betroffen sein.
Je nach vordergründiger Klinik unterscheidet man verschiedene Unterformen.
Am häufigsten findet sich dabei die paranoide Schizophrenie, bei der insb. akustische Halluzinationen, Wahn sowie Ich-Störungen auftreten.
Neben dieser überwiegend in akuten Krankheitsphasen auftretenden Positivsymptomatik kann die Schizophrenie auch mit sog. Negativsymptomatik wie Affektverflachung und sozialem Rückzug einhergehen.
Eine eher seltene Schizophrenieform ist die katatone Schizophrenie, bei der insb. psychomotorische Symptome imponieren (bspw. Stupor, Negativismus und Katalepsie).
Die Ursache der Schizophrenie ist bis heute nicht abschließend geklärt.
Sie ist am ehesten multifaktoriell bedingt und durch genetische, umweltassoziierte, biochemische sowie strukturelle Einflüsse zu erklären.
Differenzialdiagnostisch kommen eine Vielzahl somatischer, psychiatrischer und medikamenteninduzierter Krankheitsbilder in Betracht, sodass eine ausführliche Diagnostik unvermeidbar ist.
Therapeutisch kommen neben der pharmakologischen Behandlung mit Antipsychotika auch psychotherapeutische und psychosoziale Verfahren zum Tragen.
Wichtig ist dabei das multiprofessionelle und empathisch-wertschätzende Vorgehen mit Rücksicht auf die Wünsche der Betroffenen und unter Einbeziehen wichtiger Vertrauenspersonen.
Somatische Komorbiditäten sind häufig und sollten ebenso wie mögliche medikamentöse Nebenwirkungen stets im Blick behalten werden.
Die Negativsymptomatik lässt sich gut mit den 6 „A“ merken: Anhedonie, Apathie, Affektverflachung, Aufmerksamkeitsstörungen, Asozialität und Alogie!
Stuporöse Patient:innen sind kaum in der Lage zu kommunizieren, sie verstehen jedoch alles und können sich nach Abklingen der Symptomatik meistens an alles erinnern! Obwohl man es ihnen nicht ansieht, können sie stark erregt oder ängstlich sein. Ein behutsamer Umgang ist hier gefordert!
Katatones Dilemma: Differenzialdiagnostisch sind ein MNS und eine perniziöse Katatonie nur schwer voneinander abzugrenzen. Die perniziöse Katatonie erfordert jedoch die sofortige Gabe eines Antipsychotikums, das MNS hingegen ein sofortiges Absetzen dieser Medikamente!
Zusammengefasst empfehlen sich eine frühzeitige medikamentöse Akutbehandlung, eine konsequente Rückfallprophylaxe, eine Psycho- und Soziotherapie sowie die soziale Wiedereingliederung!
Persönlichkeitsstörungen : Abstract ?
Bei Persönlichkeitsstörungen weichen Verhaltens- und Erlebensmuster deutlich von den gesellschaftlich erwarteten und akzeptierten Normen ab und führen zu subjektivem Leidensdruck und/oder Beeinträchtigungen im sozialen Umfeld.
Erste Symptome zeigen sich i.d.R. im Kindes- und Jugendalter und manifestieren sich im Erwachsenenalter.
Persönlichkeitsstörungen sind am ehesten multifaktoriell bedingt und unterliegen dem Einfluss erblicher, biologischer und psychosozialer Faktoren.
Betroffene weisen eine hohe Komorbidität mit weiteren Persönlichkeitsstörungen sowie anderen psychischen Erkrankungen auf (bspw. Substanzmissbrauch/-abhängigkeit, Depression, Angststörungen).
Therapeutisch steht die Psychotherapie im Vordergrund, während Medikamente nur eine untergeordnete Rolle spielen.
Emotional instabile Persönlichkeitsstörung : Abstract ?
Die emotional instabile Persönlichkeitsstörung ist v.a. durch eine mangelnde Impulskontrolle geprägt.
Diese führt zu unüberlegtem Handeln ohne Berücksichtigung der Konsequenzen sowie zu verstärkter Konfliktbereitschaft.
Es werden zwei Erscheinungsformen dieser Persönlichkeitsstörung unterschieden:
zum einen der impulsive Typus, bei dem besonders die Konfliktbereitschaft und eine Impulskontrollstörung im Vordergrund stehen, und zum anderen der Borderline-Typus, bei dem nach ICD-10 zusätzlich einige weitere Symptome vorliegen müssen.
Aufgrund der klinischen Bedeutung und der Komplexität der zweiten Störung behandelt dieses Kapitel v.a. die emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typus.
Der Begriff „Borderline“ ist darauf zurückzuführen, dass die Störung in der Vergangenheit als Grenzfall zwischen den sog. neurotischen (z.B. Konversions-, Angst-, Zwangsstörungen) und den psychotischen Störungen (z.B. Schizophrenie) betrachtet wurde.
Das Leben der Betroffenen wird oft begleitet von einer Störung des Selbstbildes, einem chronischen Gefühl von Leere und von unbeständigen Beziehungen.
Zu einer stationären Behandlung kommt es meist infolge selbstdestruktiven Verhaltens mit selbst zugefügten Verletzungen und suizidalen Handlungen.
Therapeutisch steht die Psychotherapie im Vordergrund.
Besonders häufig wird die dialektisch-behaviorale Therapie eingesetzt.
Die Gabe von Benzodiazepinen sollte aufgrund des Abhängigkeitspotenzials vermieden werden!
Tiefgreifende Entwicklungsstörungen : Abstract ?
Die Gruppe der tiefgreifenden Entwicklungsstörungen ist durch qualitative Abweichungen in sozialen Interaktionen und in der Kommunikation sowie durch eingeschränkte, stereotype, repetitive Interessen und Aktivitäten definiert.
Zu den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen zählen auch die autistischen Störungsbilder, die mittlerweile häufig zusammenfassend als Autismus-Spektrum-Störung bezeichnet werden, weil es sich bei den unterschiedlichen Diagnosen aller Wahrscheinlichkeit nach eher um verschiedene Ausprägungen einer Störung handelt.
Nach ICD wird insb. der frühkindliche Autismus (sog. Kanner-Syndrom) vom Asperger-Syndrom unterschieden.
Der frühkindliche Autismus manifestiert sich vor dem dritten Lebensjahr und ist oft durch eine Intelligenzminderung mit Sprachentwicklungsstörung und deutlich eingeschränkter sozialer Interaktion geprägt.
Beim Asperger-Syndrom liegt i.d.R. keine(!) kognitive Beeinträchtigung, sondern eher ein normaler bis hoher Intelligenzquotient mit einem sehr ausgewählten Sprachvermögen vor.
Hier steht vielmehr eine Beeinträchtigung in der sozialen Interaktion im Vordergrund.
Bei allen tiefgreifenden Entwicklungsstörungen spielen genetische Ursachen eine entscheidende Rolle in der Pathogenese!
Allen Autismusformen liegen neurobiologische Ursachen zugrunde!
Es besteht eine große Variabilität in der klinischen Ausprägung von totalem sozialen Rückzug ohne aktive Sprache über Distanzlosigkeit mit floskelhafter Sprache bis hin zu ausgeprägter Intelligenzminderung!
Für die Diagnosestellung müssen nicht alle Symptome vorliegen; jedoch sind Auffälligkeiten in allen drei Bereichen obligat!
Tic-Störungen : Abstract ?
(Tic-Störung)
Bei Tic-Störungen leiden die Patienten vor allem unter unwillkürlichen, im gleichen Muster wiederkehrenden motorischen Bewegungen oder vokalen Äußerungen, die bis zu einem gewissen Grad unterdrückt werden können.
Tic-Störungen werden zu den extrapyramidal-motorischen Hyperkinesien gezählt.
Dabei wird zwischen einfachen und komplexen Tics unterschieden.
Allgemein bekannt (wenn auch klinisch eher selten) sind die komplexen motorischen und vokalen Tics beim Gilles-de-la-Tourette-Syndrom.
Tic-Störungen zeigen in der Regel einen progredienten Verlauf und sind sehr schwer zu therapieren.
Medikamentös werden Antipsychotika (bevorzugt Aripiprazol) eingesetzt.
Einen Sonderfall bilden die Tic-Störungen im Kindesalter, die häufig auftreten (etwa jedes 4. Kind) und in den allermeisten Fällen nach Tagen bis Wochen spontan sistieren und daher i.d.R. nicht therapiebedürftig sind.
Essstörungen : Abstract ?
Die Anorexia nervosa gehört zusammen mit der Bulimia nervosa und der Binge-Eating-Störung zu den Essstörungen.
Bei allen Störungen liegt ein problematischer Umgang mit dem Verzehr von Nahrungsmitteln und dem eigenen Selbstbild vor.
Grundsätzlich können Essstörungen jederzeit einem Syndromwandel unterliegen und ineinander übergehen.
Während bei der Anorexie das Untergewicht dominiert, stehen bei der Bulimie Heißhungerattacken mit selbst-induziertem Erbrechen bei normalem Körpergewicht im Vordergrund.
Die Binge-Eating-Störung ist durch Heißhungerattacken (ohne Erbrechen) und konsekutives Übergewicht geprägt.
Aufgrund der klinischen Bedeutung (hohe Letalität) spielt die Anorexie unter den Erkrankungen eine besondere Rolle.
Bei der Anorexie wird ein massiver Gewichtsverlust absichtlich herbeigeführt (durch reduzierte Nahrungsaufnahme, Laxantienabusus, selbstinduziertes Erbrechen und/oder übertriebene körperliche Aktivität).
Die Störung betrifft zumeist Frauen im Adoleszenzalter, wobei die Inzidenz heutzutage auch bei Männern ansteigt.
Im Vordergrund steht die Körperschemastörung mit der Angst vor einem zu dicken Körper.
Diese Angst besteht unabhängig vom Körpergewicht als tiefverwurzelte überwertige Idee.
Die Unterernährung führt sekundär zu endokrinen und metabolischen Veränderungen mit Störung der Körperfunktion.
Die wichtigste akute therapeutische Maßnahme ist die Erhöhung der Nahrungszufuhr, um der lebensgefährlichen Kachexie entgegenzuwirken.
Langfristig sollte mithilfe von Psychotherapie und -edukation ein stabiler Zustand sichergestellt werden.
Angststörungen : Abstract ?
(F40–F41)
Phobien, die Panikstörung und die generalisierte Angststörung werden meist unter dem Oberbegriff „Angststörungen“ zusammengefasst.
Dabei unterscheidet sich das Leitsymptom „Angst“ im Hinblick auf Ausprägung, Intensität, Dauer und potenziell auslösender Situation, wodurch die einzelnen Angststörungen voneinander abgegrenzt werden können.
Bei der generalisierten Angststörung liegt Angst bspw. als chronischer Dauerzustand vor, wohingegen eine Panikstörung durch plötzliche, wiederkehrende Angstattacken in unspezifischen Situationen gekennzeichnet ist.
Bei phobischen Störungen beschränken sich Ängste auf definierte Objekte oder Situationen, wie bspw. auf öffentliche Plätze (Agoraphobie), soziale Situationen (soziale Phobie) oder Spinnen (spezifische Phobie).
Die Komorbidität mit anderen psychiatrischen Störungen, bspw. anderen Angststörungen oder Depressionen, ist hoch.
Da körperliche Symptome wie bspw. Palpitationen oder Zittern oft vorhanden sind, ist die Differenzialdiagnostik hinsichtlich somatischer Erkrankungen sehr wichtig.
Therapeutisch stehen mit Psychotherapie (insb. kognitive Verhaltenstherapie) und medikamentöser Behandlung (insb. Antidepressiva) wirksame Mittel zur Verfügung.
Ohne Behandlung verlaufen die Angststörungen meist chronisch.
Da insb. Benzodiazepine in Akutsituationen eine schnelle Symptomverbesserung bewirken, kann es bereits nach kurzer Zeit zu einer Fixierung auf die Substanzen und zu einer Abhängigkeit kommen!
Insomnien : Abstract ?
(Insomnie)
Insomnien zählen neben Parasomnien zu den häufigsten Schlafstörungen.
Gemäß der International Classification of Sleep Disorders (ICSD) versteht man unter Insomnien Ein- und/oder Durchschlafstörungen oder nicht-erholsamen Nachtschlaf, aus denen Tagesmüdigkeit und eine Beeinträchtigung von Alltagsaktivitäten resultiert.
Insomnien gelten als die häufigsten Schlafstörungen.
Sie können Folge organischer oder psychischer Erkrankungen oder eines Substanzabusus sein, aber auch als eigenständiges Krankheitsbild auftreten.
Während nach ICSD noch eine weitere Unterteilung erfolgt, gehören letztere nach ICD-10 zu den „nichtorganischen Insomnien“ (F51.0), um die es in diesem Kapitel gehen soll.
Neben einer schlafmedizinischen Beratung kommen psychotherapeutische Behandlungsansätze und im Einzelfall schlafinduzierende Medikamente zum Einsatz.
I.d.R. ist die Diagnose klinisch so eindeutig, dass auf eine apparative Diagnostik verzichtet werden kann!
Bei atypischer oder therapieresistenter Symptomatik, Häufigkeitszunahme oder zusätzlichen Symptomen sowie bei Differenzen zwischen den anamnestisch geschilderten Symptomen und objektiv erfassbaren Parametern sollte eine erweiterte Abklärung erfolgen!
Emotional belastende Reizeinwirkung v.a. im Rahmen des Medienkonsums begünstigt Insomnien und ist insb. abends dringend zu vermeiden!
Das Bett sollte nur zum Schlafen verwendet werden! Ausnahme sind sexuelle Aktivitäten.
Aufgrund eines erhöhten Risikos einer Abhängigkeitsentwicklung sollten schlafinduzierende Medikamente zurückhaltend und möglichst für kurze Zeit verordnet werden!
Parasomnien : Abstract ?
Parasomnien sind unerwünschte Ereignisse, die während des Schlafens oder beim Übergang zwischen Schlaf- und Wachphase auftreten.
Neben Insomnien gehören sie zu den häufigsten Schlafstörungen.
Sie können sowohl im REM-Schlaf als auch im NREM-Schlaf auftreten.
Die häufigsten NREM-Parasomnien sind Somnambulismus (Schlafwandeln) und Pavor nocturnus (Nachtschreck).
Die Ereignisse treten typischerweise während des ersten Drittels des Nachtschlafes auf und sind i.d.R. selbstlimitierend und nicht behandlungsbedürftig.
Allerdings ist auf gute Schlafhygiene und beim Schlafwandeln zusätzlich auf eine sichere Schlafumgebung zu achten.
Von den REM-Schlaf-Parasomnien haben Albträume die höchste Prävalenz.
Diese Träume mit bedrohlichen Inhalten treten bevorzugt in der zweiten Schlafhälfte auf, da der REM-Schlaf dann am ausgeprägtesten ist.
Nach dem Aufwachen sind die Betroffenen schnell wieder orientiert und können sich i.d.R. an den Trauminhalt erinnern.
Wiederholt auftretende Albträume und die damit einhergehenden Schlafstörungen können Stimmungsschwankungen auslösen.
Hinzu kommen die Angst ins Bett zu gehen, kognitive und Verhaltensprobleme sowie Tagesschläfrigkeit und Einschränkungen im sozialen und schulischen bzw. beruflichen Bereich, sodass eine frühzeitige Behandlung wichtig ist.
Der Pavor nocturnus wird (insb. durch die Eltern) häufig als Albtraum fehlgedeutet! Eine gezielte Anamnese ist daher entscheidend.
Bei einer atypischen Symptomatik, Frequenzzunahme des Auftretens oder zusätzlichen Symptomen sollte eine erweiterte Abklärung erfolgen!
Emotional belastende Reizeinwirkung v.a. im Rahmen des Medienkonsums begünstigt Parasomnien und ist insb. abends dringend zu vermeiden!
Von allen Parasomnien haben Albträume die höchste Relevanz und sollten insb. wegen der damit einhergehenden psychosozialen Belastungen frühestmöglich behandelt werden!
Es ist wichtig, sich mit der Angstthematik auseinanderzusetzen und Ängste zu überwinden, um eine Aufrechterhaltung der Albträume zu verhindern!
Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend : Abstract ?
In diesem Kapitel werden alle Störungen zusammengefasst, die die soziale Entwicklung in der frühen Kindheit beeinträchtigen.
Neben ADHS, Tic-Störungen und Enuresis/Enkopresis kommen v.a. die Störung des Sozialverhaltens, die emotionale Störung mit Trennungsangst, die Schulverweigerung und der elektive Mutismus gehäuft vor.
Die Störung des Sozialverhaltens ist durch ein dissoziales und aggressives Verhaltensmuster geprägt.
Bei der emotionalen Störung mit Trennungsangst erleiden die Kinder bereits bei kurzzeitiger Trennung von ihren Eltern Angst- und Panikattacken.
Die Schulverweigerung muss differenzialdiagnostisch in Schulphobie, Schulangst und Schulschwänzen unterteilt werden.
Bei der Schulphobie kommt es durch Trennungsängste von Bezugspersonen zur Schulverweigerung, bei der Schulangst bestehen dagegen Ängste, die in direktem Zusammenhang mit der Schulsituation stehen.
Beim elektiven Mutismus liegt eine emotional bedingte Selektivität des Sprechens (häufig ungeklärter Ursache) vor.
Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom : Abstract ?
(ADHS, Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störung, Hyperkinetische Störungen, Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung)
Die hyperkinetischen Störungen, zu denen auch das Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom gezählt wird, sind durch einen Mangel an Ausdauer bei kognitiven Beschäftigungen und eine sprunghafte Tendenz charakterisiert.
Das Verhalten wirkt im Vergleich zur gesellschaftlichen Norm hyperaktiv und desorganisiert.
Neben der Unaufmerksamkeit und der Hyperaktivität ist zudem eine ausgeprägte Impulsivität typisch.
Die Symptome müssen zur Diagnosestellung erstmalig vor dem 7. Lebensjahr auftreten, über mindestens 6 Monate vorliegen und in mehreren Situationen (klassischerweise: Schule und häusliche Umgebung) zu beobachten sein.
Die Therapie sollte stets multimodal unter Einbeziehung der Familien und der Kindergärten/Schulen erfolgen.
Medikamentös ist der BtM-rezeptpflichtige Amphetamin-Abkömmling Methylphenidat (Ritalin®) das Mittel der Wahl, da hier eine Reduzierung des Aufmerksamkeitsdefizits und des Konfliktpotenzials gezeigt werden konnte.
Als wichtige Nebenwirkungen sollten eine überschießende sympathomimetische Wirkung und eine Wachstumsretardierung beachtet werden.
Amphetamine wie Methylphenidat sind BtM-pflichtig!
Andere Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend : Abstract ?
(Andere Entwicklungsstörungen in der Kindheit)
Zu dieser heterogenen Gruppe von Entwicklungsstörungen mit Beginn in der Kindheit werden unterschiedliche Symptome und Symptomkomplexe gezählt, deren Gemeinsamkeit der Beginn in der frühen Kindheit ist.
Am häufigsten ist die nichtorganische Enuresis, die als unwillkürlicher Harnabgang am Tag (Enuresis diurna) oder in der Nacht (Enuresis nocturna) definiert ist.
Weiterhin wird eine primäre Enuresis (von Geburt an bestehend, ohne trockene Phase) von einer sekundären unterschieden, bei der es nach einer trockenen Phase von über 6 Monaten wieder zum Einnässen kommt.
Häufig finden sich bei Kindern mit Enuresis ungünstige soziale und familiäre Verhältnisse und auch eine Assoziation mit psychiatrischen Störungen in der Kindheit (z.B. ADHS, Störung des Sozialverhaltens) ist typisch.
Therapeutisch werden vor allem operante Konditionierungsverfahren eingesetzt, bei denen das Einnässen bestraft und das Nicht-Einnässen belohnt wird.
Weitere Störungen, die zu den anderen Entwicklungsstörungen in der Kindheit gezählt werden, sind z.B. nichtorganische Enkopresis, Fütterstörung im frühen Kindesalter und Pica.
Eine Enuresis vor Beginn des 6. Lebensjahres ist nicht behandlungsbedürftig! Eine unnötige Problematisierung kann vielmehr zur Traumatisierung führen.
Geschlechtsinkongruenz : Abstract ?
(Störungen der Geschlechtsidentität)
Geschlechtsinkongruenz beschreibt die fehlende Übereinstimmung zwischen erlebtem und aufgrund äußerer Geschlechtsmerkmale zugewiesenem Geschlecht.
Im englischen ICD-11 (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems der WHO) wird die Geschlechtsinkongruenz inzwischen unter „Conditions related to sexual health“ aufgeführt.
Bis 2022 gilt allerdings noch der ICD-10, dessen Diagnosen in diesem Kapitel ebenfalls aufgeführt sind.
Grund für die Überarbeitung des ICD-10 sind Einwände von Interessensverbänden und eine Studienlage, die deutlich macht, dass die Pathologisierung mit erheblichem Leidensdruck und gesellschaftlicher Stigmatisierung einhergeht.
Problematisch ist u.a. die Zuordnung unterschiedlicher Geschlechtsidentitäten zu den „Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen“.
Störungen der Sexualpräferenz : Abstract ?
In diesem Kapitel werden die Diagnosen aus der Gruppe F65 beschrieben, die in der ICD-10 (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems der WHO) unter dem Titel „Störungen der Sexualpräferenz“ im Kapitel „Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen“ zusammengefasst sind.
Dazu gehören Diagnosen, bei denen sexuelle Stimulation primär durch unübliche (teils sogar illegale) sexuelle Handlungen oder Fantasien erlebt wird.
In der ICD-11 werden stattdessen „Paraphile Störungen“ aufgeführt, die zu Leidensdruck bei Betroffenen und/oder sexuellen Handlungen ohne Einwilligung der anderen Person bzw. zu einem erheblichen Verletzungs-/Todesrisiko führen.
Pädophilie, Exhibitionismus und Voyeurismus werden u.a. dieser Gruppe zugeordnet, während die Diagnosen Fetischismus, fetischistischer Transvestitismus und Sadomasochismus gestrichen sind.
Suizidalität : Abstract ?
(X60 - X84)
Bei Suizidgedanken oder Sorgen um Betroffene sei auf die von der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention gelisteten Hilfsangebote verwiesen, siehe Tipps & Links.
Die vorsätzliche Selbstbeschädigung umfasst die einzelnen Aspekte suizidaler Handlungen, wobei definitionsgemäß Suizidalität, Suizidversuch, Parasuizid und Suizid unterschieden werden.
Während Suizidversuche häufiger vom weiblichen Geschlecht unternommen werden, finden sich vollendete Suizide deutlich häufiger bei Männern.
Suizidale Gedanken sind fast immer Symptom einer psychischen Erkrankung (Depression, Anorexia nervosa, Schizophrenie etc.).
Wichtigstes diagnostisches Mittel ist die aktive Exploration in der Anamnese: Suizidalität offen ansprechen kann Leben retten!
Akute Suizidalität besteht, wenn sich aufdrängende Suizidgedanken mit konkreten Suizidabsichten vorliegen und eine akute Suizidhandlung droht!
Der wichtigste Risikofaktor ist ein bereits in der Vergangenheit durchgeführter Suizidversuch!
Wurde die Entscheidung zum Suizid getroffen, werden die Betroffenen oft ruhiger. Dies kann als ein Rückgang der Suizidalität fehlinterpretiert werden!
Bei akuter Suizidalität sind die Betroffenen häufig so stark in ihrem Denken und Fühlen eingeengt, dass bei der Entscheidung zum Suizid nicht mehr von einer freien Entscheidung gesprochen werden kann!
Die Suizidanamnese gehört zu jeder allgemeinen psychiatrischen Anamnese!
Etwa ¾ aller Suizide werden im Vorfeld von den Betroffenen angekündigt. Solche Ankündigungen, auch wenn es nur eine vage Andeutung sein sollte, müssen immer ernst genommen und weiter verfolgt werden!
Bei jeglichen Unsicherheiten sollte niedrigschwellig mit dem zuständigen psychiatrischen Oberarzt Rücksprache gehalten werden!
Erst wenn man sich sicher ist, dass sich der Patient nichts antun wird, darf man ihn in die ambulante Weiterbehandlung entlassen! Bereits bei der geringsten Unsicherheit sollte eine stationäre Aufnahme eingeleitet, ein Notarzt hinzugezogen und der Patient mit dem Krankenwagen in die Klinik gebracht werden!
Um sich selbst abzusichern, ist es sehr wichtig, alles so detailliert wie möglich zu dokumentieren!
Nach einem erfolgten Suizidversuch ist eine sofortige stationäre Aufnahme indiziert!
Betreuung und Zwangsmaßnahmen in der Psychiatrie : Abstract ?
Nicht nur im psychiatrischen Bereich tätige Ärzte, sondern jeder praktisch tätige Mediziner sollte sich mit den rechtlichen Grundlagen in der Psychiatrie auseinandersetzen.
Hierzu gehört insb. das Gebiet der Unterbringung von Patienten.
Die Einleitung von Unterbringungen erfolgt häufig außerhalb der Psychiatrie, die Anzahl der Unterbringungen nach öffentlich-rechtlichen Landesgesetzen stieg in den letzten Jahren kontinuierlich an und aufgrund des demografischen Wandels und der steigenden Lebenserwartung ist, insb. im gerontopsychiatrischen Bereich, von einer weiteren Zunahme der Unterbringungen in Zukunft auszugehen.
Es ist u.a. aus strafrechtlichen und moralisch-ethischen Aspekten erforderlich, als praktisch tätiger Arzt über entsprechende Grundkenntnisse zur Unterbringung psychisch erkrankter Menschen zu verfügen.
So wird in Artikel 2 des Grundgesetzes die Freiheit eines jeden Menschen geschützt.
Eine Unterbringung stellt jedoch eine Freiheitsbeschränkung dar und ist ein einschneidendes, im schlimmsten Fall sogar traumatisierendes Erlebnis für den Betroffenen selbst, was bei der Prüfung der Unterbringungskriterien im Sinne der Sorgfaltspflicht unbedingt berücksichtigt werden muss.
Eine freiheitsentziehende Maßnahme aufgrund einer psychiatrischen Indikation ist in Deutschland nach den öffentlich-rechtlichen Landesgesetzen, nach dem Betreuungsgesetz oder nach dem Strafgesetz möglich.
Eine Unterbringung nach öffentlich-rechtlichen Landesgesetzen ist möglich, wenn aufgrund einer psychiatrischen Erkrankung eine akute Eigen- und/oder Fremdgefährdung vorliegt, wohingegen eine Unterbringung nach dem Betreuungsrecht ausschließlich bei einer Eigengefährdung angewendet werden darf.
Des Weiteren muss die freiheitsentziehende Maßnahme verhältnismäßig sein, d.h. die Unterbringung muss erforderlich sein, dazu dienen, den Missstand zu beheben und angemessen und zumutbar sein.
Die Unterbringung psychisch erkrankter Straftäter in entsprechenden psychiatrischen Einrichtungen (Maßregelvollzug und Sicherungsverwahrung) wird durch die §§ 63, 64 und 66 StGB und den § 126a StPO geregelt.
Werden einzelne Entscheidungskompetenzen eines Patienten über längere Zeit auf eine andere Person übertragen, spricht man von "Betreuung".
Das hierbei geltende Betreuungsrecht regelt v.a. die Übergabe von Selbstbestimmungsrechten, wenn ein Bürger voraussichtlich über längere Zeit definierte Angelegenheiten nicht mehr selbstständig regeln kann.
Eine gesetzliche Betreuung soll den Betreuten unterstützen und stellt keine Entmündigung dar!
Zwangsmaßnahmen sollten immer als Mittel der letzten Wahl eingesetzt werden und nur, wenn zuvor alle anderen Deeskalationsversuche gescheitert sind!
Zur Legitimation einer Zwangsmaßnahme muss immer eine entsprechende rechtliche Voraussetzung vorliegen!
Die fehlende Bereitschaft für eine Behandlung alleine rechtfertigt keine Unterbringung!
Liegt eine krankheitsbedingte Fremdgefährdung vor, so ist eine Unterbringung nach dem Betreuungsrecht nicht möglich, sondern muss nach den öffentlich-rechtlichen Landesgesetzen erfolgen!
Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ist auf 2 Jahre begrenzt!
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