Buffl

Psychiatrie

JT
by Jof T.

Delir

Ca. 30–40% der stationär behandelten Personen >65 Jahre entwickeln ein Delir

Die Ursachen für ein Delir sind vielfältig. Vereinfachend gesagt können alle Faktoren zu einem Delir führen, die körperlich und/oder psychisch als „Stressfaktoren“ wirken!

Prädisponierende Risikofaktoren für die Entwicklung eines Delir:

->Alter , Demenz, Alkoholismus/Konsum psychotroper Substanzen, Z.n. Delir, Schwerwiegende somatische Vorerkrankungen (insb. reduzierte zerebrale Perfusion), Vorbestehende psychopathologische Auffälligkeiten (z.B. depressive oder wahnhafte Symptome)

Klinik

Hauptsymptome:

->Akuter Beginn mit fluktuierendem Verlauf, Störung der Aufmerksamkeit, Störung des Bewusstseins und/oder kognitiv-emotionale Störungen

Diagnosekriterien

->Störungen des Bewusstseins und der Aufmerksamkeit

->Störungen der Wahrnehmung und kognitive Störungen (Gedächtnisstörung + Desorientiertheit)

->Störung der Psychomotorik (Antriebshemmung, psychomotorische Unruhe)

->Störung des Schlafes bzw. des Tag-Nacht-Rhythmus

->akuter Beginn und Schwankungen/Fluktuation der Symptomatik im Tagesverlauf

->Diagnostik legen organische Ursache für Kriterien A–D nahe


es müssen alle Diagnosekriterien erfüllt sein

Diagnostik

medizinischer Notfall, daher lässt sich Diagnostik einteilen in Screening auf Delir und Ursachenabklärung für Delir

Screening

Confusion Assessment Method (CAM)

->Goldstandard fürs Screenen

->es müssen Kriterium 1&2, sowie entweder 3 oder 4 erfüllt sein

1 Akuter Beginn und/oder fluktuierender Verlauf

2 Aufmerksamkeitsstörung

3 Formale Denkstörung

4 Veränderte Bewusstseinslage

Ursachenabklärung

Eigen- und Fremdanamnese

->Drogen, Alkohol (Entzug), Medikamente?

->schonmal ein Delir gehabt? Vorerkrankungen? Risikofaktoren?

Körperliche Untersuchung sowie Psychopathologischer Befund

->internistisch (EKG, Exsikose?,Organische Ursache?), Neurologisch (Zerebrale Pathologie? Epilepsie?) und psychiatrisch (Intoxikation oder Entzug?)

Labor

->Blutwerte: Blutzucker, kleines Blutbild, Kreatinin, Elektrolyte, ALT/AST, GGT, Kreatinkinase, Harnstoff, CRP, Procalcitonin, TSH, Amylase, Lipase, Gerinnungsparameter, +je nach Verdacht erweiterte Diagnostik

->U-Status

Therapie

allgemein die Kausale Ursache finden und beseitigen, sowie eine ausreichende Flüssigkeitssubstitution sicherstellen

Wiederherstellung der Homöostase durch ausreichend stabilen Kreislauf, Flüssigkeit, ausreichende Analgesie, Elytkontrollen

Schaffen einer ruhigen, gleichbleibenden Umgebung, mögliche Risikofaktoren ausschalten, am Tag aktivieren und in der Nacht Ruhe schaffen,

medikamentös

niederpotente Antipsychotika (zB Melperon und Pipamperon),oder höherpotente (Haloperidol) ggf bei Parkinson oder Lewy-Body Demenz Clozapin

->bei erregungszuständen

α2-Agonisten und Betablocker bei vegetativer Entgleisung

Benzos mittel der letzten Wahl


präventiv gabe von Haloperidol präoperativ



Demenz

Syndrom als Folge einer meist chronischen oder fortschreitenden Krankheit des Gehirns mit Störung vieler höherer kortikaler Funktionen, einschließlich Gedächtnis, Denken, Orientierung, Auffassung, Rechnen, Lernfähigkeit, Sprache und Urteilsvermögen

Das Bewusstsein ist nicht getrübt

ca 1,6 Millionen Menschen in Deutschland an Demenz erkrankt

Ätiologie

primäre Demenzsyndrome (neurodegenerativ, v.a. Alzheimer, vaskulär oder Mischform) und sekundäre Demenzformen augfrund einer anderen vorbestehenden Grunderkrankung (zB Meningitis, Hydrozephalus, Elytverschiebung, toxisch etc)

Klinik

Leitsymptome sind die Abnahme von Gedächtnis- und Denkvermögen mit Beeinträchtigung der Aktivitäten des täglichen Lebens.

kognitiv: Gedächtnisstörung, Orientierung, Konzentration, Auffassungsgabe

nicht-kognitiv: Motivationsstörung, gestörte emotionale Kontrolle, Unruhe/Aggressivität, Wahn, Halluzinationen, Depressivität, verändertes Sozialverhalten, Persönlichkeitsveränderungen


irreversibler Prozess, endet im Mutismus und verweigerung der Nahrungsaufnahme->Tod durch Infektion bei Kachexie

Diagnostik

Kriterien die erfasst werden müssen:

->mindestens 6 Monate andauernd

->Nachweis einer Störung höherer kortikaler Funktion

->Ausschluss einer Bewusstseinsstörung

->Ausschluss einer wesentlichen Einschränkung der Sinneswahrnehmung


bei Diagnostik und Aufklärung über diese interdisziplinär arbeiten und gerne die Angehörigen miteinbeziehen

Anamnese

eigen und fremdanamnese

->Verlauf, Noxenanamnese, Medikamente, Vorerkankungen, Familien und Sozialanamnese (vor allem Abfrage Ressourcen, bestimmung Barthels-Index)

vegetativ (Schlafverhalten, Appetit)

neurologische Untersuchung

Beeinträchtigung der Sinne? Bewusstseinslage? Symptome einer Grunderkrankung (zB schleppender Gang bei Normaldruckhydrozephalus)

Psychopathologischer Befund

zur Abgrenzung zu anderen DD (Delir, depressive Pseudodemenz, Substanzabhägigkeit, Schizophrenie)

->Kognitive Defizite werden bagatellisiert, gute Fassade: Alzheimer-Demenz

->Merkfähigkeitsstörungen bestehen über mehr als 6 Monate

->Frontalhirnsymptomatik (Enthemmung, sozial unangemessenes Verhalten, Persönlichkeitsänderung): Typisch für frontotemporale Demenz

neuropsychologische Testung

Mini-mental-status-test (MMST) oder/und Uhrentest

MMST

->Überprüfung des Schweregrades kognitiver Defizite und Gedächtnisstörungen

Uhrentest

->Räumliches und abstraktes Denken: Der Patient soll in einen leeren Kreis die Ziffern und die Uhrzeiger entsprechend der Uhrzeit 'Zehn nach Elf' einzeichnen


Labor

keine blutwerte für Demenz, ggf TSH, Elyte, Krea, Leberwerte, Blutbild, Vit B12 und Folsäure

Liquor

bei verdacht auf entzündliche ZNS-Genese und unklarer Symptomatik

->Erhöhung von Gesamt-Tau und Phospho-Tau bzw. Erniedrigung von β-Amyloid-1-42 macht das Vorliegen einer primären Demenz sehr wahrscheinlich


Therapie

psychosoziale Intervention

-Reminiszenz/autobiografische Arbeit: Aktivierung autobiografischer, positiver Patientenerinnerungen

-Körperliche Aktivität

-Angehörigenbezogene Verfahren

später auch Ergotherapie und kognitives Training

am ende Multisensorisches Training

medikamentös

kritische Bewertung von Vor und Nachteilen

Gabe eines Antidementivums bei der Alzheimer-Demenz ist ggf. sinnvoll, um den Krankheitsverlauf zu verlangsamen

es werden eher psychischen und Verhaltenssymptomen therapiert

->Depressivität: Mirtazapin oder Citalopram

->psychomotorische Unruhe: Haloperidol, Risperidon

generell nur so kurz wie möglich, auch bestehende Medikation hinsichtlich anticholinerger Wirkung und sedativer Wirkung hin überprüfen (PRISCUS-Liste)



Alkoholabhängigkeit

sehr häufig, in Deutschland werden knapp 11Liter reinen Alkohol pro Kopf Pro Jahr konsumiert

Risikofaktoren: männlich, positive Familienanamnese, hohe Impulsivität, hinzu kommen noch umweltbezogene Risikofaktoren

Klinik

körperlich

Muskelatrophie, Hautrötung im Gesicht, Spider naevi,vermehrtes Schwitzen, Schlaf- und Potenzstörung

psychisch

ängstliche oder depressive Grundstimmung bei erhöhter Reizbarkeit

Distanzlosigkeit und Denkstörung

->formal und inhaltlich

neurologisch

Kleinhirnschädigung: Intentionstremor, Dysarthrie, Ataxie, Nystagmus

Großhirnschädigung mit Konzentrationsstörungen bis hin zu Wesensänderung

Periphere Polyneuropathie

Diagnostik

Anamnese/Screening

CAGE-Test:

->C (Cut down drinking): „Haben Sie jemals daran gedacht, weniger zu trinken?“

->A (Annoyed): „Ärgert Sie die Kritik Ihres Umfelds an Ihrem Alkoholkonsum?“

->G (Guilty): „Empfinden Sie Schuldgefühle aufgrund ihres Trinkverhaltens?“

->E (Eye opener): „Brauchen Sie morgens nach dem Aufwachen Alkohol, um leistungsfähig zu werden?“

=> bei 2 oder mehr positiven Antworten ist ein Alkoholmissbrauch wahrscheinlich

Alkoholanamnese hinsichtlich Menge, Häufigkeit, Entzüge

Drogen, Familien und Sozialanamnese

KU

hinsichtlich Folgen des Alkoholkonsums, neurologische Diagnostik

Labor

Ethanol im Blut

Leberschäden: γGT↑, Transaminasen↑ (ALT↑, AST↑)

CDT↑(Carbohydrate deficient Transferrin): Ab Alkoholkonsum von 60 g/Tag (Männer) bzw. 40 g/Tag (Frauen) über 7 Tage->bleibt bis zu einem Monat erhöht

MCV↑ ,Anämie (Hb↓), Thrombozytopenie

Folsäure↓, Vitamin B12↓ (Cobalamin), Vitamin B1↓ (Thiamin), Vitamin B6↓ (Pyridoxin), Vitamin D↓, Vitamin K↓

Therapie

Ziel ist primär die Abstinenz, sekundär die Konsumeinschränkung

fängt an mit kurz-Interventionen, bis hin zu qualifizierten Beratungsgesprächen und der Behandlung der Intoxikation/Nebenwirkungen des Alkohols

Entzugsbehandlung->Entwöhnung->Adaption->Nachbetreuung


Ergänzend medikamentös unterstützend:

->Acamprosat (glutaminerg), Naltrexon

Komplikation

Folgeerkrankungen wie Leberzirrhose, Polyneuropathie, HNO-Karzinome

Folgen der Leberschädigung, der Mangelernährung




Alkoholentzugssyndrom

beginnt einige Stunden nach letztem Konsum und hält 3-7 Tage an

Klinik

Vegetative Symptome: Hypertonie, Tachykardie, Schwitzen, Tremor

Psychische Symptome: Konzentrationsstörungen, psychomotorische Unruhe (Nesteln), ängstliche Stimmung, erhöhte Suggestibilität

Vegetative und somatische Störungen: Bspw. Herzrhythmusstörungen, hypertensive Entgleisung, Elektrolytstörungen, Hypo- oder Hyperthermie, Rhabdomyolyse, epileptische Anfälle

Übergang in Alkoholentzugsdelir möglich (bspw. mit Bewusstseinstrübung, Halluzinationen, epileptische Anfällen, Orientierungsstörungen)

Therapie

Engmaschige klinische Überwachung mit regelmäßiger Kontrolle und Sicherung von Vitalfunktionen

Elektrolyt- und Flüssigkeitsausgleich

Thiaminsubstitution

medikamentös

Symptomgesteuert anhand verschiedener Score-Systeme (zB Clinical Institute Withdrawal Assessment for Alcohol Scale (CIWA-Ar))

Hauptsubstanzen sind : Benzodiazepine oder Clomethiazol

->Gabe erst ab unter 1 Promille, Kurzzeitige Gabe, Ausschleichen über 4–10 Tage, Gabe nur im stationären Setting!

->Benzos-Nebenwirkungen: Atemdepression, verzögerte Reaktionsfähigkeit → Unfallgefahr, Kumulation bei langer Halbwertszeit

->Clomethiazol-Nebenwirkungen: Atemdepression, Hypotonie, erhöhte Bronchialsekretion → Nicht empfohlen bei Patienten mit schwerer kardiopulmonaler Vorerkrankung!


ggf Antikonvulsiva, Beta-Blocker, Clonidin (bei Tremor, Tachykardie und arterieller Hypertonie), bei Wahnsymptomen hochpotente Antipsychotika


Vorgehen

Verlegung auf IMC/ICU

Absetzen delirogener Medikamente, wenn möglich

Beachtung nicht-medikamentöser Therapieoptionen des Delirs

Intravenöser Zugang für: Volumengabe, Bilanzierung, Elektrolyt- und Blutzuckerausgleich

Monitoring, Patientensicherung, ggf. Sitzwache, ggf. Veranlassung der vorläufigen Unterbringung bei akuter Eigen- oder Fremdgefährdung

Verlaufsbeurteilung: Mind. 1× tägl., bspw. mittels

  1. Confusion Assessment Method (CAM)

Starten mit Clomethiazol, ggf plus Haloperidol

alternativ Haloperidol plus Diazepam

Lebensbedrohliches Alkoholentzugsdelir: Immer intensivmedizinische Therapie mit Gabe von

->Diazepam i.v. plus Haloperidol i.m.

->oder Midazolam i.v. plus Haloperidol i.m

Angststörungen

unterschieden werden Phobien, Panikattacken und generalisierte Angststörung

Lebenszeitprävalenz (International, Stand 2006): 14–29%

Phobien

durch klar definierte eigentlich ungefährliche Situation akut ausgelöst, eigene Angst wird als unangemessen empfunden->Vermeidungsverhalten

zB Agoraphobie, soziale Phobie, spezifische Phobie

Panikstörung

unvorhersehbar, Wiederholte, intensive Angstattacken ohne Vorliegen objektiver Gefahr mit starker körperlicher Reaktion, akut auftretend

steigern sich innerhalb von Minuten zum Maximum, es entwicketl sich teilweise eine Phobophobie

generalisierte Angststörung

Anhaltende, frei flottierende Angst, ständige Besorgnis und Anspannung

Negative Vorahnungen

Vorherrschende Anspannung, Besorgnis und Befürchtung bzgl. alltäglicher Ereignisse über mind. 6 Monate

Ätiologie

komplexes Vulnerabilitäts-Stress-Modell

Dysregulation des Angstnetzwerkes (Amygdala und Stria terminales)

Zusammen mit belastenden Umweltfaktoren und anderen individuellen Stressoren kann ein Störungsbild entstehen.

Klinik

Allgemein

Vorliegen mind. eines der vegetativen Symptome ist zur Diagnosestellung erforderlich.

vegetativ: Palpitation, Herzrasen, Tremor, Schwitzen

thorakal: Dyspnoe, Beklemmungsgefühl

psychisch: Schwindel, Derealisation, Angst vor Kontrollverlust, Angst zu Sterben

zusätzlich speziell

Phobien: Erröten, Angst vor Stuhlgang

generalisiert: Anspannung, Schlaf- und Konzentrationsstörung

Diagnostik

Exploration mit gewissen Kernfragen

->Angstgefühle, angstbesetzte Gedanken, Vermeidungs und Sicherheitsverhalten

Ausschluss organischer Ursachen

DD

Lungenerkrankungen und kardiovaskuläre Erkrankungen

Angststörungen zeigen eine hohe Komorbidität mit anderen psychischen Erkrankungen, insb. mit anderen Angststörungen, depressiven Störungen, Suchterkrankungen und Persönlichkeitsstörungen!

Therapie

Ziel ist es das Vermeidungsverhalten abzubauen und die Angstsymptomatik zu vermindern

Sowohl medikamentöse Therapie als auch Psychotherapie möglich

medikamentös

Primärer Einsatz von Antidepressiva: Höchster Empfehlungsgrad für SSRI (z.B. Citalopram) und SSNRI (z.B. Venlafaxin)

Nach eingetretener Remission sollte die medikamentöse Behandlung noch mind. 6–12 Monate fortgeführt werden!

in Akutsituation Benzodiazepine (Gefahr der schnelle Abhängigkeit)

nicht-medikamentös

kognitive Verhaltenstherapie 1. Wahl, sekundär psychodynamische Therapie

bei spezifischer Phobie ist das Expositionstraining Mittel der 1.Wahl

supporitv selbsthilfegruppen und Entspannungsverfahren



Serotonerges Syndrom

serotonerge Überstimulation, die durch die Einnahme serotonerg wirksamer Substanzen, i.d.R. Antidepressiva, hervorgerufen werden kann.


Auslöser/Ursachen

Kombination von serotonerg wirksamen Substanzen

Intoxikation

weitere Auslöser, neben Anti-Depressiva, sind Antiemetika, opioide, Triptane, L-DOPA, Lithium, etc

klinik

Symptomtrias aus Autonomer instabilität, Psychopathologische Auffälligkeiten, und Neuromuskuläre Hyperaktivität

->Akathisie, Unruhe, Verwirrtheit, Desorientiertheit bis zum Koma

->Tremor, Myoklonien, Hyperreflexie

->mydriasis, Hypertonie, Hyperthermie, Diarrhoe


Beginn 24-48h nach einnahme

Diagnostik

Klinische Diagnose

Toxizitätskriterien nach Hunter:

->Spontaner Klonus, Okulärer Klonus und Agitation oder Hyperhidrosis

->Induzierbarer Klonus und Agitation oder Hyperhidrosis

->Rigor und Temperatur >38 °C und okulärer oder induzierbarer Klonus

->Tremor und Hyperreflexie

DD

Meningitis, Enzephalitis,

Delir, ALkoholentzug, Anticholinerges Syndrom, Malignes neuroleptisches Syndrom

Therapie

Absetzen des Auslösers

Bei Agitation: Benzos (Lorazepam)

Bei schwerer Verlaufform Intesivmedizinische Überwachung und symptomatische Therapie, ggf Gabe von Cyproheptadin (Serotininantagonist)


Komplikation

Krampfanfälle, Herzrythmusstörung, Verbrauchskoagulopathie

Prävention

Keine Kombi von MAO-Hemmer und Serotonin-wirksamen Substanzen

Irreversible MAO-Hemmer (Tranylcypromin) müssen mind. 2 Wochen vor Gabe eines SSRI/SSNRI und vor geplanten Operationen abgesetzt werden

Fluoxetin muss mind. 5 Wochen, andere SSRI oder SSNRI mind. 5 HWZ vor Gabe eines MAO-Hemmers abgesetzt werden


Anticholinerges syndrom

relativer Mangel an cholinerger Transmission entsteht. Je nach den spezifischen Eigenschaften des aufgenommenen Stoffes (insbesondere der Fettlöslichkeit) resultiert aus der Blockade von Acetylcholinrezeptoren eine Mischung aus zentralnervösen neuropsychiatrischen (u.a. Vigilanzminderung) und peripher-anticholinergen (u.a. Tachykardie) Symptomen. Mit Physostigmin steht ein spezifisches Antidot zur Verfügung, das sowohl diagnostisch als auch therapeutisch eingesetzt wird.

Auslöser

Anticholinerg Wirksame Substanzen

->Anticholinergika wie Ipratropiumbromid

->Antidepressiva, Spasmolytika, Antipsychotika, Opioide, Antihistaminika, Mydriatika

Insbesondere ältere Patienten weisen oftmals bereits ein grundsätzliches cholinerges Defizit auf! Durch die Einnahme anticholinerg wirkender Substanzen steigt - gerade bei Polypharmazie oder zerebraler Vorschädigung - das Risiko für die Entwicklung eines anticholinergen Syndroms

Klinik

„Feuerrot, glühend heiß, strohtrocken, total verrückt!“

Zentral:

->Komatöse oder delirante Form,

->bei beiden Formenschwindel, Amnesie,


peripher:

->Mydriasis, Akkommodationslähmung, Verengung des Kammerwinkels

->Speichel- und Magensaftsekretion↓

->Verdauungsstörungen/Darmatonie

->Miktionsstörungen/Harnverhalt

->Trockene, heiße, gerötete Haut, Schweißsekretion↓

->Tachykardie, AV-Überleitungszeit↓


Diagnostik

Kriterien: Mind. 1 zentrales und 2 periphere Symptome

Diagnosesicherung durch probatorische Gabe von Physostigmin

->Prinzip: Probatorische Gabe von Physostigmin → Bei bestehendem anticholinergen Syndrom klinische/apparative Besserung (Test positiv)

Zur Differentialdiagnostischen Unterscheidung: Trockene Haut nur bei anticholinergem Syndrom, sonst eher Schwitzen bei Intoxikationen


Therapie

Absetzen der auslösenden Substanz und Gabe von Physostigmin

Supportiv Sicherung der Atemwege und ggf Oxygenierung, Kreislaufunterstützung, Gabe von Benzodiazepinen


Bei QRS-Verbreiterung ist Physostigmin kontraindiziert



Depression

Lebenszeitprävalenz bei 20%

Erstmanifestation meist vor dem 31.Lj

komplexe Ätiologie mit vielen Theorien

Kognitive Triade (nach Beck): Negativ verzerrte Sicht auf sich selbst, die (Um‑)Welt und die Zukunft

Erlernte Hilflosigkeit (nach Seligman): In subjektiv unkontrollierbarer und aversiver Situation erlebte Hilflosigkeit wird auf ähnliche, nachfolgende Situationen übertragen

Typisierung

Monophasisch, polyphasisch (rezidivierende depressive Episodne, bipolar), oder anhaltend >2 Jahre(Dysthymie, chronisch rezidivierende depressive störung)

Klinik

Dauer: Mind. 2 Wochen

Einteilung nach Schweregrad

Hauptsymptome

gedrückte Stimmung

Interessensverlust an Aktivitäten die einem früher Freude bereitet haben

Verminderter Antrieb oder gesteigerte Ermüdbarkeit

Zusatzsymptome

Schlafstörungen jeder Art

Unbegründete Selbstvorwürfe oder ausgeprägte, unangemessene Schuldgefühle

Verlust des Selbstvertrauens oder des Selbstwertgefühls

Wiederkehrende Gedanken an Tod oder Suizid oder suizidales Verhalten

Appetitverlust oder gesteigerter Appetit mit entsprechender Gewichtsveränderung

Vermindertes Denk- oder Konzentrationsvermögen, Unschlüssigkeit oder Unentschlossenheit

->Bspw. Denkhemmung oder sog. Pseudodemenz

Psychomotorische Hemmung oder Agitiertheit (subjektiv erlebt oder objektiv beobachtet)


->Merkhilfe: 4 Schafe auf der Heide – Schlaf, Schuld, Selbstwert, Suizid, Appetit, Denken, Hemmung


Psychotische Symptome

Depressiver Stupor

Halluzinationen

synthyme Wahnideen:

->Schuldwahn, nihilistischer Wahn, Verarmungswahn


Somatische Symptome

Deutlicher Interessen- oder Freudverlust (Anhedonie)

Mangelnde Reagibilität

Früherwachen

Morgentief

Psychomotorische Hemmung oder Agitiertheit

Deutlicher Appetitverlust

Gewichtsverlust: ≥5% des Körpergewichts im letzten Monat

Deutlicher Libidoverlust


->liegen mind. 4 vor wird von einem somatischen syndrom gesprochen

Diagnostik

Exploration

Psychopathologischer befund

Anamnese hinsichtlich Sucht, Suizid und Sozialanamnese

haupt und zusatzsymptome aktiv nachfragen

->leicht: 2 Haupt und 1-2 Zusatz

->mittel: 2 Haupt und 3-4 Zusatz

->schwer: 3 Haupt und 5 Zusatz

Screening

bei vorliegen von Risikofaktoren

Zwei-Fragen-Test

->Hatten Sie im letzten Monat deutlich weniger Lust und Freude an Dingen, die Sie sonst gerne tun?

->Fühlten Sie sich im letzten Monat häufig niedergeschlagen, traurig, bedrückt oder hoffnungslos?

alternativ WHO-Fragebögen

Hamilton-Depressions-Skala zur Erfragung von Symptomen

Ausschluss organischer Ursachen

Red Flags

Zusammen mit den depressiven Symptomen aufgetretene somatische Veränderungen (bspw. neues fokalneurologisches Defizit)

Starke kognitive Defizite

Psychotische Symptome

Vorbestehende somatische Erkrankung

Fehlen eines ätiologischen Hinweises, bspw. psychosozialer Belastung

Vorgehen

Internistische und neurologische Untersuchung

EKG, EEG, Routinelabor, kranielle Bildgebung


Therapie

Zu Beginn Psychoedukation und Festlegen von Therapiezielen

wahl der Behandlungsform abhängig von: Schweregrad, Patientenwunsch und Verlaufsform

Behandlungsphasen

Akut: Ziel ist die deutliche symptomlinderung,bzw. Remission

->wieder Teilhabe an Leben, Verhindern von Suizid

->für 6-12 Wochen

Erhaltung: Reduktion des Rückfallrisikos

->Pharmakotherapie für 6-12 Monate

->Psychotherapie individuell angepasst

Rezidivprophylaxe: Langfristige Verhinderung weiterer depressiver Episoden

->Längerfristige Pharmakotherapie: Wenn in den vergangenen 5 Jahren ≥2 depressive Episoden mit bedeutsamen funktionellen Einschränkungen bestanden


Setting ambulant, ausser bei schwerer Depression, Suizidalität, Stupor, drohender Chonifizierung usw.

Medikamentös

Immer im Rahmen eines Gesamtkonzepts, möglichst eine Monotherapie anstreben

Bewertung der Wirksamkeit einer antidepressiven Behandlung: Mittels Beurteilungsskalen (bspw. HAMD, MADRS)

->>50% spricht für Response

Auswahl je nach nebenwirkungsprofil, Toxizität, Schwere der Symptome und Dominanz mancher Symptome (zB bei schlafstörungen eher sedierende Antidepressiva wie Mirtazapin), Sicherheit der polarität (zB wenn unklar lieber Antidepressiva mit niedrigem Switch-Risiko wie SSRIs)

Bei Wunsch nach Minimierung des Risikos möglicher Nebenwirkungen, bspw.

->Gewichtszunahme: U.a. Sertralin geeignet

->Absetzsymptome: U.a. Fluoxetin geeignet

->Sexuelle Nebenwirkungen: SSRI (und SSNRI) eher ungeeignet


Beginn der Behandlung mit niedriger Dosis, danach rasche Dosiserhöhung

->kontrolle anfangs wöchentlich, danach je nach Therapieerfolg in größerern Abständen


Bei nicht-Besserung: Kombination von Antidepressiva, Wechsel des Präparats, oder Augementation mittels Lithium oder Atpyischen Antipsychotika

Als Kombinationspartner werden insb. Mirtazapin und Trazodon empfohlen!


Beim Beenden der Therapie Ausschleichen

->Nach Beendigung der Einnahme: Therapeutische Kontakte über mind. 6 Monate weiterführen (bspw. 4-wöchentlich)


nicht-medikamentös

Beste Datenlage für kognitive Verhaltenstherapie und interpersonelle Psychotherapie

->Hinweise auf länger anhaltenden Therapieeffekt, niedrigere Rückfallrate, bessere Adhärenz


elektrokonvulsiontherapie (bei älteren, bei psychotischen Symptomen)

Licht-Therapie

Repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS)

Schlafentzugstherapie (vor allem überbrückend)


Prognose

Meist polyphasisch (80%), also rezidiviernde Episoden

->in 20% der Fälle biphasischer Verlauf

Eine 8-wöchige Therapie mit dem initial gewählten Antidepressivum führt in der Mehrheit der Fälle nicht zur Remission! [11]


Author

Jof T.

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