Definition
Chronisch-inflammatorische und potenziell reversible Lungenerkrankung Frühgeborener, die durch typische radiologische Veränderungen und eine Abhängigkeit von zusätzlichem Sauerstoff und/oder Atemunterstützung über den 28. Lebenstag hinaus gekennzeichnet ist
Epidemiologie
Je unreifer die Frühgeborenen, desto höher die Inzidenz
Ca. 15–30% der Frühgeborenen mit <1.000 g Geburtsgewicht oder <28 SSW Gestationsalter
Ca. 10–20% der Frühgeborenen mit 1.000–1.500 g Geburtsgewicht
Sehr selten bei Frühgeborenen mit >1.500 g Geburtsgewicht oder >30–32 SSW
Ätiologie
Multifaktorielle Genese aus
Unreife der Lunge durch Frühgeburtlichkeit
Pulmonale Inflammation
Sauerstofftoxizität
Barotrauma durch invasive Beatmung
Maternale Einflussfaktoren (Nikotin, Plazentainsuffizienz)
Persistierender Ductus arteriosus botalli
Diagnosekriterium
Zusätzlicher Sauerstoffbedarf (FiO2 >21%) über mind. 28 Tage
Röntgen Thorax
Diffuse, fleckige Verschattung, die durch ein Nebeneinander von überblähten und atelektatischen Lungenbezirken entstehen
Pathophysiologie
Pulmonales Ungleichgewicht zwischen pro- und antiinflammatorischen Zellen und Zytokinen
Beeinträchtigung der physiologischen Lungenentwicklung
Störung der Alveolarisierung
Störung der pulmonalen Angiogenese
Veränderung der pulmonalen extrazellulären Matrix
Akute Folgen
Interstitielles und alveoläres Ödem
Interstitielle Fibrose
Dystelektasen, Atelektasen
Überblähung und Emphysem
Pulmonaler Rechts-links-Shunt mit Hypoxämie
Chronische Folgen
Pulmonale Hypertonie und Cor pulmonale
Obstruktive Ventilationsstörung mit erhöhtem Atemwegswiderstand
Restriktive Ventilationsstörung mit niedrigem Lungenvolumen und niedriger Compliance
Symptome
Persistierende respiratorische Insuffizienz
Tachydyspnoe
Zusätzlicher Sauerstoffbedarf
Notwendigkeit einer nicht-invasiven Atemunterstützung oder maschinellen Beatmung
Ggf. schwierige Entwöhnung von der maschinellen Beatmung
Abfälle der Sauerstoffsättigung und der Herzfrequenz
Bronchiale Obstruktion
Vermehrte Sekretproduktion
Gedeihstörungen
Diagnostik
Periphere Pulyoxymetrie
Zeitpunkt und Kriterien zur Diagnose und Schweregradeinteilung der BPD sind klar definiert (siehe: Einteilung der BPD)
Röntgen-Thorax
Diffuse Verschattungen durch Nebeneinander von überblähten und dys- oder atelektatischen Lungenbezirken
Echokardiografie
Offener Ductus arteriosus botalli
Prävention + Therapie
Pränatal
Allgemein
Vermeidung/Verzögerung einer Frühgeburt
Vermeidung einer intrauterinen Wachstumsretardierung
Medikamentös
Bei drohender Frühgeburt
Antibiotische Therapie der Schwangeren (mit oder ohne Blasensprung)
Gabe von Corticosteroiden an die Schwangere zur Induktion der fetalen Lungenreife (RDS-Prophylaxe)
Postnatal
Atemunterstützung
Prinzip: “So wenig wie möglich, so viel wie nötig” zur Sicherung einer ausreichenden Ventilation
Möglichst nicht-invasiv (CPAP, NIPPV)
Falls invasive Beatmung notwendig
Lungenprotektive Beatmung bei Neugeborenen
Medis
Surfactant
O2 > so viel wie nötig, so wenig wie möglich, Ziel SpO2 90-95%
Koffein
Zusätzlich kann nach strenger Risiko-Nutzen-Abwägung im Einzelfall der Einsatz von Corticosteroiden und Diuretika in Erwägung gezogen werden.
Prognose
Mild bis moderat
meist normal
Schwere BPD
erhöhte Sterblichkeit, HeimO2, Dauerhaftes Tracheostoma, Erhöhtes Risiko für Infekte, Asthma, …
Langfristig kann sich durch die veränderte Lungen- und Gefäßstruktur eine pulmonale Hypertonie mit Cor pulmonale und progredienter Herzinsuffizienz entwickeln. Zudem besteht bei Säuglingen und Kindern mit BPD ein erhöhtes Risiko für pulmonale und neurologische Langzeitfolgen. Die schwere bronchopulmonale Dysplasie ist eine der wichtigsten Langzeitfolgen extrem unreifer Frühgeborener an der Grenze zur Lebensfähigkeit.
Die bronchopulmonale Dysplasie ist die wichtigste vermeidbare Langzeitfolge des Atemnotsyndroms!
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