Was ist die Aufgabe von Muskelrelaxantien?
Welche zwei Gruppen gibt es?
Blockade postsynaptischer nicotinerger Cholinozeptoren -> Hemmung der neuromuskulären Übertragung an der motorischen Endplatte —> reversiblen Lähmung der Skelettmuskulatur
Einteilung:
Depolarisierende Muskelrelaxanzien (nAChR-Agonisten)
Nicht-kompetitiver Agonismus mit Auslösen eines Aktionspotenzials = Depolarisationsblock
Wirkung durch Erhöhung der Acetylcholinkonzentration an der motorischen Endplatte nicht antagonisierbar (fällt nach einigen Minuten selbst ab)
Nicht-depolarisierende Muskelrelaxanzien (nAChR-Antagonisten)
Kompetitiver Antagonismus ohne Auslösen eines Aktionspotenzials = Nichtdepolarisationsblock
Wirkung durch Erhöhung der Acetylcholinkonzentration an der motorischen Endplatte prinzipiell antagonisierbar
Wie ist die Reihenfolge des Wirkeintritts?
Im Vergleich zum typischerweise für das neuromuskuläre Monitoring genutzten M. adductor pollicis tritt die neuromuskuläre Blockade am Zwerchfell und am Larynx aufgrund der besseren Durchblutung früher ein.
Was ist ein depolarisierendes Muskelrelaxanz?
Wie ist die Dosierung, Anschlagszeit, Wirkdauer und welche Besonderheiten gibt es?
Succinylcholin
Dosierung: 1-1,5mg/kg/KG zur Intubation als Bolus
Anschlagszeit: 30-603
Wirkdauer: 5-10 Min.
Rapid Sequence induction
Triggersubstanz der malignen Hyperthermie
Abbau durch Pseudocholinesterase
Histaminfreisetzung
Was ist ein nicht-depolarisierendes, kurzwirksames Benzylisochinolin?
Wie ist die Dosierung, Anschlagszeit, Wirkdauer, Ausscheidung und welche Besonderheiten gibt es?
Mivacurium
Dosierung: 0,1-0,25mg/kg/KG zur Intubation als Bolus
Anschlagszeit: 2-3 Min.
Wirkdauer: 15-20 Min.
organunabhängige Esterhydrolyse —> Wirkverlängerung bei Cholinesterasemangel (3-4% in Europa)
Was ist ein nicht-depolarisierendes, mittellang wirksames Benzylisochinolin?
Atracurium
Dosierung: 0,5mg/kg/KG zur Intubation als Bolus
Wirkdauer: 30-40 Min.
Organunabhängige Metabolisierung durch unspezifische Esterasen und Hofmann-Eliminierung (keine Anpassung bei NI/LI)
Cis-Atracurium
Dosierung: 0,15mg/kg/KG zur Intubation als Bolus
Anschlagszeit: 3-4 Min.
Wirkdauer: 40-50 Min.
Was ist ein nicht-depolarisierendes, mittellang wirksames Aminosteroid?
Vecuronium:
Dosierung: 0,1mg/kg/KG zur Intubation als Bolus
Sugammadex
Keine Histaminfreisetzung
biliär, renal
Rocuronium:
Dosierung: 0,6mg/kg/KG zur Intubation als Bolus, bzw. RSI 1-1,2mg/kg/KG
Anschlagszeit: 1-2 Min.
Wirkdauer: 35-45 Min.
Was ist ein nicht-depolarisierendes, lang wirksames Aminosteroid?
Pancuronium
Anschlagszeit: 4-6 Min.
Wirkdauer: 70-100 Min.
renal, biliär
Was sind Nebenwirkungen von Succinylcholin?
Hyperkaliämie
Akuter Glaukomanfall (Anstieg Augeninnendruck)
Maligne Hyperthermie
Rhabdomyolyse (insb. bei Disposition MH, Duchenne-Muskeldystrophie)
HRS (Bradykardie, Asystolie)
Dualblock (Phase-II-Block als nicht-depo-Block bei Überdosierung)
Was ist die ED95, Intubationsdosis, Repetitionsdosis?
Effektivdosis (ED95)
Erforderliche Dosis, um die Muskelkraft um 95% zu reduzieren
Kenngröße für die klinische Wirksamkeit (Dosis-Wirkungs-Beziehung)
Negative Korrelation mit der Anschlagzeit
Intubationsdosis
Im Allgemeinen für die Durchführung einer endotrachealen Intubation empfohlene Dosis
Entspricht bei den meisten Muskelrelaxanzien der zweifachen ED95
Repetitionsdosis
Erforderliche Dosis zur Aufrechterhaltung der neuromuskulären Blockade (ugs. „Nachrelaxierung“)
Entspricht ca. 10–20% der Intubationsdosis
Nur für nicht-depolarisierende Muskelrelaxanzien relevant
Wie funktioniert das neuromuskuläre Monitoring?
Relaxometrie
Grundprinzip: Elektrische Stimulation eines peripheren Nerven und Messung der zugehörigen Muskelantwort, bspw.
N. ulnaris → Adduktion des Daumens durch M. adductor pollicis
Train of Four (TOF)
Definition: „Universalstimulationsmuster“
Abgabe von 4 Einzelreizen im Abstand von 0,5 s (Reizfrequenz 2 Hz)
Mindestabstand von 10 s zwischen 2 Messungen
Anwendung: Klinisches Standardverfahren zur Überwachung einer neuromuskulären Blockade
Auswertung: Anzahl der Reizantworten T1–T4 sowie ihrer relativen Stärke
TOF-Zahl: Absolute Anzahl der Reizantworten (0–4) unabhängig von der Stärke
TOF-Ratio: Stärke der vierten im Vergleich zur ersten Reizantwort (Quotient T4/T1)
Depolarisationsblock: Stärke der Reizantworten immer gleich groß
Nichtdepolarisationsblock: Abnehmende Stärke der Reizantworten (sog. „Fading“)
Vor der Extubation sollte die TOF-Ratio ≥0,9 sein!
Wie zeigt sich eine neuromuskuläre Restblockade?
Respiratorische Insuffizienz durch beeinträchtigte Funktion des Zwerchfells und der Atemhilfsmuskulatur
Vollständige Restblockade: Apnoe
Beginnende neuromuskuläre Erholung
Atemzugvolumen↓, Atemfrequenz kompensatorisch↑
Sauerstoffsättigung↓, Zyanose
Hypoxie, Hyperkapnie
Schluckstörungen durch beeinträchtigte Funktion der pharyngealen Muskulatur
Vegetative Reaktion: Tachykardie, Hypertonie, Agitiertheit
Wie kann eine neuromuskuläre Restblockade therapiert werden?
Konservativ: abwarten
Cholinesterasehemmer (bspw. Neostigmin)
Wirkmechanismus: Abbau von Acetylcholin wird gehemmt → Erhöhte Acetylcholinkonzentration an der motorischen Endplatte → Kompetitive Antagonisierung nicht-depolarisierender Muskelrelaxanzien
Zielsubstanzen: Alle nicht-depolarisierenden Muskelrelaxanzien
Anwendung: Nur bei fortgeschrittener muskulärer Erholung (TOF-Zahl 3–4)
Nebenwirkungen
Bradykardie, Bronchospasmus und Hypersalivation
Ursache: Stimulation muscarinerger Cholinozeptoren parasympathischer Neurone
Prävention: Gleichzeitige Gabe eines Parasympatholytikums (i.d.R. Atropin)
Wiederauftreten der neuromuskulären Blockade
Wirkmechanismus: Bildung einer wasserlöslichen Einschlussverbindung mit steroidalen Muskelrelaxanzien im Plasma → Konzentrationsabfall des Muskelrelaxans im Plasma → Diffusion des Muskelrelaxans von der motorischen Endplatte ins Plasma → Weitere Bindung des Muskelrelaxans und Aufhebung der Wirkung an der motorischen Endplatte
Primäre Zielsubstanz: Rocuronium
Anwendung: Unabhängig vom Ausmaß der neuromuskulären Blockade
Exkurs: Was ist eine Myasthenia gravis?
Was muss man bei einer Narkose beachten?
Störung der Signalübertragung an der Synapse zwischen Neuron und Muskel (an der sog. motorischen Endplatte). Hierbei werden die Rezeptoren für Acetylcholin auf der postsynaptischen Seite von Antikörpern blockiert und auch langfristig zerstört, sodass bei wiederholter Reizung die Reizantwort stetig kleiner ausfällt (sog. Dekrement). Das führt bei den Betroffenen zu einer unnatürlichen Ermüdbarkeit der Muskulatur, die sich erst nach Schonung wieder erholt.
Nicht-depolarisierende:
Empfindlichkeit und Wirkdauer↑
Dosisreduktion empfohlen
Gefahr einer cholinergen Krise bei Antagonisierung mit Cholinesterasehemmern
Depolarisierende:
Empfindlichkeit↓, Wirkdauer↑
Dosiserhöhung erwägen
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