Alfred Schütz (1899 - 1959)
Geboren 1899 in Wien
Während des Ersten Weltkriegs wird Schütz Leutnant in der österreichischen Armee
1919 – 1920 Schütz schreibt sich in Wien an der Universität für Internationales Recht ein
Ab 1922/23 beginnt Schütz sein ”Doppelleben”: Tagsüber Bankkaufmann, abends Wissenschaftler
1926 Heirat von Ilse Heim
1932 die erste und zu Lebzeiten einzige Monographie Der sinnhafte Aufbau der sozialen Welt. Eine Einleitung in die verstehende Soziologie erscheint
1933 Immigration nach Paris
1939 Immigration nach New York; dort Aufnahme eines Teilzeit-Lektorats an der New School in Soziologie und Philosophie, gleichzeitig Arbeit als Verwaltungsangestellter für die internationale Bank Reiter and Company
1952 Professur für Soziologie an der New School
1959 gestorben in New York
Gegenwartsgesellschaft
Was ist die Moderne? Pluralisierung der Lebenswelten
Wie entsteht die moderne Gesellschaft? Als sinnhaften Aufbau der Welt —>Sozialphänomenologie
(Gesellschaft entsteht durch sinnhaften Aufbau, wobei Sinn mannfaltig ist und es viele verschiedene Sinne gibt
Sozialphänomenologie ist die dritte Richtung von Interpretation von Gesellschaft neben dem historischen und methodologischen Individualismus)
Der sinnhafte Aufbau der Welt
Ziel: Grundlagentheoretische Bestimmung von Gegenstand und Methode der Soziologie als Fach
Antwort auf
Webers Hauptproblem: das Verstehen des subjektiven Sinns einer sozialen Handlung für die Handelnden
Husserls Hauptproblem: das soziale Teilen einer individuell erfahrenen Welt
—>Die anderen sind uns verschlossen —>das soz. Teilen von den von uns erlebten->Wie funktioniert es?
—>Problem der Intersubjektivität (Zw. den Individuen befindlichen Wirklichkeiten wie kann es geteilt werden? àErleben ist hochgradig individuell)
—>Lösung: Alltagswelt: Ort, an dem geteilt wird und Ort, an dem Interpretationen koordiniert werden (Problem der Intersubjektivität kann im Alltag gelöst werden)
Methode: Adressierung des Gegenstands durch Abstraktion durch Beobachtung der 2. Ordnung
Aufgabe der Soziologie: Beobachtung von Beobachtungen; Methode Distanzgewinn durch Übersetzung von Was- in Wie-Frage —>politische, soziale und emotionale Neutralisierung
Sozialphänomenologie
Husserl (1859-1938) —> analytische Betrachtung der Dinge
Erkenntnisgewinn nur über die Beschreibung von Phänomenen —> wissenschaftliche Erkenntnis beruht immer auf Evidenz
These: Es gibt keine sozialen Strukturen außerhalb oder unabhängig von Interpretationen in Interaktionen
Wissenssoziologie —> allgemeine Theorie der sozialen Wirklichkeit
Erkenntnis immer standort-gebunden, Objektivität prinzipiell unerreichbar
Methode: Phänomenologische Reduktion è Keine (Vor-)Urteile, sich-zurück- nehmen: Um sich einem Gegenstand entsprechend zu nähern, muss man von jeglicher Theorie, auch von den naturwissenschaftlichen, absehen. Erst durch Ausschaltung aller Setzungen erscheint die Welt in ihren tatsächlichen Strukturen.
Schütz Ideen kommen von Husserl, der Ausgangspunkt ist die natürliche Einstellung
Der sinnhafte Aufbau der Welt – Wo und wie wird Sinn generiert? Wo handeln wir?
Bewusstsein haben wir in der Alltagswelt
—>Alltag ist der zentrale Ort der Intersubjektivität
intersubjektivität —>wir werden in sie hineingeboren
Altagswelt als soziale Tatsache, die schlicht gegeben ist
in der Alltagswelt befinden wir uns in der natürlichen Einstellung
wir haben in ihr ein vornehmlich praktisches Interesse
Sie ist von anderen Menschen bewohnt und wird als „gemeinsam“ erfahren
—>Alltagswelt wird auch von anderen Menschen bewohnt, welches zu Intentionsinferenzen führen kann
Hier verwenden wir Abstraktionen, Generalisierungen, Formalisierungen und Idealisierungen
Natürliche Einstellung:
Hellwach, Einstellung des gesunden Menschenverstandes àWache Aufmerksamkeit definiert den Bereich pragmatischer Relevanz und des pragmatischen Interesses: Alltagswelt ist Gegenstand des Wirkens und wirkt auf uns ein àBeispiel: Reis in China nicht pragmatisch relevant in der Vorlesung, sondern Akku Stand des iPads pragmatisch relevant
Spezifische Epoché der Lebenswelt: Ausklammerung des Zweifels an der Wirklichkeit der Welt:
Vertauschbarkeit der Standpunkte
(Gehen im Alltag davon aus, dass Vertauschbarkeit der Standpunkte herrscht, und andere sich in unsere Position hineinversetzten können)
Welt der erreichbaren Reichweite —> „und so weiter“
Welt der wiederherstellbaren Reichweite —> „ich kann immer wieder“
Interesse ist bestimmt durch Relevanz —> wird durch Reichweite der Handlungsmöglichkeiten vorgegeben
Wirken als vorherrschende Form des Handelns —> „um-zu“- und „weil“-Motive Wirklichkeitsbereiche aus
Neben den Alltag gibt es noch andere Welten mit besonderen Erkenntnisstile, die spezifische Epochés sind wie beispielsweise Träume.
Erleben-Erfahren-Wissen
Auseinandersetzung mit den Aspekt Zeit bei Schütz, welches bei Weber nicht berücksichtigt wird
Wir Erleben die Umwelt und die Mitwelt. Das Erlebte muss anschließend gedeutet werden. Die Deutung erfolgt unter anderem durch soziale Deutungsmuster. Aus dem gedeuteten Erleben folgt Erfahren. Das Erfahren wird dann relationiert mit bisherigem Erfahren. Dadurch entstehen einmal Typisierung und Wissen über die Zeit.
—>Relationierung: Sinn entsteht über Rückbindungen aus Erfahren aus der Vergangenheit
Soziologie & Zeit
Was ist nach Schütz eine Handlung?
Verhalten: Subjektiv sinnvolle Erfahrung + Spontanität (Gewohnheit, Tradition, Affekt) à Verhalten-ZU-etwas
Handeln = Verhalten + Vorausplanung —> differente Form der Sinnverbindung àReflexivität, Handlungsplan
Handlung = Handeln + Sinn: Interpretation vor dem Hintergrund des Plans
Sinn ergibt sich aus der Relation aus der Vergangenheit
„Sinn eines Erlebnisses ist eine Selbstauslegung“ des Erlebnisses von einem neuen Erlebten her.
Wissenserwerb
Wissen = Erfahrung + Relationierung + Sedimentierung
—>Entstehung lebensweltlicher Relevanzsysteme
Aktuelle Erfahrungen werden fraglos in den Wissensvorrat übernommen. Erst in problematischen Situationen wird die aktuelle Erfahrung ausgelegt
Wissenserwerb —> Einordnung aktueller Erfahrungen in nach Relevanz und Typik zusammenhängenden Sinnstrukturen
Wissenserwerb im weiteren Sinne: Sedimentierung von Erfahrungen in unproblematischen Situationen (Ich-kann-immer-wieder wird bestärkt), Bestätigung bereits bekannter Wissenselemente
Wissenserwerb im engeren Sinne: Sedimentierung neuer Auslegungen
Krise: Wir haben zunächst gar keine Interpretation
(Ahnungslosigkeit, werden aus dem Alltag gerissen, sind Handlungsunfähig z.B. Tot eines gelebten Menschen, Evakuierung Tschernobyl)
—>Unterscheidung von Wissenserwerb
Fortgang des Erfahrungsablaufs —>fortlaufende Sedimentierung von
Wissenselementen à Wissenserwerb
Wissenserwerb Grafik
Wie wird der Alltag geteilt?
Wir leben in einer Welt, die wir mit anderen teilen.
Unser Wissen entsteht auf der Basis unseren (subjektiven) Erlebens
Dennoch ist die Welt, in die wir hinein geboren werden, bereits von anderen ausgelegt
Diese Auslegungen stehen uns wie Objekte gegenüber
Wie werden diese Objekte?
Internalisierung – Externalisierung – Objektivation
Objektivationen entstehen dann, wenn sich habitualisierte und typisierte Problemlösungen vom ursprünglichen Problem “entfremden“
Schütz und die Moderne
Die Alltagswelt ist eine, die immer auch von anderen bewohnt wird.
Je ähnlicher die Umwelt, desto ähnlicher die Erfahrungen (und ihre Relationierung). Je ähnlicher das Wissen, desto leichter die Vertauschbarkeit der Standpunkte. Schütz hat keine explizite Gesellschaftsdiagnose
Gesellschaft: Der selbstverständlich erfahrenen Alltagswirklichkeit der Eigengruppe stehen die Alltagswirklichkeiten der Fremdgruppe gegenüber
soziale Strukturierung der Lebenswelt in ihrer zeitlich-räumlichen Aufschichtung
Geflecht aus Wissensordnungen und Wirkungsbeziehungen
Moderne: Pluralisierung von Lebenswelten und damit Sinnpluralisierung Menschen werden in mehr Kontexten zu „Fremden“
Schütz und die Sozialphänemenologie
Schütz ist Begründer der Sozialphänemenologie
Diese bilden den Ausgangspunkt für Ethnomethodologie, Sozialkonstruktivismus und Hermeneutik
Grundfrage: Das erkennende Subjekt ist die Urstätte aller objektiven Sinnbildungen und Seinsgeltungen: Wie wird wie Welt zu einer spezifisch menschlichen Welt?
Grundidee: Alle Tatsachen sind bereits interpretierte Tatsachen
Erkenntnis ist zwar an psychische und physikalische Prozesse gebunden, sie ist aber nicht mit diesen identisch. —>Erkenntnis bedarf der Auslegung des Erlebten
Konstruktion von Welt
Sozialphänomenologie:
beansprucht nicht, etwas über die Dinge an sich zu sagen, sondern nur zu zeigen, wie die Dinge, auf die sich das Bewusstsein richtet, in unser Bewusstsein gelangen
bleibt nicht beim Bewusstsein stehen, sondern zeigt auf, WIE Bewusstseinsphänomene im Alltag als Deutungsschemata in sozialen Erzeugungsprozessen sichtbar werden
Soziale Genese und Konstruktion von Deutungsschemata: Wie wird Erleben zu Erfahrung?
Mechanismen, durch die die Welt als eine spezifisch menschliche aufgebaut wird.
Zusammenhang Individuum-Struktur
Zusammenfassung Alfred Schütz
Sozialphänomentologie
Schütz betont die Bedeutung der subjektiven Erfahrung und des individuellen Handelns in der sozialen Welt
—>soz. Phänomene sind geprägt von der subjektiven Wahrnehmung und Interpretation der Menschen
—>”alltägliche Lebenswelt”, “Alltahswelt“, welche individuelle Erfahrungen und die sozialen Interaktionen im Alltag umfasst
Konzept der “typischen Situationen“ erleichtert Verständnis sozialer Interaktionen
—>Menschen in bestimmten sozialen Situationen aufgrund in bestimmten sozialen Situationen aufgrund ihrer vorherigen sozialen Situationen aufgrund ihrer vorherigen Erfahrungen und sozialen Kontexte typische Handlungsmuster entwickeln, die ihr Verhalten beeinflussen.
Untersuchung d. Konstruktion d. soz. Realität
—>Wie Menschen ihre individuelle Wahrnehmung in eine gemeinsame soz. Realität integrieren?
—>soz. Konstruktion = Menschen konstruieren durch ihre gemeinsamen Vorstellungen und Interpretation eine gemeinsame soziale Welt somit ist die Realität nicht objektiv gegeben/vorhanden, sondern wird von Menschen aufgrund von soz. Interaktion konstruiert.
Konzept “konstitutives Wissen“
Wissen, welches von Menschen im Alltag genutzt wird
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