Fallstudie
Wird als (empirische) „Forschungsstrategie“ bezeichnet
untersuchen Fallstudien Phänomene in einem realweltlichen Kontext
Einbezug von d. Kontext des beobachteten „Falls“ (im Gegenteil zB zu anderen Forschungsdesigns wie Experiment)
besonders interessante Fälle [z.B. aus einem U] werden hinsichtlich möglichst vieler Dimensionen (anders als Umfragen!) beobachtet, analysiert und beschrieben
Längere Analyse-Zeiträume sind auch zulässig
Zielsetzung: ganzheitliches + möglichst realistisches Bild zu beschreiben
Dafür Einbeziehung aller relevanten Dimensionen des Untersuchungsobjektes
Fallstudie Techniken
Sie vereint (idealerweise) mehrere Techniken (Erhebung von Daten aus unterschiedlichen Quellen, deren Analyse)
->So können bspw. durch
Beobachtung,
Gruppendiskussion und
Analyse des jeweils studierten Falles unter Berücksichtigung des Blickwinkels der Akteure Forschungsergebnisse erzielt werden
Fallstudie: Gegenstand eines Falles, Bezug
Gegenstand eines Falls
Einzelperson(en),
o Personengrupp(en),
o Organisationen/Netzwerke,
o ganze Gesellschaften bzw. Kulturen oder
o andere Formen sozialer Zusammenhänge
Bezug:
o Abläufe (z. B. Innovationsprozesse),
o Personen (z. B. Entwicklung einer Markenbindung),
o Organisationen (z. B. Struktur und Strategie) oder
o andere soziale Einheiten (z. B. Familien, informelle Gruppen) beziehen.
Fallstudie:
Tiefe + Breite, Typen von Fällen
-Gruppenstudie („group design“):
Stichprobe aus der Grundgesamtheit wird untersucht und zusammenfassend ausgewertet. Vollerhebung kann auch realisiert werden
-Einzelfallstudie („case study“):
typischer oder untypischer Einzelfall (d. h. eine Person, ein Ereignis, eine Organisation etc.) wird umfassend untersucht
Typen von Fällen
Fall liegt real vor -> Empirischer Fall
Fall ist gedanklich konstruiert, Zuordnung von konkreten Fällen zu abstrakten Klassifikationen -> Idealtypischer Fall
Fall dient dazu, Annahmen zu Falsifizieren oder bisher gewonnenes Wissen zu differenzieren -> Abweichender Fall
Fall als Anschauungsmaterial, um Einseitigkeiten zu verhindern und Unterschiede von Phänomenen herauszuarbeiten -> Kontrastierender Fall
Phasen einer Fallstudienuntersuchung
Entwicklung eines Forschungsdesigns (Konkretisierung der Forschungsfrage, Aufstellung Hypothesen, Definition der zu untersuchenden Einheiten…)
Auswahl der zu untersuchenden Fälle (Anwendung Replikationslogik, Ziel theoretischer Verallgemeinerung…)
Datenerhebung (Methoden: Dokumentenanalyse, Beobachtung, Befragung)
Datenanalyse
Dokumentation der Ergebnisse
Gegenstandsbezogene Theoriebildung (Grounded Theory)
Grounded-Theory basiert auf der Entwicklung einer in den Daten gegründeten bzw. verankerten (grounded) Theorie
Datenerhebung und -analyse werden in einem abwechselnden und sich wiederholenden Prozess vollzogen,
sukzessive Kategorien werden gebildet und miteinander in Beziehung gesetzt,
und so zu einer Theorie verdichtet
GT wurde von wurde von Glaser und Strauss gemeinsam in den 1960er Jahren erarbeitet (basiert auf einer Studie zu „Interaktion mit Sterbenden“)
weiter
Der Forschungsprozess gilt als abgeschlossen, wenn „theoretische Sättigung“ erreicht wird, also
o wenn die Daten aussagekräftig + vollständig sind und
o aus weiteren Daten keine neuen Konzepte, Kategorien, Eigenschaften oder Dimensionen mehr gewonnen werden können.
Auswertung vollzieht sich in drei Schritten des Codierens: offenes, axiales, selektives Codieren
Dadurch will die GT über eine bloße Deskription hinaus und zielt darauf, aus Daten gehaltvolle Konzepte zu entwickeln
Gegenstandsbezogene Theoriebildung (Grounded Theory) Modell des Forschungsprozesses bei Anwendung der Grounded Theory
Auswahl von Fällen
Datenerhebung + Erstellung von Memos
Konzeptualisierung, Codierung und Entwicklung von Theoriebausteinen
Theoretische Sättigung
(Ja, dann zu 5.; Nein, dann zu 1.)
Theorie-Entwurf
GT wird häufig angewendet in der qualitativen Sozialforschung, da sie größtmögliche Offenheit gegenüber dem Forschungsgegenstand mit regelgeleiteter Theoriebildung verbindet
Sie ist allerdings zeitaufwendig,
fordert hohes Maß an Eigenstrukturierung,
führt nicht immer zur (erwarteten) Generierung einer Theorie
Anwendung:
->Ethnografie
->Psychologie
->Soziologie
->Bildungswissenschaft
Deskriptive Feldforschung (Ziel)
eine Kultur aus Sicht ihrer Mitglieder kennenzulernen+beschreiben
Soll durch die Forschungstätigkeit möglichst nicht verändert werden. Wichtigste Methode der Datenerhebung= teilnehmende Beobachtung
(Insbesondere in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden unter einer solchen soziologischen Perspektive eine Vielzahl städtischer Kulturen und Subkulturen erforscht und beschrieben: Gangs, Obdachlose, Menschen anderer als weißer Hautfarbe)
Vorgehen Deskriptive Feldforschung
Das Vorgehen bei der deskriptiven Feldforschung gliedert sich in mehrere Phasen:
Festlegen der Fragestellung,
Herstellen des Feldkontakts,
Materialsammlung,
Ausstieg aus dem Feld und
Auswertung.
Deskriptive Feldforschung Würdigung
Problem des „going native“
Distanz zum Forschungsgegenstand
->Forschungsteam oder Supervision als Lösung
Befremden bzw. Ablehnung der Wertvorstellungen der untersuchten (Sub-) Kultur
->Rücksprachen im Team oder eine regelmäßige Supervision
Machtkonflikte zwischen den Personen im Feld und den Forschenden
->Überzeugungs- bzw. Überredungskraft ggf.
->Ausstieg
Forschungsethik
Handlungsforschung (Aktionsforschung)
gesellschaftskritische Forschung + zielt auf die Veränderung gesellschaftlicher Praxis ab
Gegenstand sind konkrete soziale Probleme, für die gemeinsam mit den Betroffenen Lösungsmöglichkeiten erarbeitet werden
Die Betroffenen sollen durch die Forschung in die Lage versetzt werden, ihre Interessen selbst zu vertreten
Handlungsforschung Mekrmale
Problembezug: Handlungsforschung ist immer sozial- und gesellschaftskritisch und setzt an konkreten, sozialen Problemen an.
Praxisveränderung: Die Ergebnisse von Handlungsforschung werden noch während des Forschungsprozesses in die Praxis umgesetzt. Forschung wird als Lern und Veränderungsprozess konzipiert.
Gleichberechtigter Diskurs zwischen Untersuchungsteilnehmenden und Forschenden
Forschungsspirale: Die Schritte im Prozess der Handlungsforschung werden wiederholt durchlaufen. Jeder Schritt wird unmittelbar im Dialog zwischen Forschenden und den an der Untersuchung Teilnehmenden evaluiert
Handlungsforschung (Würdigung)
Gesellschaftliche Einbettung sozialer Probleme setzt den Veränderungsmöglichkeiten von Handlungsforschung Grenzen
Auch stößt die Zusammenarbeit von Forschenden und erforschten Personen dort an ihre Grenzen, wo die Forschenden ein Problem diagnostizieren, nicht aber die erforschten Personen
Hohe Anforderungen an die erforschten Personen
Handlungsforschung ist in ihrer Anwendbarkeit auf „sympathische Benachteiligte“
beschränkt
Biografieforschung
Ziel= Erhebung und Rekonstruktion lebensgeschichtlicher Erzählungen
fungieren als »Schnittstelle« zwischen der individuellen Lebenswirklichkeit der Erzählerinnen und Erzähler und der sozialen Wirklichkeit
Lebensgeschichte ist immer individuell erlebte und rekonstruierte Wirklichkeit
Lebensgeschichten sind daher nicht als Abbildung objektiver Gegebenheiten zu sehen
und sollten auch nicht im Hinblick auf ihren »Wirklichkeitsgehalt« bewertet werden
Wichtigste Verfahren der Datenerhebung
narrativ-biografisches Interview: für die Erfassung der gesamten Lebensgeschichte
episodische Interview: zur Erfassung einzelner Lebensabschnitte
Qualitatives Experiment
ist der nach wissenschaftlichen Regeln vorgenommene Eingriff in einen (sozialen) Gegenstand zur Erforschung seiner Struktur. Es ist die explorative, heuristische Form des Experiments.
Gegenstand wird in seiner natürlichen Umgebung belassen und in seiner ganzen Komplexität untersucht
Induktiv-entdeckendes Verfahren: Strukturen des Gegenstandes sollen sichtbar gemacht werden
Drei Arten von Eingriffen:
o Methoden zur Gliederung des Gegenstandsbereichs, z.B. Segmentation und Neu-
Kombination; zur Untersuchung von Gruppenstrukturen oder Texten geeignet
o Methoden zur Veränderung der Ausdehnung des Gegenstandbereichs: zur Erhebung von Wahrnehmungsqualitäten
o Methoden zur Umwandlung: Substitution oder Transformation
Qualitatives Experiment (Segmentation/ Kombi)
Segmentation/Kombination: Formale Sozialordnungen oder Organisationen werden in Situationen gebracht, in denen sie zusammenkommen bzw. sich auflösen können:
o Schulklasse ohne Aufsicht,
o betriebliche Abteilung,
o militärischer Verband ohne Leitung,
o Männer und Frauen,
o Deutsche und Ausländer,
o Kinder und Alte,
o Polizisten und Demonstranten,
o verfeindete Ehepartner und Nachbarn
Veränderung: Was kann man aus einem Gegenstand entfernen, ohne ihn ,,eigentlich zu treffen? Bestehende Sozialorganisationen werden dadurch verändert, dass Positionen und Rollen in ihrer Wirksamkeit abgeschwächt werden
o durch Machtentzug,
o Liebesentzug,
o Legitimitätsbeschränkung,
o laisser-faire-Haltung oder einfach
o durch Abwesenheit bestimmter Rolleninhaber
Qualitatives Experiment Substitution
Substitution: Der Ersatz eines Teiles durch einen anderen Teil gibt Auskunft über das Ganze, das sich in bestimmter Weise verändert
o Andere Kleidung,
o ein anderer Wortschatz, o anderes Sprachverhalten, o andere Stimmlage
Solche experimentellen Veränderungen modifizieren die gesamte Erscheinungsweise, die Wirkung auf sich selbst und das Verhalten anderer.
Das Rollenspiel kann bei entsprechender Methodologie qualitativ- experimentell genutzt werden
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