Was ist Verstehenssupport
Literarisches Verstehen konstruktiv zu unterstützen bedeutet:
wissensbasierte Rahmen zu schaffen, um eine vom Lernenden selbst zu vollziehende Sinnkonstruktion zu ermöglichen.
Dabei ist es Aufgabe der Lehrenden, den Verstehensprozess der Lernenden sowohl lernerangemessen zu entlasten als auch gegenstandsangemessen zu steuern
Gegenstandsangemessen: Verfahren müssen konkretisiert werden
Gegenstandsangemessen
Lernerangemessenheit: müssen den Kompetenzen und Wissensstände
Lernerangemessenheit
SuS sollen lit. Texte selbstständig erschließen können
Zwei Formen von Support
substantivischer Support
syntaktischer Support
Aktivierung oder Bereitstellung von (Vor-) Wissensinhalten deklarativer oder prozeduraler Art (textunabhängig)
Problematik: nicht spezifisch auf den Text bezogen, Gefahr der schematischen und reduktiven Anwendung[1]
Bereitstellen eines textspezifischen Geländers Unterstützung am Text
ð Nicht immer trennbar voneinander!
[1] (vgl. Freudenberg 2012)
Substantivistischer Support
1. Bereitstellung von verstehensfördernden Kontextinformationen (deklarativ)
historische Dokumente/Informationen
zum Textverstehen notwendiges Welt- und Fachwissen (auch Sprachwissen)
Analogiebeispiele
2. Bereitstellung von Strategien zur Texterschließung (prozedural)
z.B. Strategie-Set „Komplikation und Auflösung“ für Sek I[2]
Anleitungen“ zur Analyse oder Interpretation von literarischen Texten aus Lehrwerken
—>Wissen sollte nicht als träges Wissen vorliegen
=>Bereitgestellte Kontexte, sollten nicht vorschnell auf eine bestimmte Lesart fixieren (" verschiedene Materialien bereitstellen/ materialgestütztes Schreiben)
[1] Steinmetz 2016
[2] Leubner/Saupe 2016, S. 12
Syntaktischer Support
1. Fokussierung verstehensrelevanter Aspekte (fokussierender syntaktischer Support)
= auf Wichtiges/Deutungsrelevantes im Text wird gezeigt, z.B. durch Vorgabe von (Teil-) Ergebnissen, von Analysekategorien, von relevanten Textstellen etc.
Eingrenzung deutungsrelevanter Textstellen zur Texterschließung
Trotz Fokussierung: Text soll als Ganzes gelesen werden
Offenheitsbeschränkung durch LP
"Bsp.: Worin täuscht sich Faust bei seiner Rede?
2. Unterbreitung von Sinnangeboten (konzeptueller syntaktischer Support)
= Vorgabe von Deutungshypothesen zur Überprüfung und Begründung
Strittige Hypothesen
Mehrere Sinnangebote " um nicht zu suggerieren, dass es nur eine Lesart gibt![1]
Option offenlassen, dass Lernende eigene Hypothese generieren, um Motivation und Selbstregulierung zu ermöglichen
[1] Warum widersprechen sich Form und Inhalt? Stelle eine Hypothese auf. (hier könnte man auch Hypothesen vorgeben, um noch mehr Support zu geben – Besser wäre: Wähle eine Hypothese aus und begründe)
"Bsp.: Der Endmonolog ist ironisch zu lesen. Prüfe diese Hypothese, indem du die Redesituation und die Konstitution von Faust berücksichtigst.
3. Artikulation von Problemstellungen (konfliktinduzierender syntaktischer Support)
= Artikulation von Konflikten, Widersprüchen, Ungereimtheiten im Text, die eine Deutungshypothese seitens der SuS hervorrufen sollen
Wiederspruch zwischen Textinformationen
Inferenzbedürftige Kohärenzlücken
Abweichung der Textinformation vom Weltwissen etc. …
=>Kognitive Dissonanz wichtig: Lernende müssen das Problem selbst nachvollziehen können/selbst spüren
=>Nicht in allen Texten sind Widersprüche enthalten (Probleme dürfen folglich nicht kreiert werden)
=>Verstehensprobleme werden von Lernenden nicht immer textangemessen gelöst
"Bsp.: Auf der einen Seite ist da die große pathetische Vision von Faust. Auf der anderen Seite steht der blinde, müde Faust, der die Situation verkennt. Wie geht das zusammen?
Support - Pro und Contra
Pro[1]
Contra
notwendige Orientierung/ Hilfestellung aufgrund von Komplexität des Textverstehensprozesses
Lenkung, die selbstständiges Texterschließen nicht fördert und die „Freiraum und Motivation für eine subjektive Deutung deutlich ein[schränkt]“[2]
negativer Einfluss auf Motivation
stehen mit Leitideen des Literaturunterrichts im Konflikt: Eigenständigkeit der Texterschließung und Offenheit könnten verloren gehen
SuS arbeiten schematisch etwas ab
Reduzieren Texte auf ein Wissen " mit allem, was man den SuS anbietet, setzt man ihnen einen Relevanzfokus
=>Empirische Frage nach Wirkung von Support im Hinblick auf Verstehensleistung und Motivation und Kompetenzerleben
Der Verstehenssupport hat weder nennenswerte positive noch negative Auswirkungen auf die Konstrukte Autonomieerleben, Aufgabenklarheit und Motivation.
Positiv auf tatsächliche Kompetenz und auf Motivation
Mit Support = ein plausibleres und begründeteres Gesamtverständnis entfaltbar
=>für die Erstellung von Aufgaben: „Es kommt […] also darauf an, Demand und Support so aufeinander abzustimmen, dass kognitive Anregung und Chance auf Bewältigung gleichermaßen gegeben sind.“[3]
[1] z.B. Möbius/Steinmetz 2016, Köster 2005, Winkler 2007
[2] Leubner/Saupe 2016, S. 151f.
[3] Winkler 2010, S. 109
Literarische Texte sind nach Zabka 2006:
Ästhetisch gestaltete, fiktionale und mehrdeutige Gebilde mit hohen Verstehensanforderungen und voraussetzungsreichem Sinnpotential
=> Leerstellen, Unbestimmtheit und systematische Indirektheit stellen Herausforderung dar (unter anderem
Mehrdeutigkeit muss ausgehalten werden
Nach Hattie (2009) kam es zum Umdenken:
Statt sehr offenen Aufgaben, wird Lernwirksamkeit durch Lenkung von Lernprozessen durch Lehrkraft deutlich
Ergebnis Steinmetz
Empirische Frage nach Wirkung von Support im Hinblick auf Verstehensleistung und Motivation und Kompetenzerleben[1]
Aktivierungspotenzial von Support kann evtl. die Lösung für Verweigerungshaltungen von SuS bei schwierigen Gedichten sein
SuS fühlen sich also durch Support nicht in ihrer Selbstständigkeit oder Motivation beeinträchtigt, folglich fühlen sich SuS durch offene Aufgabenstellungen weder autonomer noch motivierter
positive Effekte auf die Kompetenz, sowohl auf die erlebte (positiver Einfluss: SuS erleben sich selbst als kompetenter, da der Support ihnen bei der Aufgabenbewältigung mehr helfen als ohne) als auch tatsächliche Kompetenz,
höhere Ausprägungen bei literaturbezogenen Personenmerkmale (wie z.B. Interesse für Literatur) geht mit erhöhten Werten bei der Wirkung des Supports einher.
=> Matthäus-Effekt: Je größer die Kompetenz- und Wissensstände sind, desto größer ist die Wirkung des Supports
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass versch. Supportarten auch unterschiedliche SuS ansprechen und der Grad des erforderlichen fokussierenden Supports vom Lern- und Leistungsstand der SuS abhängt.
für die Erstellung von Aufgaben: „Es kommt […] also darauf an, Demand und Support so aufeinander abzustimmen, dass kognitive Anregung und Chance auf Bewältigung gleichermaßen gegeben sind.“[2]
[1] a. qualitativ, quantitativ, Mixed Methods (quasi-experimentell; Zweigruppen-Plan mit Messwiederholung)
b. Erhebungsverfahren (Die Experimentalgruppe löste einmal eine supportgestützte Interpretationsaufgabe (t1 ) und einmal eine offene Interpretationsaufgabe
[2] Winkler 2010, S. 109
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