Kindlicher Erstsprachenerwerb
geht mit der kognitiven Entwicklung einher
Bilinguales Aufwachsen
Codeswitching (Ständiges hin- und Herwechseln zwischen mehreren Sprachen)
Inhibition (Leistung des Kindes: Es muss eine Sprache unterdrücken, wenn es die zweite Sprache spricht um sich kein negatives Codeswitching anzugewöhnen)
Doppelte Halbsprachigkeit (Suboptimal ist es, wenn Kinder fremdsprachige Eltern trotzdem nur die ortsgebundene Sprache lernen)
Sprachenerwerbstheorien
stellen Erklärungsmodelle für das Lernen allgemein sowie speziell für das Erstsprachenlernen und das Lernen weiterer Sprachen dar
Behaviourismus
Nativismus
Konstruktivismus
Kognitivismus
Nativismus (Noam Chomsky) / Nativistische Spracherwerbstheorie
Grundannahme: Menschen verfügen über sprachezogene, genetische Voraussetzungen, die ihnen den Spracherwerb ermöglichen
genetisches Programm, das nicht nur beim Erwerb der Erst-, sondern auch weiterer Sprachen wirksam ist (Identitätshypothese: Der nativistischen Auffassung zufolge unterscheiden sich Erstspracherwerb und der Erwerb weiterer Sprachen nicht grundsätzlich)
Theorie wird auch als generative Linguistik bezeichnet
Chomsky kritisiert Behaviourismus, der davon ausgeht, dass Spracherwerb nur durch Erfahrung mit der Umwelt geschieht; er will mehr Fokus auf kindlichen Erstsprachenerwerb
Behaviourismus = Nurture, Nativismus = Nature
Feststellung: Kinder bilden schnell, unabhängig von der Sprache eine Grammatik auf, sie können Äußerungen generieren, die sie noch nie zuvor gehört haben
Chomskys Schlussfolgerungen
Der Sprachinput, mit dem Kinder konfrontiert werden ist unvollständig, fehlerhaft und nicht ausreichend für den Spracherwerb -> Jedes Kind muss von Geburt an ein Wissen um Sprache und Grammatik haben
Es gibt ein Modul im Gehirn (LAD = Language Acquisition Device = Spracherwerbsmechanismus = Universalgrammatik), das das für den Spracherwerb erforderliche Wissen um Sprache und Grammatik enthält
Hierbei wird zwischen Kompetenz und Performanz unterschieden wird, wobei sich die Kompetenz auf das Wissen über eine Sprache bezieht und die Performanz auf das Können der Sprache -> Ausgehend von Performanz (Sprachverwendung) kann man auf die zugrundeliegende Kompetenz (Sprachwissen/-fähigkeit) schließen;
Sprachliche Kompetenz wird nicht erst durch Umgang mit Sprache erworben, sondern ist als LAD in ihren Gründzügen bereits angeboren
Kinder testen aus und gleichen ihre Sprachproduktion mit der Universalgrammatik ab: Beim Spracherwerb muss das Kind durch das Generieren und Testen von Hypothesen lernen, wie in der jeweiligen Sprache die sprachübergreifenden Prinzipien der Universalgrammatik repräsentiert sind;
Kritik Chomsky
wir verfügen über kein genetisch angelegtes LAD, sondern lernen grammatische Struktur erst
ABER: Menschen haben überall auf der Welt Sprachen ausgebildet und diese verfügen bei aller Verschiedenheit über grundlegende Gemeinsamkeiten -> Der Mensch hat im Laufe der Menschheitsgeschichte die Voraussetzungen für den Erwerb natürlicher Sprachen herausgebildet
Nativismus (Stephen Krashen und Tracy Terrel)
Bei Krashen liegt die Aufmerksamkeit auf der besonderen Situation des institutionalisierten Fremsprachenunterrichts
Sie gehen nicht nur von LAD aus, sondern auch von der Annahme, dass das nicht nur dem Erwerb der Erstsprache dient, sondern den lebenslangen Spracherwerb möglich macht
Plädieren in “The Natural Approach” für ein implizites FS-Lernen
Entworfen das einflussreiche Hypothesenmodell
Natürliche-Erwerbssequenz-Hypothese unterstützt die nativistische Theorie
Input-Hypothese nicht
Hypothesen nach Krashen
Die Spracherwerbs-/Sprachlern-Hypothese (Learning-Acquisition-Hypothese)
Die Natürliche-Erwerbssequenz-Hypothese (Natural-Order-H.)
Die Monitor-Hypothese
Die Input-Hypothese
Affektiver Filter (Affective-Filter-H.)
Learning-Acquisitaion-Hypothese
Erwachsene verfügen über zwei unterschiedliche und getrennte Methoden, Kompetenz in einer L2 zu entwickeln
Lernen (Learning) vs. Erwerben (Acquisition)
Erwerben: Analog zum Erstsprachenerwerb (Gesprochene Sprache wird durch Hören & Verstehen, Schrift durch Lesen & Verstehen angeeignet; Kein Einfluss formalen, expliziten Regelwissens; Sprache wird durch das Eintauchen (Immersion) erworben) -> Königsweg
Lernen: Aktiviert das LAD nicht (Lernen sorgt für Sprachwissen, aber kein Sprachkönnen) -> schwerfälliger
Non-Interface-Modell: Kein Austausch zwischen Gelerntem und Erworbenem (Sprachwissen führt nicht zu Sprachkönnen vv)
Kritik:
Non-Interface-Modell widerspricht jeglicher Habitualisierung (=Automatisierung), die in der Realität stattfindet -> Es findet wohl Interaktion zwischen Lernen und Erwerben statt
Die kategorische Non-Interface-Trennung ließ sich in Experimenten nicht rekonstruieren
Natürliche-Erwerbssequenz-Hypothese (Natural-Order-Hypothesis)
Wie beim L1-Erwerb gibt die Natur die für das Lernen günstige Reihenfolge des Grammatikerwerbs vor (nativistischer, nicht von der Umwelt beeinflusster Spracherwerbsprozess). Der Erwerb grammatischer Strukturen folgt einer vorhersehbaren Sequenz
Es gibt einige Regeln, aber die Sequenzen haben keinen Absolutheitsanspruch
Es lassen sich keine Folgerungen für die Gestaltung des Unterrichts ableiten, da sich der Sprachunterricht generell nicht von sprachlichen Strukturen und Formen (also auch nicht von einer natürlichen Erwerbssequenz) leiten lassen sollte
Aber:
Morphologie wird z.B. unabhängig von der Herkunftssprache von Kindern und Erwachsenen etwa in der gleichen Reihenfolge gelernt
Dass eine feste Reihenfolge den Spracherwerb leitet, wird nicht grundsätzlich in Zweifel gezogen
Monitor-Hypothese
Erklärt die Funktion von erlerntem Wissen für eine Sprachäußerung
Input -> LAD -> Erworbenes System -> L2-Produktion vs. Gelerntes System -> L2-Produktion
Sprachenlernen hat nur eine Funktion: Im Zuge des Erlernens von Sprachwissen bildet sich eine Art Monitor im menschlichen Bewusstsein, der Äußerungen auf ihre formale Richtigkeit hin kontrolliert
Sprachlicher Monitor: Alles, was Output werden soll, muss geprüft werden (schwerfällig)
Bewusstgemachtes abstraktes Grammatikwissen dient nur der Überprüfung der Richtigkeit der Erlernten, nicht aber der Flüssigkeit (Fluency)
Output kann irgendwann auch ohne Sprachmonitor generiert werden, wenn das Gelernte zu Erworbenem geworden ist und man nicht mehr darüber nachdenken muss (Kritik am Non-Interface-Modell)
Regelwissen kann durchaus auch beim Verständnis einer Äußerung helfen, nicht allein bei der Überprüfung und Korrektur sprachlicher Äußerungen
Input-Hypothese
Der Spracherwerb erfolgt nur durch einen Prozess, und zwar durch das Verstehen von Information, d.h. durch verständlichen Input.
Spracherwerb erfolgt NICHT durch Sprachunterricht und die Einführung in grammatische und lexikalische Gesetzmäßigkeiten und NICHT durch das Reproduzieren von Input.
Input darf weder zu viel Bekanntes, noch zu viel Unbekanntes enthalten, sonst treibt er die Sprachentwicklung nicht an (Input sollte die gegnwärtige Sprachkompetenz in dem Maße übersteigen, dass Unbekanntes aus dem Kontext geschlossen werden kann)
Im Sprachunterricht sollte der Fokus entsprechend auf Inhalt, nicht auf Form gelegt werden
Spracherwerb erfolgt zum Teil durch Verstehen, aber für einen erfolgreichen Spracherwerb muss aus Input auch Intake werden
Nach Krashen macht jeder Mensch denselben Lernprozess durch, also ist Input gleich Output
Der Input-Hypothese stehen die Interaction. und die Comprehensible-Output-Hypothese gegenüber, die eine eigene Beteiligung der Lernenden und eigenen Output als förderlich für den Spracherwerb betrachten
Zusatz letzte Kritik:
Interaktionshypothese: In angstfreien Situationen regulieren Input-Empfänger*innen den Input selbst mit, z.B. durch Fragen. Die bedeutende Rolle der Interaktion wurde durch Studien belegt
Output-Hypothese: Spracherwerb wird durch besondere Klärungs- und Formulierungsanstrengungen beim Output vorangetrieben
Affektiver Filter (Affective-Filter-Hypothesis)
Affektive Faktoren können eine negative Rolle beim Spracherwerb spielen
Motivationen, Bedürfnisse, Haltungen und Emotionen beeinflussen fundamentl das Lernen, können es behindern oder fördern. Sie wirken als affektive Filter
Durch negative Filter wie Angst, wird die Sprachaufnahme negativ beeinflusst. Wünschenswert ist eine angstfreie Spracherwerbsumgebung
Heutige Forschung stimmt zu, dass negative Emotionen negative Auswirkungen haben (das limbische System bockiert unter Stress), aber ein angenehmes Lernklima ist förderlich für den Spracherwerb
Interlanguage (Selinker)
“Beim Erwerb einer zweiten Sprache bildet der Lerner ein spezifisches Sprachsystem heraus, das Züge von Grund- und Zweitsprache sowie eigenständige, von Grund- und Zweitsprache unabhängige sprachliche Merkmale aufweist.”
(=ein spezifisches Sprachsystem, das Lernende beim Erwerb einer ZS herausbilden)
Deutsch = Interimsprache
Das Konzept beschreibt den Weg von der L1 zur L2 als Treppenstufenmodell mit Plateaus. Die Plateaus stellen die Interimsprache dar. Jeder Lernende baut seine eigene, individuelle Interimsprache aus.
Charakteristisch für eine Interlanguage sind ihr/e:
Systematizität
transitorischer, instabiler Charakter
Eigenständigkeit ggü. Grund- und Zielsprache
Variabilität
Durchlässigkeit
Veränderbarkeit durch Lern- und Kommunikationspläne
5 psycholinguistische Prozesse, die sich in den Besonderheiten einer Interlanguage widerspiegeln können
Transfer aus anderen Sprachen
Regeln oder Gewohnheiten werden aus der Muttersprache (oder anderen beherrschten Sprachen) in die Systematik der Interlanguage inkorporiert bzw. übernommen
Transfer aus der Lernumgebung
Ungeeignete Lehrmaterialien bzw. Übungsformen können zu Sondermerkmalen der Interlanguage führen
Lernstrategien
Der Lerner findet selbst Regeln heraus, überprüft und bestätigt oder revidiert sie
Kommunikationsstrategien
Wenn Lerner etwas sagen wollen und ihnen die dazu benötigten fremdsprachlichen Mittel fehlen, dann müssen sie mit diesem Kommunikationsproblem fertig werden. Zur Bewältigung einer solchen Situation werden verschiedene Straegien verwendet
Übergeneralisierungen
Weitere wichtige (problematische) Konzepte: Fossilisierung (Stillstand) und Backsliding (durch nicht-Gebrauch)
Lernübertragung
Transfer:
Übertragungen aus der Muttersprache oder vorher gelernten Fremdsprachen
kann inter- oder intralingual sein
ist eher positiv konnotiert
Interferenz:
eher negativ konnotiert, als Fehler (=negativer Transfer)
z.B. Satzstrukturen, die in AS richtig und ZS falsch sind oder False Friends
Die Inferenzbereitschaft ist wie die Kommunikationsbereitschaft förderlich für den Lernerfolg (Sprachübergreifendes Lernen und Sprachvergleich )
Gibt es wenig Kontrast zwischen L1 und L2 ist die L2 zwar leichter zu lernen, die Gefahr von Verwechslungen und dann Fossilierungen steigt jedoch
Didaktische Tipps:
Transfermöglichkeiten und Interferentrisiken bewusst machen, somit intensive Einprägung von problematischen Strukturen
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