Wo sind die (meisten prüfungsrelevanten) Verfahrensarten im Gesetz genannt?
Art. 93 I GG: meisten prüfungsrelevanten Verfahrensarten
Art. 93 I Nr. 5 GG: verweist auf weitere grungesetzlich geregelte Verfahren (z.B. Art. 100 I GG)
Art. 93 III GG: dem BVerfG können noch weitere Fälle durch einfache Bundesgesetze zugewiesen werden (Sonderzuweisungen)
§ 13 BVerfG: einzelne Verfahren
Was ist die primäre Aufgabe des BVerfG?
Ist das BVerfG eine Superrevisionsinstanz?
Wann wird das BVerfG tätig?
Das BVerfG
prüft und entscheidet primär, ob staatliches Handeln mit dem Grundgesetz übereinstimmt
ist keine Superrevisionsinstanz (= überprüft, ob andere Gerichte richtig entschieden haben)
wird nicht von Amts wegen (= von sich aus) tätig; entscheidet nur, wenn es von einem Antragsteller in zulässiger Art und Weise angerufen wird
Was ist der Unterschied zwischen BVerfG und Landesverfassungsgerichten?
BVerfG
Landesverfassungsgerichte
prüft, ob staatl. Handeln mit GG übereinstimmt
prüft, ob Staatsgewalten ihrer Länder die LV beachten
kontrolliert Handeln von Staatsorganen sowohl der Länder als auch des Bundes
kontrolliert nur das Handeln von Staatsorganen der Länder; kann Staatsorgane des Bundes nicht kontrollieren
Prüfungsmaßstab: nur das GG
Prüfungsmaßstab: Landesverfassungsrecht
Welcher Aufbau ist bei der Prüfung der in Betracht kommenden Verfahrensarten zu wählen (BVerfG oder GG zuerst)?
zunächst Vorschriften des BVerfGG
—> denn BVerfGG konkretisiert die allgemeinen prozessualen Vorgaben des GG
—> sind die Voraussetzungen einer Vorschrift des BVerfGG nicht erfüllt, muss geprüft werden, ob
Voraussetzungen der Parallelvorschrift des GG erfüllt sind
—> wenn (+): Erörterung,
ob grundgesetzliche Vorschrift als ranghöhere Norm gegen Vorschrift des BVerfGG durchsetzt, oder
ob die engere Vorschrift des BVerfGG eine nach Art. 94 II GG zulässige Konkretisierung der grundgesetzlichen Vorschrift ist
a) Organstreitverfahren,
Art. 93 I Nr. 1 GG, § 13 Nr. 5, §§ 63 ff. BVerfGG
Wer streitet beim Organstreitverfahren um was?
Nenne ein Beispiel.
Organstreitverfahren
= oberste Bundesorgane, Teile dieser Bundesorgane oder andere Beteiligte, die den obersten Bundesorganen gleichgestellt sind, streiten um grundgesetzliche Rechte und Pflichten
Beispiele:
Bundestag klagt gegen Bundesregierung, weil sie einen Auslandseinsatz der Bundeswehr ohne Beteiligung des Bundestages beschlossen hat
Bundesrat klagt gegen Bundespräsidenten, weil er ein Gesetz, das der Bundesrat für zustimmungspflichtig hält, ohne Zustimmung des Bundesrates ausgefertigt und verkündet hat
Bundestagsabgeordneter klagt gegen Bundestagspräsidenten, weil dieser ihn von der laufenden Bundestagssitzung ausgeschlossen hat
verschiedene Bundestagsabgeordnete klagen gegen den Bundestag, weil er ein Gesetz beschlossen hat, das die Abgeordneten zur Offenlegung ihrer Nebeneinkünfte zwingt
Wie ist das Schema des Organstreitverfahrens aufgebaut?
Schema:
Organstreitverfahren, Art. 93 I Nr. 1 GG, § 13 Nr. 5, §§ 63 ff. BVerfGG
I. Zulässigkeit
Parteifähigkeit
—> Antragsteller und Antragsgegner: § 63 BVerfG, Art. 93 I Nr. 1 GG (Problem: § 63 BVerfGG ist enger als Art. 93 I Nr. 1 GG)
Antragsgegenstand
—> Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners, § 64 I BVerfGG
Antragsbefugnis
—> Möglichkeit der Verletzung oder Gefährdung des Antragstellers in seinen grundgesetzlichen Rechten (oder dem Organ, dem er angehört - Prozessstandschaft), § 64 I BVerfGG
Form und Frist
—> § 23 I, 64 II BVerfGG
—> § 64 III BVerfGG
II. Begründetheit
(+), wenn beanstandete Maßnahem oder Unterlassung den Antragsteller (bzw. Organ, dem er angehört) tatsächlich in seinen grundgesetzlichen Rechten verletzt oder gefährdet
1. Parteifähigkeit
Wonach bestimmt sich die Parteifähigkeit (wer sind Antragssteller und Antragsgegner) beim Organstreitverfahren?
Was ist dabei (im Hinblick GG vs. BVerfGG) unbedingt zu beachten?
aus dem BVerfGG —> Art. 63 BVerfGG
= Antragssteller können nur sein: Bundespräsident, Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung sowie Teile dieser Organe (soweit diesen im GG oder den Geschäftsordnungen eigene Rechte eingeräumt sind)
! Art. 93 I Nr. 1 GG ist weiter gefasst als § 63 BVerfGG
aus dem GG —> Art. 93 I Nr. 1 GG
neben den in § 63 BverfGG ebenfalls oberste Bundes- und Verfassungsorgane nach dem GG:
—> müssen spezifische grundgesetzliche Kompetenzen gegenüber anderen Organen(/Teilen) haben
—> z.B.Bundesversammlung (Art. 54 GG); Bundeskanzler (Art. 63, 65 GG); Gemeinsamer Ausschuss (Art. 53a GG); Bundesrechnungshof (Art. 114 II GG)
auch sonstige Beteiligte, denen das GG oder eine Geschäftsordnung eines obersten Bundesorganes eigene Rechte einräumt
—> müssen obersten Bundesorganen oder deren Teilen zumindest partiell gleichstehen; ihre Rechtsstellung muss unmittelbar im GG begründet sein und sie müssen über besondere grundgesetzliche Befugnisse verfügen
Nenne ein Beispiel für Organteile. Zu welchem obersten Bundesorgan gehören sie und woraus stammen ihre Rechte?
Beispiele für Organteile:
Fraktionen
—> Teile des Bundestages; eigene Rechte aus GOBT (§§ 25 f., 35, 78 ff. GOBT)
Bundeskanzler
—> Teil der Bundesregierung; Rechte aus Art. 65 1 GG
Bundesminister
—> Teile der Bundesregierung; Rechte aus Art. 65 2 GG
Bundestagspräsident
—> Teil des Bundestages; Rechte aus Art. 40 II GG
einzelne Abgeordnete
—> Teile des Bundestages; Rechte aus Art. 38 I 2 GG
Was geht vor, wenn ein Antragsteller unter Art. 93 I Nr. 1 GG fällt, aber nicht unter § 63 BVerfGG?
—> Fällt ein Antragssteller unter Art. 93 I Nr. 1 GG, nicht aber unter § 63 BVerfGG, geht Art. 93 I Nr. 1 GG vor
=> er ist Verfassungsrecht, § 63 BVerfGG dagegen nur einfaches Gesetzesrecht (vgl. Normenpyramide)
Welchen Meinungsstreit gibt es hinsichtlich politischer Parteien im Rahmen der Parteifähigkeit?
=> Parteien fallen nicht unter § 63 BVerfGG; sie sind kein Teil des Bundestages
e.A. (BVerfG)
a.A. (Literatur)
—> Parteien sind “andere Beteiligte” i.S.d. Art. 93 I Nr. 1 GG, wenn es um ihre spezifischen verfassungsrechtlichen Positionen und Rechte aus Art. 21 GG geht (ansonsten auch VB)
—> nur wenn Antragsgegner auch parteifähig ist (sonst VB)
—>davor muss Rechtsweg erschöpft werden, § 90 II BVerfGG
=> können diese Rechte im Organstreitverfahren geltend machen
—> Parteien könnenniemals Beteiligte eines Organstreitverfahrens sein
=> sind auf Erhebung der VB beschränkt
Argumente:
Parteien durch Art. 21 GG “Rang verfassungsrechtlicher Institution”
—>“andere Beteiligte”
Entfällt Weg des Organstreitverfahrens für Parteien könnten sie nicht gegen einen Verstoß gegen ihre Rechte aus Art. 21 GG vorgehen; eine VB kann nur auf eine Verletzung von Art. 21 GG i.V.m. Grundrechten gestützt werden, Art. 21 GG allein ist im Katalog des Art. 93 I Nr. 4a GG nicht aufgezählt
Parteien sind keine Staatsorgane und können deswegen auch keine Verfassungsorgane sein
—>Voraussetzung für Organstreit entfällt
Wortlaut des § 63 BVerfGG
Parteien durch VB ausreichend geschützt
—>keine Notwendigkeit Parteien contra legem Parteifähigkeit zu Organstreitverfahren zuzusprechen
2. Antragsgegenstand
Was ist Antragsgegenstand des Organstreitverfahrens?
=
muss konkrete und rechtserhebliche Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners sein; dies kann auch der Beschluss eines Gesetzes durch den Bundestag sein
3. Antragsbefugnis
Wann liegt Antragsbefungnis im Rahmen des Organstreitverfahrens vor?
liegt vor, wenn der Antragssteller gem. § 64 I BVerfGG geltend machen kann, durch die Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners in seinen grundgesetzlichen Rechten oder Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet zu sein
=> es muss hier lediglich die Möglichkeit einer Grundgesetzverletzung dargelegt werden; ob das Grundgesetz tatsächlich verletzt ist, wird erst bei der Begründetheit geprüft
! Es muss sich um grundgesetzliche Rechte handeln
—>nur in Geschäftsordnung genannte Rechte genügen nicht
—> Grundrechtescheiden als verletzte Rechte ebenfalls aus (Bundesorgane und deren Teile können sich nicht auf GR berufen)
(Ausnahme: GR die Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips sind, wie etwa Art. 3 I GG)
Wann scheidet die Möglichkeit einer Verletzung von grundgesetzlichen Rechten des Antragsstellers von vorneherein aus?
—> die Möglichkeit einer Verletzung von grundgesetzlichen Rechten des Antragsstellers scheidet von vorneherein aus, wenn das angegriffene Verhalten des Antragsstellers rechtlich nicht erheblich ist, z.B. bei einer bloßen Rüge bzw. Ermahnung eines Abegordneten durch den Bundestagpräsidenten (da keinerlei rechtliche Auswirkungen)
Was ist Prozessstandschaft? Nenne ein Beispiel dafür.
Prozessstandschaft
= Antragssteller, der ein Organteil ist, kann nicht nur eigene grundgesetzliche Rechte geltend machen; sondern kann gem. § 64 I BVerfGG auch Rechte des Organs, dem er angehört, geltend machen ( ! auch gegen dessen Willen)
Fraktion macht geltend, Bundestag (nicht Fraktion selbst) sei dadurch in seinen Rechten verletzt, dass die Bundesregierung einen Auslandseinsatz der Bundeswehr ohne Beteiligung des Bundestages beschlossen hat
Fraktion macht geltend, der Bundespräsident habe dadurch Rechte des Bundestages verletzt, dass er einen mit absoluter Mehrheit gewählten Kanzlerkandidaten nicht zum Bundeskanzler ernannt hat
Bundesregierung ordnet die Entsendung von Bundeswehrsoldaten in das Ausland ohne vorherige Beschlussfassung des Bundestages an; Fraktion macht geltend, Bundesregierung hat grudgesetzliches Recht des Bundestages auf vorherige Zustimmung zum Einsatz der Bundeswehr verletzt
Kann im Wege der Prozessstandschaft geltend gemacht werden, ein Mehrheitsbeschluss des Organs, dem der Prozessstandschafter angehört, verletze Rechte eben dieses Organs?
=> Nein, derartige Prozesse sind unzulässige Insichprozesse; der Antragssteller rügt eine Selbstschädigung desjenigen Bundesorgangs, dem er angehört
(vgl. a.A.: BVerfG)
Können Abgeordnete Rechte des Bundestages, dem sie angehören, geltend machen?
Nein:
Abgeordnete können nur eigene Rechte geltend machen, nicht dagegen auch Rechte des Bundestages, dem sie angehören und dessen Teile sie sind
—> nur die nach der Geschäftsordnung ständig vorhandenen Gliederungen des Bundestages sind dazu berufen, Rechte des Bundestages geltend zu machen
Ja:
dass Abgeordnete Teile des Bundestages sind, ist eine Selbstverständlichkeit
dass die in § 63 BVerfGG genannten Organteile ständig vorhandene Gliederungen im Sinne eines kollegialen Organteils sind, verlangt weder § 63 BVerfGG noch § 64 I BVerfGG
4. Form und Frist
Was gilt hinsichtlich der Form und Frist im Rahmen des Organstreitverfahrens?
Form: §§ 23 I, 64 II BVerfGG
Frist: § 64 III BVerfGG
! nur wenn entsprechende Angaben im SV; ansonsten zu unterstellen, dass eingehalten
5. Rechtsschutzbedürfnis
Was ist das Rechtsschutzbedürfnis? Nenne ein Beispiel.
Wann fehlt das Rechtsschutzbedürfnis?
= allgemeiner, ungeschriebener Grundsatz, der in allen gerichtlichen Verfahren gilt
—>fehlt, wenn die Inanspruchnahme des Gerichts dem Kläger oder Antragssteller jetzt nichts mehr nützt oder wenn es einen einfacheren Weg gibt (oder gegeben hätte), das angestrebte Ziel zu erreichen
—> i.d.R. gegeben, wenn übrige Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt sind
Beispiel:
Bundestagsabgeordneter wird vom Bundestagspräsidenten von der laufenden Sitzung ausgeschlossen; nach Beendigung der Sitzung hat der Sitzungsausslchuss keine Rechtswirkung mehr
=> der Abgeordnete hat dennoch ein Rechtsschutzbedürfnis an der bundesverfassungsgerichtlichen Feststellung, dass der Sitzungsauschluss rechtswidrig war, denn es besteht Rehabilitationsinteresse und nicht selten Wiederholungsgefahr
! nur wenn entsprechende Angaben im SV; ansonsten zu unterstellen, dass gegeben
Wann ist ein Antrag im Rahmen des Organstreitverfahrens begründet?
—> der Antrag ist begründet, wenn das angegriffene Verhalten des Antragsgegners den Antragsteller (oder im Falle der Prozessstandschaft das Organ, dessen Teil der Antragssteller ist, tatsächlich in seinen grundgesetzlichen Rechten verletzt
b) Abstrakte Normenkontrolle,
Art. 93 I Nr. 2 GG, § 13 Nr. 6, §§ 76 ff. BVerfGG
Was wird vom BVerfG bei der abstrakten Normenkontrolle nach Art. 93 I Nr. 2 GG, § 13 Nr. 6, §§ 76 ff. BVerfGG geprüft?
abstrakte Normenkontrolle
= das BVerfG prüft, ob Bundesgesetze mit dem Grundgesetz und ob Landesgesetze mit dem Grundgesetz und sonstigem Bundesrecht vereinbar sind
Bundesregierung ist der Auffassung, Bundesland X habe für ein bestimmtes Landesgesetz keine Gesetzgebungskompetenz besessen; das Gesetz verstoße daher gegen Art. 30, 70 GG
Bundesregierung ist der Auffassung, ein bestimmtes Landesgesetz verstoße gegen eine Bundesrechtsverordnung
Regierung des Bundeslandes A ist der Auffassung, ein Gesetz des Bundeslandes B verstoße gegen Art. 12 GG
Wie ist das Schema der abstrakten Normenkontrolle nach Art. 93 I Nr. 2 GG, § 13 Nr. 6, §§ 76 ff. BVerfGG aufgebaut?
Abstrakte Normenkontrolle, Art. 93 I Nr. 2 GG, § 13 Nr. 6, §§ 76 ff. BVerfGG
Antragsteller
—> § 76 II BVerfGG, Art. 93 I Nr. 2 GG
—> Bundes- oder Landesrecht (Normen) grundsätzlich jeder Rangstufe
Klarstellungsinteresse
—> Meinungsverschiedenheiten oder Zweifel über die Grundgesetzmäßigkeit des Bundes- oder Landesrechts oder über die Vereinbarkeit von Landesrecht mit sonstigem Bundesrecht (Problem: § 76 I Nr. 1, 2 BVerfGG geht über die Anforderungen des Art. 93 I Nr. 2 GG hinaus)
Form
—> § 23 I BVerfGG
(+), wenn das Gesetz gegen das Grundgesetz verstößt oder wenn Landesrecht mit sonstigem Bundesrecht unvereinbar ist
1. Antragssteller
Wer sind bei der abstrakten Normenkontrolle nach Art. 93 I Nr. 2 GG, § 13 Nr. 6, §§ 76 ff. BVerfGG Antragsteller und Antragsgegener?
Antragssteller:
= gem. § 76 I BVerfGG, Art. 93 I Nr. 2 GG nur:
Bundesregierung, eine Landesregierung oder ein Viertel der Mitglieder des Bundestages
Antragsgegner:
= gibt es nicht
Was ist bei der abstrakten Normenkontrolle nach Art. 93 I Nr. 2 GG, § 13 Nr. 6, §§ 76 ff. BVerfGG Antragsgegenstand?
es muss sich um eine Rechtsvorschrift handeln; dies kann sein
Bundesrecht (jeder Rangstufe):
Vorschriften des GG (i.d.R. verfassungsändernde Gesetze)
Formelle Bundesgesetze
Rechtsverordnungen und Satzungen des Bundes
Geschäftsordnungen der Verfassungsorgane (z.B. GOBT)
oder
Landesrecht (jeder Rangstufe)
Vorschriften der Landesverfassungen
Formelle Landesgesetze
Rechtsverordnungen und Satzungen der Länder
Geschäftsordnungen der Landesverfassungsorgane
3. Klarstellungsinteresse
Wann liegt Klarstellungsinteresse im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle nach Art. 93 I Nr. 2 GG, § 13 Nr. 6, §§ 76 ff. BVerfGG vor?
liegt vor, wenn
Art. 93 I Nr. 2 GG:
—> ernstzunehmendeMeinungsverschiedenheiten oder Zweifel über die Rechtmäßigkeit der zur Überprüfung gestellten Rechtsnorm bestehen
—> beantragt wird, dieGültigkeit (Rechtmäßigkeit) eines bestimmten Gesetzes festzutstellen (§ 76 I Nr. 2 BVerfGG)
§ 76 I BVerfGG:
—> der Antragssteller das angegriffene Gesetz fürnichtig hält
! § 76 I BVerfGG ist strenger (enger) als Art. 93 I Nr. 2 GG
=> i.d.R. aber davon auszugehen, dass Antragsteller, der die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes behauptet, dieses auch für nichtig hält
Wie ist die Frage der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes zu entscheiden (im Hinblick darauf dass § 76 I Nr. 1 BVerfGG strenger ist), wenn es ausdrücklich heißt, der Antragsteller habe Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes?
=> Die Frage der Verfassungsmäßigkeit muss von § 76 I Nr. 1 BVerfGG entschieden werden
—> dabei3 gleichwertige Auffassungen vertretbar:
(1) § 76 I Nr. 1 BVerfGG ist eine zulässige Konkretisierung i.S.v. Art. 94 II 1 GG und deshalb uneingeschränkt verfassungsmäßig und anwendbar
(2) § 76 I Nr. 1 BVerfGG ist dahingehend verfassungskonform auszulegen, dass die in ihm genannte strenge Zulässigkeitsvoraussetzung nicht abschließend ist, sondern nur neben der großzügigeren Formulierung des Art. 93 I Nr. 2 GG steht und damit den Rückgriff auf Art. 93 I Nr. 2 GG nicht ausschließt
(3) § 76 I Nr. 1 BVerfGG ist teilnichtig und unanwendbar, soweit er strengere Voraussetzungen aufstellt als Art. 93 I Nr. 2 GG
! gilt für Gültigkeitsfeststellung analog
Was gilt hinsichtlich Form und Frist im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle nach Art. 93 I Nr. 2 GG, § 13 Nr. 6, §§ 76 ff. BVerfGG?
Form: § 23 I BVerfGG
Frist: es gelten keine Fristen
Wann ist ein Antrag im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle nach Art. 93 I Nr. 2 GG, § 13 Nr. 6, §§ 76 ff. BVerfGG begründet?
Rechtsnorm des Bundes:
—> wird eine Rechtsnorm des Bundes angegriffen, ist der Antrag begründet, wenn die Rechtsnorm gegen das Grundgesetz verstößt
Rechtsnorm eines Landes:
—> wird eine Rechtsnorm eines Landes angegriffen, ist der Antrag auch dann begründet, wenn die Rechtsnorm gegen sonstiges Bundesrecht verstößt (oder GG)
b) Sonderfall: Abstrakte Normenkontrolle,
Art. 93 I Nr. 2a GG, § 13 Nr. 6a, §§ 76 II BVerfGG
Was wird vom BVerfG beim Sonderfall der abstrakten Normenkontrolle nach Art. 93 I Nr. 2a GG, § 13 Nr. 6a, §§ 76 II BVerfGG geprüft?
Sonderfall der abstrakten Normenkontrolle
= das BVerfG prüft nur, ob das in Rede stehende Bundesgesetz mit Art. 72 II GG übereinstimmt (ob also ein Erfordernis einer bundesgesetzlichen Regelung besteht)
Wie ist das Schema für den Sonderfall der abstrakten Normenkontrolle nach Art. 93 I Nr. 2a GG, § 13 Nr. 6a, §§ 76 II BVerfGG aufgebaut?
Sonderfall der abstrakten Normenkontrolle,
—> § 76 II BVerfGG, Art. 93 I Nr. 2a GG
—> nur formelle Bundesgesetze
—> Meinungsverschiedenheiten über die Vereinbarkeit des Gesetzes mit § 72 II GG (Problem: § 76 II BVerfGG ist strenger als Art. 93 I Nr. 2a GG)
(+), wenn das Gesetz gegen Art. 72 II GG verstößt
Was sind Antragssteller und Antragsgegenstand beim Sonderfall der abstrakten Normenkontrolle nach Art. 93 I Nr. 2a GG, § 13 Nr. 6a, §§ 76 II BVerfGG?
Mit welchem Verfahren kann ein Verstoß gegen Art. 72 II GG noch geltend gemacht werden?
= können nur Bundesrat, Landesregierungen oder Volksvertretungen der Länder (Landtage) sein
Antragsgegenstand:
= nur formelle Bundesgesetze
(zu Klarstellungsinteresse und Form s. ANK analog)
! —> ein Verstoß gegen Art. 72 II GG kannauch mit einem Antrag nach Art. 93 I Nr. 2 GG geltend gemacht werden (ggf. durch die nicht in Art. 93 I Nr. 2a GG genannte Bundesregierung oder ein Viertel der Bundestagsmitglieder)
—> beide Anträge können auch miteinander verbunden werden
Wann ist ein Antrag im Rahmen des Sonderfalls der abstrakten Normenkontrolle nach Art. 93 I Nr. 2a GG, § 13 Nr. 6a, §§ 76 II BVerfGG begründet?
—> der Antrag ist begründet, wenn das Gesetz tatächlich gegen Art. 72 II GG verstößt
c) Bund-Länder-Streit,
Art. 93 I Nr. 3 GG, § 13 Nr. 7, §§ 68 ff. BVerfGG
Worum geht es beim Bund-Länder-Streit?
Bund-Länder-Streit
= beim Bund-Länder-Streit geht es um verfassungsrechtliche Streitigkeiten zwischen dem Bund und einem Land (bzw. mehreren Ländern)
! —> übernichtverfassungsrechtliche Streitigkeiten im Bund-Länder-Verhältnis entscheidet das BVerwG, § 50 I Nr. 1 VwGO
—> für Streitigkeitenzwischen einzelnen Ländern ist Art. 93 I Nr. 4, Var. 2 GG einschlägig
Bundesumweltminister weist Umweltminister des Landes X an, die Betriebsgenehmigung für ein im Land X gelegenes Atomkraftwerk zu widerrufen, Umweltminister kommt dieser Weisung nicht nach; Bund ruft gegen Land X das BVerfG gem. Art. 93 I Nr. 3 GG an
Land X erlässt ein formelles Gesetz; Bundesregierung meint, X habe keine Gesetzgebungskompetenz besessen und ruft das BVerfG gem. Art. 93 I Nr. 3 GG an (möglich auch AK)
Stadtrat der Stadt S im Bundesland X will Bürger nach ihrer Zufriedenheit mit der Arbeit der Bundesregierung befragen; Bundesregierung hält Vorhaben für grundgesetzwidrig und verlangt von Landesregierung, Umfrage zu verhindern, welche dies ablehnt; Bundesregierung ruft gegen Land X das BVerfG gem. Art. 93 I Nr. 3 GG an
Wie ist das Schema des Bund-Länder-Streits aufgebaut?
Bund-Länder-Streit, Art. 93 I Nr. 3 GG, § 13 Nr. 7, §§ 68 ff. BVerfGG
—> Bund und Länder, jeweils vertreten durch ihre Regierungen, § 68 BVerfGG
—> Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners, § 69 BVerfGG i.V.m. § 64 I BVerfGG
—> Möglichkeit der Verletzung oder Gefährdung des Antragsstellers in seinen grundgesetzlichen Rechten oder Pflichten, § 69 BVerfGG i.V.m. § 64 I BVerfGG
Vorverfahren
—> nur bei Streitigkeiten um die Ausführung von Bundesgesetzen durch die Länder, Art. 84 IV GG
—> §§ 23 I, 69, 64 II BVerfGG
—> §§ 69, 64 III, 70 BVerfGG
(+), wenn der Antragssteller tatsächlich in seinen grundgesetzlichen Rechten verletzt oder gefährdet ist
Wonach bestimmt sich die Parteifähigkeit (wer sind Antragssteller und Antragsgegner) beim Bund-Länder-Streit?
—>§ 68 BVerfGG: sowohl Bund als auch die Bundesregierung bzw. Land oder Landesregierung (Wortlaut nicht eindeutig)
=> nicht die jeweiligen Regierungen sind Partei; Partei sind vielmehr:
der Bund, vertreten durch die Bundesregierung
ein Land, vertreten durch die Landesregierung
Was ist Antragsgegenstand des Bund-Länder-Streit?
§§ 69, 64 I BVerfGG: konkrete rechtserhebliche Maßnahme oder Unterlassung der Gegenpartei (Bund bzw. Land)
—> verschärfen die in Art. 93 I Nr. 3 GG genannten Anforderungen (dort genügen Maßnahmen im Bund-Länder-Verhältnis)
! muss sich nicht zwingend um Maßnahme im Zusammenhang mit der Ausführung von Bundesrecht durch die Länder oder mit der Ausübung der Bundesaufsicht handeln (nur ein möglicher Anwendungsfall —> “insbesondere” Art. 93 I Nr. 3 GG)
Wann liegt Antragsbefungnis im Rahmen des Bund-Länder-Streits vor?
liegt vor, wenn der Antragsteller geltend machen kann (Möglichkeitstheorie), durch das Verhalten des Antragsgegners in seinen grundgesetzlichen Rechten oder Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet zu sein, §§ 69, 64 I BVerfGG
! es muss dabei auf grundgesetzliche Bestimmungen oder verfassungsrechtliche Grundsätze (z.B. Grundsatz der Bundestreue), die speziell das Bund-Länder-Verhältnis betreffen, abgestellt werden (dazu gehören auch die Art. 30, 70 ff. GG, GR dagegen nicht)
4. Vorverfahren
Wann ist ein Vorverfahren beim Bund-Länder-Streit notwendig und wie läuft es ab?
= nur bei
Streitigkeiten bei der Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder (was gem. Art. 83 GG der Normalfall ist)
Maßnahmen der Bundesregierung in diesem Bereich (Bundesaufsicht)
muss zunächst der Bundesrat angerufen werden, Art. 84 IV GG
—> erst dann ist ein Antrag nach Art. 93 I Nr. 3 GG zulässig
5. Form und Frist
Was gilt hinsichtlich der Form und Frist im Rahmen des Bund-Länder-Streits?
Form: §§ 23 I, 69, 64 II BVerfGG
Frist: §§ 69, 64 III BVerfGG oder § 70 BVerfGG
Wann ist ein Antrag im Rahmen des Bund-Länder-Streits begründet?
—> der Antrag ist begründet, wen das angegriffene Verhalten des Antragsgegners den Antragsteller tatsächlich in seinen grundgesetzlichen Rechten verletzt
Andere Streitigkeiten gem. Art. 93 I Nr. 4 GG, § 13 Nr. 8, 71 f. BverfGG
Welche anderen Streitigkeiten regeln Art. 93 I Nr. 4 GG, § 13 Nr. 8, 71 f. BverfGG?
Art. 93 I Nr. 4 Var. 1 GG: nennt ein weiteres Bund-Länder-Sreitverfahren
Art. 93 I Nr. 4 Var. 2 GG: betrifft verfassungsrechtliche Streitigkeiten zwischen verschiedenen Bundesländern (über nichtverfassungsrechtliche Streitigkeiten entscheidet BVerwG)
Art. 93 I Nr. 4 Var. 3 GG: betrifft Landesorganstreit (= wenn Verfassungsorgane eines Bundeslandes um Rechte und Pflichten streiten)
! Subsidiaritätsbestimmung des Art. 93 I Nr. 4 GG (“soweit nicht ein anderer Rechtsweg gegeben ist”) —> geringe praktische Bedeutung dieser Verfahrensarten
d) Konkrete Normenkontrolle,
Art. 100 I GG, § 13 Nr. 11, §§ 80 ff. BVerfGG
Worüber entscheidet das BVerfG bei der konkreten Normenkontrolle?
konkrete Normenkontrolle
= bedeutsamster Anwendungsfall von Art. 93 I Nr. 5 GG
—> nach Art. 100 I GG entscheidet das BVerfG über die Verfassungsmäßigkeit formeller Gesetze, wenn sie von den Fachgerichten für verfassungswidrig gehalten und dem BVerfG vorgelegt werden (=> “Richtervorlage”)
Landesgesetz schreibt Erhebung von Studiengebühren vor; gegen Studenten S ergeht aufgrund dieses Gesetzes ein Gebührenbescheid (= Verwaltungsakt); S ficht diesen vor dem Verwaltungsgericht an; dieses hält das Studiengebührengesetz für grundgesetzwidrig und möchte Gebührenbescheid deshalb aufheben; Hierfür muss es das Gesetz dem BVerfG nach Art. 100 I GG vorlegen; erst wenn das BVerfG das Gesetz für verfassungswidrig und nichtig erklärt, das das Verwaltungsgericht den Gebührenbescheid aufheben
Landesgesetz stellt den unbefugten Gebrauch von Sachen unter Strafe; A hat unbefugt ein dem B gehörendes Lehrbuch durchgearbeitet; A wird vor dem Strafgericht wegen Verstoßes gegen das Gesetz angeklagt; Strafgericht möchte A deshalb freisprechen, weil es das Gesetz für grundgesetzwidrig hält (Verstoß gegen Art. 30, 70, 74 I Nr. 1 GG); auch hier muss Strafgericht das Gesetz dem BverfG gem. Art. 100 I GG vorlegen und darf A erst freisprechen, wenn das BVerfG das Gesetz für verfassungswidrig und nichtig erklärt hat
Wie ist das Schema der konkreten Normenkontrolle aufgebaut?
Konkrete Normenkontrolle, Art. 100 I GG, § 13 Nr. 11, §§ 80 ff. BVerfGG
Anhängiges Gerichtsverfahren
Formelles und nachkonstitutionelles Gesetz
—> formelles Bundes- oder Landesgesetz, das nach dem 23.5.1949 verkündet wurde
Überzeugung des Gerichts von der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes
(oder von der Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit sonstigem Bundesrecht)
Entscheidungserheblichkeit des Gesetzes
—> die Entscheidung des Gerichts über den anhängigen Rechtsstreit muss im Falle der Gültigkeit (Verfassungsmäßigkeit) des Gesetzes anders lauten als im Falle der Ungültigkeit (Verfassungswidrigkeit) des Gesetzes
—> §§ 23 I, 80 II BverfGG
(+), wenn das dem BVerfG vorgelegte Gesetz tatsächlich verfassungswidrig ist oder wenn das Landesgesetz gegen sonstiges Bundesrecht verstößt
1. Anhängiges Gerichtsverfahren
Was bedeutet die Voraussetzung Anhängiges Gerichtsverfahren im Rahmen der konkreten Normenkontrolle?
es muss ein konkretes Gerichtsverfahren bei einem bestimmten Gericht anhängig sein
—> in Betracht kommt grundsätzlich jedes deutsche Gericht und jede Instanz
2. Formelles und nachkonstitutionelles Gesetz
Was bedeutet die Voraussetzung Formelles und nachkonstitutionelles Gesetz im Rahmen der konkreten Normenkontrolle?
Formelles Gesetz
—> im Gerichtsverfahren muss es um die Anwendung eines formellen Gesetzes gehen
—> dies könnensowohl Bundes- als auch Landesgesetze (Art. 100 I 2 GG) sein
! Rechtsverordnungen und Satzungen scheiden als Vorlagegegenstand aus (Gericht muss diese selbst für nichtig erklären oder auf ihr beruhende VA aufheben gem. § 47 VwGO)
Nachkonstitutionelles Gesetz
—> in Rede stehendes Gesetz muss nach dem Inkrafttreten des GG, also nach dem 23.5.1949, verkündet worden sein
! ältere Gesetze, die auch heute noch anwendbar sind, dürfen dem BVerfG nicht vorgelegt werden, Art. 100 I GG
Wann sind vorkonstituitionelle Gesetze den nachkonstitutionellen Gesetzen gleichgestellt?
—> vorkonstituitionelle Gesetze werden dann den nachkonstitutionellen Gesetzen gleichgestellt, wenn der Gesetzgeber sie in seinen Willen aufgenommen hat; dies ist anzunehmen, wenn:
(1) das Gesetz neu verkündet wurde (z.B. beim StGB, welches ursprünglich am 15.5.1871 erlassen wurde)
(2) in einem nachkonstitutionellen Gesetz auf ein vorkonstitutionelles Gesetz verwiesen wird
(3) zwischen dem vorkonstitutionellen Gesetz und einem nachkonstitutionellen Gesetz ein untrennbarer Sachzusammenhang besteht
! vorlagefähig sind nicht nur die gesamten Gesetzeswerke, die häufig aus mehr als 100 Paragraphen bestehen; auch einzelne Paragraphen und sogar einzelne Sätze sind vorlagefähig
3. Überzeugung des Gerichts von der Grundgesetzwidrigkeit des Gesetzes (bzw. von der Bundesrechtswidrigkeit eines Landesgesetzes)
Was bedeutet die Voraussetzung Überzeugung des Gerichts von der Grundgesetzwidrigkeit des Gesetzes (bzw. von der Bundesrechtswidrigkeit eines Landesgesetzes) im Rahmen der konkreten Normenkontrolle?
formelles Gesetz
—> Gericht muss von der Grundgesetzwirdrigkeit des formellen und nachkonstitutionellen Gesetzes überzeugt sein; bloße Zweifel genügen nicht
Landesgesetz
—> Vorlage kommt auch dann in Betracht, wenn Gericht von der Unvereinbarkeit des Landesgesetzes mit einem sonstigen Bundesgesetz (formelle Bundesgesetze + bundesrechtliche Rechtsverordnungen und Satzungen) überzeugt ist, Art. 100 I 2 GG
—> hält ein Gericht einLandesgesetz für landesverfassungswidrig, hat es das Gesetz gem. Art. 100 I 1 GG dem Landesverfassungsgericht vorzulegen
! ist ein Gericht sowohl von der Grundgesetz- als auch von der Landesverfassungswidrigkeit eines Landesgesetzes überzeugt, sind gleichzeitige oder nachfolgende Vorlagen an das BVerfG und das LVG möglich
4. Entscheidungserheblichkeit
Was bedeutet die Voraussetzung Entscheidungserheblichkeit im Rahmen der konkreten Normenkontrolle?
es muss bei der vom Gericht im konkreten Fall zu treffenden Entscheidung auf die Gültigkeit des Gesetzes ankommen
—> nur erfüllt, wenn dieEntscheidung des Gerichts im Falle der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes anders lauten würde als im Falle der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes (Entscheidungsdivergenz)
vgl. Beispiel 1 KK 1 zu konkrete Normenkontrolle
> Ist das Gesetz verfassungsmäßig, ist der Gebührenbescheid rechtmäßig; die Anfechtungsklage ist in diesem Fall vom VerwG abzuweisen
> Ist das Gesetz verfassungswidrig, ist der Gebührenbescheid rechtswidrig (und verletzt S in Art. 12 I GG oder in Art. 2 I GG); der Anfechtungsklage ist vom VerwG stattzugeben
=> 2 unterschiedliche Ergebnisse; Gültigkeit des Gesetzes ist entscheidungserheblich
vgl. Beispiel 2 KK 1 zur konkreten Normenkontrolle
Abwandlung: wenn A das Buch nicht benutzt hätte
> Ist das Strafgesetzt verfassungsmäßig, muss A freigesprochen werden, weil er nicht gegen das Gesetz verstoßen hat
> Ist das Strafgesetzt verfassungswidrig, muss A auch freigesprochen werden
=> A muss in beiden Fällen freigesprochen werden; 2 gleiche Ergebnisse; Gültigkeit des Gesetzes ist nicht entscheidungserheblich
Wann ist Entscheidungserheblichkeit weiterhin anzunehmen?
Entscheidungserheblichkeit ist auch dann anzunehmen, wenn die Klage im Falle der Ungültigkeit des Gesetzes unzulässig, im Falle der Gültigkeit des Gesetzes dagegen unbegründet ist
—> 2unterschiedliche Ergebnisse:
die Abweisung der Klage als unzulässig ist nämlich eine andere Entscheidung als die Abweisung als unbegründet
In welchen Fällen besteht noch keine Entscheidungserheblichkeit?
Entscheidungserheblichkeit (-), wenn:
Klage sowohl bei Gültigkeit als auch bei Ungültigkeit des Gesetzes als unzulässig abgewiesen werden muss
wenn das Gesetz gegen EU-Recht verstößt und deshalb wegen des Anwendungsvorranges des EU-Rechts nicht anwendbar ist
Wann ist eine Vorlage trotz fehlender Entscheidungserheblichkeit des Gesetzes ausnahmsweise zulässig?
Rechtsgedanke des § 90 II 2 BVerfGG:
—> eine Vorlage ist trotz fehlender Entscheidungserheblichkeit des Gesetzes ausnahmsweise zulässig, wenn die Vorlagefrage (die Gültigkeit des Gesetzes) von allgemeiner und grundsätzlicher Bedeutung für das Gemeinwohl ist und deshalb ihre Entscheidung durch das BVerfG dringlich ist
! es genügt dafür nicht allein die Tatsache, dass ein Gesetz sich an einen großen Kreis von Normadressaten wendet, oder eine Vielzahl von Fällen regelt (denn dies ist bei Gesetzen typischerweise immer der Fall)
5. Form
Was gilt hinsichtlich der Form im Rahmen der konkreten Normenkontrolle?
Form: §§ 23 I, 80 II BVerfGG
—> Gericht muss seine Vorlage ausführlich und umfassend schriftlich begründen
Wann ist ein Antrag im Rahmen der konkreten Normenkontrolle begründet?
—> der gerichtliche Antrag auf Ungültigkeitserklärung des vorgelegten Gesetzes ist begründet, wenn das Gesetz tatsächlich verfassungswidrig ist (oder wenn das Landesgesetz gegen sonstiges Bundesrecht verstößt)
Was ist die Folge davon, wenn ein Gericht die Vorlagevoraussetzungen des Art. 100 I GG in unvertretbarer Weise anwendet und ein Gesetz deshalb dem BVerfG nicht vorlegt (z.B. durch eine unvertretbare verfassungskonforme Auslegung des Gesetzes)?
=> das Gericht verstößt dann nicht nur gegen Art. 100 I GG, sondern auch gegen das grundrechtsgleiche Recht des Art. 101 I 2 GG (Recht auf den gesetzlichen Richter)
—> dieser Verstoß gegen Art. 101 I 2 GG kann mit der Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden
e) Wahlprüfungsbeschwerde,
Art. 41 II GG, § 13 Nr. 3, § 48 BVerfGG
Wann kann Wahlpüfungsbeschwerde erhoben werden?
Bundestag entscheidet zunächst:
Wahlprüfung: ob eine Bundestagswahl ordnungsgemäß durchgeführt wurde und ob die Zusammensetzung des Bundestages dem geltenden Recht entspricht, Art. 41 I 1 GG
Mandatsprüfung: ob einzelne Abgeordnete ihr Mandat nachträglich verloren haben, Art. 41 I 2 GG
Wahlprüfungsbeschwerde
= gegen diese Entscheidung des Bundestages kann dann nach Art. 41 II GG Wahlprüfungsbeschwerde erhoben werden
Landeswahlausschuss weist eine von der P-Partei eingereichte Landesliste nach § 28 I BWG zurück
Bürger A moniert im Vorfeld von Bundestagswahlen den vom Wahlleiter angeordneten Einsatz von Wahlcomputern
ein Parteimitglied rügt, seine Partei habe ihn zu Unrecht nicht auf der Landesliste platziert; die Parteien agieren bei der der Aufstellung von Landeslisten als Wahlorgan
Wie ist das Schema der Wahlprüfungsbeschwerde aufgebaut?
Wahlprüfungsbeschwerde, Art. 41 II GG, § 13 Nr. 3, § 48 BVerfGG
Beschwerdeberechtigte, § 48 I BVerfGG
Beschwerdegegenstand, § 48 I BVerfGG, Art. 41 II GG
—> Bundestagswahl, daneben Entscheidungen des Bundestages
Vorherige Wahlprüfung durch den Bundestag
Beschwerdebefugnis
Substantiierte Darlegung eines Wahlfehlers und der Mandatsrelevanz, wenn keine eigene Rechtsverletzung geltend gemacht wird
Substantiierte Darlegung der Verletzung eigener Rechte, wenn nur diese geltend gemacht wird (Fall des § 48 III BVerfGG)
Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis
(Problem: Ablauf der Wahlperiode)
—> §§ 23 I, 48 I 2. Hs BVerfGG
—> § 48 I BVerfGG
(+), wenn ein Wahlfehler vorliegt und die realistische Möglichkeit der Auswirkung auf die Zusammensetzung des Bundestages besteht (Mandatsrelevanz) oder falls Rechte des Antragstellers verletzt sind (Fall des § 48 III BVerfGG)
Womit kann hingegen gegen Handlungen und Maßnahmen der Wahlorgane und Wahlbehörden, die das Wahlverfahren betreffen, rechtlich vorgegangen werden?
Mit welchem Verfahren können politische Vereinigungen gegen ihre Nichtanerkennung als Partei bei den Bundestagswahlen rechtlich vorgehen?
Handlungen und Maßnahmen der Wahlorgane und Wahlbehörden, die das Wahlverfahren betreffen, können nach Art. 41 GG, § 48 BVerfGG und § 49 BWG nur mit denjenigen Rechtsbehelfen angegriffen werden, die in Art. 41 GG, im BWG und in der Bundeswahlordnung vorgesehen sind
Sie können dagegen Nichtanerkennungsbeschwerde nach Art. 93 I Nr. 4c GG beim BVerfG erheben
1. Beschwerdeberechtigte
Wer ist im Rahmen der Wahlprüfungsbeschwerde beschwerdeberechtigt?
—> Art. 48 I BVerfGG:
Abgeordneter, dessen Mitgliedschaft bestritten ist
wahlberechtigte Person oder Gruppe von wahlberechtigten Personen, deren Einspruch vom Bundestag verworfen worden ist
Fraktion
Minderheit des Bundestages, die wenigstens ein Zehntel der gesetzlichen Mitgliederzahl umfasst
2. Beschwerdegegenstand
Was ist Beschwerdegegenstand der Wahlprüfungsbeschwerde?
Art. 41 II GG, § 48 I BVerfGG:
in erster Linie Bundestagswahl und nur daneben auch die Bundestagsentscheidung
3. Vorherige Wahlprüfung durch den Bundestag
Was bedeutet die Voraussetzung Vorherige Wahlprüfung durch den Bundestag im Rahmen der Wahlprüfungsbeschwerde?
—> Wahlprüfungsbeschwerde zum BVerfG ist nur zulässig, wenn vorher der Bundestag die Wahl überprüft hat
—> Wahlprüfungsbeschwerden von Wahlberechtigten sind nur zulässig, wenn der Bundestag ihren Einspruch abgewiesen hat
4. Beschwerdebefugnis
Wer ist bei der Wahlprüfungsbeschwerde beschwerdebefugt?
Wahlprüfungsbeschwerde hat sowohl objektive als auch subjektive Funktion
Es ist deshalb zu unterscheiden, ob der Beschwerdeführer
Wahlfehler rügt, die nicht in seine eigenen Rechte eingreifen (objektiv)
—> Möglichkeit eines Wahlfehlers und die Möglichkeit, dass sich dieser auf die Zusammensetzung des Bundestages ausgewirkt hat, muss vom Beschwerdeführer hinreichend substantiiert dargelegt werden
—> es muss dieMöglichkeit eines relevanten Wahlfehlers bestehen (z.B. Verstöße gegen GG, BWG, BWO)
Wahlfehler rügt, die ihn auch in seinen eigenen Rechten betreffen (subjektiv) (z.B. unrechtmäßige Hinderung eines Abgeordneten an Stimmabgabe)
—> Rechtsverletzung muss im einzelnen in einem substantiieren Sachvortrag durch den Beschwerdeführer dargelegt werden
—> Relevanz für die Zusammensetzung des Bundestages dabei nicht erforderlich, § 48 III BVerfGG
! Beschwerdeführer darf nur Wahlfehler geltend machen, die bereits im Verfahren vor dem Bundestag substantiiert gerügt wurden
Wann ist das Rechtsschutzbedürfnis bei der Wahlprüfungsbeschwerde nicht gegeben?
—> ist die Legislaturperiode des Bundestages mit Zusammentritt des neugewählten Bundestages beendet (Art. 39 I 2 GG) können sich mögliche Wahlfehler nicht mehr auf die Zusammensetzung des Bundestages auswirken
=> für die Fortführung eines noch nicht abgeschlossenen Wahlprüfungsverfahren fehlt deshalb i.d.R. das Rechtschutzbedürfnis, wenn der Beschwerdeführer nicht in eigenen Rechten betroffen ist
6. Form und Frist
Was gilt hinsichtlich Form und Frist bei der Wahlprüfungsbeschwerde?
Form: §§ 23 I, 48 I 2. Hs BVerfGG
Frist: § 48 I BVerfGG
Wann ist eine Wahlprüfungsbeschwerde begründet?
Was sind die Folgen einer begründeten Wahlprüfungsbeschwerde?
—> eine Wahlprüfungsbeschwerde ist begründet,
wenn tatsächlich ein Wahlfehler vorliegt und wenn sich dieser Wahlfehler auf die Zusammensetzung des Bundestages nach der allgemeinen Lebenserfahrung ausgewirkt haben könnte (Mandatsrelevanz des Wahlfehlers)
! Vermutungen oder rein spekulative Annahmen können die Mandatsrelevanz nicht begründen
wenn durch den Wahlfehler Rechte des Beschwerdeführers verletzt wurden, § 48 III BVerfGG
Folgen:
=> ist Wahlprüfungsbeschwerde begründet, ist der anderslautende Bundestagsbeschluss aufzuheben
—> im Falle der Mandatsrelevanz ist der Wahlfehler zu korrigieren, z.B. durch Neuauszählung der Stimmen
( ! außer: gesamtstaatliches Interesse an der Erhaltung des gewählten Bundestages überwiegt das öffentliche Interesse an der richtigen Zusammensetzung des Bundestages (ABWÄGEN: Gewichtigkeit des Wahlfehler: vorsätzlich/fahrlässig + Grad der Wahrscheinlichkeit der Mandatsrelevanz)
—> im Falle der Rechtsverletzung des Beschwerdeführers stellt BVerfG diese Rechtsverletzung fest, § 48 III BVerfGG
Was ist zu prüfen, wenn sich der Wahlfehler ausschließlich auf die konkrete personelle Zusammensetzung des Bundestages auswirkt?
Zu prüfen, ob
—> bei der Wahl dieeinfachrechtlichen Wahlvorschriften (z.B. BWG, BWO) und die grundgesetzlichen Vorgaben für die Wahl (insb. Art. 38 I 1 GG) richtig angewendet wurden
—> die einfachrechtlichen Wahlvorschriften mit dem GG übereinstimmen
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