VL 10 - Placebo & Nocebo

• Placebo = Eine medizinische Behandlung, die keine wirksame Substanz enthält -> „Schein-Behandlung“, Einsatz, um Wirksamkeit einer medizinischen Prozedur zu testen

• Placebo-Antwort (placebo response) = Veränderungen in der Placebo-Gruppe

• Placebo-Effekt (placebo effect) = Positive Wirkungen durch eine Schein-Behandlung

  • -> Gehirn-Körper-Reaktionen auf Kontextinformation, die Gesundheit und Wohlbefinden fördern 1

• Goldstandard: Doppel Blind

• auch in der Verum Gruppe: Interaktive Effekte zwischen Placebo und Verum

• spezifischer Effekt: Wirkung durch den Wirkstoff (durch das Ibuprofen)

• unspezifisch: Effekte hängen nicht zusammen mit spezifischer Behandlung

• nach Placebo Op Besserung

• große Placebo Analgesie Effekte

• Placebo Morphium ist wirksamer als Placebo Aspitin

Beispiele für Placebo-Effekt: Antidepressiva

• 1,609 Milliarden Tagesdosen wurden im Jahr 2019 in Deutschland verschrieben 1

• 1,174 Milliarden Tagesdosen Antidepressiva waren es im Jahr 2010

  = eine Zunahme von 435 Millionen Dosen

• 
  

  Wirken Antidepressiva?

Signifikante Verbesserung

• Bei 50% der Patient:innen der Verum-Gruppe

• Bei 30% der Patient:innen der Placebo-Gruppe

• Erwartungen als zentraler Aspekt, Hoffnung

▪ Erwartungen->Outcome

▪ Patientenerwartungen prädizieren Erfolg medizinischer und psychotherapeutischer Behandlungen

▪ Beispiele:

− Operationen2

− Schmerztherapien3

− Antidepressiva4

− Psychotherapie5

▪ Größe des Zusammenhangs: r = .3 -.4

Der Placebo-Effekt ist variabel!

▪ In klinischen Studien: je größer die Wahrscheinlichkeit ein „echtes“ Medikament zu erhalten, desto größer ist der Placebo-Effekt!

Placebo-Gruppen verbessern sich je mehr positive Erwartungen ein Medikament zu bekommen.

• „Aktives“ Placebo: Imitation der Nebenwirkungen des Medikaments

• Vergleich von Trizyklischen Antidepressiva mit aktiver Placebo-Bedingung (Atropin)

• „Entblindung“ durch Nebenwirkungen

• Kaum ein Unterschied zwischen aktiven Placebos und Antidepressiva!

• Leute im postoperativen Setting

• eine Gruppe: Schmerzmittel verdeckt

• andere Gruppe: offene Schmerzmittelgabe

• offene Schmerzmittelgabe funktioniert viel besser

• —> doppelte Gabe bei verdeckter Bedingung = gleicher Effekt wie einfache Gabe bei offener Gabe

• ▪  Erfahrung: Lern- und Konditionierungsprozesse1

• ▪  Soziale Lernprozesse2

• ▪  Informationen / Verbale Suggestion im Behandlungskontext3

• ▪  Generelle Disposition, z.B. Optimismus4

• ▪  Geringere Placebo-Analgesie (und Wirksamkeit von Schmerzmitteln) bei Alzheimer -> keine Erwartungen! 5

-> Erwartungen an die Behandlung sollten erfasst werden

-> Treatment Expectation Questionnaire

• Nocebo = Negative Wirkungen eines Scheinmedikaments

Nebenwirkungen sind bedeutsam!

• Nebenwirkungen beeinflussen Verschreibungsverhalten der Ärztinnen/Ärzte, Einnahmeverhalten der Patient:innen (Compliance) und Abbruchsraten

• typische anticholinerge Effekte: Placebo Gruppe!

• Dodo Verdikt: mit ZITAT unetrschiedliche Therapieschulen unterscheiden sich nicht in ihrer Wirkung!

• Doppel-blind-Studie->in Psychotherapie-Studien nicht realisierbar

Therpeut sollte schon wissen welche Art von Therapie er macht

• Effektivität der Behandlung unterscheidet sich nicht

• Dodo-Verdikt Effekt!

• keine Behandlung ist besser als andere

Supportive Counseling Bedingungen in der

Psychotherapieforschung

• Supportive Therapie wird häufig in Psychotherapie-Wirksamkeitsstudien als unspezifische Kontrollbedingung genutzt (Kontrolle von therapeutischen Basisvariablen)

• Zeigt meist erstaunlich gute und robuste Effekte ->Frage nach Wirkmechanismen

Definition Wirkfaktor: Variablen, deren Veränderung signifikant für Therapieerfolg verantwortlich ist

Spezifische Wirkfaktoren:

• Typische Merkmale eines psychotherapeutischen Verfahrens

• Therapeutische Techniken, z.B. Reizkonfrontation o. spez Übertragungsdeutung in TP

  
  

  Allgemeine Wirkfaktoren:

• Schulenübergreifende und störungsübergreifende Merkmale therapeutischen Erfolgs, z.B. therapeutische Beziehung

Vier zentrale Wirkfaktoren von Psychotherapie:

1. Eine intensive und vertrauensvolle Beziehung zwischen Hilfesuchendem und Hilfegebendem

2. Die Vermittlung eines Behandlungsrationals

3. Ein mit diesem Rational konsistentes Behandlungsvorgehen

4. Das Bestehen eines formalisierten Behandlungsangebots an sich

Rolle spezifischer therapeutischer Interventionen: eher „therapeutische Rituale“, auf die Punkt 3 zutreffen muss; sie müssen zu Punkt 3 passen

PT: Cohens d = 0.8

siehe : Allianz vs. spezifische Techniken!

Fazit: Evidenzsynthese: techniken scheinen nicht die Rolle zu speieln, trotzdem reden wir viel über Techniken

• Fokus auf allgemeine Wirkmechanismen, z.B. Erwartung, Arbeitsbeziehung

• Bessere Erforschung

• Therapeutische Nutzung

• In Psychotherapie: Aufklärung über allgemeine Wirkmechanismen

Fokussierung auf Erwartungen in der Therapie:

• Behandlungserwartung und Veränderungsmotivation

• Beachtung von Erwartungspersistenz während der Behandlung -> Immunisierungsprozesse / Abwehr adressieren

  • Veränderung dysfunktionaler Erwartungen (z.B. korrigierende emotionale Erfahrungen)

• Warum bleiben Menschen bei ihren Ängsten obwohl sie andere Erfahrungen gemacht haben?

• Immunisierungsreaktionen : Erfahrungen die nicht zu unseren Erwartungen passen

• -> Therapie: Erwwartung verletzen ( Expo)

• Ethische Grenzen: Placebo bedeutet Täuschung (im klassischen Verständnis)! -> Verschreibung wäre unethisch!

• Versorgungsrealität: 88% der deutschen Hausärzt:innen geben an schon einmal Placebo verwendet zu haben 1

  Lösungsansätze?

  • Authorized deception 2 • Offene Placebo-Gabe 3

▪ Meta-Analyse, k = 13 Studien, verschiedene Behandlungen (Antidepressiva, Migräne, Fatigue, menopausale Hitzewallungen, Rückenschmerz)

▪ Mittlerer Effekt OLP versus keine Behandlung: d = 0,72

Warum wirkt open-label Placebo?

• Schmerzreiz-Experiment mit 160 Proband:innen: • OLP mit einem Erklärungsrational wirkt genauso gut

wie Placebo mit Täuschung

1. Behandlungskontext verändern

2. Erfahrungen verändern

3. Ärzt:in-Patient:in-Interaktion verändern

4. Erwartungen verändern durch Behandlungsinformation und verbale Suggestionen