Was ist Thanatologie?
= beschäftigt sich mit dem Tod, dem Sterben und der Bestattung vom Menschen aus rechtsmedizinischer Sicht
Wer führt eine Leichenschau durch?
Approbierte Ärzte: jeder ambulant oder stationär tätige Arzt/Ärztin und Notärzte können verpflichtet werden
Was wird bei einer Leichenschau gemacht und wann?
= Ärztliche Untersuchung eines Verstorbenen zur Feststellung und Bestimmung der näheren Todesumstände
UNVERZÜGLICH (auch, wenn das Wartezimmer voll ist 😉)
Veränderungen des menschlichen Körpers dokumentiert und beurteilt
am Auffindungsort
bei vollständig entkleideter Leiche
bei ausreichend Beleuchtung
Wie füllt man einen Totenschein aus?
Nach Durchführung der äußeren Leichenschau
Angaben
Personalien
Wohnadresse
Geburtstag und -ort
Zuletzt behandelnder Arzt
Sterbezeitpunkt und -ort,
Von wem der Tote identifiziert worden ist
Etwaige Warnhinweise (z.B. Infektionsgefahr)
Todesart (natürlich, nicht-natürlich, ungeklärt)
Was passiert mit der Leiche nach der äußeren Leichenschau?
Vor der Bestattung
Natürliche Todesart: Ggf. klinische Obduktion oder Freigabe zur Bestattung
Nicht-natürliche bzw. ungeklärte Todesart: Rechtsmedizin/Staatsanwaltschaft → Gerichtsmedizinische Obduktion → Freigabe zur Bestattung
Nach der Bestattung: Sammlung aller Totenscheine im Gesundheitsamt → ICD-Verschlüsselung im Statistischen Landesamt → Erhebung der Todesursachenstatistik im Statistischen Bundesamt entsprechend des Bevölkerungsstatistikgesetzes
Welche Arten Obduktion unterscheidet man?
Klinische Obduktion
Gerichtsmedizinische Obduktion
Wozu dient und was macht man bei einer klinischen Obduktion?
= Medizinische Klärung der natürlichen Todesursache und der vorbestehenden Erkrankungen
Diagnosen richtig?
Therapien angemessen/erfolgreich?
Zuständiger Arzt: Wird i.d.R. von einem Pathologen durchgeführt
Voraussetzungen:
Natürliche Todesart
Zustimmung der verstorbenen Person zu Lebzeiten oder der totensorgeberechtigten Person(en)
Ausnahmeregelungen auf Landesebene
Wozu dient und was macht man bei einer gerichtsmedizinischen Obduktion?
= Rechtliche und medizinische Klärung eines nicht-natürlichen oder ungeklärten Todes
Zuständiger Arzt: Wird immer von zwei Ärzten durchgeführt, mind. einer muss Rechtsmediziner sein
Voraussetzungen
Totenschein mit nicht-natürlicher und ungeklärter Todesart
Anordnung der Staatsanwaltschaft/des Gerichts
Was ist eine Schwimmprobe?
Schwimmproben werden im Rahmen einer Obduktion an Lunge und Magen-Darm-Trakt durchgeführt, um nachzuweisen, ob ein Totgeborenes doch schon gelebt hat.
Lungenschwimmprobe
Überprüfung einer stattgehabten Belüftung der Lunge bei Totgeburten im Rahmen einer Obduktion
Positiv: Schwimmende Lunge = Belüftung der Lunge und Hinweis auf stattgehabte Atemzüge
Falsch-psoitiv: Anderweitige Belüftung durch Reanimationsversuche oder Gasbildung bei Fäulnis
Falsch-negativ: Flüssigkeitsaspiration oder Erstickung durch Burking
Magen-Darm-Schwimmprobe
Luft im Gastrointestinaltrakt bei Neugeborenen als Hinweis über die Lebensdauer —> Verschlucken während der Geburt —> je distaler Luft nachweisbar ist, desto länger hat es mit großer Wahrscheinlichkeit gelebt
Magen und Duodenum: wenige Minuten
gesamter Dünndarm: bis 6h
gesamter Dickdarm: bis 12h
Was ist ein Klinischer Tod?
Kreislaufstillstand und Einstellung der Atmung mit konsekutivem Hirntod nach wenigen Minuten
Reversibel durch kardiopulmonale Reanimation
Was sind intermediäres Leben und biologischer Tod?
Intermediäres Leben
=Zeitraum zwischen Individualtod und Absterben der letzten Körperzelle
Biologischer Zelltod
= Zeitraum nach Absterben der letzten Körperzelle
Wie ist eine menschliche Leiche definiert?
Körper eines Verstorbenen
Körper eines verstorbenen Neugeborenen (Todeseintritt, nachdem post partum bereits Lebenszeichen vorhanden waren )
Totgeburt ab Körpergewicht 500 g
Körperteil, dessen Fehlen nicht mit dem Leben vereinbar ist (Kopf, Rumpf)
Was ist eine Todesursache?
= Todesursache: Unmittelbar zum Tode führende Ursache
konkrete Erkrankung (bspw. Hirnblutung)
von außen auf den Körper einwirkende Gewalt (bspw. Enthauptung)
…
Welche Todesarten gibt es und was beschreiben sie?
= Art und Weise, die zum Tod eines Menschen geführt hat
Umschreibung der näheren Todesumstände, selten der exakten Todesursache
Unterscheidung zwischen
Natürlicher Todesart
Nicht-natürlicher Todesart
Ungeklärter Todesart
Was ist ein natürlicher Tod?
Tod aus krankhafter Ursache ohne Einwirken rechtlich relevanter, äußerer Faktoren
Kein Nachweis einer schädlichen Fremdeinwirkung in der Krankheitsentwicklung
Deutliche objektivierbare Befunde für das ursächliche Krankheitsbild
Eine für die konkrete Todesursache charakteristische Anamnese
Erhebung ggf. mithilfe behandelnder Ärzte, Zahnärzte oder Heilpraktiker, eine Auskunftspflicht dieser Personen ist in den Bestattungsgesetzen der Länder verankert
Was ist ein nicht-natürlicher Tod?
Tod durch ein von außen einwirkendes Ereignis oder durch ein von außen beeinflusstes Geschehen
Wird zwar durch das Einwirken von außen verursacht, impliziert aber nicht zwingend ein Fremdverschulden
Häufigste Ursachen: Unfälle, Suizide und Tötungsdelikte
Beispiel: Tod einer 70-jährigen Frau durch eine Lungenembolie nach Verkehrsunfall mit Oberschenkelfraktur vor 4 Wochen
Was ist ein ungeklärter Tod?
Fehlen einer eindeutigen Todesursache bzw. unklarer Zusammenhang zwischen einem medizinischen Eingriff und einem Grundleiden
Beispiel: Tod eines scheinbar gesunden Säuglings
Möglichkeit 1: Bspw. plötzlicher Kindstod als natürliche Todesursache
Möglichkeit 2: Tod durch Fremdeinwirken
Angabe auf dem Totenschein: Ungeklärte Todesursache
Was sind sichere Todeszeichen?
Totenflecken (Livores)
Totenstarre (Rigor mortis)
Nicht mit dem Leben zu vereinbarende Verletzungen
Späte Leichenveränderungen
Verwesung
Fäulnis
Autolyse —> körpereigene Enzyme
Leichenfraß —> Insekten(-larven) und Säugetiere
Mumifikation —> trockene Wärme
Fettwachsbildung (Adipocire) —> feuchtes Milieu
Livores
Pathophysiologie: Schwerkraftbedingtes Absinken des Blutes und der Körperflüssigkeiten → blau-violette Flecken
Auftreten: Frühestens 20–30 Minuten nach Todeszeitpunkt
Zeitliche Veränderungen
Wegdrückbarkeit
Bis 4 Stunden nach Eintritt des Todes mit leichtem Druck wegstreichbar
DD Hämatomnicht wegstreichbar
Bis 20–30 Stunden i.d.R. mit starkem Druck noch wegdrückbar
transvasaler Austritt von Flüssigkeit —> intravasale Hämokonzentration => endgültig fixiert
Umlagerbarkeit: Totenflecken an verschiedenen Stellen sprechen für eine Veränderung der Leichenposition
Bis 6 Stunden vollständig verlagerbar
Bis 12 Stunden noch partiell verlagerbar
Farbe
Blau-Violett: Normal
Hellrot: Intoxikation mit Kohlenmonoxid (CO), Blausäure (Cyanid, CN−) oder Kälte
Blassrosa (kaum ausgeprägt): Blutverluste, starke Anämie, Verblutungstod
Braunrot: Intoxikation mit Methämoglobinbildner (wie Nitrit oder Anilin)
Grünrot: Fäulnis
Weiteres
Vibex/Vibices: Reiskorngroße Blutungen im Bereich von Totenflecken, die oft bei sehr ausgeprägten Totenflecken zu sehen sind. Sie entstehen durch intrakutane Berstungsblutungen im Totenfleckenbereich.
Rigor mortis
Pathophysiologie: Erschlaffung aller Muskeln → ATP-Mangel → Irreversible Bindung zwischen Aktinfilamenten und Myosinköpfchen
Zeitliche Abfolge
Todeseintritt: Erschlaffung aller Muskeln
Nach 2–4 Stunden (nach Todeseintritt): Beginn der Totenstarre, passive Bewegungen sind erschwert, aber noch möglich
Nach 6–12 Stunden: Vollständige Starre, passive Bewegungen nur noch unter starker Krafteinwirkung möglich
Bis 8 Stunden: Die Totenstarre tritt nach passiver Bewegung (Brechung) wieder auf
Nach 48–72 Stunden: Autolyse der Muskulatur mit Lösung der Totenstarre
Regeln und Phänomene
Temperaturabhängigkeit: Wärme beschleunigt, Kälte bremst den Prozess
Totenlaut: Seufzendes Geräusch, das nur vor oder nach der Totenstarre beim Bewegen der Leiche ausgelöst werden kann.
Nystensche Regel: zeitliche Abfolge der Körperpartien an, bei denen die Totenstarre eintritt. Die Reihenfolge hängt v.a. von der letzten Benutzung ab:
Kiefer
Nacken
Obere Extremität
Untere Extremität
Fäulniszeichen: Durchschlagen des Venennetzes, Grünfärbung, Anstieg der Leichentemperatur durch Bakterienbesiedlung
Entomologische Untersuchung zur Schätzung des Todeszeitpunktes
Casper-Regel: Eine Leiche zeigt in etwa jeweils die gleiche Fäulnisausprägung nach
1 Woche —> Luft
2 Wochen —> Wasser
8 Wochen —> Erdgrab
Was sind unsichere Todeszeichen?
Fehlende Kreislauffunktionen (Puls, Atmung)
Bewusstlosigkeit
Blässe o. Vertrocknung der Haut
Areflexie
Lichtstarre, weite Pupillen, Hornhauttrübung
Hypothermie
Auch in Kombination nicht anwendbar!
Wann wird ein Scheintod häufig fälschlicherweise festgestellt?
= Lebensvorgänge auf ein Minimum reduziert
A = Anämie, Anoxämie, Alkohol
E = Epilepsie, Elektrizität
I = Injury (Schädel-Hirn-Trauma)
O = Opium (Betäubungsmittel, Barbiturate)
U = Urämie, Unterkühlung
Was sind Vitalitätszeichen und welche gibt es?
= Hinweise darauf, ob eine Person während der schädigenden Einwirkung auf den Körper noch gelebt hat —> Abgrenzung zu Verletzungen/Schädigungen post mortem
Verblutungszeichen
Einflussstauung: Stauungsblutung, Perthes-Druckstauung
Embolien
Fettembolien (Verletzung des Knochens und des subkutanen Fettgewebes) —> Mikroembolien im Kapillarsystem, die sich geweihartig aufzweigen
Luftembolien bei Gefäßverletzungen, offene Traumen und Gewebsembolien
Giftmetabolismus —> Metabolite im Urin
Aspiration —> Ruß, Blut, Wasser, Mageninhalt
Giftige Gase wie Kohlenmonoxid in der Lunge
Hautemphysem bei tiefen Thoraxverletzungen
Kollabierte Lunge bei Pneumothorax durch äußere Gewalteinwirkung
Krähenfüße —> Hautfalten, die nicht geschmutzt sind (Augen wurden zugekniffen)
Hinweise auf das Funktionieren des vegetativen Nervensystems: Verschlucken und Aushusten von Blut
Wie kann man den Todeszeitpunkt bestimmen?
NICHT bestimmen, BESSER eingrenzen
Temperaturbasiert —> Normogramme
Körpertemperatur passt sich der Außentemp. an
Erregbarkeit
Bis ca. 8 Stunden nach Todeszeitpunkt
Skelettmuskulatur mechanisch —> 1,5–2,5 Stunden p.m.: Zsako-Muskelphänomen (M. biceps brachii)
Bis 17 Stunden
Pupillenreaktion pharmakologisch —> Gabe von Mydriatika/Miotika führt zur Mydriasis/Miosis
Bis 80 Stunden
Bewegliche Spermien sind noch nachweisbar
(Abschätzen der sicheren Todeszeichen)
Worauf achtet man bei einer Verletzung und warum?
Klärung, ob Eigen- oder Fremdbeibringung:
Schnittverlauf
Regelmäßigkeit und Tiefe der Wunde
Abwehrverletzungen
Hutkrempen- und Puppe-Regel bei Kopfverletzungen
Charakter von Knochenfrakturen —> Tatwerkzeug
Wie unterscheiden sich Schnitt- und Stichverletzung?
Stichverletzung:
Welche Aussagen kann man zu Kopfverletzungen tätigen?
Hutkrempen-Regel:
oberhalb der Hutkrempenlinie = Schläge eines Dritten
unterhalb der Hutkrempe = Stürze
Puppe-Regel: zeitliche Abfolge von Kopfverletzungen —> später entstandene Frakturlinien (multiple Traumata) an bereits bestehenden Frakturlinien enden. Die Frakturlinien kreuzen nicht
Längsbrüche: Entstehen durch Längsdruck, z.B. bei Sturz auf den Hinterkopf
Querbrüche: Entstehen durch Querdruck, z.B. bei Tritt gegen einen am Boden fixierten Kopf
Biegungsbrüche: am Ort der direkten Gewalteinwirkung
Globusfraktur: Radiäre und konzentrische Bruchlinien vom Zentrum ausgehend (z.B. bei stumpfer Gewalt mit einem Baseballschläger)
Lochfraktur: Ausgestanztes Loch bei kleiner Angriffsfläche und konzentrierter Gewalteinwirkung (z.B. mit einem Hammer)
Terrassenfraktur: Stufe an der Bruchlinie bei schräger Gewalteinwirkung, die eine Verkantung provoziert
Berstungsbrüche: Entstehen nicht am Ort der Gewalteinwirkung, sondern durch Verformung des Schädels, z.B. bei einem Sturz
Coup-Contrecoup-Mechanismus: Kommt es nach einer Gewalteinwirkung auf den Schädel nicht direkt zu einer Fraktur, werden die auf den Schädel einwirkenden Kräfte nur zu einem Teil von der direkten Auftreffstelle aufgenommen und größtenteils auf die gegenüberliegende Seite übertragen.
Coup: Ort der direkten Gewalteinwirkung am Schädel
Contrecoup: Meist stärker betroffener Bereich auf der gegenüberliegenden Seite
Welche Folgen haben scharfe vs. stumpfe Gewalt?
Folgen scharfer Gewalt: Verblutungen, Luftembolien, Herzbeuteltamponade usw.
Folgen stumpfer Gewalt: Verschiebung und Kompression des Gewebes mit Hämatomen, Hauteinblutungen (Suffusion) und Quetschwunden mit Abschürfungen (Exkoriation)
Wie entstehen Quetsch- vs. Risswunden und Quetsch-Riss-Wunden?
Quetschwunde: Wunde infolge starken Drucks auf die Haut
Risswunde: Wunde infolge starken Zugs an der Haut
Quetsch-Risswunde (auch Riss-Quetschwunde oder „Platzwunde“): Wunde infolge von Gewebekompression und anschließendem Zug
Was hat der Patient?
Stockhiebe: Charakteristische Hautveränderung
Doppelstriemen: Der Druck des Tatwerkzeugs drückt das Blut vom Wirkort nach außen – es entsteht eine helle Aussparung zwischen zwei blutunterlaufenen Streifen
Was ist Strangulation und welche Typen gibt es?
= gewaltsames Abschnüren des Halses
Erhängen
typisch
atypisch
Erdrosseln —> mit Werkzeug (suizid/homozid)
Zuziehen einer Schlinge
Horizontale Drosselmarke
Ggf. Kehlkopffraktur
Erwürgen —> mit Händen (nur durch Fremdbeibringung möglich!)
Kompression des Halses mit den Händen
Ggf. Fingernagelspuren im Kehlkopfbereich
Weitere Formen:
Oronasale Okklusion
direkt: Hämatome und Exkoriationen, die dem Tatwerkzeug bzw. der zuhaltenden Hand entsprechen
Burking: Behinderung der Thoraxexkursion (z.B. Sitzen auf dem Brustkorb) mit gleichzeitigem Zuhalten des Mundes und der Nase (z.B. mit einem Kissen)
Autoerotische Unfälle
O2-Mangel als Stimulus für Erregung (ggf. Erhängen)
Bloustod
KEIN Tod durch Erstickung, sondern VAGUSREIZUNG durch den Blus im Larynx
Bradykardie —> plötzlicher reflektorischer Herz-Kreislauf-Stillstand
Welche Phasen gibt es beim Ersticken?
Dyspnoe (nach 60 s): CO2-Anstieg, Tachykardie
Konvulsivisches Stadium (nach 90 s): O2-Abfall, Blutdruckanstieg, Bewusstseinsverlust, Bradykardie/Tachykardie, Urin-/Kotabgang
Präterminale Atempause (nach 120 s): Apnoe, Vaguslähmung mit Tachykardie und Hypotonie
Terminale Schnappatmung (nach 150 s): Terminale Schnappatmung, Herzrhythmusstörungen, Atemstillstand
Welche Befunde kann man beim gewaltsamen Ersticken erheben?
Deutliche Stauungsblutungen
Diverse Einblutungen (Augenlider, Mundschleimhaut) und Petechien durch venöse Abflussbehinderung bei erhaltener arterieller Blutversorgung
Dunsung des Gesichts
Ggf. weitere Verletzungen der Haut und der Weichteile: Braune Hautvertrocknungen
Tardieu-Flecken: Punktförmige Blutaustritte in Pleura und Herzbeutel (auch beim nicht-gewaltsamen Ersticken)
Perthes-Druckstauung: Deutliche Stauungsblutungen an der Brust, am Hals und im Gesicht, die durch ein Ersticken bei Behinderung der Thoraxexkursion bei freien Atemwegen entstehen
Wie unterscheiden sich typisches und atypisches Erhängen?
Welche Befunde kann man unabhängig von typisch/atypisch beim Tod durch Erhängen erheben?
Vitalitätszeichen
Simon-Blutungen: Einblutungen in das Ligamentum longitudinale anterius und in die LWS-Bandscheiben
Speichelabrinnspur am Mundwinkel
Verletzung des Rückenmarks durch frakturbedingte Abscherung des Dens axis bei typischem Erhängen möglich (Bruch des Genicks)
Ggf. Kehlkopffraktur (z.B. Schildknorpeloberhörnerfraktur) mit Blutungen in die Halsmuskulatur
Zerrungsblutungen an den klavikulären Befestigungsstellen der Mm. sternocleidomastoidei
Meist eintouriger Verlauf des Strangwerkzeugs
Bewusstlosigkeit —> i.d.R. innerhalb weniger Sekunden
Was sind innere und äußere Erstickung?
Äußere Erstickung: Verminderter Sauerstoffgehalt in der Lunge durch Verlegung der Atemwege, Strangulation, sauerstoffarme Umgebung
Innere Erstickung: Verminderter Sauerstoffgehalt im Blut durch verminderte Bindung an Hämoglobin bei Kohlenmonoxidvergiftung oder Blockade der Atmungskette bei Zyanidvergiftung
Wie unterscheiden sich Asphyxie, Hypoxie und Histotoxie?
Asphyktisch: Kreislaufschwäche führt zu verminderter O2-Aufnahme und verminderter CO2-Abgabe
Hypoxisch: Verminderte Oxygenierung des Bluts unterschiedlicher Ursachen mit vermehrter CO2-Abgabe
Histotoxisch: Behinderung der Gewebeatmung oder des O2-Transports z.B. bei Zyanid- oder Kohlenmonoxidvergiftung; dabei sind O2-Aufnahme und CO2-Abgabe normal
Welche Formen der Hitzeeinwirkung werden unterschieden?
Verbrennung
Verbrühung
—> Flammen, gase, heiße Gegenstände
heiße Flüssigkeiten oder Dämpfe
Grad 1: Rötung
Grad 2: Blasen der Oberhaut (a), lederhaut (b)
Grad 3: Nekrosen
Grad 4: Verkohlungen
Scharfe Demarkation, eventuell Abrinnspuren, gleichförmiges Schädigungsbild
KEINE Schödigung der Haare oder Verkohlung
Welche klinischen Symptome hat man bei direkter Hitzeeinwirkung?
Haut:
abhängig von Temperatur und Dauer der Einwirkung + Art der Hitzeinwirkung
Haare:
erst ab 150°C —> Verfärbung —> Kräsuelung —> Verkohlung
Bei einer Verpuffung (hohe Temp. mit minimaler Einwirkdauer) haben wir zwar eine Veränderung der Haare, nicht jedoch der Haut.
Hitzeschlag:
Hautrötung
Kopfschemrzen, Schwindel
Hypotonie, Kreislaufversagen
Dämmerzustand —> Bewusstseinverlust
—> Obduktionsbefunde hier unspezifisch (Hirnödem, Hyperämie, kleine Blutungen), deshalb Ausschlussdiagnose
Welche Befunde kann man bei Hitzeeinwirkung beobachten?
Prämortal (Vitalitätszeichen —> Patient zum Zeitpunkt der Hitzeeinwirkung noch am Leben), Abgrenzung zur Spurenvernichtung
Rußaspiration
Rußverschlucken
Verbrennungen der Schleimhaut
Verbrennungen (echte Branblasen —> proteinreich: Leukozyten/Fibrin)
Krähenfüße —> Aussparungen von Ruß in Falten (Bsp. Zusammenkneifen der Augen)
CO-Hb-Intoxikation (> 10/15%)
lachrote Muskulatur, hellrote Totenflecken
Postmortal
Verbrennungen (proteinarme Brandblasen)
Hauteinrisse/hitzebedingte Frakturen
Brandhämatom (Blut und Fett tritt aus dem Schädeldach in den Epiduralraum)
Fechterstellung (Kontraktion/Beugestellung der Muskeln) —> CAVE Protrusion der Zunge
Welche Formen der Kälteeinwirkung werden unterschieden?
lokale Erfrierung
betrifft besonders die Haut nd das darunter liegende Gewebe in der Peripherie (Finger, Zehen, Nase,…)
führt nur selten zum Tod, aufgrund einer Zentralisierung des Kreislaufes (wichtige Organe bleiben warm)
allgemeine Unterkühlung
Körpertemperatur < 36°C
verschiedene Stadien, ab 27°C allerdings große Gefahr von Kältetod
Welche begünstigenden Faktoren bzw. Merkmale findet man häufig am Leichenfundort?
Kälte <10°C, Wassertemperatur <20°C, Wind, Feuchtigkeit —> meist im Freien
ALKOHOLISIERUNG (50% der Kältetode)
unzureichende Insolation oder Muskelaktivität
paradoxes Entkleiden
Welche Stadien der Unterkühlung gibt es?
Welche Befunde kann man bei Kälteeinwirkung beobachten?
Kälteerythem an Streckseiten der Gelenken (Knie, Ellenbogen, Hüfte)
hellrot bis braurot, livide-blau —> Hb-Freisetzung durch Kältehämolyse
Wischnewski-Flecken => hämatinisierte Magenschleimhautblutungen
felckig, schwarz livide
streifige Blutungen der Lendenmuskulatur (M. Iliopsoas)
“Kälteidiotie” —> paradoxes Wärmegefühl in Stadium II, wodurch sich die Patienten häufig entkleiden
DD Sexualdelikt
hellrote Totenflecken durch Reoxygenierung aus Umgebungsluft
Aceton im Urin erhöht
Wovon hängt die Klinik bei einem Stromunfall ab?
Stromstärke
<15 mA Parästhesien
>15 mA Muskelkontraktion
>50 mA Kammerflimmern möglich
>80 mA tödliche Flimmerschwelle
Spannung
Niederspannung <1000V (potentiell tödlich)
Kontakt obligat
Alles (Kammerflimmern) - oder - Nichts (folgenlos)
Hochspannung >1000V (meist tödlich)
über Lichtbogen möglich
meist Berufsunfälle
Widerstand
Körperwiderstand (trockene Haut als hoher Widerstand) + Übergangswiderstand (Bodenbelag, Kleidung, etc. —> Wasser senkt ihn)
Zeitpunkt des Impulses bezogen auf EKG-Rhythmus
CAVE Refraktärzeit
Dauer
Art des Stromes
Welche Befunde kann man bei einem Stromunfall beobachten?
Strommarken: Weißlich-erhabene Effloreszenz (Porzellanwall) mit zentraler Eindellung, auch postmortale Entstehung möglich
typisch an Leistenhaut (Hohlhand, Fußsohle)
Verbennung Grad II-IV
Vakuolenbildung (Stratum corneum), Kernausziehungen im (Stratum spinosum/basale), teilweise Abhebung der Epidermis von der Kutis
Spätfolgen: Verbrennungen, Crash-Niere
Erinnerung:
Welche Befunde kann man bei einem Blitzschlag beobachten?
Blitzfiguren: Verästelte Figuren auf der Haut (siehe Bild)
Großflächige oder gruppierte kleine schrotschussähnliche Verbrennungen, die an Schussverletzungen erinnern
Versengung der Kopfhaare
Kleiderbefunde
Gruppierte Lücken in den Kleidern
Zerreißung von Leder und Sohlen
Schmelzspuren an am Körper liegenden Metallen (Gürtelschnallen, Uhren)
Metallisation der Haut: An der Stromübertrittsstelle kommt es an der Haut zur Verdampfung und Ablagerung von am Körper liegendem Metall (Nachweis histochemisch oder mittels Atomabsorptionsspektrometrie)
Welche Befunde sind typisch für einen Anfahrunfall (Fußgängerunfalle)?
Anstoßphase: Anstoß mit Tibiafraktur durch direkte Gewalteinwirkung der Stoßstange
Wundtaschen = Decollements
Unterschenkelfrakturen —> Messerer-Keil-Fraktur der Tibia beim Zusammenstof mit der Stoßstange, wobei die Basis des Keils den Ort des Aufpralls darstellt
Beckenfrakturen
geformte Quetschungen
Aufladephase: Durch die Geschwindigkeit des Fahrzeugs gelangt der Körper des Angefahrenen auf die Motorhaube
Schädelhirntrauma (Aufprall auf Frontscheibe)
Rippenfrakturen
Beckenfraktur
Abwurfphase: Durch Verminderung der Geschwindigkeit oder Wechseln der Fahrtrichtung wird der Angefahrene wieder abgeworfen.
Schürfungen/Ablederungen
Frakturen der oberen Extremität
aufklappbare Wundtaschen
Messerer-Keil:
Wovon sind die Befunde bei einem Anfahrunfall abhängig?
Geschwindigkeit
Lebensalter (Vorerkrankungen, zB Osteoporose)
Brüche ab 20 km/h bei Jungen
Brüche ab 5 km/h bei Alten
Gestaltung der Fahrzeugfront
Lokalisation des Primäranstoßes
Körperhaltung bei Kollision
Was passiert beim Überrollen?
= liegender Fußgänger von den Reifen überrollt.
Ablederung der Haut und Unterhaut von der Muskulatur (Décollement)
Profilspuren
Was passiert beim Überfahren?
= liegender Fußgänger nicht von den Reifen überrollt. Die Schädigung tritt durch den Unterboden des Fahrzeugs auf
Woran kann man die Gehrichtung festlegen?
Beispiel: Von wo kam das Auto?
Typische Anstoßverletzungen am Fußgänger
Ausrichtung der Fahrzeugbeschädigungen
Schürfspuren an einzelnen Schuhsohlen
gleichmäßige Seitenverteilung —> Fußgänger stehend
Im Beispiel kam das Auto von links.
Welche befunde kann man bei einem Frontalunfall beobachten?
Dashboard-Verletzung (Knie des Insassen vs. Amaturenbrett):
axiale Stauchung —> Hüftgelenksluxation (meist hintere obere Hüftgelenkluxation)
hintere Kreuzbandruptur
Bruchlinie knienah —> Acetabulum, Femurtschaft, Patella
Wie bricht der Schädel bei einem Verkehrsunfall?
Welche Wunden sind bei Schussverletzungen von besonderer Relevanz und was sagen sie aus?
Von wo aus wurde ein Schuss abgegeben?
Was ist Schmauch und wie entsteht ein Abstreifring?
= Verbrennungsprodukte, die durch das Abfeuern einer Schusswaffe entstehen und nach dem Abschuss über kurze Distanz durch die Luft wirbeln.
Der Abstreifring entsteht dadurch dass das Geschoss durch die Schmauchwolke fliegt und mit Partikeln bedeckt wird. Diese Partikel werden beim Durchtreten der KLeidung ODER der Haut abgestreift.
Welche Befunde kann man bei einer Schussverltzung erheben und welche Hinweise geben sie?
Wurde ein Schuss durch einen Fremden oder das Opfer selber abgefeuert?
Wie und welche sollen Proben am besten asserviert werden?
mittels Stieltupfern gesichert
luftgetrocknet
gekühlt
Probenmaterial:
DNA-Spuren
Haare
Fasern
Fremdkörper
Blut
Sperma
Speichelproben
Wie funktioniert die DNA-Analyse in der Rechtsmedizin?
nicht-codierenden DNA-Abschnitte —> interindividuell verschieden (im Ggs. zu codierenden Abschnitten)
Short-Tandem-Repeats (STR)
Profile werden gespeichert
Y-STR z. B. bei Mischspuren mit Überschuss an weiblichen Zellen
Worauf achtet man bei der Blutanalyse?
Blut kann mithilfe einer Luminollösung und UV-Licht von vielen anderen Substanzen unterschieden werden
Blutnachweis
Besprühung mit Luminollösung und anschließende Bestrahlung mit UV-Licht
Wasserstoffperoxidreaktion
DNA-Analyse
Bestimmung der Blutart
Neugeborene: HbF nachweisbar
Menstruationsblut: Glykogen-haltige Zellen im Blut
Abortblut: Lanugohaare, Vernix und Chorionepithel im Blut
Wie werden Spuren nach einem Sexualdelik gesichert?
Genaue Dokumentation der Verletzungen + Beweismittelsicherung:
Sorgfältige, ärztliche Untersuchung des gesamten Körpers auf Verletzungen
Hämatome, Abschürfungen, Verletzungen an Mund und Gesicht (Zuhalten des Mundes), Drossel- oder Würgemale…
Sicherstellung von Beweismitteln
Getragene Kleidung, Material unter den Fingernägeln, Verklebte Intimhaare, …
Untersuchung und Aufklärung über möglicherweise vorliegende Schwangerschaft: Ggf. Verordnung der „Pille danach“ bzw. Beratung bzgl. weiterer Optionen
Labor
Blutuntersuchung: TPHA, β-HCG, HBsAg und Anti-HBs, HIV-Test sowie ggf. Nachweis einer akuten(!) Beeinträchtigung durch Alkohol, Drogen oder Medikamente
Urinuntersuchung: Nachweis von Alkohol, Drogen oder Medikamenten
Abstrichdiagnostik von äußerem und innerem Genital, Anus und Mund: Nachweis von Sperma, Speichel, Blut sowie zur Gonorrhö-Diagnostik
Was sind artifizielle Störungen? Was steckt dahinter?
= absichtliche Erzeugen oder Vortäuschen von Symptomen (Verletzung oder psychischen Störung)
Unbewusst
Krankenrolle einnehmen bzw. Behandlung erhalten
Aufmerksamkeit
Häufige Komorbiditäten
Persönlichkeitsstörungen
Somatoforme Störungen
Ausnahme: Münchhausen-by-proxy-Syndrom —> Eltern fügen Kindern eine Störung/Verletzung/… zu
Wie äußert sich eine artifizielle Störung?
—> Heimliche Manipulation an Wunden, Körperteilen und -funktionen, Vortäuschen neurologischer Ausfälle (zB Lähmungen)
Häufige Komorbiditäten, u.a.
Was sind Münchhausen und Münchhausen-by-proxy?
Münchhausen-Syndrom
„Wandern“ von Klinik zu Klinik
Erfindung einer umfangreichen Krankengeschichte
Münchhausen-by-proxy-Syndrom
Kinder, die von den Eltern krank gemacht werden und von Arzt zu Arzt geschleppt werden
Was ist Ertrinken?
Als Ertrinken bezeichnet man den innerhalb von 24 h eintretenden Tod infolge einer lebensbedrohlichen Submersion. Todesursache ist dabei die Asphyxie bei Verlegung der Atemwege durch Wasser oder andere Flüssigkeiten.
Welche Typen des Ertrinken gibt es und wie unterscheiden sie sich?
typisch = Kampf gegen das Ertrinken und die Aspiration von Flüssigkeit bei vollem Bewusstsein
Submersion → Reflektorisches Luftanhalten → Schlucken größerer Flüssigkeitsmengen, wenn Atemreflex nicht mehr unterdrückt werden kann → Erbrechen und/oder unwillkürliche Inspiration → Mikroaspiration → Laryngospasmus → Zunehmende Hypoxie mit Bewusstlosigkeit → Lösen des Laryngospasmus mit weiterer Aspiration und Schaumbildung ODER anhaltender Laryngospasmus ohne weitere Aspiration → Zunehmende Hypoxie/Hypoxämie, Konvulsionen, Herzrhythmusstörungen, Kreislaufstillstand
Nicht-Schwimmer oder Erschöpfung
atypisch = rasche Erstickung unter der Wasseroberfläche
Dominieren einer Aspiration von Wasser
Fremdeinwirkung oder Bewusstlosigkeit durch SHT (zB Kopfsprung)
Badetod
Reflektorischer Kreislaufstillstand durch z.B. Kälte des Wassers, Disposition (pathologische Reflexe) und/oder Intoxikation (z.B. Alkohol)
Herzinfarkt, Schlaganfall o.ä. im Wasser
Welche typischen Befunde kann man bei Ertrinken beobachten?
Typisches Ertrinken:
Schaumpilz
Emphysema aquosum => Überblähte trockene Lunge
Oedema aquosum => Massiv aufgequollene Lunge
mediastinale Überlappung der Lungenlappen
Erstickungsblutungen der Pleura visceralis (Paltauf-Flecken)
Sehrtsche Magenschleimhautrisse (Fritz-Zeichen)
Dreischichtung des Mageninhaltes: schaumig > flüssig > fest (Wydler-Zeichen)
Wasser im GIT
Atypisches Ertrinken oder Badetod:
typische Ertrinkungszeichen können fehlen oder nur gering ausgeprägt sein
Ggf. Hinweise auf eine spezifische Ursache des Ertrinkens (Kopfverletzung, Fesseln, …)
6–8 h Überwachung bzw. bis zur Symptomfreiheit
Welche Befunde kann man bei einer Leiche im Wasser erheben (Leichen-Dumping)?
Entweder Tod durch Ertrinken oder nachträgliches Verbringen ins Wasser:
Treibverletzungen —> Stirn, Nase, Handrücken, Knie, Zehen, Fußrücken
Waschhautbildung; Fettwachsbildung (Adipocire); Verletzung der Leiche durch Leichenfraß, Schiffsschrauben etc.
Warum ist Aufklärung wichtig und was muss sie beinhalten?
medizinischer Eingriff = Körperverletzung (§ 223 StGB)
Aufklärung: Der Patient muss (sofern er einwilligungsfähig ist) in die Durchführung der Maßnahme einwilligen.
Umfang ~ Dringlichkeit und Invasivität
„im Großen und Ganzen“, nicht alle Details ABER je genauer desto schwieriger anzufechten
rechtzeitig: mit ausreichendem Abstand, kein handlungsdruck
Sicherungsaufklärung: was muss der Patient machen, damit Behandlung gelingt
Im Notfall: mutmaßlicher Patientenwille (CAVE Patientenverfügung!)
muss nachgeholt werden!
Verweigerung: Recht auf Nichtwissen ist zu dokumentieren
<14 Jahre —> Eltern, alternativ Familiengericht
14-18 Jahre —> Einsichts- und Urteilsfähigkeit des minderjährigen Patienten beachten
Dokumentation: dokumentierte mündliche Aufklärung ausreichend, ggf. mit Aufklärungsbogen zu ergänzen
Durchführung: Die Maßnahme muss gemäß den Regeln der medizinischen Wissenschaft durchgeführt werden.
—> teilw. Beweislastumkehr bei zivilrechtlichen Verfahren (BGB): Arzt muss Unschuld beweisen - grober Behandlungsfehler oder Dokumentationsmängel
Trotz Aufklärung ist ein Eingriff nach § 223 und § 228 StGB strafbar, wenn keine medizinische Indikation gegeben oder das Verfahren sittenwidrig ist.
Welche Ausnahmen gibt es zur Aufklärungspflicht?
Therapeutisches Privileg: Recht des Arztes, eine Aufklärung zum Wohl des Patienten zu unterlassen (z.B. bei infauster Prognose)
ethisch und moralisch fragwürdig —> nur in absoluten Ausnahmefällen
Erzwingbare Eingriffe:
Erkennung von Geschlechtskrankheiten (nach Infektionsschutzgesetz)
Untersuchung und Behandlung zur Verhinderung von Seuchen (nach Infektionsschutzgesetz)
Blutentnahme und andere körperliche Eingriffe, die zur Klärung eines Sachverhalts im Rahmen eines Verfahrens erforderlich sind
Beispiele: Blutalkoholbestimmung bei alkoholisierten Verkehrsteilnehmern und/oder V.a. Strafbestand unter Alkoholeinfluss, Penis-/Skrotalabstrich bei V.a. Vergewaltigung
Grundlage: Richterliche/polizeiliche Anordnung nach Strafprozessordnung (StPO)
Probenverwendung: Nur für die angeordnete Untersuchung und im Anschluss unmittelbare Vernichtung
Was machen bei einem Patienten der gegen ärztlichen Rat geht?
Einwilligungsfähiger Patient
Detaillierte Information über weiteres Vorgehen
Genaue Dokumentation
Wann und von wem kann ein Arzt ein Berufsverbot erhalten?
Berufsverbot NUR durch Strafgericht (§ 70 StGB)
Grober Missbrauch des Berufes und/oder eine Verletzung der mit dem Beruf verbundenen Pflichten liegen vor
Eine weitere Ausübung des Berufes würde mit einem erheblichen Risiko für weitere erhebliche rechtswidrige Taten der bezeichneten Art einhergehen
Was ist und macht die Bundesärztekammer?
= Arbeitsgemeinschaft der Landesärztekammern
Berufsordnung: Angelehnt an den hippokratischen Eid
Weiterbildungsordnung
Bei Verstoß: Heilberufsgericht (Standesgericht)
Strafen bei Verletzung der Berufs- oder Standespflichten (Disziplinarmaßnahmen, Geldstrafen, Wahlrechtsentzug bei der Ärztekammer)
unabhängig von Straf- und Zivilgerichten
Kläger ist zuständige Ärztkammer
Welche Konsequenzen kann ein Behandlungsfehler haben?
Grober Behandlungsfehler: Ein Behandlungsfehler ist als grob zu bewerten, wenn der Arzt eindeutig gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen und einen Fehler begangen hat, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint
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Strafverfahren:
Beschlagnahme der Krankenakte und aller für den Prozess relevanten Dokumente
Die ärztliche Schweigepflicht ist dabei aufgehoben (Offenbarungspflicht)
Beauftragung eines Rechtsmediziners zur Erstellung eines Gutachtens zur Todesursache und zur Beurteilung des Sachverhalts
Welche Funktionen kann ein Arzt vor Gericht einnehmen?
Sachverständiger ≈ Gutachter: —> hat die Aufgabe, einen Sachverhalt durch seine speziellen Fachkenntnisse zu beurteilen und dadurch eine Entscheidungsbildung von gerichtlicher Seite zu ermöglichen.
Der Sachverständige wird vom Gericht bestellt
Sachverständiger Zeuge = Zeuge, der (zufällig) aufgrund seiner besonderen Sachkenntnisse fachkundliche Wahrnehmungen machen konnte.
Auf Anfrage des Sachverständigen gibt er Auskunft über Befunde, die für die Beurteilung des Tathergangs relevant sein könnten
Beschränkt auf den Bericht von Tatsachen, soll selbst keine Wertungen abgeben
Welche Regeln gilt es bezüglich Schweigepflicht zu beachten?
gilt gegenüber jeder dritten Person (auch Familienangehörigen)
gilt auch für einwilligungsfähige Minderjährige gegenüber den Eltern
gilt für alle (auch außerhalb der beruflichen Tätigkeit(!) – also auch bzgl. nicht-medizinischer Belange) anvertrauten Geheimnisse
Schweigepflicht kann nicht durch die Arbeitgeber oder Vorgesetzten aufgehoben werden
gilt über den Tod hinaus
Verstoß ist Antragsdelikt
Entbindung:
ausdrückliches Einverständnis
Offenbarungsbefugnis
§ 34 StGB
schwere Taten gegen Leib, Leben und Freiheit handelt und Wiederholungsgefahr besteht
Patienten vorher versuchen davon abzuhalten
Offenbarungspflicht
Unmittelbare Gefährdung der Allgemeinheit (z.B. Mord, Totschlag, Völkermord)
Gesetzliche Auskunftspflicht: Meldepflicht, Geburt, Todesfall, Berufskrankheiten
Was tun bei einem Verdacht auf Straftat?
siehe Offenbarungsbefugnis/-pflicht
Sorgfältige und detaillierte Dokumentation der Befunde
Ermöglichung des Rückgriffs auf die Befunddokumentation auf Wunsch des Patienten
Ladung als sachverständiger Zeuge
Zeugnisverweigerungsrecht : Die Schweigepflicht gilt auch gegenüber der Staatsanwaltschaft. Der Arzt hat demnach die Möglichkeit, die Aussage zu verweigern.
Das Zeugnisverweigerungsrecht wird zur Zeugnisverweigerungspflicht, wenn
Keine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht oder
Kein rechtfertigender Notstand nach § 34 StGB vorliegt
Wird vom Gericht Einsicht in die Krankenakten gewünscht, muss eine schriftliche Entbindung von der Schweigepflicht beantragt werden → Bei Entbindung von der Schweigepflicht erlischt vor Gericht das Zeugnisverweigerungsrecht.
Welche Regeln gilt es bezüglich Datenschutz zu beachten?
= Schutz personenbezogener Daten vor Missbrauch (Persönlichkeitsrecht)
Allgemeine personenbezogene Daten: Daten, anhand derer eine Person theoretisch identifiziert werden kann
Adresse, Matrikelnummer, IP-Adresse, Standortdaten, Spezifische psychische bzw. physische Merkmale
Besondere Kategorien personenbezogener Daten: Sensible Daten, die einem stärkeren Schutz unterliegen
Gesundheitsdaten, Genetische oder biometrische Daten, Ethnische Zugehörigkeit, Politische Ausrichtung, Sexuelle Orientierung
Weitergabe möglich mit Einverständniserklärung UND Schweigepflichtsentbindung
Weitergabe möglich an (mit Beschränkungen):
Krankenkasse der betroffenen Person
Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK)
Berufsgenossenschaft
Standesamt (Geburt, Sterbefall)
Datenschutzbehörde
Welche Regeln gilt es beim Umgang mit Betäubungsmitteln zu beachten?
Betäubungsmittelgesetzt (BtMG), § 29:
Verboten sind unerlaubte(r) Anbau, Herstellung, Handel, Erwerb, Beschaffung oder BTMs in sonstiger Art in den Verkehr zu bringen
Besitz ohne gültige Erlaubnis
Das Verschreiben nicht auf bestimmte Zubereitungen, Bestimmungszwecke oder Mengen beschränkt
MUSS ein Arzt helfen?
Jein:
kein Kurierzwang mehr = Arzt kann Behandlung prinzipiell ablehnen
Mangelndes Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient
Zu viele Patienten
Behandlung übersteigt die Fähigkeiten des Arztes
Ausnahme bei dringend benötigter medizinischer Versorgung —> unterlassene Hilfeleistung (§ 323c StGB)
„Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten und insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.“
Bei Übernahme eines Patienten greift die Garantenstellung (§13 StGB): nun muss der Arzt alles Sachgemäße für den Patienten zu tun, dass die Behandlung nicht misslingt.
Negativbeispiel: diensthabender Arzt schaltet sein Telefon aus, um beim Schlafen nicht gestört zu werden
Welche Fähigkeiten sind im juristischen Kontext zu unterscheiden und ab wann gelten sie?
Rechtsfähigkeit: Rechte und Pflichten haben, ab der Geburt
Strafmündigkeit: die Folgen einer Handlungen können überblicke —> Anderen bewusst schaden und dafür Verantwortung übernehmen können
Deliktsfähigkeit: Schadensersatz leisten müssen bei vorsätzlich oder fahrlässig angerichteten Schaden (Delikt)
Testierfähigkeit: ohne gesetzlichen Vertreter ein rechtsgültiges Testament aufsetzen dürfen
Geschäftsfähigkeit: selbstständig rechtswirksame Geschäfte vornehmen dürfen
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