Was ist der Nucleus suprachiasmaticus und wie wird er noch bezeichnet?
Der Nucleus suprachiasmaticus (englisch: „Suprachiasmatic Nucleus“, SCN) ist der zentrale Schrittmacher der zirkadianen Periodik und wird daher auch als „Master Clock“ bezeichnet
Wo liegt der SCN?
(Siehe Abbildung S 26)
Der SCN ist ein Kerngebiet im Hypothalamus und liegt direkt über dem Chiasma opticum (Sehnervenkreuzung) und unterhalb des III. Hirnventrikels
Wie erhält der SCN Informationen über Lichtverhältnisse der Umgebung?
Informationen über Lichtverhältnisse der Umgebung bekommt der SCN vor allem durch den Retino-hypothalamischen Trakt (RHT)
eine Nervenbahn, die diese Informationen aus spezialisierten Ganglienzellen – sogenannten Fotorezeptoren – in der Retina erhält
Diese Fotorezeptoren enthalten das Fotopigment Melanopsin und werden durch diffuses Licht aktiviert
Diese Information über Lichtverhältnisse wird dann durch glutamaterge Verbindungen (enthalten den Neurotransmitter Glutamat) zunächst zum RHT und dann zum SCN weitergeleitet
Neben dem RHT erhält der SCN zudem noch weitere visuelle Informationen aus dem Nucleus geniculatum laterale des Thalamus und auch aus dem Chiasma opticum
Welche Verbindungen hat der SCN an den er die Licht-Dunkel-Informationen und damit seinen zirkadianen Rhythmus weitergibt?
Diese Licht-Dunkel-Informationen und damit seinen zirkadianen Rhythmus gibt der SCN durch seine vielen ausgehenden Verbindungen (Efferenzen) an andere Hirnstrukturen weiter…
Verbindungen bestehen vor allem zu…
den hypothalamischen Kernen
der Hypophyse
der Zirbeldrüse
dem Septum
dem Hirnstamm
zum Rückenmark
Hervorzuheben sind vor allem die Efferenzen zu den aktivierenden und REM-Schlaf erzeugenden Arealen des Hirnstamms sowie des Vorderhirns
Über all diese Verbindungen kann der SCN den Schlaf-Wach-Rhythmus beeinflussen und erfüllt daher sowohl anatomisch als auch neurophysiologisch alle Voraussetzungen einer „Master Clock“ – also eines zentralen Schrittmachers
Woraus besteht der SCN?
Der SCN selbst besteht aus über 15.000 Zellen
von denen ein Großteil – etwa 70 % – GABAerg ist
der Rest enthält vor allem Neuropeptide, wie z. B. Vasopressin und Oxytozin
Welche interessanten Entdeckungen über die Funktion des SCN und seine Bedeutung für die zirkadiane Rhythmik konnten anhand von tierexperimentellen Läsionsstudien gewonnen werden?
Durch Läsionen des SNC kommt es zu einer vollständigen Arhythmizität vieler, aber nicht aller Körper- und Verhaltensfunktionen
Bei Läsionsstudien an Labornagern konnte beispielsweise gezeigt werden, dass zwar die Gesamtschlafdauer nicht beeinträchtigt ist, aber Wach- und Schlafphasen der Tiere ohne jeden Rhythmus stattfinden
Eine beidseitige Läsion des SCN bei Primaten führte zu einem völligen Verlust der Aktivitätsrhythmen
Das schloss beispielsweise den Trinkrhythmus der Tiere ein, der gestört war, ohne dass sich die Gesamtmenge der Flüssigkeitsaufnahme reduzierte
Welche Hinweise zum SCN liefern Beobachtungen an Patienten mit Tumoren?
Tumore über dem Chiasma opticum führen bei Patienten beispielsweise zu irregulärem Einschlafen und die Patienten lassen sich auch nur schwer wecken
Welchen Rhythmus zeigen Blinde Menschen häufig und warum?
Interessanterweise zeigen blinde Menschen oftmals einen freilaufenden 25-Stunden-Rhythmus
Freilaufend nennt man einen Rhythmus beim Fehlen von Zeitgebern
Blinde Personen zeigen zudem auch gestörten oder unregelmäßigen Schlaf, weil bei ihnen die „Master Clock“ ausfällt
Von was wird die Rhythmizität der Neurone im SCN gesteuert?
Die Rhythmizität der Neurone im SCN wird von sogenannten molekularen Uhren unter Beteiligung weniger Gene gesteuert
Dabei kommt es zur rhythmischen Transkription dieser „Uhr-Gene“
Die Auf- und Abbauzeiten von Genen und Proteinen bestimmen dabei den endogenen Rhythmus
Wie laufen die Prozesse der Rhythmizität der Neurone im SCN ab?
(Wichtigste Prozesse vereinfacht)
Die Transkriptionsfaktoren BMAL1 und CLOCK sind die positiven Komponenten einer Rückkoppelungsschleife
Durch die Bindung von CLOCK/BMAL1 an die DNA wird jeden Morgen die Transkription von Period-Genen (Per) und Cryptochrom-Genen (Cry) angeregt
Dabei werden im Kern der SCN-Neuronen zunächst die mRNAs hergestellt, die dann im Zellplasma in die CRY- und PER-Proteine übersetzt werden
Diese beiden Proteine formen einen Komplex und wandern im Laufe des Nachmittags und Abends dann wieder zurück in den Zellkern, wo sie die Funktion des BMAL1/CLOCK-Komplexes inhibieren und damit ihre eigene Transkription unterbinden
Dadurch reduziert sich langsam die Proteinmenge von CRY und PER über die Nacht hinweg, sodass die Hemmung von CLOCK/BMAL1 beendet wird und am Morgen eine neue Runde dieses Transkriptionszyklus beginnen kann
Dieser Wechsel von Hemmung und Aktivierung bestimmt so den 24-Stunden-Rhythmus der zirkadianen Periodik
Was passiert bei der Transkription?
Bei der Transkription werden die zur Proteinherstellung benötigten Informationen von der DNA in eine mRNA umgeschrieben
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