Welche drei Schmerzformen lassen sich hinsichtlich der auslösenden Umstände unterscheiden?
Prinzipiell sind drei Schmerzformen hinsichtlich der auslösenden Umstände zu unterscheiden:
nozizeptive Schmerzen
neuropathische Schmerzen und
Schmerzen aufgrund psychosomatischer oder psychiatrischer Erkrankungen
Wie entstehen nozizeptive Schmerzen?
Nozizeptive Schmerzen entstehen durch die Stimulation der Nozizeptoren beispielsweise durch Druck, Hitze oder chemische Noxen bei intaktem somatosensorischem System
Damit gilt die Schmerzleitung hier als „natürlich“ oder „physiologisch“
Nozizeptive Schmerzen stehen auch bei Arthrose und rheumatoider Arthritis im Vordergrund
Wann und wie oft treten neuropathische Schmerzen auf?
Neuropathische Schmerzen treten als direkte Folge einer Verletzung oder Erkrankung des zentralen und/oder peripheren somatosensorischen Nervensystems auf
Hierbei zeigen sich brennende Spontanschmerzen, schmerzhafte Berührungsempfindlichkeit und Schmerzattacken
Klassische neuropathische Schmerzen sind Polyneuropathie, Neuralgien, Schmerzen nach traumatischer Nervenläsion und Schmerzen aufgrund von Rückenmarks- oder Hirnschädigung
Etwa 6–10 % der Schmerzpatienten leiden an neuropathischen Schmerzen; etwa ein Drittel aller Diabetespatienten leidet an dieser Schmerzart
Wie entstehen psychosomatische oder psychiatrische Schmerzen?
Bei diesen somatoformen Störungen sind keine organischen Auslöser zu finden
Zu den Ursachen zählen Burnout-Syndrom, Depressionen und Stress
Welche Schmerzen kann man hinsichtlich der Dauer unterscheiden?
Hinsichtlich der Dauer sind zu unterscheiden:
akute Schmerzen
subakute Schmerzen
chronische Schmerzen
Wann spricht man von akutem Schemerz?
Bei akutem Schmerz lassen sich mit dem schnellen ersten und dem zweiten länger anhaltenden Schmerz die Warnfunktion der Empfindung transportieren und die Aufmerksamkeit auf die geschädigte Körperstelle lenken
Akute Schmerzen klingen i. d. R. von selbst ab, wozu häufig Schonung und kurzfristig lindernde Maßnahmen beitragen könne
Der akute Schmerz kann dabei von Pulsanstieg, Schweißausbrüchen, Übelkeit und Herzproblemen, wie Vorhofflimmern, aber auch Angst und Wut begleitet sein
Wann spricht man von Attackenschmerz?
Von Attackenschmerz spricht man bei unregelmäßig wiederkehrenden, immer vergleichbar ablaufenden Schmerzen, wie etwa Migräneanfällen
Hier steht auch die Warnfunktion vor Überbelastung des Körpers im Vordergrund
Wann kommt es zur Chronifizierung von Schmerz?
Wozu kann diese führen?
Wenn diese Warnfunktion von Überbelastung aber im Laufe der Zeit von etwa sechs bis zwölf Wochen verblasst (subakuter Schmerz), und der Schmerz als solcher das Denken und Verhalten des Patienten immer mehr bestimmt, kommt es zur Chronifizierung
Diese wird wesentlich durch den Umgang mit dem Schmerz beeinflusst
So kann Angst zu Vermeidungsverhalten führen, Gereiztheit zu Verspannung und Überforderung bestimmter Körperteile, aber auch eine Bagatellisierung des Schmerzes kann zur Überforderung führen und letztlich die Heilung verhindern sowie zur Entwicklung chronischer Schmerzen beitragen
Wann spricht man von einer Schmerzkarriere?
Was wird als Schmerzsyndrom bezeichnet?
Bei Chronifizierung und Vermeidungsverhalten werden oft etliche erfolglose Behandlungsversuche unternommen, weshalb man von einer „Schmerzkarriere“ spricht
In diesen Fällen hat sich der Schmerz häufig auch im Sinne einer erlernten Reiz-Reaktion verselbstständigt, was auch als Schmerzsyndrom bezeichnet wird, bei dem der Schmerz einen eigenen Krankheitswert erlangt hat
Wie zeigt sich chronischer Schmerz individuell?
Chronischer Schmerz zeigt individuell unterschiedliche Ausprägungen, wobei häufig Beeinträchtigungen im Berufs- und Privatleben mit Verstimmungen und Depression, Hoffnungslosigkeit, sozialer Isolation sowie aggressivem Verhalten auftreten
Wie zeigt sich die Chronifizierung von Schmerz auf physiologischer Ebene?
Was ist die Folge?
Die Chronifizierung zeigt sich dabei auch auf physiologischer Ebene
Anfangs können sich die Nozizeptoren noch gut an den konstanten Schmerz adaptieren, im Laufe der Zeit steigt allerdings ihre Erregbarkeit (Sensibilisierung) und es kommt zur Langzeitpotenzierung am zweiten Neuron der Schmerzbahn im Rückenmark
Das beruht u. a. auf Genaktivierung und Umbauprozessen in der subsynaptischen Membran der Neuronen und wird als Schmerzgedächtnis bezeichnet
Die Folge sind
Allodynie (gesteigerte Schmerzempfindlichkeit auf einen eigentlich nicht schmerzhaften/nozizeptiven Reiz)
Hyperalgesie (gesteigertes Schmerzempfinden eines schmerzhaften/nozizeptiven Reizes) und
spontane Schmerzen ohne erkennbare Noxe
Wann kommt es zur Schmerzprojektion?
Zur Schmerzprojektion kommt es bei mechanischer Schädigung einer nozizeptiven Faser beispielsweise am Rückenmark, die zur Schmerzempfindung im Versorgungsgebiet der Faser führt
So kann ein Bandscheibenvorfall zur mechanischen Reizung von Schmerzfasern am Rückgrat führen, die je nach betroffenem Bandscheibensegment Schmerzen im Unterschenkel oder dem Knöchel nach sich zieht
Was versteht man unter übertragenem Schmerz (Beispiel)?
Bei einem sogenannten übertragenen Schmerz empfindet der Patient Schmerzen oder Überempfindlichkeiten auf der Körperoberfläche, die auf der Reizung nozizeptiver Fasern an inneren Organen basieren
Die Grundlage hierfür sind neuronale Verbindungen auf der Ebene des Rückenmarks
Das Korrelat auf der Körperoberfläche sind die sogenannten Head-Zonen
Ein Beispiel ist der Angina-Pectoris-Schmerz, bei dem eine Minderdurchblutung des Herzens als Schmerz auf die Körperoberfläche übertragen wird
Was versteht man unter Phantomschmerz und zu welchen Schmerzen zählt das?
Eine weitere Schmerzart ist der Phantomschmerz, der nach einer Amputation am nicht mehr vorhandenen Körperteil auftritt
Er zählt zu den Deafferenzierungsschmerzen, bei denen es durch Zerstörung von Afferenzen zu veränderten Reizmustern kommt
Die Ursachen und physiologischen Hintergründe sind allerdings erst in Ansätzen bekannt
Was sind Deafferenzierungsschmerzen bzw. was ist Deafferenzierung?
Die Unterbrechung der afferenten Bahnen zum Gehirn wird als Deafferenzierung bezeichnet
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