Bei physikalischen Methoden zur Schmerzbehandlung denkt man primär woran?
Bei physikalischen Methoden zur Schmerzbehandlung denkt man primär an
Wärme/Kälte oder
Ruhe/Bewegung/Krankengymnastik
Warum muss man eine Therapie gut abwägen?
Jegliche Therapie, auch diese einfach erscheinenden Anwendungen, bedürfen der guten Abwägung
So kann eine Ruhigstellung zwar die Aktivierung von Nozizeptoren einschränken, sie kann aber auch zu depressiven Verstimmungen durch mangelnde Aktivität führen und so die Chronifizierung der Schmerzen fördern
Eine funktionelle, d. h. zu positiven Effekten führende Bewegungstherapie ist manchmal sinnvoller als reine Ruhigstellung
Welche Verfahren zählen zu den physikalischen Ansätzen der Schmerzunzerbrechung?
Des Weiteren zählen die elektrische Schmerztherapie, wie die Gegenstimulation, und Akupunktur zu den physikalischen Ansätzen, deren Ziel die Unterbrechung der Schmerzleitung ist:
Das am häufigsten eingesetzte Verfahren der Gegenstimulation – teils auch Elektrotherapie genannt – ist die Transkutane Elektrische Nervenstimulation (TENS)
Bei dieser wird die schmerzhemmende Wirkung von Zuströmen aus schnell leitenden Nervenfasern auf nozizeptive Neuronen des Rückenmarks ausgenützt
Die theoretische Basis hierfür bietet die Gate-Control-Theorie
Was versteht man unter der Gate-Control-Theorie?
Dieses Schmerzmodulationskonzept beschreibt die neuronalen Mechanismen der Schmerzhemmung und erklärt, warum Schmerzen unter bestimmten Umständen nicht empfunden werden
Das Konzept basiert auf der Annahme, dass die Schmerzverarbeitung mehr als die Verknüpfung von schmerzhafter Reizung und Schmerzerfahrung ist und auch auf Rückenmarksebene durch ein Schmerztor, d. h. inhibitorische Neuronen, moduliert werden kann
Die Modulation kann dazu führen, dass der Sinneseindruck Schmerz unter bestimmten Umständen ausbleibt
Was passiert gemäß dem Gate-Control-Modell durch elektrische Stimulation?
Gemäß Gate-Control-Modell lassen sich durch elektrische Stimulation – zusätzlich zur vorhandenen Schmerzafferenz – mechanosensible Fasern aktivieren, die alle auf ein Interneuron im Rückenmark zusammenlaufen und so das schmerzleitende Projektionsneuron hemmen
Damit werden die Signale der schmerzleitenden Aδ-(delta)-Fasern und C-Fasern durch die Aktivität der elektrisch stimulierten Aß-(beta)-Fasern auf Rückenmarksebene inhibiert
Was ist das TENS Verfahren?
Bei der TENS zur Elektrotherapie – auch Reizstrom genannt – wird ein Stimulatorgerät über Elektroden mit der Haut verbunden
Das kann an der schmerzenden Stelle oder in Rückenmarksnähe sein
Ziel ist es, über die Stimulation die Verbindung von Schmerzquelle und Gehirn zu blockieren
Als Wirkung werden die Freisetzung endogener (körpereigener) Enkephaline und anderer Opioide (bei niederfrequenter Stimulation, 1–4 Hz) sowie die synaptische Depression (bei hochfrequenter Stimulation, 80–100 Hz) diskutiert
TENS wird insbesondere bei Schmerzen im Bewegungsapparat angewendet
Zur Lokalisation der Elektroden am Körper werden oft Akupunkturpunkte oder Triggerpunkte genutzt
Was versteht man unter dem EMS-Training?
Ein vergleichbarer Ansatz wird im Sportbereich beim sogenannten EMS-Training (Elektrische Muskelstimulation oder Elektromyostimulation durch mittlere/tiefe Frequenzen) genutzt, bei dem gezielt Stromstöße zur Muskelstimulation und damit zum Muskelaufbau, zur Steigerung der Schnellkraft oder zur Verbesserung der Maximalkraft eingesetzt werden
Das Verfahren wird besonders im Rehabilitationsbereich angewendet, wird aber auch für den Breitensport angeboten
Was versteht man unter der Akupunktur?
Eine weitere physikalische Behandlungsform bei Schmerzen ist die Akupunktur, die ihren Ursprung in der traditionellen chinesischen Medizin hat und in den 1970er-Jahren in der westlichen Welt Einzug hielt
Bei der Akupunktur wird von der Annahme ausgegangen, dass eine Projektion der Organe auf der Körperoberfläche besteht, die über das Einstechen und Drehen von Akupunkturnadeln in bestimmten Reizarealen eine Beeinflussung ermöglicht
Als Wirkungsweise werden nervale und hormonelle Effekte unter Beteiligung von Mediatoren wie Endorphinen und Serotonin diskutiert
Die Akupunktur findet zunehmend Einsatz bei chronischen Schmerzen, Allergien, Herzbeschwerden, Bluthochdruck, Suchterkrankungen, psychosomatischen Beschwerden und psychischen Störungen wie Depressionen
Insbesondere für Spannungskopfschmerz und Migräne sind subjektive Schmerzlinderung (kurz- und längerfristig) und Senkung des Schmerzmittelverbrauchs durch Akupunktur beschrieben
Wie werden psychologische Schmerztherapien bezeichnet und was versteht man darunter?
Psychologische Schmerztherapien werden auch als Schmerzbewältigungsstrategien bezeichnet, deren Wirkung häufig auf einem physiologischen Effekt im Bereich der peripheren und zentralen Schmerzverarbeitung beruht
Zu ihnen zählen u. a. Biofeedback, Entspannung und Meditation
Neben einer psychophysiologischen Diagnose wird anfangs das Schmerzerleben und Schmerzverhalten des Patienten analysiert, um Auslöser, Entwicklung, Schmerzreaktionen und die aufrechterhaltenden Bedingungen zu bestimmen
Psychophysiologische Behandlungsmethoden bieten neben Strategien zur Bewältigung der Schmerzen auch Möglichkeiten zur Beseitigung der Ursachen
Was ist Ziel und Vorgehen der Biofeedback-Therapie?
Bei der Biofeedback-Therapie werden körperliche Parameter, wie Muskelaktivität, Atmung, Hauttemperatur, Blutdruck, Herzrate, Hautleitfähigkeit, Muskelaktivität, neuronale Aktivität oder Gehirnaktivität, bestimmt und direkt an den Patienten gemeldet, sei es als Messkurve, Ton oder Animation eines Bildes
Ziel ist es, die Wahrnehmung der Körperprozesse zu verbessern, die Reaktionen des eigenen Körpers zu erkennen und die Selbstkontrolle zu verbessern
Die Entwicklung eines psychophysiologischen Krankheitsmodells kann dann zur willentlichen Veränderung der Situation genutzt werden
Woraus besteht das Biofeedbacksystem?
Ein Biofeedbacksystem besteht aus…
(1) dem Körper des Patienten mit einem definierten, messbaren Parameter,
(2) einem Messgerät („Verstärker“) zur Bestimmung der Größe des Parameters und
(3) einem Bildschirm oder Lautsprecher zur Information des Patienten
Was lässt sich als Paramter bestimmen?
Als Parameter lässt sich beispielsweise die Atmung bestimmen, indem ein dehnungssensitiver Gürtel an Bauch und Brust angebracht wird
Der Sensor bestimmt die Hebung/Senkung von Brust und Bauch und überträgt das elektrische Signal auf den Verstärker
Vom Gerät wird das in Form einer Kurve oder eines die Atmung imitierenden Geräuschs optisch oder akustisch wiedergegeben
Was wird beim Neurofeedbadk bestimmt und wozu wird es genutzt?
Beim Neurofeedback werden die Summenpotenziale von Neuronenverbänden und damit die elektrische Aktivität des Gehirns im EEG bestimmt und zum Biofeedback genutzt
So zeigen sich bei Migräne langsame kortikale Potenzialverschiebungen („contigent negative variation“, CNV), die im Rahmen der Therapie eingedämmt werden sollen, um die Anfallshäufigkeit zu verringern
Auch bei Fibromyalgie wird das Neurofeedback genutzt
Was ist das Durchblutungsbiofeedback?
Eine weitere Möglichkeit ist das Durchblutungsbiofeedback, das bei Migräne eingesetzt wird, um die auslösende Vasokonstriktion zu veranschaulichen
Wozu wird das EMG-Biofeedback genutzt?
Beim EMG-Biofeedback (EMG = Elektromyogramm) wird die Aktivität der Muskulatur bestimmt, indem die Sonden parallel zu den Muskelfasern auf der Körperoberfläche platziert werden
Lässt sich die Aktivität langsamer Fasern (< 80 Hz) nachweisen, ist das ein neuromuskulärer Indikator für körperliche und emotionale Belastung
Auch bei chronischen Schmerzen wird eine Ermüdung mit vermehrter Aktivität der langsamen Fasern vermutet
Das EMG-Biofeedback wird u. a. bei Spannungskopfschmerz, myofaszialen Schmerzsyndromen und Fehlhaltungen eingesetzt
Was ist Ziel des Biofeedbacks?
Wie wird es zur Therapie genutzt?
Ziel des Biofeedbacks ist es jeweils, dem Patienten seinen Zustand durch optische oder akustische Signale zu verdeutlichen
Zur Therapie wird es meist mit weiteren verhaltensmodifizierenden Therapien, wie z. B. operanter Schmerztherapie, kombiniert
Mithilfe der operanten Schmerztherapie soll der Patient lernen, die mit Schmerzen assoziierten Verhaltensweisen zu vermeiden und schmerzfreies Verhalten zu fördern
Hierzu soll eine Verhaltensänderung und Umstellung des Lebens des Patienten erwirkt werden
Dabei sollen Schonhaltungen durch Aktivität ersetzt, die schmerzfreien Phasen im Leben betont beachtet und positive soziale Fertigkeiten trainiert werden
Wo wird Operante Schmerztherapie zb angewendet?
Eine operante Schmerztherapie wird beispielsweise bei Fibromyalgie angewendet
Was wird untersucht?
Verschiedene Möglichkeiten zur Entspannung und Schmerzlinderung werden untersucht und individuell getestet, wobei auch die Meditation immer mehr in den Vordergrund tritt
Es ist bekannt, dass bei der Meditation im EKG Thetawellen (4–7 Hz) auftreten, die sich sonst bei stark desaktiviertem Zustand wie dem Einschlafen und Dösen finden
Die Hypothese, dass Mediation die Schmerztoleranz steigert und die Schmerzintensität senkt, wird in Studien im Vergleich zu Entspannungstechniken untersucht, ist aber noch nicht abschließend geklärt
Was ist ein Projektionsneuron?
Das Projektionsneuron ist eine Nervenzelle zur Leitung der Erregung an das Kerngebiet des ZNS.
Was ist synaptische Depression?
Die Hemmung der Nervensynapsen wird als synaptische Depression bezeichnet
Was sind Triggerpunkte?
Mit Triggerpunkten sind punktförmige Bereiche auf der Körperoberfläche gemeint, die bei Druck oder spontan schmerzen.
Was ist die Fibromyalgie?
Die Fibromyalgie ist ein chronisches Schmerzleiden unklarer Ursache mit besonders schmerzempfindlichen Tender-Punkten.
Was wird als myofasziales Schmerzsyndrom bezeichnet?
Lokale Schmerzen des Bewegungsapparats mit rheumatischer, entzündlicher oder neurologischer Ursache werden als myofasziales Schmerzsyndrom bezeichnet.
Was macht die medikamentöse Schmerztherapie?
Welche 2 Arten werden unterschieden?
Mithilfe der medikamentösen Schmerztherapie wird die Weiterleitung noxischer Signale verhindert, die zentrale Verarbeitung der Schmerzsignale gehemmt und die affektive Anteilnahme am Schmerzgeschehen abgeschwächt
Dabei wird zwischen systemischer und lokaler Anwendung unterschieden
Was passiert bei einer örtlichen Betäubung und wann wird diese verordnet?
Bei einer örtlichen Betäubung (Lokalanästhesie) wird die Entstehung und Weiterleitung von Aktionspotenzialen der schmerzleitenden Nervenfasern durch die Blockade von Ionenkanälen lokal und reversibel gehemmt
Therapeutisch wird sie u. a. vor Hautoperationen und bei Neuralgien und Narbenschmerzen zum Unterbrechen des Teufelskreises der Schmerzen eingesetzt
Was sind Klassische Lokalanästhetika?
Klassische Lokalanästhetika sind Lidokain, Prokain und Kokain
Wann werden Analgetika genutzt und wie kann man sie unterteilen?
Zur systemischen medikamentösen Schmerztherapie werden Analgetika eingesetzt, die eingeteilt werden in:
Opioid-Analgetika (auch als narkotische Schmerzmittel bezeichnet) und
nicht-opioidartige Analgetika (auch als nicht-narkotische Schmerzmittel bezeichnet)
Was sind Analgetika?
Ein Analgetikum ist ein Schmerzmittel.
Was wird gemäß WHO-Stufenschema im Therapieverlauf in Stufen nacheinander eingesetzt?
Gemäß WHO-Stufenschema werden im Therapieverlauf in Stufen nacheinander nicht-opioide Analgetika, schwach wirksame Opioide und stark wirksame Opioide eingesetzt
Opioid-Analgetika wirken durch Bindung an welchen drei verschiedene Opioidrezeptoren?
Opioid-Analgetika wirken durch Bindung an drei verschiedene Opioidrezeptoren auf den Nozizeptoren:
my-Rezeptor (MOR, µ-Opioid-Rezeptor): Bindung von ß-Endorphin und Morphin,
kappa-Rezeptor (KOR, κ-Rezeptoren): Bindung von Dynorphin sowie
delta-Rezeptor (DOR, δ-Rezeptoren): Bindung von ß-Endorphin und Leu-Enkephalin
Wie wirken Opiod-Analgetika und was ist ein klassisches Beispiel?
Opioid-Analgetika können starke Schmerzen lindern, wirken stark beruhigend und können in höheren Dosen zu einem narkoseähnlichen Zustand führen
Als klassisches Beispiel gilt Morphin, das ein Bestandteil von Opium ist und der Substanzgruppe seinen Namen gibt
Welche endogenen Wirkstoffe werden mit Schmerzempfinden in Zusammenhang gebracht?
Als endogene (körpereigene) Wirkstoffe sind u. a. Endorphine, Enkephaline und Dynorphine bekannt, die mit dem Einfluss sportlicher Aktivität und Stress auf das Schmerzempfinden in Zusammenhang gebracht werden
Wozu zählen die meisten nicht-opiodartigen Analgetiker?
Die meisten nicht-opioidartigen Analgetika zählen zu den fiebersenkenden Schmerzmitteln und wirken überwiegend über die Hemmung der Prostaglandinsynthese
Prostaglandine spielen eine wesentliche Rolle im Entzündungsgeschehen und werden im gesamten Organismus produziert
Ihre Hemmung wird über die Blockade der Enzyme Cyclooxigenase 1 und 2 (Cox-1 und 2) erreicht und inhibiert die Sensibilisierung der Nozizeptoren
Bekannte Vertreter sind u. a. Acetylsalicylsäure (Aspirin), Paracetamol, Ibuprofen, Celecoxib und Metamizol
Was sind Prostaglandine?
Was sind bekannte Vertreter?
Was wird bei chronischen Schmerzen auch manchmal eingesetzt?
Bei chronischen Schmerzen werden auch Psychopharmaka, insbesondere Antidepressiva, eingesetzt, die die Neurotransmitter beeinflussen und auf diese Weise eine Schmerzhemmung erreichen
Was ist das Konzept der multimodalen Schmerztherapie?
Die verschiedenen Ansätze der Schmerztherapie kommen im Konzept der multimodalen Schmerztherapie zusammen, bei dem es darum geht, über verschiedene Disziplinen hinweg Behandlungsansätze strukturiert zu kombinieren und gemeinsam die Diagnose, Therapieempfehlung und Umsetzung zu gestalten
Dieser Ansatz ist inzwischen in verschiedenen Studien belegt und wird zunehmend bei chronischen Schmerzen angewandt
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