Kontroversität im Geschichtsunterricht
Kontroversität = Deutung historischer Phänomene durch spätere Betrachter
Vermittlung des Konzepts der Kontroversität in der Geschichtswissenschaft[1] " bereits in unteren Stufen[2]
Auch aufgrund der alltäglichen Konfrontation durch die Geschichtskultur (Museen, Gedenktage, …)
Mit Kontroversität erfahren, dass historische Sachverhalte von Nicht-Zeitgenossen unterschiedlich (kontrovers) gedeutet wurden —> im Hinblick auf die ursprünglichen Zeitgenossen & kontrovers untereinander
Somit keine ‚richtige‘ Deutung, sondern verschiedene, zahlreiche und sich teilweise widersprechende Deutungen[3]
—>Z.B. durch den Vergleich zweier Geschichtsbücher
Fritzer-Kontroverse: Gegner = Zeitzeuge, der = Verteidigungskrieg
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[1] Die Geschichtswissenschaft selbst versteht Geschichte lediglich als Deutungen von Vergangenem durch Historiker
[2] Deshalb ist es überaus wichtig dieses Wissen früh zu schulen und nicht erst in der Oberstufe damit zu beginnen ([25]). Bei den SuS muss somit das Bewusstsein für dieses Konzept geschaffen werden, damit sie überhaupt erst ein wissenschaftliches Verständnis von Geschichte ausbilden und auf diese Weise auch ihre historische Kompetenz gefördert werden kann
[3] Für SuS schwer zu erkenne, dass es keine wahre Geschichte gibt.
Pluralität im Geschichtsunterricht
Ziel GU = eigene, individuelle Deutung von Geschichte entwickeln " viele Geschichtsbilder existieren parallel
Bewusstwerden dieser individuellen Geschichtsbilder —> stets selbstständig reflektieren
Wichtig, dass auch LPs ihr eigenes Geschichtsbild offenlegen
=> Deshalb oft Diskussionen führen, bei denen jeder SuS begründet Stellung nehmen muss
Auf dieser Weise müssen SuS über ihre eigene Position reflektieren[1]
Perspektivenerweiterung -> Vermeidung schneller Wertungen über Menschen aus der Vergangenheit vermieden
SuS oft dazu neigen diese an gegenwertigen Normen zu messen.
Auch Eingehen auf unterschiedliche Deutungen von schriftlichen und bildlichen Quellen
[1] Möglichkeit der Revidierung und Modifikation
Perspektivübernahme
Perspektivübernahme = Voraussetzung + wesentlicher Moment des sozialen Handelns
—> Soziales Handeln = menschliches Handeln in einen gegebenen, historisch entstandenen und veränderlichen gesellschaftlichen Zusammenhang
Bezieht sich intentional in einer bestimmten Weise auf andere Subjekte (Fremde, andersdenkende Menschen, …)
Perspektivübernahme = zentrale Aspekt sozialer Erkenntnis und Bewertung der (vor-)menschliche Lebensformen unterscheidet
=> Vermögen, sich und andere als Subjekte zu begreifen, auf andere und sich selbst reagieren und Verhalten/Perspektive jeweils beurteilen
Dadurch: Entstehung geistiger Operationen: Verstehen und Verständigung, Verminderung v. Konflikten, Überwindung von Affekten und Reflexen
Stufenmodell
Alter/Niveau
Perspektive
Möglichkeit
Grenzen
Niveau 0
(3-6)
egozentrische Perspektivenübernahme
Wahrnehmen von Gefühle Anderer[1] und dass sich diese Gefühle in Situationen verändern können
Niveau 1
(6-8)
Sozial-informationsbezogene Perspektivübernahme
Bewusstwerden der Subjektivität von Perspektiven - Menschen unterscheiden sich im Denken, weil sie sich in unterschiedlichen Situationen befinden
· Nur Fokus auf eine Perspektive[2]
Keine Koordination von verschiedenen Gesichtspunkten möglich
Niveau 2[3]
(8-10)
Selbstreflexive/Zweite Person- und reziproke Perspektivenübernahme
Es entwickelt sich ein reflexives Verständnis der Subjektivität - das eigene Handeln wird aus dem Blickwinkel des anderen reflektiert und umgekehrt dessen Reaktion auf das eigene Handeln vorweggenommen[4]
Simultane Betrachtung der Perspektiven nicht möglich
Niveau 3[5]
(10-12)
wechselseitige Perspektivenkoordination
das Kind erkennt, dass sowohl es selbst als auch der andere die Perspektive des jeweils anderen gleichzeitig berücksichtigen kann[6]
Niveau 4[7]
(12-15)
Perpsektivenübernahme mit dem sozialen und konventionellen System
Perspektive der sozialen Bezugsgruppe kann übernommen werden - Einbezug des sozialen Systemes und seiner Normen - Fähigkeit zu angemessener Kommunikation " führt weitläufig zum sozialen Handeln
[1] Nur ich (1/1)
[2] Nur ich oder der andere (1/mehreren)
[3] Moral: es gibt versch. Moralvorstellungen, meine = richtig)
[4] Jmd hat recht, aber das Rechthaben kommt nicht von dem alleine heraus, sondern ist am Ende des Prozesses beeinflusst worden
[5] Moral: Bottom-up: „Was du nicht willst, was man dir tut, das füg auch keinem anderen zug) " dritte Instanz
[6] Auch aus Distanz heraus; Diskurs;
[7] Top-down: die gesellschaftliche Norm (nicht wie auf Stufe 3 auf eine singuläre Instanz bezogen)[ Demokratie als Prozess
Perspektivwechsel und Empathie
=, sich in die historische Perspektive und Rolle einer anderen Person hineinzuversetzen
Deshalb wichtig: möglichst viele verschiedene Perspektiven in Quellen aufspüren
Für ein Geschichtsprojekt ist es sinnvoll, den gesamten Lernprozess mit unterschiedlichen Methoden zu gestalten, um auch vergessene oder abweichende Perspektiven zumindest anzureißen bzw. zur Diskussion zu stellen.
Die Fähigkeit zum Perspektivwechsel, die Möglichkeiten zur kritischen Selbstreflektion und zur Auseinandersetzung mit Unterschieden lässt sich durch vielfältige Methoden erproben
=> Ein Ansatz ist dabei beispielsweise mit fiktiven Biografien zu arbeiten (vgl. Konfrontationen Hefte) oder mittels exemplarisch aufgearbeiteten Biografien Geschichte zu veranschaulichen (vgl. Anne Frank Zentrum Berlin 2007).
Marxistische Sichtweise: Geschichte existiert unabhängig von den Betrachtern. Sie verläuft nach klaren Gesetzen, welche die Historiker durch systematische Analyse herausfinden können (positivistische Wissenschaftsverständnis)
Heutzutage: eher konstruktivistische Positionen vertreten " Historiker konstruieren sich anhand von Quellen und Darstellungen ein Narrativ. Geschichte entsteht damit erst in den Köpfen der Menschen.
=> Einige Historiker haben eine Auffassung von Geschichte, die sich zwischen Marxisten und Konstruktivisten befindet (bspw. „Bielefelder Schule“)
kein klarer Konsens über den Gegenstand „Geschichte“
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