Was sind die empirischen Ergebnisse zur Frage, ob Erzieher:innen Bindungspersonen für Kinder sein können?
Meta-Analyse von Ahnert, Pinquart & Lamb (2006)
Goossens & v. Ijzendoorn (1990)
19% der einjährigen Kinder in den Niederlanden hatten weder zu Mutter noch zu Vater eine sichere Bindung. Von diesen Kindern erlebte die Hälfte aber eine solche zu einer Erzieherin (kompensatorische sichere Bindungsbeziehung)!
28% der Kinder hatten sogar drei sichere Bindungsbeziehungen (Vater + Mutter + Erzieherin)
Ahnert & Lamb (2000) und Ahnert, Lamb & Seitenheim (2000)
Anteil der einjährigen Krippenkinder In Ostdeutschland mit einer sicheren Bindungsbeziehung zu einer Erzieherin von 1987/1989 bis 1993/1997 sitieg von 20% auf 45%.
-> Dies konnte statistisch auf die Veränderung hin zu einer individuums- zentrierteren Krippenbetreuung nach der Wende zurückgeführt werden.
Was sind die thematisierten Kritikpunkte an die Bindungsforschung?
„Die Konzeption sozialer Motivation ist in der Bindungstheoriebemerkenswert eng.
Im Grunde kennt man dort nur ein einziges Motiv: das Bindungsmotiv“.
Primäre Bindungsbeziehung (als Kind zu Eltern)
-> durch diverse Freundschaften vorbereitet
Sekundäre Bindungsbeziehung (Partnerschaft)
->leitet über zu
Tertiäre Bindungsbeziehung (zu eigenen Kindern)
Durch die starke Nähe von „Bindung“ zu verhaltensbiologischen und psychoanalytischen Modellen erscheinen viele andere relevante Beziehungen sowie die Veränderbarkeit des „inner working models“ schwerer beschreibbar und benötigen etwas seltsame„Hilfskonstrukte“:
Erzieher*in mit überwiegend großen Gruppen? -> „Gruppen-bindungsverhalten“?
(Abwesende, arbeitende) Väter mit wenig „quality time“ -> „Spielfeinfühligkeit“, „Spielbindung“?
Dorfbetreute Kinder (z.B. Afrika) mit ganzen Dörfern, die betreuen? ->„Bindungsnetzwerke“?
Unterstützende:r Lehrer:in in der Sekundarstufe, die ein*e Schüler*:n sehr mag?->„Quasi-Bindungsbeziehung“?
Es gibt über Beziehungen zwischen 0 und 99 Jahren mehr zusagen als drei Stile!
Bspw. wird Flexibilität in Beziehungsrepräsentationen („mal enger, mal distanzierter“) durch die Bindungsstile gar nicht abgebildet; auch keine quantitativen Abstufungen oder Mischformen
andere Motive, wie z.B. Wirksamkeits-, Kooperations- und Anschlussmotive von Kindern, Autonomie- bzw. Selbständigkeitsmotive etc. werden nicht abgebildet
primäre Bindungsrepräsentationen können sich prinzipiell verändern
Es fehlen zudem häufig die (dynamisch-interaktionistischen) Anteile deskindlichen Temperaments in der Bindungsforschung.
Was ist der Unterchied zwischen Erziehungspersonen und Sozialisationsinstanzen?
Erziehung bezeichnet das absichtsvolle Handeln einer Person (des Erziehenden) in Bezug auf eine andere Person (des zu Erziehenden, des Zöglings), welches auf eine intendierte, dauerhafte und positive Veränderung des Zöglings ausgerichtet ist
Eriehungsakteure:
Eltern
Verwandte
Lehrer, Kindergärtner, Pädagogen
Therapeuten, Seelsorger, Ärzte
Mentoren, Vorgesetzte, Dozenten
Sozialisation beschreibt die Auseinandersetzung des Individuums mit dem Gesamt kontextueller Einflüsse in seiner Ontogenese, welche zu seiner Entwicklung beitragen, aber nicht erzieherisch sind.
Sozialisationsinstanzen:
Geschwister
Freunde
Kollegen
Nachbarn
Medien (TV, Internet, Literatur)
Gesamtgesellschaft (z.B. Kultur, Institutionen etc.)
klassische Erziehungsdimensionen von Baumrind
Beobachtete Sozialverhalten von Kindern u.a. in Sommerlagern etc.
Muster I: reife, selbstbewusste, kompetente Kinder
Muster II: mäßig selbstbewusste, unzufriedene,
zurückgezogene, misstrauische Kinder
Muster III: Kinder mit geringerem Selbstbewusstsein und geringer Selbstbeherrschung/ Frustrationstoleranz
Vier Dimensionen des dazugehörigen Elternverhaltens
Kontrolle
Anforderung
Klarheit der Eltern-Kind- Kommunikation
Emotionale Zuwendung
2 Dimensionen-Modell
(1) Elterliche Wärme und Wertschätzung („Liebe“)
Meint das feinfühlige, kommunikative und die kindliche Persönlichkeit wertschätzende sowie emotional zugewandte Elternverhalten.
(2) Verhaltenskontrolle („Fordern“)
Meint, dass Kindern entsprechend ihrer Entwicklung angemessene Anforderungen und Grenzen gesetzt bekommen, die optimalerweise durch informierendes (nicht durch überwachendes) Monitoring kontrolliert werden.
Ergänzung zu 3-Dimensionen Modell
(3) Psychologische Kontrolle
Psychologische Kontrolle richtet sich auf die Psyche des Kindes. Sie zielt auf die Schwächung der Autonomie, aber beabsichtigt auch die Auslösung von Angst-, Scham- und Schuldgefühlen bei Kindern durch Konformitätsdruck, Bloßstellung, Liebesentzug, Nichtbeachtung usw.
„Wenn Du Deine Mama lieb hast, bist Du ein braves Kind”
„Wenn Du dieses und jenes nicht tust, ist Dein Papa ganz ganz traurig.“
„Was haben wir nur einen Nichtsnutz!“ (z.B. vor anderen)
Monotoring
„informierendes Monitoring“ = „sich erzählen lassen, was das Kind erlebt hat“;
„überwachende Monitoring“ = „helikoptern“
Vierfeldertafel zu Erziehungsstilen
Autoritäre Eltern (diktatorische/ Machtbetonte erziehung)
Grundüberzeugung der Eltern
Bedingungslose Akzeptanz des Gehorsam gegenüber den Eltern
Macht und Kontrolle
liegen nur bei den Elter
Zu viel Kontrolle, Grenzen werden (zu) eng gezogen.
Konfliktlösungen
durch Zwang und rigide Kontrolle: Eltern gewinnen - Kinder verlieren
Was Kinder lernen
Eltern sind dazu da, ihnen Problemlösungen zu diktieren
Wie Kinder reagieren
überangepasst, stark orientiert an Autoritäten
In Konflikten mit Wut, Starrsinn, Rache, Aggression oder Angst und Rückzug
Nachgiebig-permessive Eltern (Laissez-faire, Anti-Autoritär)
Eltern sind nur für ihre Kinder da und haben für ihr Glück zu sorgen.
Kinder sollen nur „ganz sie selbst sein“.
liegen nur bei den Kindern, wenig elterliche Kontrolle,
es fehlt an klaren Grenzen und Konsequenz.
Kinder sind die Gewinner, die Eltern die Verlierer.
Kinder können tun und lassen, was ihnen passt, und verlieren so den Respekt vor ihren Eltern.
Eltern und andere erwachsene Autoritäten werden verbal zermürbt und ihre Autorität wird missachtet.
Autoritative Eltern (demokratisch, kommunikativ)
Grundüberzeugung der Eltern:
Kindern helfen, damit sie sich selber helfen können
Grenzen werden der Entwicklung angemessen festgelegt
es wird Wert auf eine konsequente Einhaltung gelegt.
informierendes elterliches Monitoring = Eltern interessieren sich!
Konfliktlösungen gründen auf Kooperation: Eltern und Kinder Gewinner
Selbstverantwortung und Selbstständigkeit
Leistungsbereitschaft und Selbstwirksamkeit
Kooperationsfähigkeit und emotionale Stabilität
Eltern werden als Autoritäten geachtet und respektiert.
Wie wirken sich versch. Erziehungsstile auf die kindl. Entwicklung aus?
Autoritativer Erziehungsstil =>
hohe kognitive Kompetenz
hohe Selbstwirksamkeit
hohes prosoziales Verhalten
niedrigstes Problemverhalten
Autoritärer Erziehungsstil =>
mittlere kognitive Kompetenz
mittlere Selbstwirksamkeit
mittleres prosoziales Verhalten
zweithöchstes Problemverhalten
Permissiver Erziehungsstil =>
dritthöchstes Problemverhalten
Ablehnend-vernachlässigender ES =>
niedrigste kognitive Kompetenz
niedrigste Selbstwirksamkeit
niedrigstes prosoziales Verhalten
höchstes Problemverhalten
Was ist der unterschied zwischen “psychologischer Kontrolle” und “Verhaltenskontrolle”?
Psychologische Kontrolle->
richtet sich auf Psyche des Kindes
Schwächung der Autonomie des Kindes
Auslösung von Angst-, Scham-, und Schuldgefühlen durch Konformitätsdruck, Bloßstellung, Liebesentzug, Nichtbeachtung usw.
Verhaltenskontrolle->
entsprechend ihrer Entwicklung sollen Kinder angemessene Anforderungen und Grenzen gesetzt bekommen
-> durch informierendes Monotoring kontrolliert
Vorteile von grenzen für die Erziehung?
Sicherheit und Unversehrtheit des Kindes
Kognitive und emotionale Reibung (d.h. Lernen, Frustration)
Würde des Kindes und der Erziehungsperson (!)
Vorbereitung auf Erwachsenenleben in Gesellschaft
Was besagt das Belsky-Modell der kindlichen Entwicklung?
-> erzieherisches Handeln den stärksten (Einzel-) Effekt auf die Entwicklung eines Kindes von allen beinflussbaren und verhaltensmäßigen Variablen! („Gatekeeping-Effekt“ der Eltern)
->verhaltenswissenschaftlich-psychologisches Modell
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