Warum stellen Freundschaften ein schwieriges Forschungsthema in der Psychologie dar?
Die Psychologie vermisst bislang eine umfassende Freundschaftstheorie – jenseits von „Merkmals-Listen“ (z.B. Vertrauen, Unterstützung etc.).
Konzeptuelles Problem:
hohe intra- und interindividuelle sowie kulturelle Unterschiede in Freundschaften und in Freundschafts-Normen (verglichen z.B. mit Partnerschaften):
Was ist also das Spezifische an Freund:innen allgemein??
Freundschaften gibt es meist im Plural (sprachlich z.B. „Freundeskreis“, Clique, engl. „circle of friends“). ->Netzwerke!
Zudem: Menschen suchen sich ihre Freundschaften zwar aus, weniger bis gar nicht jedoch die „Freunde der Freunde“. Diese sind aus sozial- und systempsychologischer Sicht aber wichtig ... ->Netzwerke!
Welche Netzwerke gibt es?
Online- und Offline-Netzwerke werden in ihrer Wechselwirkung und Relevanz untersucht
Personale (egozentrierte) Netzwerke beschreiben das Beziehungsnetz, in das einzelne Personen eingebettet sind
Gesamtnetzwerke beschreiben die Verknüpfung aller in einem bestimmten Kontext (z.B. Schulklasse, Wissenschaft, Dorf etc.)
Allmählich setzt sich auch im Alltag immer mehr die Erkenntnis durch, wie sehr wir alle auch – oder gerade – in den wichtigen und privaten Lebensbereichen vernetzte Wesen sind („homo contextus“)
Soziale Konvoittheorie und die Meta-Analyse von Wrzus zu Netzwerken?
Social Convoy Theory:
Unterscheidet Kern und Peripherie persönlicher Beziehungs- umwelten
Kern recht stabil über den Lebenslauf (vor allem: Familienbezieh- ungen), Peripherie wechselt adaptiv in Abhängigkeit von Lebensphasen und -übergängen (vor allem: Freunde)
-> zusammen entsteht daraus der „Konvoi“ (dt. Geleitzug).
These:
Freundschaften sind als Beziehungsform genau durch diese Flexibilität, Formbarkeit und Lebensphasen- passung definiert.
(Vielleicht sind sie dann und nur dann längerfristig stabil, wenn sie sich diese Eigenschaften bewahren?)
Meta-Analyse von Wrzus et al. (2013)
anhand von 243 Primärstudien zur Netzwerkgröße über die Lebensspanne unterstützt die Konvoi-Theorie:
Hohe Stabilität des „Familien-Kerns“ (M = 6,1 Alteri [NW- Personen])
Lebensphasen- und transitionsspezifischer, kurvilinearer Verlauf der Veränderungen bei anderen engen oder wichtigen Beziehungen (vor allem Freunde; hier M = ca. 11 bis ca. 5 Alteri im Altersverlauf von 25 bis 80 Jahren mit Maximum Mitte/ Ende des dritten Lebensjahrzehnts)
Wie erhebt man ein Sozigramm und was kann man herausfinden, wenn man ein Soziogramm bspw. in einer Schulklasse durchführt?
-> werden erstellt über Sympathie-/ Freundschaftsfragen: „Wen (mit wem) aus Deiner Klasse magst Du/ bist Du befreundet/ arbeitest Du gerne?“
Mit dieser Methode bekommt man in einer Gruppe eine ganze Menge über einzelne Jugendliche heraus: Beliebte, Unbeliebte, Gemiedene (Ausgegrenzte), Einzelgänger, Schüchterne, Cliquenanführer, „graue Eminenzen“, „Verknüpfer“ (Liaisons, Broker oder Manager), Sprecher und so weiter.
Aber auch über Gruppenstrukturen und -effekte selbst bekommt man viel heraus: Mobbing, rivalisierende Gruppen, Gruppenunterstützung, Gruppenhierarchien, deviante Gruppen, problematische Sitzordnungen in der Schulklasse, etc.
Im Soziogramm tauchen Außenseiter als Isolierte Personen mit keinerlei oder nur sehr wenigen Popularitätswahlen auf. In dieser Personengruppe sind aber mindestens zwei unterschiedliche Personenkreise vermischt: Einzelgängern (E, „loners“) undAusgegrenzte (A, „outsiders“).
Netzwerkergebnisse von cotterell und Olweus im Schulkontext
besseres Verständnis für die zerstörerische Kraft der Viktimisierung auf die Zielperson
Dynamik der Peer-Netzwerke selbst, da Mobbing und Viktimisierung eines der Hauptmerkmale darstellen, die Jugendliche in ihren Peer-Netzwerken binden.
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