Untersuchungen zur postnatalen Hörentwicklung
Bevorzugung der mütterlichen Stimme gegenüber allen anderen Stimmen (Grimm 1995)
Klänge, Melodien, Geräusche, die in Utero gehört wurden, werden schneller erkannt (Ruben 2000)
Kinder mit französisch sprechenden Müttern reagieren im Alter von 2 Tagen auf die französische Sprache und nicht auf die russische. Kinder mit Englisch sprechenden Müttern reagieren im Alter von 2 Monaten auf Englisch und nicht auf Italienisch (Juscyzk et al., 1988; Mehler et al., 1988)
6 – 8 Mon. alte amerikanische Kinder unterscheiden englische und Hindi-Phoneme, sind also aufgrund ihrer Detektorsysteme offen für einen natürlichen Spracherwerb in beiden Sprachen
10 – 12 Mon. alte amerikanische Kinder unterscheiden nur noch englische, aber keine japanischen oder Hindi-Phoneme, infolge gefestigter Hörpräferenz (Werker 1991)
6 Mon. alte japanische Säuglinge können nicht mehr zwischen /r/ und /l/ unterscheiden (Jänke 2002)
Der Mensch besitzt ein genetisch festgelegtes System zum Hörerwerb
Frühe „Verluste“ des Hörens (nach Butzkamm 2004)
Ein Säugling kommt mit einem Hörvermögen zur Welt, das noch für alle möglichen Unterschiede in den Sprachlauten empfindlich ist
Die Einzelsprachen nutzen nur jeweils einen für sie charakteristischen Teil der möglichen distinktiven Schallmerkmale
Für die Unterscheidung von einfachen Silben wie /pa/ und /ba/ bleiben dem Gehör etwa 20-40 Millisekunden Zeit
Das Gehör kann zwei feine Klickgeräusche als getrennt wahrnehmen, wenn sie nur 3 Millisekunden auseinanderliegen
Unser Tastsinn braucht 10 Millisekunden Differenz, um zwei Reize als nicht mehr gleichzeitig aufzufassen
Beim Sehen müssen unter optimalen Bedingungen mind. 20 Millisekunden zwischen zwei Reizen liegen, damit wir sie als getrennt wahrnehmen
Fusionsschwelle
Schwelle, ab der zwei Reize als getrennt wahrgenommen
werden können
Spanne ist unterschiedlich lang für die Sinnesorgane Hören, Sehen und Tasten
Ordnungsschwelle
Schwelle, ab der die Reihenfolge zweier Reize unterschieden
werden kann
Spanne ist mit ca. 30 Millisekunden für die drei Sinnesorgane gleich lang
Dauer von Plosiven wie /p/, /t/, /k/: ca. 40 Millisekunden Dauer von Vokalen wie /a/ und /o/: ca. 100 Millisekunden
Unser Ohr wird für die Muttersprache insofern geschärft, als dass die von ihr nicht verwendeten Lautkontraste ausgeblendet werden
ein Gewinn, der zugleich ein Verlust ist!
Kinder stimmen sich auf die Klangwelt ihres Kulturkreises ein und verlieren Fähigkeiten, die ihnen nicht abgefordert werden
Kinder spezialisieren sich sehr früh auf ihre Muttersprache
Es handelt sich um eine sensible Phase, in der bestimmte Dinge besonders leicht erlernt werden
Entwicklung der Hörfähigkeit von Neugeborenen und Kleinkindern (nach Coninx 2008)
affektive Relationen (z.B. Stimme-Beruhigung) intersensorische Verknüpfungen (Stimme-Person, Geräusch-
Objekt usw.)
phonetisch-phonologische Verarbeitung (u.a. kategorielle Wahrnehmung)
räumliches Hören (u.a. Lokalisation)
Erfahrungsbedingte Gedächtnisfunktionen (u.a. Identifikation)
sensomotorische Verknüpfungen (Lautieren, Artikulieren, Geräusche erzeugen, Rhythmik) ... Imitation, Wiederholung (fremd und eigen)
rezeptive und expressive Lautsprachentwicklung
Zergliederbare Sprache: kopieren, jonglieren, variieren, neu kombinieren (nach Butzkamm 2004)
„Zerlegbarkeit und Neuverteilung sind die Wurzel des generativen Prinzips, der unendlichen Möglichkeiten, die aus endlichen Mitteln erwachsen.“
(Pinker 1997)
Erkenntnis, dass Sprache ebenso manipuliert werden kann wie Bauklötzchen
Sprache als Objekt, mit dem man herumoperieren kann; das Spielen mit den sprachlichen Versatzstücken macht Spaß
Definition phonologische Bewusstheit
Phonologische Bewusstheit
...als Sprachbewusstheit
... als die Fähigkeit, bei der Aufnahme, der Verarbeitung, dem Abruf und der Speicherung von sprachlichen Informationen Wissen über die lautliche Struktur der Sprache heranzuziehen
(Wagner/ Torgesen 1987)
Wozu dient phonologische Bewusstheit?
Woran erkenne ich, ob Kinder phonologische Bewusstheit erwerben??? (nach Stumpf 2007)
Die phonologische Bewusstheit erleichtert den Einstieg in das Schriftsprachsystem
„Welches Wort ist länger: Dreirad oder Zug?“
„Womit fängt das Wort Frühstück an?“
Daraus folgt: (nach Stumpf 2007)
Kinder müssen von der Inhaltsebene auf die Formebene von Wörtern gelangen!!
oder anders formuliert:
Kinder müssen Sprache unabhängig vom Sinninhalt eines Wortes als Sequenz von Einzellauten begreifen!!
z.B. Reime erkennen Worte in Silben zerlegen
Orientierung an der Oberflächenstruktur der Sprache
basale Vorläuferfertigkeit für den Schriftspracherwerb, die viele Schulanfänger bereits in hohem Maße besitzen
z.B. Anlaute erkennen Laute synthetisieren
Ausrichtung auf die Lautstruktur von Sprache
Schriftsprachspezifische Voraussetzung, die erst im Zusammenhang mit der Einsicht in das Lautschriftprinzip entsteht
Entwicklung der phonologischen Bewusstheit
Womit fängt »Eisenbahn« an?, dann antwortet ein ganz kleines Kind: »mit der Lokomotive«, ein größeres Kind »mit Ei« und ein noch größeres Kind »mit E«.
Erkenntnisse (nach Stumpf 2007)
Im Vorschulbereich entwickelt sich die phonologische Bewusstheit von den größeren zu den kleineren Einheiten der Lautsprache
Mit dem Erwerb des orthographischen Systems entwickelt sich auch die phonologische Bewusstheit weiter
(Gombert 1992, Schneider 1997, Baddeley et al. 1998, Sprenger- Charolles et al. 2003)
Durch die phonologische Bewusstheit findet eine Umstrukturierung sprachlicher Einheiten statt, die sich positiv auf den Leseerwerb auswirkt
(Coltheart 2005)
Die phonologische Bewusstheit erleichtert den Einstieg in den Erwerb des orthographischen Systems (Goswami & Bryant 1990, Marx, Weber & Schneider 2005)
Bereits beim Schuleintritt sollte eine gewisse Kompetenz in der phonologische Bewusstheit gegeben sein
PB
Zeitstrahl Hörentwicklung
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