Lerninhalte
• Konzepte: Glück, gutes Leben
• Einführung Positive Psychologie
• Die „Happiness“ Formel verstehen
• Korrelate von Wohlbefinden nennen und Kritik
• Endowment-Contrast Model erklären inkl.
Implikationen
• Frankl: Sinngebung
• Kritik Positive Psychologie
Antike Weisheit: Glückskonzepte
• Platon: Gute Lebensführung durch seinen daimon
(höheres geistiges Wesen), das muss sich auch auf die
Polis (Gesellschaft) auswirken
• Aristoteles: maßvolles Handeln, Glück als Prozess,
tugendhaftes Handeln in Bezug auf die Mitmenschen
(Rückblick)
Epikur
• Lust und Schmerzlosigkeit
– notwendige, natürliche Dinge
– nicht notwendig, natürliche Dinge
– nicht notwendig, unnatürlich
• Das höchste Gut ist also die absolute
Schmerzlosigkeit, die gleichzeitig die höchste Lust
beinhaltet (im Gegensatz zum Aristoteles Konzept der Mitte)
Buddhismus
Leben bedeutet Leiden, Glück demzufolge die Überwindung
des Samsara, der Vergänglichkeit, durch die Überwindung
von Anhaftung, Ablehnung und Unwissenheit (3 Gifte).
Ziel Nirwana
Das freudvolle, gute und sinnvolle Leben (Seligman) ()
• Das „freudvolle Leben“ (hedonistisch, Ziel: Positive Emotionen)
• Das „Gute Leben“ (Erfolg, Flow, Vernunft, Stärken kennen; nicht ausschließlich auf positive Emotionen ausgerichtet)
• Das „Sinnvolle (bedeutungsvolle) Leben
– Akzeptanz und Wissen, dass das ICH nur Teil eines größeren Ganzen ist
– Stärken kennen und nutzen
(Seligman, 2002; zitiert nach Seligman, Rashid, & Parks, 2006)
Ziele Positive Psychologie ()
• Psychologie sollte auf Stärken ausgerichtet sein
• Positive Psychologie fokussiert auf
Verbesserung (Gesundheit) nicht auf das
„Negative“ (Psychopathologie)
• Steigerung von Wohlbefinden, Zufriedenheit und
Erfülltheit als Prävention gegen
Psychopathologie
(www.authentichappiness.org)
Kritik am DSM: Stopping the „Madness“ ()
Wird in Frage gestellt:
• Kategorien sind Fakten über die Welt
• Man kann valide zwischen normal und
abnormal unterscheiden
• Kategorien erleichtern klinische
Beurteilungen
• Kategorien befördern
Behandlungseffizienz
(Maddux, 2005, im HB Positive Psychology, S. 13ff)
Frühe (psychologische) Ansätze: Positives Denken!
The Power of Positive Thinking (Peale, 1952)
• Mentales Bild von Erfolg (permanent)
• Ersetze jeden negativen Gedanken mit
einem Positiven
• Lass Bilder und Gedanken von
Hindernissen nicht zu, minimiere sie usw.
usf.
Aber eher „Folkspsychologie“
• The Quest for Happiness in 31 Essays (English
Edition)" von Joachim I. Krueger (2016):
"Both these folksy ideas turned out to be
wrong. Wood and her team found that
participants who already had high self-
esteem benefited from self-affirmation,
whereas participants who had low self-
esteem were hurt by it."
Techniken für ein zufriedenes Leben (in Hefferon & Boniwell, 2011)
• Sei aktiv und bleibe aktiv
• Verwende mehr Zeit für soziale Kontakte
• Sei produktiv, bevorzuge sinnvolle Arbeit
• Organisiere Dich besser
• Stopp Grübeln
• Verringere deine Erwartungen
• Entwickle positives Denken
• Orientiere Dich im Hier und Jetzt
• Entwickle eine gesunde Persönlichkeit
• Entwickle Extraversion
• Sei Du selbst (aber evlt eine bessere Version? Bzw. eine Version ohne ich-syntone Problematiken und maladaptives Coping?)
• Eliminiere negative Gefühle und Gedanken
• Enge Beziehungen sind die Quelle von Glück ...
. . . Evol Psych würde das auch vorhersagen
Aktuell: Eher Ziel Happiness (Wohlbefinden) & Lebenszufriedenheit steigern : Initiale Fragen
• Einige methodische Betrachtungen zur
Erfassung von Wohlbefinden
– Wissen wir was Wohlbefinden genau
beinhaltet? (Definition, Sprache, Kultur)
– Ist es stabil über die Zeit?
• Kahneman und Ris (2005): Remembering vs. Experiencing Self
– Eher moderate Korrelation (Kahnemann, Krueger, Schkade,
Schwarz, & Stone, 2004)
„Happiness“ (H)
(hier häufig operationalisiert über die Lebenszufriedenheit; LZ)
H/LZ = Freude + Engagement + Bedeutung
• Freude (Hedonismus; „the pleasant life“)
• Engagement („the engaged life“)
• Sinn („the meaningful life“)
(Seligman, 2002; zitiert nach Seligman et al., 2006)
Causes of happiness
Source: Based on Lyubomirsky, S. et al., 2005
Korrelate von Wohlbefinden:
Mythen versus Fakten
Mythen:
• Verdiene mehr Geld
• Bleibe Gesund!
• Bilde Dich so viel wie möglich
• Ziehe an einen sonnigen Ort
• Bleibe jung!
Einkommen und Lebenszufriedenheit: Easterlin Paradox?
Korrelation zwischen soziodemografischen Merkmalen und der berichteten Lebenszufriedenheit, Einschätzung der Stimmung und tatsächliche Erfahrung
—> High income buys life satisfaction but not happiness! (Aber in der Formel hatten wir ja gerade LZ als Happiness . . . )
ABER:
Gründe für differente Befunde:
“The authors of both studies failed to anticipate that increased income is associated with systematic changes in the shape of the happiness distribution. The mislabeling of the dependent variable and the incorrect assumption of homogeneity were consequences of practices that are standard in social science but should be questioned more often.”
• Korrelation Einkommen und Wohlbefinden nur 0.09
(<1% Varianz)
• Profitieren vor allem diejenigen denen es gut geht (Geld
macht also nicht weniger unglücklich) (die, denen es nicht gut geht, profitieren nicht --> bei denen liegt also etwas anders im Argen)
• Unterschied einer Person mit 15.000 Dollar versus
250.000 Dollar Einkommen ist 5 Punkte auf einer 100
Punkte Skala
• Ein 4fach so hohes Gehalt hat einen ähnlichen Effekt auf
das Wohlbefinden wie ein gutes Wochenende und 1/3 des (negativen) Effekts von Kopfschmerzen
Materialistische Grundeinstellung und Happiness ()
Experientialism, Materialism, and the Pursuit of Happiness
The Material Values Scale is an instrument to assess beliefs about the importance to own material things. This instrument originally consists of the three subscales: ‘centrality’, ‘success’, and ‘happiness’.
Materialismus, Befunde
Materialistische Einstellung ist korreliert mit
– Positive Gefühle (-)
– Lebenszufriedenheit (-)
– Zufriedenheit in Beziehungen (-)
– Empathie (-)
– Umweltbewusstsein (-)
– Hilfsbereitschaft (-)
– Dankbarkeit (-)
– Kompetenzgefühle (-)
– Antisoziales Verhalten (+)
Gesellschaft: Reichtum oder Autonomy
(Individualismus) relevant für
Wohlbefinden?
Gesellschaft: Reichtum oder Autonomy (Individualismus) relevant für Wohlbefinden?
What Is More Important for National Well-Being: Money or Autonomy? A Meta-Analysis of Well-Being, Burnout, and Anxiety Across 63 Societies
“Using a 3-level variance-known model, the authors found that individualism was a consistently better predictor than wealth, after controlling for measurement, sample, and temporal variations. […] suggests that greater individualism is consistently associated with more well-being”
Fazit Geld oder Autonomie
• Individualismus (nicht im Sinne v. Egoismus sondern individuellen Rechten & Freiheiten) signifikanter Prädiktor für
Wohlbefinden (je höher die Werte desto weniger
psychischer Stress und Ängste)
• Reichtum (nationaler) ist nicht relevant oder nur
marginal mit Wohlbefinden assoziiert (Effekte
wahrscheinlich durch Ausmaß an Individualismus vermittelt)
• Aber ist der Individualismus wirklich das entscheidende dabei? Oder eher relative Freiheit & Sicherheit?
Und welche Rolle spielt das Alter für das
Glücksempfinden?
Grün ist die tatsächliche Messung des Wohlbefindens und diese geht genau gegen den Trend
Faktoren, die NICHT gesundes Altern vorhersagen
• Verwandte (langlebig)
• elterliche Sozialschicht
• warme, harmonische Erziehung (Elternhaus)
• stabiles kindl. Temperament (Einschätzung
durch Eltern)
Faktoren, die gesundes Altern vorhersagen
(Vaillant & Mukamal, 2001)
• Nichtraucher
• Kein Alkoholabusus
• gesundes Gewicht (Normalgewicht)
• Sport (mehr als 500 kcal pro Woche)
• reife Abwehrstrategien: Humor, Sublimierung, Antizipation,
Altruismus
• stabile Partnerschaft
• positive Selbstwahrnehmung (plus 7.5 Jahre; Levy, Slade,
Kunkel, & Kasl, 2002)
Fazit zu Mythen des Glücks
• Verdiene mehr Geld: Geringe Effekte
materialistisch eingestellte Menschen
sind unglücklicher! (Was ist mit Geld als Proxy-Indikator für sozialen Status?
• Bleibe Gesund!: Effekte nur bei
subjektiver Gesundheit
• Bilde Dich so viel wie möglich: kein
Effekt!
• Ziehe an einen sonnigen Ort: kein
• Bleibe jung: lieber nicht J
Fazit
Negative Lebensereignisse:
Wohlbefinden nach Krisen
Lance Armstrong:
Im Rückblick auf seine Krebserkrankung (Metastasen in Lunge und Kopf, aggressive Chemotherapie): „the best thing that ever happened to me“
Fazit?
• Das heißt also
– Werden sie arbeitslos, verlieren sie all ihr
Geld, haben sie einen Unfall oder eine
schwere Krankheit und sie werden
GLÜCKLICH (Daniel Gilbert)
Anmerk.: survivorship bias?
Abbau kognitiver Dissonanz durch diese positive Bewertung?
aber auch tatsächlich persönliche Entwicklung?
nachträgliche (positive) Sinngebung zumindest hochfunktional!
Hedonische Adaptation
Anpassung an positive Ereignisse: Heirat
Anpassung an negative Ereignisse: Tod Partner
Besitz (Haus)
Zusammenfassung:
Lebenszufriedenheit vor und nach negativen Ereignissen
Fazit: Hedonische Anpassung
• Der positive Effekt von Luxus, pos.
Ereignissen, Urlauben usw. ist oft weniger
ausgeprägt als wir denken
• Wir gewöhnen uns schnell an v.a. positive
Bedingungen
• Hedonische Anpassung lässt sich eher
durch intensive, kürzere Erfahrungen
minimieren
Das Endowment und Kontrast Modell
Tversky and Griffin (1991):
–Endowment: Valenz der Erinnerungen
können großen Einfluss auf Wohlbefinden (WB)
haben, positive Erinnerungen steigern positive
Emotionen, negative können negative Gefühle
verstärken oder auslösen.
–Kontrast: Positive Erinnerungen können
auch zu negativen Emotionen führen bspw. wenn
die momentane Situation als weniger positiv
eingeschätzt wird.
(SAT2=Zufriedenheit als Funktion E2 (Event in der Gegenwart,
z.B. franz. Dinner in Heimatstadt) + Event1 (Erinnerung an
ähnliches Dinner in Paris in der Vergangenheit) – Kontrast
Effekt)
W steht für Gewichtung, bedenke auch Ähnlichkeit der
Ereignisse
Affective Neuroscience: Neurobiologische Korrelate von
Glück?
1. Fähigkeit positive Emotionen aufrecht erhalten zu können
(Abb. aus Helliwell, Layard, & Sachs, 2015, S. 91)
(Abb. aus Helliwell, Layard, & Sachs, 2015, S. 93)
Geringer Kortisollevel (über den Tag)
(Abb. aus Helliwell, Layard, & Sachs, 2015, S. 94)
Nucleus accumbens response to gains in reputation for the
self relative to gains for others predicts social media use
Interventionen/Techniken der Positiven Psychologie
Life does not owe you happiness,
it offers you meaning
1.Transformiere Leid in menschliche Leistung und
Errungenschaften
2. Ziehe Nutzen aus Schuld: ändere Dich zum besseren!
3. Sei Dir deiner Vergänglichkeit bewusst, sie sollte Dich
anspornen verantwortlich zu handeln
(Frankl, 2007)
Man`s search for meaning
Dankbarkeitstagebuch
• Dankbar: Lateinisch: gratia (Anmut, Wohlgefälligkeit,
Gunst, Wohlwollen)
• Klassifikation:
– Dankbarkeit im persönlichen Bereich (Freunde, an andere
gerichtet)
– unpersönlich (Natur, Schönheit, Kosmos)
• Dankbarkeit als Emotion
– Anerkennung dass man etwas positives erfahren hat
– Dass es einen externen Grund hierfür gibt
(siehe Emmons & McCollough, 2003 für eine Übersicht)
Dankbarkeitsbesuche normalisieren sich wieder nach >1 Monat aber drei gute Dinge wird erst ab >1 Monat signifikant in Wirkung auf Happiness
selbiges für depressions scores
Wirkung einer Dankbarkeitsintervention
auf Dankbarkeit und Affekt
auf körperliche Gesundheit
Befunde zur Wirkung von Dankbarkeit*
Die Forschung zeigt, dass Dankbarkeit große Vorteile mit sich bringt; Dankbarkeit steigert nicht nur das Wohlbefinden, sondern stärkt auch signifikant die beruflichen Kompetenzen.
psychologisches Wohlbefinden und Gesundheit:
• Verbesserte positive Emotionen
• Länger anhaltende positive Emotionen
• Puffer gegen Stress und Negativität
• Verringerte Angst und Depressionen
• Reduzierter Materialismus (und Materialismus ist mit einem
niedrigeren Niveau von Wohlbefinden verknüpft)
• Verbesserte Schlafqualität und -dauer, zum Teil weil man mehr
dankbare Gedanken vor dem zu Bett gehen hat
* Übersicht aus Seppala, E. (2016). The Happiness Track: How to Apply the Science of Happiness to Accelerate Your Success: HarperCollins.
Kritik Positive Psychologie ()
Smile or die? (Ehrenreich, 2010)
•„To get the Templeton award... You don‘t get anything for
a null result“ (aus Ehrenreich, page 165, Interview mit Segerstrom die den Templeton Foundation Award erhalten hatte. Es zeigte sich, dass sie in verschiedenen Interviews ihre Nullbefunde (keine Korrelation zwischen Ausmaß an positiven Emotionen und Funktion des Immunsystems) nicht nannte bzw. diese herunterspielte.
Toxische Positivität oder gar Terror des Positiven?
Positives Denken ebenso unrealistisch wie negatives Denken, am besten Dinge „ungefärbt“ sehen (Ehrenreich)
• Positive Psychologie macht uns nicht glücklicher!
• Idee „rewire the brain“ sind empirisch so nicht nachgewiesen
• Glücks-Kuchen (Formel) wird stark kritisiert
• Optimisten leben durchaus nicht länger als Pessimisten
(Befunde in Schreiber, J.M. Ich möchte lieber nicht. 2022)
• Es wird nicht unterschieden ob Personen psychopathologisch belastet sind oder nicht (Barnow)
• Kulturelle Unterschiede werden ausgeblendet, USA als „Heilsbringer“ (Seligman: 50% der Weltbevölkerung wird durch Methoden der Positiven Psychologie profitieren)
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