Was versteht man unter dem Begriff der Rationalität, welche Probleme ergeben sich daraus und was beschreibt die eingeschränkte Rationalität?
Rationalität: Treffen der an der Nutzenmaximierung ausgerichteten Entscheidung, die im Moment der Entscheidung die beste Entscheidung ist. => Beim Treffen von Entscheidungen steht man von Alternativen
Probleme dabei: 1) Dies ist oft erst in der Zukunft erkennbar (Entscheidungen unter Unsicherheit=>keine vollständige Information), 2) kognitive Schranken, 3) psychologische Effekte=>von Emotion gelenkt; soziale Präferenzen
Deswegen ist es oft realistischer, von eingeschränkter/ begrenzter Rationaität zu sprechen.
Eingeschränkte Rationalität: Zur Findung der besten Entscheidung bedarf es der Suche und Verarbeitung von Informationen. Dazu braucht man Zeit, Aufwand und kognitive Kapazitäten. Es kann effizient sein, auf die Suche zusätzlicher Informationen zu verzichten oder sich mit Heuristiken (s. Kapitel 2.2) zu behelfen und sich somit auf die unter diesen Umständen bestmögliche Entscheidung zu beschränken (Simon, 1976).
Nur der “homo oeconomicus” ist uneingschränkt rational (s. unten)
In welche drei Teilgebiete lässt sich die Entscheidungsökonomik unterteilen und was versteht man unter den einzelnen Gebieten?
Entscheidungsökonomik lässt sich in drei Teilgebiete differenzieren: Entscheidungstheorie, Spieltheorie, Verhaltensökonomik
Entscheidungs- und Spieltheorie unterstellen zunächst uneingeschränkte Rationalität
Entscheidungstheorie: (meist) ein Entscheider; Nutzen der Entscheidung ist abhängig von der Entscheidung des Entscheiders und exogenen Faktoren (nicht beeinflussbar) (so wie Wetter bzw. Konsumklima)
Spieltheorie: mehrere Entscheider mit interdependenten Entscheidungen; Relevanz der Interaktion der beteiligten Akteure; Nutzen der Entscheidung ist abhängig von der Entscheidung des Entscheiders und von den Entscheidungen der Akteure, mit denen er interagiert
Verhaltensökonomik versucht der Realität (und damit auch dem Einfluss psychologischer Effekte) Rechnung zu tragen, indem eingeschränkte Rationalität unterstellt wird
Worin liegen die Unterschiede zwischen traditionellen Ökonomik und der Verhaltensökonomik?
Traditionelle Ökonomik
Verhaltensökonomik
Kalkül
Erwartungsnutzentheorie: Nutzenmaximierung gemäß erwartetem Nutzen
Prospect Theory: Menschen haben Angst vor Verlusten, bewerten Eintrittswahrscheinlichkeiten unterschiedlich und orientieren sich an Referenzwerten
Rationalität
Uneingeschränkte Rationalität
Eingeschränkte Rationalität
Nutzenkonzept
Menschen sind eigennützig (Individuelle Rationalität)
Menschen achten auf das Wohlergehen anderer Menschen; legen Wert auf soziale Präferenzen (Kollektive Rationalität)
Was versteht man unter dem Rational- bzw. ökonomischen Prinzip?
Das Rationalprinzip fordert die Realisierung eines möglichst günstigen Verhältnisses zwischen Aufwand/ Kosten und Ertrag/ Leistung/ Nutzen
Entspricht dem ökonomischen Prinzip, das differenziert wird in Maximalprinzip und Minimalprinzip
Maximalprinzip: Handle so, dass du mit einem gegebenen Input einen möglichst hohen Output erreichst
Minimalprinzip: Handle so, dass du einen gegebenen Output mit einem möglichst geringen Input erreichst
Beide Prinzipien spiegeln Effizienz wider
Diese Prinzipien kennzeichnen den Typus des homo oeconomicus
Was ist der Homo oeconomicus, welche Charakteristiken gelten für ihn und welche Vor- und Nachteile ergeben sich für ihn?
Der homo oeconomicus ist uneingeschränkt rational, so dass er immer die beste Entscheidung trifft.
Für ihn gelten
unbegrenzte Willenskraft
vollständige Information (Markttransparenz)
uneingeschränkte Rationalität
perfekte Entscheidungen, keine Fehler, keine kognitiven Beschränkungen
ein unbegrenztes Eigennutzstreben (Eigennutzaxiom); bei Entscheidungen
unter Unsicherheit folgt er strikt der Erwartungsnutzentheorie (EU)
steht Risiko neutral gegenüber
Vorteil der Modellannahme Homo Oeconomicus: Ermöglicht Modellbildung und (mathematische) Formalisierungen => Vergleichsmaßstab
Nachteile: Realitätsferne, Normativität
Was zeichnet den optimalen Haushaltsplan aus?
Beispiel Haushaltsentscheidung
Finden des optimalen Haushaltsplans, d.h. der Mengen der beiden Güter, die vom Haushalt gekauft und konsumiert werden sollten, damit der Nutzen des Haushalts möglichst groß wird unter der Nebenbedingung eines bestimmten Geldbetrags, der zur Verfügung steht
Dies entspricht dem Maximalprinzip: Kaufe so ein, dass bei gegebenem Budget (verfügbarem Einkommen/ Input) dein Nutzen (Output) maximal wird.
Bekannt sind dem homo oeconomicus dabei: Preise der beiden Güter p1 und p2, das verfügbare Einkommen Y und die Nutzenfunktion U (x1, x2) => Güterbündel des Haushalts, die die Präferenzen des Haushalts zeigen.
In der Realität sind uns lediglich Preise und verfügbares Einkommen bekannt, nicht jedoch konkret die uns zugrunde liegende Nutzenfunktion
Gesucht: Optimaler Haushaltsplan, also x1 und x2 => optimales Güterbündel unter der Budgetbeschränkung finden
Wie lässt sich der optimale Haushaltsplan bestimmen?
Der optimale Haushaltsplan ist das einzige Güterbündel (x1, x2), das simultan folgende zwei Bedingungen erfüllt:
1) Budgetbedingung: p1 x1 + p2 x2 = Y Das gesuchte Güterbündel muss also auf der Budgetgerade liegen.
2) Tangentialbedingung: p1/ p2 = U‘ (x1)/ U‘ (x2) Die Steigung der immer gleich steilen Budgetgerade muss bei diesem Güterbündel gleich der Steigung der Indifferenzkurven sein.
Die Lösung dieses einfachen Gleichungssystems mit zwei Gleichungen und zwei Variablen bringt dem homo oeconomicus sofort die optimalen x1 und x2.
In 1) ist alles bekannt außer den Variablen. Einsetzen der gegebenen Preise und des gegebenen Einkommens und einfach auflösen nach z.B. x2
In 2) fehlen „nur“ die partiellen Ableitungen der dem homo oeconomicus bekannten (vollständige Information) Nutzenfunktion U nach x1 und x2.
Der homo oeconomicus muss „nur“ diese partiellen Ableitungen bilden, dann die Werte einsetzen und nach wieder x2 auflösen. Durch Zusammenbringen von 1) und 2) mit Hilfe des Gleichsetzungsverfahrens kommt er dann sofort zum optimalen Haushaltsplan.
Welche praktischen Probleme ergeben sich aus der Bestimmung des optimalen Haushaltsplans?
Problem dabei: In der Praxis ist den Konsumenten die eigene Nutzenfunktion nicht genau bekannt, dem homo oeconomicus aber schon.
Daher kann der homo oeconomicus tatsächlich fehlerfrei das optimale Güterbündel identifizieren.
Aber haben Sie bei Rewe schon einmal jemanden gesehen, der dort partielle Ableitungen vor dem Regal bildet?
Den Konsumenten bleibt in der Praxis nichts anderes übrig als die eigenen Präferenzen mit Hilfe von Heuristiken (s. Kapitel 2.2) darzustellen. So ungefähr kennt ja jeder seine Präferenzen.
Praktisch ist der optimale Haushaltsplan nur grob bestimmbar.
Was versteht man unter dem Erwartungswert & wie wird er ermittelt?
Der homo oeconomicus trifft seine Entscheidungen durch Maximierung des Erwartungswerts.
Der Erwartungswert ist der durchschnittliche Wert, den eine Zufallsvariable bei oftmaliger Durchführung (i.d.R. mind. 1000) eines Zufallsversuchs einnimmt.
Den Erwartungswert ermittelt man, indem man zunächst jeden erzielbaren Wert mit seiner Eintrittswahrscheinlichkeit multipliziert und dann diese Werte addiert.
Wahrscheinlichkeit = Zahl der günstigen Fälle / Zahl der möglichen Fälle
Beispiel Würfeln: Fairer, sechsseitiger Würfel, einmaliges Würfeln:
EV=1/6*1+1/6*2+...+1/6*6=1/6*(1+2+...+6)=1/6*21=3,5
Bei oftmaligem Würfeln ist der Durchschnittswert gleich dem EV = 3,5
Die erwartete Punktzahl bei z.B. 2000 Würfen ist EV (2000) = 2000 * 3,5 = 7000
Risikoneigung entscheidend: Risikofreude, Risikoneutralität, Risikoaversion
Die EU ist eine Anwendung der Nutzentheorie auf Entscheidungen unter Unsicherheit.
Welche weiteren praktischen Probleme bringt der homo oeconomicus mit?
Oft hat man kognitive Schranken
Oft wird erst in der Zukunft entschieden, welche Entscheidung die beste gewesen wäre (Aktienmarkt, Markt für Sportwetten, Heiratsmarkt)
In Unternehmen ist oft Rücksicht zu nehmen auf die Einbettung von Entscheidungen in Kommunikations-, Kooperations- und Machtbeziehungen
Berücksichtigung von Erkenntnissen aus etwa der Psychologie und Soziologie
Menschen wollen oft nicht alle Alternativen durchdenken, sondern sich schnell mit einer möglichst guten Lösung zufrieden geben (Heuristiken, s. Kapitel 2.2)
Häufig beobachtbar ist die Inkonsistenz bei der Bewertung von Alternativen (fehlende Transitivität)
Menschen treffen gerne Entscheidungen aus dem Bauch heraus.
Bei Menschen findet man oft ein bewusstes Wählen von Alternativen, die für sie selbst nicht den höchsten Nutzen bringen (soziale Präferenzen wie Gerechtigkeit etc., z.B. Leute in einer Warteschlange vorlassen, für Ältere im Bus Platz machen, Verzicht zugunsten anderer, Spenden, Geschenke, etc., s. Kapitel 1.2)
Keine Berücksichtigung von Emotionen im Modell des homo oeconomicus, aber:
Emotionen haben Einfluss auf menschliches Verhalten
Emotionale Reaktionen sind schneller als kognitive Prozesse und sind häufig schon da, bevor Menschen bewusst nachdenken.
Emotionen machen menschliches Verhalten tendenziell unberechenbar
Menschen neigen dazu, Auswirkungen von Emotionen auf Handeln, Zukunft und Vergangenheit zu unterschätzen.
Emotionen können dazu führen, dass Verhalten irrational erscheint. Aber: Emotionen können zu rationalem Verhalten führen.
Was versteht man unter Sozialen Präferenzen?
Auch die Existenz sozialer Präferenzen tritt den uneingeschränkt rationelen Entscheidungen entgegen
Soziale Präferenzen: Motivation von Menschen, bei Entscheidungen Aspekte, die nicht nur den streng materiellen Eigennutzen berücksichtigen, sondern auch Aspekte, die darüber hinaus gehen.
Das Vorliegen sozialer Präferenzen wird in der Ökonomie gerne mit Hilfe von Experimenten gezeigt.
Deswegen sollten die Probanden möglichst gut in die Situation der eigentlichen Entscheider (im realen Leben) versetzt werden
Kenntnisse (Information durch einfaches Tutorium im Vorfeld und Test)
Anreize (Geldzahlung in Abhängigkeit des Erfolgs durch die Entscheidungen)
Welche Formen von sozialen Präferenzen gibt es?
Altruismus: Uneigennütziges, selbstloses Verhalten, das gekennzeichnet ist durch die Rücksichtnahme auf andere Menschen
Beispiele: Ehrenämter, Spenden, im Bus für ältere Menschen Platz machen
Fairness: Ehrliches, vernünftiges und anständiges Verhalten, das auf Gerechtigkeit, Gleichbehandlung und Unparteilichkeit basiert und das Einhalten vereinbarter Regeln erfordert
Beispiele: Regeln beim Fußball einhalten (Kloses Handspiel), Kuchen in gleich große Stücke aufteilen (Problem der subjektiven Wahrnehmung/ des subjektiven Bedarfs), niemanden wegen Aussehen, Größe, Ethnik, Geschlecht etc. anders behandeln als andere)
Reziprozität: Man fühlt sich oft zur Gegenseitigkeit verpflichtet; „wie du mir, so ich dir“; Belohnung für als gut empfundenes Handeln anderer, Bestrafung für als schlecht empfundenes Verhalten anderer
Beispiele: Trinkgeld, Komplimente, Anlocken von Kunden mit z.B. Sekt gratis vor einem exklusiven Geschäft (kaum jemand will etwas schuldig bleiben)
Ungleichheitsaversion: Oft nehmen Akteure ungleiche Einnahmen als unangenehme wahr und sind bereits, Teile der Einnahmen abzugeben (s. auch unten Ultimatumspiel und Diktatorspiel) oder oft wird Ungleichheit als ungerecht wahrgenommen
Beispiele: Diktatorspiel, Einkommensverteilung
Effizienz: Oft sind Menschen bereit etwas abzugeben, wenn andere Menschen dafür umso mehr erhalten, und somit die gesamte Gewinnsumme höher wird
Beispiel: Spenden, bei denen der Empfänger eine höhere Wertschätzung für den Wert des Gutes/ Geldes hat (mit gleichem Input (hier: Geld) den Output (hier: Wert des Geldes) maximieren)
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