Lungenarterienembolie - Definition
Verlegung bzw. Verengung einer Lungenarterie oder einer Bronchialarterie durch einen Embolus
Äthiologie
Embolie nach Venenthrombose
Embolus über die untere Hohlvene nach tiefer Bein- oder Beckenvenenthrombose (häufig!)
Embolus über die obere Hohlvene bei oder nach Anlage eines zentralen Venenkatheters (selten)
Fettembolie während großer operativer Eingriffe (Einbringen einer Endoprothese, bei Osteosynthese u.a.)
Pathophysilogie
Partielle oder totale Verlegung des Lumens einer Pulmonalarterie
Druckbelastung des rechten Herzens
Erhöhter pulmonalarterieller Druck (PAP)
Erhöhter zentralvenöser Druck (ZVD)
Akutes Cor pulmonale
Rechtsherzversagen bei massiver Lungenembolie möglich
Erhöhung des funktionellen Totraumvolumens
Ventilation der Alveolen ohne Perfusion der dazugehörigen Kapillaren
Arterielle Hypoxämie (pO2↓)
Hyperventilation
Hypokapnie (pCO2↓) → Respiratorische Alkalose
Vorwärtsversagen
Minderung des Herzzeitvolumens
Kreislaufschock möglich (Herzfrequenz↑, RR↓)
Symptome
CAVE: zu 50% unentdeckt
Akutes Einsetzen (z.B. nach morgendlichem Aufstehen) von Symptomen
Infolge der Erhöhung des funktionellen Totraumvolumens
Tachypnoe, Dyspnoe
Ggf. Lippenzyanose
Infolge einer begleitenden Pleuritis oder eines Lungeninfarkts
Atemabhängige Thoraxschmerzen (in etwa 70% der Fälle)
Hämoptysen (in etwa 10% der Fälle)
Husten
Fieber
Infolge der Rechtsherzbelastung
Tachykardie
Hypotonie
Synkope
Halsvenenstauung
Diagnose
Anamnese, insb. hinsichtlich klinischer Hinweise auf eine tiefe Beinvenenthrombose (TVT)
Operation
Immobilisation (z.B. Langstreckenflüge), Trauma, Gipsbehandlung in naher Vergangenheit
Lungenembolie oder TVT in der Vorgeschichte
Vitalparameter: RR, Herzfrequenz, Atemfrequenz und spO2
Inspektion
Gestaute Halsvenen als Zeichen einer Rechtsherzbelastung?
Einseitige Beinschwellung als Hinweis auf eine Beinvenenthrombose?
Auskultation: In einigen Fällen kann ein gespaltener 2. Herzton auskultierbar sein
Bestimmung der Prätestwahrscheinlichkeit für eine Lungenembolie, insb. anhand des Wells-Scores
Labordiagnostik
D-Dimer-Erhöhung
Definition: D-Dimere sind Fibrin-Fibrinogen-Spaltprodukte, die durch reaktive Fibrinolyse entstehen und als Biomarker zur Diagnose von Thrombosen genutzt werden können
Eigenschaften
Hohe Sensitivität : Wenig falsch-negative Ergebnisse (geeignet zum Ausschluss einer Lungenembolie, hoher negativer prädiktiver Wert)
Geringe Spezifität: Viele falsch-positive Ergebnisse (nicht geeignet zur Bestätigung einer Lungenembolie, geringer positiver prädiktiver Wert)
Bestimmung: In Abhängigkeit von der Prätestwahrscheinlichkeit für eine Lungenembolie
Niedrige und mittlere Wahrscheinlichkeit: Bestimmung sinnvoll
Hohe klinische Wahrscheinlichkeit: Bestimmung nicht sinnvoll → Direkte Einleitung weiterführender Diagnostik
Troponin und BNP↑: Hinweis auf vermehrte Rechtsherzbelastung → Prognostisch ungünstig
akute Therapie
Allgemeines
Halbsitzende Lagerung
Sauerstoffgabe über die Nasensonde oder Maske (6 L/min) unter Monitoring mittels Pulsoxymetrie
Ggf. Intubation
Medikation
Analgesie bei Schmerzen, ggf. Anxiolyse bzw. Sedierung
Bspw. Morphin oder Diazepam
Initiale Antikoagulation: Gabe von niedermolekularem Heparin (NMH), Fondaparinux oder unfraktioniertem Heparin (UFH)als Bolus oder direkten oralen Antikoagulantien (Rivaroxaban, Apixaban)
Verlegung auf Intensivstation: Bei hämodynamischer Instabilität
In Arzt- und Pflegebegleitung
Reanimationsbereitschaft und unter Fortführung der O2-Gabe
EKG-Monitoring sowie Kontrolle der Sauerstoffsättigung
spezifische Therapie
Bei Lungenembolie ohne akute Lebensgefahr: Therapeutische Antikoagulation
Weiterführung der Antikoagulation für 3–6 Monate: Mit DOAK (1. Wahl) oder Vitamin-K-Antagonisten
Bei massiver Lungenembolie mit Lebensgefahr: Rekanalisierende Maßnahmen
Thrombolyse
Indikation
Bei hämodynamischer Instabilität oder Reanimationspflichtigkeit
Alternative: Operation/Intervention
Sekundärprophylaxe
Umstellung der initialen Antikoagulation auf Erhaltungstherapie für 3–6 Monate: Mit DOAK (1. Wahl) oder Vitamin-K-Antagonisten
Dauer
Mind. 3 Monate (siehe: Therapie der Phlebothrombose)
Ggf. länger, je nach individuellem Rezidivrisiko
Einsetzbare Substanzen (siehe auch: Therapeutische Antikoagulation - klinische Anwendung)
1. Wahl: Direkte orale Antikoagulantien (Rivaroxaban, Apixaban, Edoxaban und Dabigatran)
Vitamin-K–Antagonisten (z.B. Phenprocoumon)
INR-Zielbereich: 2,0–3,0
Niedermolekulare Heparine
Komplikationen
Rechtsherzversagen
Hohe Rezidivgefahr (ohne Antikoagulation ca. 30%)
Atelektase (ca. 20%)
Lungeninfarkt (ca. 10–50%)
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