Geben Sie bei den folgenden Vorgängen an, ob die Eintragung im Handelsregister deklaratorische (rechtsbestätigende) oder konstitutive (rechtsbegründende) Wirkung hat: Änderung des Geschäftsjahrs einer AG
= Satzungsänderung -> immer Konstitutiv (genauso bei GmbH)
Geben Sie bei den folgenden Vorgängen an, ob die Eintragung im Handelsregister deklaratorische (rechtsbestätigende) oder konstitutive (rechtsbegründende) Wirkung hat: Eintragung eines Ist-Kaufmanns
Deklaratorisch
Geben Sie bei den folgenden Vorgängen an, ob die Eintragung im Handelsregister deklaratorische (rechtsbestätigende) oder konstitutive (rechtsbegründende) Wirkung hat: Abberufung einer Geschäftsführerin
Geben Sie bei den folgenden Vorgängen an, ob die Eintragung im Handelsregister deklaratorische (rechtsbestätigende) oder konstitutive (rechtsbegründende) Wirkung hat: Bestellung einer Prokuristin
a) Deklaratorisch
Geben Sie bei den folgenden Vorgängen an, ob die Eintragung im Handelsregister deklaratorische (rechtsbestätigende) oder konstitutive (rechtsbegründende) Wirkung hat: Nominalkapitalerhöhung bei der GmbH
= Satzungsänderung -> immer Konstitutiv (genauso Grundkapital einer AG)
Welche Informationen über eine GmbH erhalten Sie im Handelsregister?
§ 10 GmbHG
- Firma
- Gründungsdatum (Entsteht am Tag der Eintragung, nicht des Gesellschaftervertrags)
- Tag des Abschlusses des Gesellschaftsvertrags
- Personen der Geschäftsführer
- Gegenstand des Unternehmens
- Höhe des Stammkapitals
- Anschrift (erst seit 2008)
- Vertretungsbefugnis
- Teile der Bilanz /Jahresabschluss
- Nicht im HR-Auszug: Gesellschafter, aber in Gesellschafterliste im HR
Geben Sie bei den folgenden Vorgängen an, ob die Eintragung im Handelsregister deklaratorische (rechtsbestätigende) oder konstitutive (rechtsbegründende) Wirkung hat: Eintragung einer Verschmelzung
Konstitutiv (alle Umwandlungsmaßnahmen nach dem UmwG werden nur mit Eintragung im HR wirksam!!)
a) Welcher Form bedürfen Handelsregisteranmeldungen? b) Gilt diese Form auch für die Erteilung einer Vollmacht für eine Handelsregisteranmeldung? c) Ist bei Handelsregister-anmeldungen überhaupt Stellvertretung möglich?
a) Öffentlich beglaubigte Erklärung (= Unterschrift von einem Notar bestätigt) § 12 Abs. 1 HGB
b) Ja § 12 Abs. 1 S. 2 HGB (§ 167 Abs. 2 Die Vollmacht braucht nicht der Form des Hauptgeschäftes)
c) Kommt darauf, häufig enthält (höchst) persönliche Versicherung zB Gründung GmbH Einzahlung des Grundkapitals, Versicherung, dass keine Verurteilung, daher funktioniert meistens nicht mit Vertretung
Wie wird das Vertrauen in das Handelsregister geschützt?
Publizität (§ 15 HGB)
· Positive Publizität (Normalfall): richtig eingetragene und bekanntgemachte Tatsachen wirken gegenüber Dritten (§ 15 II HGB)
o (aber Schutz Gutgläubiger für 15 Tage nach Bekannt machung, § 15 II S.2 HGB)
· Negative Publizität: nicht eingetragene und nicht bekannt gemachte Tatsachen, aber eintragungspflichtige Tatsachen, gelten nicht, es sei denn der Dritte kennt diese Tatsache (§ 15 I HGB), d.h. § 15 I HGB schützt das Vertrauen in die Vollständigkeit des HR, nicht deren Richtigkeit
o (hier keine Differenzierung zwischen deklaratorisch und konstitutiv wirkenden Eintragungen)
· Falsche Bekanntmachung: Dritte können auf falsche Bekanntmachung eintragungspflichtiger Tatsachen vertrauen, wenn sie die Unrichtigkeit nicht kannten
o der Betroffene muss aber zumindest einen Anlass für die falsche Eintragung gegeben haben (§ 15 III HGB)
Gilt das Schriftformerfordernis für die Bürgschaftserklärung auch für Kaufleute?
Nein, 350 HGB, auch mündlich möglich
Worum handelt es sich beim Handelsvertreter? Welche besonderen Regelungen sind bei der Beendigung eines Handelsvertretervertrags zu beachten?
§ 84 HGB, handelt im fremden Namen auf fremde Rechnung
- Ausgleichsanspruch
- Nachgeschäftliches Wettbewerbsverbot (Vss.)
EU-weit reguliert, aber nicht einheitlich, Sinn: Handelsvertreter zu schützen
Erläutern Sie die Gründungstheorie und die Sitztheorie! Welche Theorie gilt in Deutschland?
· In Deutschland traditionell und heute subsidiär für Gesellschaften aus nicht EU-Staaten: Sitztheorie (d.h. es gilt das Recht der Jurisdiktion in der sich die Verwaltung der Gesellschaft befindet). zB ggü Schweiz
· EU/EuGH-Rechtsprechung: Gründungstheorie (d.h. es gilt das Gründungsstatut der Gesellschaft auch nach Verlegung des Verwaltungssitzes in eine andere Jurisdiktion)
· Sonderfall: USA auf Basis Deutsch-Amerikanischen Freundschaftsabkommens vom 29. Oktober 1954: USA-Corp. dürfen auf dessen Basis ihren Verwaltungssitz nach Deutschland verlegen (ohne ihr Rechtskleid zu wechseln)
Welche wichtigen Ausnahmen von dem Grundsatz „Schweigen ist keine Willenserklärung“ finden sich im Handelsrecht?
Insbesondere keine Annahme durch schweigen, aber in der Praxis sollte man schon reagieren (nicht darauf beharren), Ausnahmen vor allen im Handelsrecht:
- § 362 Abs. 1 HGB (nur zwischen Geschäftspartnern)
- Rügeobligenheit beim Handelskauf (§ 377 Abs. 2 HGB)
- Kaufmännsiches Bestätigungsschreiben (§ 346 HGB)
Worum handelt es sich bei der kleinen AG?
· Keine eigene Rechtsform
· Sammelsurium von Vereinfachungsbestimmungen
· Voraussetzung immer: nicht börsennotiert (§ 3 Abs. 2 AktG, das untere Börsensegment gilt nicht als börsennotiert im Sinne des Aktiengesetzes)
· Kein Notar bei Hauptversammlung wenn keine bestimmten Beschlüsse getroffen werden
Nennen Sie einige wichtige Unterschiede zwischen einer AG und einer GmbH!
z.B: (immer nennen)
· Bei AG zusätzliches Organ: Aufsichtsrat der mind. aus 3 Personen besteht, bei GmbH grundsätzlich kein Aufsichtsrat es sei denn GmbH befindet sich im Bereich der Mitbestimmung: § 52 GmbHG (sonst kann dieser auch immer freiwillig eingerichtet werden; In diesem Fall können auch dir Regeln selbst bestimmt werden)
· Weisungsrecht bei der GmbH: Gesellschafter können Geschäftsführer anweisen (daher ideale Tochtergesellschaft); bei AG keine Macht für niemanden (kein Weisungsrecht, außer Beherrschungsvertrag wird aber etwas anders gelebt)
· Squeeze-out gibt es nur bei AG § 327a ff. AktG
· Insgesamt Aktienrecht relativ komplex, GmbH-Recht ist etwas einfacher
Wodurch unterscheidet sich die OHG von der GbR?
· GbR und OHG unterscheiden sich durch den Gesellschaftszweck: wird ein Handelsgewerbe betrieben handelt es sich um eine OHG, sonst um eine GbR (vgl. § 705 BGB, § 105 Abs. 1 HGB, Sonderfall in § 105 Abs. 2 HGB)
· GbR kann kein Handelsgewerbe betreiben sonst kraft Gesetz OHG und muss sich eintragen lassen
Wodurch unterscheiden sich OHG und KG?
· Während bei (GbR und) OHG alle Gesellschafter persönliche unbeschränkt für die Gesellschaftsschulden haften, haftet bei der KG nur der Komplementär unbeschränkt, während die Kommanditisten nur mit der sog. Haftsumme haften (§§ 161 Abs. 1, 171 f. HGB)
Kann eine ausländische Gesellschaft Komplementär einer KG sein?
· Eine ausländische Gesellschaft darf Komplementärin einer KG sein, vorausgesetzt, dass die ausländische Gesellschaft nach den Grundsätzen des internationalen Privatrechts in Deutschland rechtsfähig ist und nach ihrer Heimatrechtsordnung persönlich haftende Gesellschafterin einer deutschen KG sein darf.
Worum handelt es sich bei der sog. Einheitsgesellschaft?
· Spezialform der GmbH & Co KG
· Einheitsgesellschaft bei der sämtliche GmbH-Geschäftsanteile an der Komplementärin von der KG (!) gehalten werden - ist extrem verwirrend, sollte m. E. daher nicht ohne gewichtige Gründe gewählt werden.
Worum handelt es sich bei der Partnerschaftsgesellschaft? Welche rechtlichen Vorteile hat die PartG gegenüber der GbR?
· Die Partnerschaftsgesellschaft steht nur den freien Berufen offen (§ 1 PartGG), denen mangels Handelsgewerbe die Rechtsform der KG (und OHG) und damit auch der attraktiven GmbH & Co. KG verstellt ist
· Haftungsvorteil gegenüber der GbR: bei berufliche Fehler haften nur das Gesellschaftsvermögen und der mit dem Auftrag befasste Partner (§ 8 PartGG)
· neuerdings auch in Form der „Partnerschaft mbB“ (vgl. § 8 IV PartGG) -> Rechtsform die man immer Steuerberatern etc. empfehlen würden (Beschränkte Berufshaftung)
Worum handelt es sich bei der UG (haftungsbeschränkt)?
· Deutsche Antwort auf Limited
· § 5a GmbHG
· Stammkapital kann < 25.000 Euro bis zu 1 Euro sein
· Macht gar keinen Sinn, ggf. als Komplementär geeignet
Worin besteht das rechtliche Problem, wenn Geschäftsführerin Meyer über die Teilnahme der GmbH am Cash Pooling des Konzerns teilnehmen sollte? Was sollte die Geschäftsführerin unternehmen, um sich abzusichern?
· Verstöße gegen § 30 GmbHG (mit entsprechen weitreichenden Haftungsfolgen im Falle einer Insolvenz der GmbH) im Zusammenhang mit dem sog. Cash Pooling ist nach wie vor eines der zentralen Praxisprobleme im Gesellschaftsrecht
· Cash-Pooling ist eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Form der Konzerninnenfinanzierung, bei der zB eine Tochter GmbH jeden Tag nach Geschäftsschluss die Beträge auf ihrem Konto auf ein Konto der Muttergesellschaft als typischem Cash-Pool-Führer (tatsächlich und nicht nur fiktivvirtuell) überwiest, was innerhalb der Konzerns unterm Strich Zinsvorteile bringt
· Im Rahmen der bilanziellen Betrachtung des § 30 GmbHG ist dies unproblematisch, wenn und solange die so entstehenden Forderungen der Tochter GmbH gegen die Muttergesellschaft auf Rückzahlung der überwiesenen Geldzahlungen werthaltig sind (insofern liegt ja bilanzielle nur ein Aktivtausch „Geld gegen Forderung“ vor)
· Problem: Es ist die Pflicht des Geschäftsführers diese Werthaltigkeit sorgfältig zu prüfen, geschieht dies nicht und gehen zB Mutter- und Tochtergesellschaft später in die Insolvenz, haftet der Geschäftsführer persönlich für unzulässiger Weise überwiesen Beträge. (Nicht auf 25.000 Euro beschränkt)
· Dieses Haftungsrisiko kann der Geschäftsführer in der Praxis meist nur reduzieren (zB durch regelmäßige Prüfung der finanziellen Situation der Muttergesellschaft und Dokumentation dessen), aber im Ergebnis nicht ganz ausschalten.
· Auch der Abschluss eines Unternehmensvertrags zw. Mutter- und Tochtergesellschaft beseitig das Risiko – entgegen dem insoweit etwas irreführenden Wortlaut des § 30 GmbHG – nicht endgültig, sondern führt nur zur Verlagerung des Problems, da nunmehr auf die Werthaltigkeit eines Verlustausgleichanspruchs gem. § 302 AktG abzustellen ist.
· Anweisung nützt hier auch nichts, Entlastung greift nicht
· Maßnahmen, neben Prüfung und Dokumentation dessen:
o Es sollte ein weiteres Konto geben, dass nicht am Cash-Pool teilnimmt (damit nicht sofort Zahlungsunfähig wenn es mal Problem mit Cash-Pool gibt)
o Forderung sollte verzinst werden
o Sobald Verletzung festzustellen ist, kündigen des Cash-Pools
Nennen Sie die grundsätzlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Innenhaftung von Geschäftsführern, Vorständen und Aufsichtsräten?
· AGL: § 93 AktG, ggf. iVm Art. 51 SE-VO; § 43 GmbHG
· Voraussetzungen:
Organstellung (faktische Organstellung genügt; Dienstvertrag ist irrelevant)
Pflichtverletzung (obj. Maßstab, Beweislast beim Organ)
Verschulden (Beweislast beim Organ)
Kausalität (Adäquanztheorie, im Erg. Hier i.d.R. gegeben)
Schaden (§§ 249 ff. BGB)
· Rechtsfolgen: Sind sämtliche Voraussetzungen erfüllt, haftet der betreffende Geschäftsführer oder Vorstand persönlich unbeschränkt. Haben mehrere Mitglieder eines Organs eine Pflichtwidrigkeit begangen, haften diese gesamtschuldnerisch (§ 43 Abs. 2 GmbHG bzw. § 93 Abs. 2 S. 1 AktG jew. iVm § 421 BGB). (i.d.R. der Fall: einer Macht den Fehler und die anderen haben nicht richtig überwacht)
Wie würden Sie die SE charakterisieren?
· Die Societas Europaea (europäische Aktiengesellschaft) ist eine Form der AG, die innerhalb der EU eingeführt wurde, auf die aber subsidiär die Aktiengesetze der jeweiligen Mitgliedsstaaten Anwendung finden, d.h. es handelt sich nicht um eine Mischform, was zu einer sehr komplexen Gesamtstruktur führt.(hybride Rechtsform, Mischung aus EU-Verordnung und subsidiär das jew. Aktiengesetzt)
· Merkmale sind u.a. ein Nominalkapital von mind. EUR 120.000 und der Möglichkeit einem monistischen Verwaltungsrat (Board-System angelsächsischer Prägung) und einem dualen Leitungssystem aus Vorstand und Aufsichtsrat zu wählen.
Erläutern Sie kurz die rechtliche Bedeutung von Compliance! Ist der Begriff gesetzlich definiert?
· Compliance (= Regeltreue oder Regelkonformität)
· Keine gesetzliche Definition, aber im DCGK A Grundsatz 5: „Der Vorstand hat für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und der internen Richtlinien zu sorgen und wirkt auf deren Beachtung im Unternehmen hin“
1) Einhaltung (aller) gesetzlichen Bestimmungen im In- und Ausland
2) Einhaltung (aller) unternehmensinternen Richtlinie
· Es ist aktiv dafür zu sorgen – Compliance Management System auszusetzen, welches dafür sorgt, dass es zu keinen Rechtsverstößen kommt
Worum handelt es sich bei der Business Judgement Rule (BJR)? Ist diese Regel gesetzlich definiert?
· Die BJR schafft für Organe einen Haftungsfreiraum (sog. sicherer Hafen), wenn sie „bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte(n), auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Gesellschaft zu handeln“ (§ 93 Abs. 1 S. 2 AktG, wird entsprechend auf andere Organe wie insbesondere den GmbH-Geschäftsführer, den Vereinsvorstand und der Vorstand einer Genossenschaft angewendet)
Sind Vorstände bzw. Geschäftsführer auch verpflichtet eine aggressive Steueroptimierung vorzunehmen? Haftbar, wenn nicht die Modelle nehme, die der Steuerberater zur Verfügung stellen könnte?
-> BjR = es gilt das unternehmerische Ermessen – ich muss nicht die aggressivste Variante nehmen aber das Thema kann auch nicht ganz Ignoriert werden – Man muss sich Infomieren, welche Weg man geht (keine allzu scharfen Maßstäbe)
Welche Umwandlungsformen gibt es? (nach dem UmwG)
· Das UmwG regelt verschiedene Möglichkeiten der Umstrukturierung von Unternehmen im Wege der: (Vgl. § 1 UmwG)
o Verschmelzung §§ 2 bis 122l
o Spaltung §§ 123 bis 173 (mit seinen 3 Varianten)
o Vermögensübertragung (hat nur einen engen Anwendungsbereich) §§ 174 bis 189
o Formwechsel §§ 190 bis 312 (sehr verbreitet)
· Der entscheidende Vorteil des UmwG besteht in der (ggf. partiellen) Universalsukzession, d.h. Aktiva und Passiva können alleine durch die Umwandlungsmaßnahme übertragen werden
Was ist der entscheidende Vorteil von Umwandlungen nach dem UmwG?
· Wichtigster Punkt (zivilrechtlich): Änderung der Unternehmensstruktur auf einfachem rechtlichen Wege -> (partiellen) Gesamtrechtsnachfolge (Universalsukzession) in Vermögensgesamtheiten (zB Grundstücke auch ohne Eintragung, muss dann korrigiert werden; keine Zustimmung von Vertragspartner notwendig, Schutz dieser durch gesamtschuldnerische Haftung über 5 Jahre des alten und neuen)
· UmwSt: Steuerneutral (anders als bei Unternehmenskäufen, dort gibt es kein besonderes Steuergesetz)
· Technisch relativ einfach
Welche Alternative zu den Umwandlungen des UmwG kommt bei Personengesellschaften in Betracht?
· Anwachsung § 738 BGB (gilt über Verweisungskette auch für KG und OHG) -> Wenn ein Gesellschafter ausscheidet wächst seine Beteiligung den anderen proportional an, d.h. wenn der vorletzte Gesellschafter aussteigt löst sich die Gesellschaft auf und der verbleibende Gesellschafter übernimmt alle Aktiva und Passiva
· Auch grenzüberschreitend möglich
Was müssen Geschäftsführer und Vorstände tun, wenn die Hälfte des Nominalkapitals (Stammkapitals der GmbH bzw. Grundkapitals der AG) verloren ist?
· Die Geschäftsführer / der Vorstand haben unverzüglich eine Gesellschafterversammlung / Hauptversammlung einzuberufen (§ 49 Abs. 3 GmbHG, ebenso § 92 Abs. 1 AktG für die Vorstände einer G). Unterlassen sie dies, machen sie sich sogar strafbar (§ 84 GmbHG, ebenso § 401 AktG)
(1) Was ist der Unterschied zwischen einem Share Deal und einem As- set Deal?
(2) Welcher Deal-Typ ist in der Praxis die Regel?
(1) Beim Share Deal handelt es sich um einen Anteilskauf, d.h. Kaufgegenstand sind hier Geschäftsanteile an einer GmbH oder Aktien einer AG (grds. Rechtskauf gem. § 453 BGB), während beim Asset Deal einzelne oder alle Vermögenswerte einer Gesellschaft erworben und nach den für die- se Aktiva und Passiva geltenden Regeln übertragen werden (also gem. §§ 929 ff. BGB bei beweglichen Sachen, §§ 873, 925 BGB bei Grundstücken oder §§ 398 ff. BGB bei Rechten) (vgl. Fischer, S. 234).
(2) In der Regel werden Transaktionen im Wege des technisch deutlich einfacheren Share Deal abgewickelt.
Was versteht man unter einer Due Diligence (DD)?
Due Diligence (DD) bedeutet wörtlich übersetzt »mit gebotener Sorgfalt«, treffender wäre aber die Bezeichnung Review oder Audit, denn die DD bezeichnet den Vorgang der Prüfung einer Zielgesellschaft beim Unter- nehmenskauf insbesondere in drei Bereichen financial, legal und tax due dili- gence (schließlich will niemand »eine Katze im Sack kaufen«) (vgl. Fischer, S. 235 f.). Der Begriff der Due Diligence wird inzwischen auch in anderen Be- reichen für entsprechende Prüfungsvorgänge verwendet.
Zweck des internen Rechnungswesens
Zahlenmaterial für Liquiditäts- und Finanzplanung;
Kostenbewusstsein und -transparenz
Worum handelt es sich bei einer sog. »Vorratsgesellschaft«?
Unter einer Vorratsgesellschaft (shelf company) versteht man die von einem kommerziellen Anbieter auf Vorrat gegründete Gesellschaft, die operativ nicht tätig ist, und von Dritten erworben werden kann (im Falle einer GmbH üblicherweise für einen Kaufpreis von ca. EUR 27.500,- inkl. ei- nem Konto auf dem EUR 25.000,- Stammkapital liegen). Die Rechtspre- chung betrachtet den Erwerb einer Vorratsgesellschaft als sog. »wirtschaftli- che Neugründung«, die beim Handelsregister angemeldet werden muss (inkl. der Versicherung der Geschäftsführer, dass die EUR 25.000 Stammkapital nach wie vor in voller Höhe der Gesellschaft zur Verfügung stehen). In der Praxis ist häufig die Neugründung einer GmbH zweckmäßiger
Was ist Liquifität
Positvier Zahlungsmittelbestand
Liquidität als Eigenschaft von vermögen zur Rückverwandlung in Geld (Liquidierbarkeit)
Liquidität als Deckungsverhältnis von Vermögensteilen zu Verbindlichkeiten (Liquiditätsgrade)
Liqudität als Eigenschaft von Wirtschaftssubjekten, ihren Zahlungsverpflichtungen bei Anforderung in jedem Zeitpunkt nachkomen zu können
Magisches 4 Eck: angemessenes und stetiges Wirtschaftswachstum
angemessen ?
stetig?
1) Verantwortlicher
2) Ziel
3) Aktuell in Deutschland
angemessen: für den Entwicklungsstand des Landes
stetig: keine großen Ausschläge
1) Bundesregierung und Unternehmen
2) in D: 1-1,5%
3) 2023: -0,3% Prognose 2024 iFo +0,9%
Magisches 4 Eck: außenwirtschaftliches Gleichgewicht
1) Indikator
2) Verantwortlicher
3) Ziel
4) Aktuell in Deutschland
1) Leistungsbilanz (Export-Import;++ möglichst = 0)
2) Unternehmen und Konsumenten
3) LB-Saldo/BiP < 3%
4) 2023: 209 561 Mill€ / 4 121 Mrd€ = 5%
Magisches 4 Eck: hoher Beschäftigungsstand
1) unteranderem Arbeitslosenquote und Erwerbstätigkeit
2) Arbeitgeber und Arbeitnehmer = Tarifparteien
3) 3-4% = Vollbeschäftigung (kann nie 0 sein)
4) ermittelt durch 2 Quellen
- BAA (durch aktives Melden): 5,7%
- statistisches Bundesamt (Stichproben ILO)
Magisches 4 Eck: stabiles Preisniveau
5) Mittel
1) Inflationsrate
2) EZB
3) kleiner aber nahe 2%
4) 2023 5,9 % Prognose 2024: 2,2 % (Ifo)
5) Geldpolitische Mittel der EZB
Spaltungsarten n UmwG
1) Aufspaltung
2) Abspaltung
3) Ausgleiderung
Ausgliederung
§ 123(3)
Ein Rechtsträger (übertragender Rechtsträger) gliedert aus seinem Vermögen einen Teil oder mehrere Teile aus
zur Aufnahm; oder
zur Neugründung
durch Übertragung dieses Teils oder dieser Teile jeweils als Gesamtheit auf einen oder mehrere Rechtsträger
gegen Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaften dieses Rechtsträgers oder dieser Rechtsträger an den übertragenden Rechtsträger (Ausgliederung).
Abspaltung
§ 123 (2) UmwG
Ein Rechtsträger (übertragender Rechtsträger) spaltet von seinem Vermögen einen Teil oder mehrere Teile ab
zur Aufnahme; oder
gegen Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaften dieses Rechtsträgers oder dieser Rechtsträger an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers (Abspaltung).
Aufspaltung
§ 123 (1) UmwG
Rechtsträger (übertragender Rechtsträger) spaltet unter Auflösung ohne Abwicklung sein Vermögen
durch gleichzeitige Übertragung der Vermögensteile jeweils als Gesamtheit auf andere Rechtsträger
gegen Gewährung von Anteile dieser Rechtsträger an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers auf (Aufspaltung).
Was genau ist überhaupt ein One Stop Shop?
Als Weiterentwicklung des Mini-One-Stop-Shop (MOSS) Verfahrens hat die EU am 1. April 2021 das One-Stop-Shop (OSS) Verfahren eingeführt. Es ist Teil des Mehrwertsteuer-Digitalpakets.
Das OSS-Verfahren erlaubt es Händlern, Waren und Dienstleistungen, die sie in Drittländer an Privatpersonen liefern und die eine Umsatzschwelle von 10.000 Euro überschreiten, in ihrem Sitzland zu melden und dort die Umsatzsteuer abzuführen. Das geschieht über das OSS-Portal, das die Umsatzsteuer aller Fernverkäufe auf die jeweiligen Staaten verteilt.
Auf Deutsch bedeutet One Stop Shop so viel wie einzige Anlaufstelle und findet auch im allgemeinen Sprachgebrauch Anwendung: Damit werden zentrale Stellen beschrieben, die sämtliche bürokratische Schritte vereinen.
die bedeutendsten Vorteile zusammengefasst:
Sie können zulässige Umsätze in einem Portal gebündelt anmelden und die beim One Stop Shop anfallende Umsatzsteuer mit einer einzigen Zahlung begleichen.
Die einheitliche Lieferschwelle für alle EU-Mitgliedstaaten von 10.000 Euro und einheitliche Abgabefristen verringern den bürokratischen Aufwand.
Es ist keine Umsatzsteuerregistrierung im Empfängerland für Verkäufe ins EU-Ausland nötig.
Wenn Sie bereits das MOSS-Verfahren nutzen, müssen Sie sich nicht erneut für OSS registrieren, sondern nehmen automatisch daran teil.
Wenn Sie kein Lager im Ausland haben, ist das One-Stop-Shop-Verfahren besonders vorteilhaft für Sie.
Die Pflicht zur Rechnungsstellung beim OSS-Verfahren entfällt. Dies soll als Anreiz dienen, das Verfahren zu verwenden. Wenn Sie also grenzüberschreitende Verkäufe im One-Stop-Shop-Verfahren anmelden, bspw. wenn Sie als Fashion-Onlineshop Kleidung an Kunden in Frankreich schicken, müssen Sie keine Rechnung mehr an Ihre Kunden ausstellen.
Steuererklärung im Verfahren OSS
Die Steuererklärung im Verfahren OSS-EU Regelung ist vierteljährlich elektronisch an das BZSt zu übermitteln.
Das besondere Bestätigungsverfahren erleichtert den am Verfahren One-Stop-Shop, Nicht EU-Regelung (ehemals VAT on e-Services) teilnehmenden Unternehmern die Prüfung, ob zum Zeitpunkt der Leistungserbringung die sonstige Leistung an einen in einem Mitgliedstaat der EU registrierten Unternehmer ausgeführt wird.
Durch den Nachweis der Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers ist eine Verlagerung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger möglich.
Einfache Bestätigung:
Bei einer einfachen Bestätigung erhalten Sie Auskunft darüber, ob eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) zum Zeitpunkt der Anfrage in dem Mitgliedstaat, der sie erteilt hat, gültig ist.
Bestätigungen für zurückliegende Zeitpunkte oder Zeiträume sind jedoch nicht möglich.
Qualifizierte Bestätigung:
Bei einer qualifizierten Bestätigung können Sie über die Prüfung der Gültigkeit der USt-IdNr. hinaus abfragen, ob die mit einer USt-IdNr. verbundenen Angaben zu Firmenname (einschließlich der Rechtsform), Firmenort, Postleitzahl und Straße mit den in der Unternehmerdatei des jeweiligen EU-Mitgliedstaates registrierten Daten übereinstimmen. Vor einer qualifizierten Bestätigung muss zwingend eine einfache Bestätigungsanfrage durchgeführt werden.
Hinweis: Eine Bekanntgabe der in der Unternehmerdatei des jeweiligen EU-Mitgliedstaates registrierten Daten ist nicht möglich.
Einfache und qualifizierte Bestätigungsanfragen können im Internetportal des Bundeszentralamtes für Steuern (BZSt) über ein Online-Formular durchgeführt werden.
SBV
Notwendiges BV (WG die ausschließlich und unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke verwendet werden) => Dienen unmittelbar dem Betrieb SBV I
=> Dienen der Begründung oder Stärkung der Beteiligung des MU´ters SBV II
§ 16 (1) Veräußerung des gesamten Gewerbebetriebs / Mu´Anteils
= alle wesentliche Grundlagen, in der Weise, dass der Betrieb fortgeführt werden kann (funktional-quantitative Betrachtungsweise=
funktionale Betrachtungsweise (erreichung des betriebszwecks, besonderes wirtschaftliches Gewicht für Betriebsfortführung)
quantitative Betrachtungsweise ( funktional zwar nicht erforderlich, aber Bindung erheblicher stiller Reserven)
Übertragung Betrieb/TB/MU-Anteil § 6 (3) EStG - “gesamt”
Einbringung nach §§ 20 (in KapGes) , 24 (in PersGes) UmwStG
Funktional wesentlich : Bedeutung für Funktion d. Betriebs (vorhandensein StillerR ist irrelevant)
Wesentliche Betriebsgrundlage - Betriebsaufspaltung
Wesentliche Grundlagen eines Betriebs sind Wirtschaftsgüter vor allem des Anlagevermögens, die zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich sind und ein besonderes wirtschaftliches Gewicht für die Betriebsführung bei dem Betriebsunternehmen haben
Gemeinschaftsteuern:
= Gemeinsame Steuern von Bund und Ländern sowie Gemeinden und Gemeindeverbänden
Einkommen-,
Körperschaft-,
Umsatz- und
Lohnsteuer.
Im Übrigen besteht die Pflicht zum Finanzausgleich (horizontal) unter den Ländern sowie (vertikal) zwischen Bund und Ländern
Reine Gemeindesteuern
Grundsteuer sowie
örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern, wie Hunde- und Getränkesteuer.
( An der Gewerbesteuer werden Bund und Länder durch Umlage beteiligt)
Landessteuern
Grunderwerb-,
Bier-,
Erbschaftsteuer,
Spielbankenabgabe.
Bundessteuern
Zölle,
Versicherungsteuer,
Verbrauchsteuern (ohne Biersteuer),
Kraftfahrzeugsteuer (seit 1.7.2009; die Länder erhalten nach Art. 106b GG einen Anteil),
Ergänzungsabgabe zu Einkommen- und Körperschaftsteuer (z.B. Solidaritätszuschlag),
EU-Abschöpfungen.
Voraussetzung Steuerhinterziehung
Tathandlung (Tuen / Unterlassen)
Erfolg (Verkürzung von Steuern, mit Bekanntgabe d StB)
Kausalität “dadurch”
Juristische Personen
Liquidität
istdieFähigkeiteinesUnternehmens,seineZahlungsverpflichtungen jederzeit erfüllen zu können. Insbesondere fürGläubiger ist dieses Kriterium von Bedeutung
Verschuldungsgrad
Verhältnis von Fkap zu Ekap
Rentabilität
Verhältnis von Gewinn zu Kapital
Leverage-Effekt
Die Eigenkapitalrentabilität lässt sich durch zusätzlichen Fremdkapitaleinsatz steigern, sofern das zusätzliche Fremdkapital mehr bringt als es kostet.
Aufgaben des Datenschutzbeauftragten (Art. 39 DSGVO)
Unterrichtung und Beratung des Verantwortlichen oder des Auftragsverarbeiters und der Beschäftigten,
Überwachung der Einhaltung dieser Verordnung, anderer Datenschutzvorschriften der Union bzw. der Mitgliedstaaten sowie der Strategien des Verantwortlichen oder des Auftragsverarbeiters für den Schutz personenbezogener Daten einschließlich der Zuweisung von Zuständigkeiten, der Sensibilisierung und Schulung der an den Verarbeitungsvorgängen beteiligten Mitarbeiter und der diesbezüglichen Überprüfungen;
Beratung im Zusammenhang mit der Datenschutz-Folgenabschätzung;
Zusammenarbeit mit der Aufsichtsbehörde;
Tätigkeit als Anlaufstelle für die Aufsichtsbehörde in mit der Verarbeitung zusammenhängenden Fragen.
Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)
EU-VO gültig seit 18.5.2018, Geltung auch für Freiberufler.Datenschutzbeauftragter (DSB) ab 20 Mitarbeitern, die mit der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten beschäftigt sind (§ 38 Abs. 1 BDSG) – Benennung ggü. Behörd
Risikoanalyse und Datenschutz-Folgeabschätzung (auch in Bezug auf Dienstleister)
Meldung von Datenschutzpannen innerhalb von 72 Stunden an Landesbeauftragten für den Datenschutz.
Rechenschaftspflicht über funktionierenden Datenschutz.
Löschung von Daten nach Ende der Aufbewahrungspflicht.
Sanktionen: Bußgeld bis EUR 20 Mio.
Folgeänderungen im StBerG: § 11 Abs. 2 StBerG:
die Verarbeitung personenbezogener Daten durch Steuerberater unter Beachtung der für sie geltenden Berufspflichten erfolgt weisungsfrei. Somit keine Auftragsverarbeitung gem. Art. 4 Nr. 8 DSGVO.
In Lohn- und Gehaltsabrechnungen werden regelmäßig gesundheitsbezogene Daten verarbeitet. Die neue gesetzliche Grundlage hierfür ist § 11 Abs. 2 S. 2 StBer
Berufsstatisitk 2022 - 2023
Mindestangaben der Steuerberaterrechnung
(§ 9 StBVV)
Angabe von
Beträge
Gebührentatbestand
einschlägige Vorschriften der Vergütungsordnung
Gegenstandswert
vereinbarte Vergütung
§ 4 StBVV)Gebührenvereinbarung jederzeit möglich
Textformerfordernis.
Bezeichnung als „Vergütungsvereinbarung“.
Keine unangemessene Höhe (mehr als das 5-fache der gesetzlichen Gebühr, wiederlegbar - BGH v. 10.11.2016 – IX ZR119/14, DStR 2017, 517).
Meist als Stundensatz vereinbart – nicht verwechseln mit Zeitgebühr!
Vereinbarte Vergütung kann höher (§4 Abs. 1 StBVV) oder niedriger (§ 4 Abs. 3 StBVV) als die gesetzliche Vergütung sein.
Detaillierte, nachprüfbare Zeitaufstellung erforderlich
Pauschalvergütung
bei laufend wiederkehrenden Tätigkeiten
sehr verbreitet bei laufender Buchhaltung
Pauschalvergütung muss in einem angemessenen Verhältnis zur Leistung des Steuerberaters stehen (§ 14 Abs. 3 StBVV)
Zeitgebühr
§ 13 StBVV: 30 – 75 EUR pro angefangener halben Stunde
In der StBVV explizit vorgesehen z.B.
Prüfung von Steuerbescheiden (§ 20 StBVV)
Erteilung von Steuerbescheinigungen (§ 38 StBVV)
Arbeiten zur Feststellung des verrechenbaren Verlustes gemäß § 15a EStG (§ 24 Abs. 4 Nr. 2 StBVV)
Vorarbeiten im Rahmen der Ermittlung des Überschusses der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, die über das übliche Maß erheblich hinausgehen (§ 25 Abs. 2 StBVV)
Hilfeleistung bei Einrichtung einer Buchführung (§ 32 StBVV)oder
wenn keine genügenden Anhaltspunkte für eine Schätzung des Gegenstandswerts vorliegen.
Rahmengebühr
§ 11 StBVV
Nach Gegenstandswert (siehe Wertgebühr)
Ohne Gegenstandswert (z.B. Lohnbuchführung)
Betragsrahmen der Lohnbuchführung gem. § 34 StBVV z.B.:
Ersteinrichtung Lohnbuchführung: 5 – 18 EUR pro Arbeitnehmer
Laufende Lohnbuchführung: 5 – 28 EUR pro Arbeitnehmer
Zur Berechnung werden benötigt: Wertgebühr
§ 10 iVm
z.B. Steuererklärung, EÜR etc
Gegenstandswert,
Gebührensatz (z.B. volle Gebühr, 6/10 Gebühr usw.)
zutreffende Gebührentabelle (Tabellen A, B, C, und D),
Tabelle A: Beratungstabelle
Tabelle B: Abschlusstabelle
Tabelle C: Buchführungstabelle
Tabelle D: Landwirtschaftliche Tabelle
Vergütungsarten SBVV
Einzelvergütung § 21 - 46
Wertgebührt § 10
Rahmengebühr § 11
Zeitgebühr § 13
Pauschaulvergütung § 14
vereinbarte Vergütung § 4
Jede Gebühr ist eine Vergütung, aber nicht jede Vergütung ist eine Gebühr”
Was besagt das Stabilitätspakt und Wachstumsgesetz
- Beinhaltet wirtschaftspolitische Ziele
- wurde 1967 festgelegt
- Magisches Viereck
-§1 StabG "Bund und Länder haben bi ihren wirtschaftspolitische- und finanzpolitischen Maßnahmen die Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes zu beachten. Die Maßnahmen sind so zu treffen, dass sie im Rahmen der marktwirtschaftlichen Ordnung gleichzeitig zur Stabilität des Preisniveaus, zu einem hohen Beschäftigungsstand und zu außenwirtschaftlichem Gleichgewicht bei stetigem und angemessenem Wirtschaftswachstum beitragen"
Geben Sie bei den folgenden Vorgängen an, ob die Eintragung im Handelsregister deklaratorische (rechtsbestätigende) oder konstitutive (rechtsbegründende) Wirkung hat: Gründung einer GmbH:
Konstitutiv (bei AG genauso)
Geben Sie bei den folgenden Vorgängen an, ob die Eintragung im Handelsregister deklaratorische (rechtsbestätigende) oder konstitutive (rechtsbegründende) Wirkung hat: Eintragung eines Kann-Kaufmanns
Konstitutiv
Was bei der Verfassung eines nicht-notariellen Testaments zu beachten?
· Eigenhändiges Testament (§ 2247 BGB): komplett handschriftlich mit (abschließender) Unter—schrift (keinesfalls nur Paraphe), Vor- und Nachname sollen verwendet werden, § 2247 III BGB, Ort und genaues Datum sollen ebenfalls angegeben werden (§ 2247 II , V BGB).
Ist eine Annahme der Erbschaft notwendig?
· Nein, erfolgt in Deutschland als sog. Vonselbsterwerb, d.h. ohne Annahmeerklärung, aber Ausschlagungsmöglichkeit innerhalb recht kurzer Fristen (§§ 1942 ff. BGB)
Kann ein Ehegatte, der im gesetzlichen Güterstand lebt, seine Immobilie, die praktisch sein ganzes Vermögen darstellt, alleine verkaufen?
· Nein, da § 1365 BGB keine Verfügung ohne Einwilligung des anderen Ehegattens über gesamtes Vermögen
· Greift ab 85 % - 90 § des Vermögens, d.h. auch bei einem einzelnen Gegenstand zB Immobilie
Könnte der Kater Rambo als Erbe eingesetzt werden?
· Nein, Tier nicht erbfähig (§ 1922 ff. BGB)
Was versteht man unter einer Patronatserklärung?
· Gesetzlich nicht geregelter Vertragstyp (aber aufgrund der Vertragsfreiheit zulässiger Vertragstyp, § 311 BGB)
· Ein Patron (meist eine Muttergesellschaft) erklärt gegenüber den Gläubigern eines Schuldner (meist einer Tochtergesellschaft) oder auch nur gegenüber dem Schuldner, den Schuldner so zu stellen, dass dieser seinen Verpflichtungen nachkommen kann
· Zweck: Kreditwürdigkeit stärken und ggf. Insolvenzgründe der Zahlungsunfähigkeit oder Über- schuldung beim Schuldner beseitigen
· Arten:
o Weiche Patronatserklärung (keine einklagbaren Ansprüche)
o Harte Patronatserklärung (rechtlich verbindliche Ansprüche entweder des Schuldners oder des Gläubigers gegen den Patron; Verpflichtung nur auf Leistung an den Schuldner also nicht direkt an den Gläubiger)
Was versteht man unter akzessorischen Sicherungsrechten? Nennen Sie ein Beispiel.
· Eine akzessorische Sicherheit setzt zwingen eine bestehende Forderung voraus
· Beispiel: Bürgschaft (§ 765 BGB) und Hypothek (§ 1113 BGB) und Pfandrechte (§ 1204 BGB)
In welchem Güterstand leben Ehegatten, die keinen Ehevertrag abgeschlossen haben?
· Zugewinngemeinschaft § 1363 Abs. 1 BGB
Was ist die Praxisproblem bei der Verpfändung von beweglichen Sachen?
· Faustpfandrecht: Die Begründung des Pfandrechts setzt als akzessorisches Sicherungsrecht zunächst eine wirksame zu sichernde Forderung sowie ähnlich wie die Übertragung des Eigentums an beweglichen Sachen gem. § 1205 BGB eine Einigung der Parteien voraus und eine Übergabe des Sache. Durch die Übergabe muss der Pfandnehmer den unmittelbaren Besitz erlangen, d.h. ein Verbleib der Sache beim Pfandgeber ist gerade nicht möglich und bei Rückgabe der Sache an den Verpfänder erlischt das Pfandrecht (§ 1253 I BGB) -> macht i.d.R. wenig Sinn: häufiger eine Sicherungsübereignung
· In der Praxis häufig Verpfändung von GmbH-Geschäftsanteilen, die gem. § 1274 BGB i.V.m. § 15 GmbH-Gesetz, der notariellen Beurkundung bedarf
Können Sie Einsicht in das Grundbuch nehmen?
· Nein (kein öffentliches Register (vgl. § 12 GBO)), man braucht berechtigtes Interesse (Notare könne elektronische Einsicht nehmen, wird aber kontrolliert)
Wodurch unterscheidet sich das Sachenrecht vom Schuldrecht?
· Während es beim Schuldrecht um Rechtsbeziehungen zwischen zwei oder mehr Personen, Schuldnern und Gläubigern, geht (Relativität des Schuldrechts), behandelt das Sachenrecht die Rechtsbeziehung zwischen einer Peron und einer Sache, die Wirkung gegenüber jedermann entfaltet (absolute Wirkung des Sachenrechts).
· Daher: kein Typenzwang im Schuldrecht (d.h. Parteien können zB neue Vertragstypen entwickeln wie zB Leasingvertrag oder Franchisevertrag)
· Hingegen im Sachenrecht NC (d.h. Parteien können keine neuen Sachenrechte kreieren, da diese ja auch gegenüber Dritten Rechtswirkung entfalten würden)
Was unterscheidet den Besitz vom Eigentum?
· Besitz = Nur tatsächliche Sachherrschaft (§ 854 BGB)
· Eigentum = Umfassendste Herrschaftsrecht welches die Rechtsordnung kennt (vgl. 903 BGB)
Welche Art Rechtsgüter wird durch § 823 I BGB geschützt? Wird durch das deutsche Deliktsrecht auch das Vermögen als solches geschützt?
· Durch § 823 Abs.1 BGB sind nur absolute Rechte und insbesondere nicht das Vermögen als solches schützt
· Das Vermögen wird unter weiteren Voraussetzungen gem. § 823 II BGB i. V.m. mit einem Schutzgesetz und über § 826 BGB im Falle einer vorsätzlichen, sittenwidrigen Schädigung geschützt
Wie werden a) bewegliche Sachen, b) Grundstücke und c) Rechte übertragen?
a) Gem. § 929 ff. durch (dingliche) Einigung und Übergabe (–> Abzugrenzen von Kaufvertrag!!)
b) Gem. §§ 873, 925 durch Auflassung und Eintragung im Grundbuch (sog. Auflassung)
c) Gem. §§ 398 ff. BGB abgetreten
Kann man Eigentum vom Nichtberechtigten erwerben? Was ist (ganz allgemein) die Basis für einen solchen Erwerb?
· Ja, das deutsche Recht kennt die Möglichkeit des Erwerbs von Eigentum vom Nichtberechtigten, wenn der Erwerber glaubt vom Eigentümer zu erwerben und ein Rechtsscheinträger wie der Besitzer oder die Grundbuchseintragung hinzukommen
· Z.B. §§ 932 ff. BGB bei beweglichen Sachen auf Basis des Besitzes, bei Kaufleuten gem. § 366 HGB Erstreckung auf die Verfügungsbefugnis, § 892 BGB bei Grundstücken auf Basis eines entsprechenden Grundbucheintrags, § 16 Abs. 3 GmbHG bei GmbH-Geschäftsanteilen auf Basis der Gesellschafterliste, §§ 2365 f. BGB beim Erbschein und § 2368 BGB beim Testamentsvollstreckerzeugnis
Was bedeutet Gesamtschuldner?
· Gem. Legaldefinition § 421 BGb versteht man hierunter Fälle in denen zwei oder mher Schuldner eine Leistung insgesamt nur einmal erbringen müssen, der Gläubiger aber nach seiner Wahl jeden Schuldner in voller Höhe in Anspruch nehmen kann
· Danach Anspruch nach § 426 BGB gegen die anderen Gesamtschuldner zum Ausgleich
Welche Bestimmung des BGB findet bei vertraglichen Schadensersatzansprüchen (Sekundäransprüchen) Anwendung, wenn es keine vorrangige Spezialregelung im Besonderen Schuldrecht oder einem anderen Gesetz gibt?
· § 280 BGB, bei Schuldverhältnissen insbesondere Verträgen, wenn es keine Spezialregelung gibt (zB Dienstvertragsrecht), sowie bei Verletzung von Rechtsgütern außerhalb des Leistungsgegenstandes
Um welchen Vertragstyp handelt es sich bei der Tätigkeit eines Steuerberaters/einer Steuerberaterin?
· i.d.R Dienstvertrag = Schulden des bloßen Tätigwerdens
· Aber: z.B. Erstellung einer StE könnte auch Werkvertrag vorliegen = Schulden des Erfolgs
· In jedem Fall liegt eine Geschäftsbesorgung i.S.v. § 675 BGb vor !
· Kodifizierung bestimmter typisierter Vertragstypen, aber nicht abschließend (Vertragsfreiheit, § 311 BGB, kein Typenzwang im Schuldrecht – anders als im Sachenrecht, wo es den NC der Sachenrechte gibt)
1. Was ist der Unterschied zwischen einem Erfüllungsgehilfen und Verrichtungsgehilfe?
· Verrichtungsgehilfe: § 831 BGB ist eine eigene Anspruchsgrundlage für eigenes Verschulden, weshalb hier auch eine Exkulpation möglich ist (§ 831 Abs. 1 S. 2 BGB)
· Erfüllungsgehilfe: § 278 BGB ist eine reine Zurechnungsnorm (keine eigen AGL) für fremdes Verschulden, die keine Exkulpation zulässt
Siehe auch:
Was ist die Rechtsfolge, wenn eine Klausel in AGBs unwirksam ist?
· unwirksame Klauseln werden nicht in wirksame Klausel umgedeutet (keine sog. geltungserhaltende Reduktion!)
· Stattdessen gelten die gesetzlichen Regeln (§ 306 II BGB)
· Unwirksamkeit einzelner Klausel lässt Vertrag (incl. übriger Klauseln) unberührt, d.h. dieser bleibt im Übrigen wirksam (Ausnahme von § 139 BGB), (§ 306 I BGB)
Frau von Königsforst ist alleiniger Vorstand der „von Königsforst Real Estate Holding AG“ und alleinige Geschäftsführerin der „von Königsforst Projekt KÖ 2020 GmbH“. Woran muss sie denken, wenn Sie ein Service-Agreement zwischen der AG und der GmbH unterzeichnet?
· Verbot von Insichgeschäften (§ 181 BGB) -> Der Abschluss von Rechtsgeschäften gleichzeitig als Vertreter eines anderen (Verbot der Mehrfachvertretung, § 181 2. Alt. BGB) ist unzulässig!
· Ausnahmen von diesem Grundsatz:
o Befreiung von § 181 BGB (insg. oder von einer der beiden Alternativen, in Konzernen findet sich oft sinnvollerweise nur eine Befreiung von der 2. Alt.); bei der Aktiengesellschaft (AG) ist von vorneherein nur Befreiung von der 2. Alt. des § 181 BGB möglich, da die AG gegenüber den Vorständen ohnehin immer durch den Aufsichtsrat vertreten wird (vgl. § 112 AktG), ein Selbstkontrahieren also bei der AG ohnehin nicht in Betracht kommt
o Erfüllung einer Verbindlichkeit (s. § 181 BGB a.E.)
o das Geschäft bringt dem Vertretenen nur einen rechtlichen Vorteil
Durch welche Maßnahmen kann die Haftung des Steuerberaters/der Steuerberaterin reduziert werden?
· Faktische Ebene: Immer schriftlich den Umfang des Auftrags definieren (Mandatsvereinbarung)
· Interne Dokumentation aller Vorgänge
· AGBs (Steuerberatungsgesetz)
· Haftpflichtversicherung
· Bei ganz risikoreichen Mandaten ggf. individual Vereinbarungen mit Haftungsbeschränkungen
· Kanzlei in Rechtsform mit Haftungsbeschränkung betreiben zB PartGmbH, KapGes, Gmbh & Co. KG (vgl. § 49 Abs. 3 StBerG)
· Organisation des Geschäftsbetriebs (Fristenkontrolle etc.)
Was versteht man unter der Sekundärhaftung des Steuerberaters?
· Stichwort: Muss der Steuerberater selbst darauf hinweisen, dass Verjährung eintritt?
· Heute geht man davon aus, dass Sekundärhaftung nicht greift (BGH sieht wegen der neuen subjektiven Anforderungen an den Beginn der Verjährung keinen Bedarf mehr für eine Sekundärhaftung)
Was bedeutet culpa in contrahendo (c.i.c.)?
· Die c.i.c (§ 280 Abs. 1 iVm §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB) ist eine (quasivertragliche) Anspruchsgrundlage, die auf dem Gedanken beruht, dass bereits in der Phase der Vertragsanbahnung (§ 311 Abs. 2BGB) die Parteien zur wechselseitigen Rücksichtnahme auf die Rechtsgüter des anderen verpflichtet sind (§ 241 Abs. 2 BGB)
· Voraussetzungen: Vor oder bei Vertragsschluss kommt es zu einer Pflichtverletzung, welche kausal und schuldhaft einen Schaden verursacht (wobei das Verschulden vermutet wird)
· Da es nur um den Schutz des Integritätsinteresses des Vertragspartners geht, kann aus der c.i.c. nur der Vertrauensschaden, das negative Interesse, verlangt werden!
Nennen Sie die in der Praxis besonders wichtige Beispiel für beurkundungspflichtige Rechtsgeschäfte!
· § 311b I BGB (ggf. über § 4 III WEG),
· § 2 GmbHG,
· § 15 III, IV GmbHG (übrigens: auch für die Verpfändung von GmbH-Geschäftsanteilen ist eine Beurkundung notwendig, vgl. § 1274 I S.1 BGB)
B und U vereinbaren, dass U die Wohnung des B „schwarz“ streicht. Hat U, nachdem B dessen Arbeit sehr gelobt hat, einen Anspruch auf den Werklohn?
· Schwarzarbeit = Verstoß gegen § 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes und gegen § 14 II S. 1 Nr. 1 UStG
· Nichtigkeit der entsprechenden zivilrechtlichen Verträge (Keine Gewährleistungsrechte, Keine Vergütung und wg. § 817 S. 2 BGB auch keine bereicherungsrechtlichen Ansprüche des Werkunternehmers)
Erläutern Sie das Abstraktionsprinzip! Welcher Zweck wird mit dem Abstraktionsprinzip verfolgt? (K)
Trennung zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft im deutschen Recht (= Trennungsprinzip)
Abstraktionsprinzip baut auf Trennungsprinzip auf und bestimmt, dass eine etwaige Nichtigkeit des Verpflichtungsgeschäfts nicht automatisch zur Nichtigkeit des darauf beruhenden Verfügungsgeschäfts führt, d. h. das Verfügungsgeschäfts ist nicht kausal mit dem Verpflichtungsgeschäft verknüpft, sondern insofern eben abstrakt
Allerdings: Immer auch prüfen ob Verfügungsgeschäft nicht unter dem gleichen Magel leidet
Nicht explizit im BGB geregelt, allerdings allgemein anerkannt und hat sich in der Praxis bewährt
Zweck des Abstraktionsprinzip: Rechtssicherheit (insbesondere bei Kettengeschäften) -> Erwerber der Sache kann als Eigentümer weiterverfügen ohne gutgläubigen Erwerb -> Nachfolgende Verfügungsgeschäfte werden nicht infiziert
Das Abstraktionsprinzip ist eine Besonderheit des deutschen Rechts und international eher unbekannt. Die englische Sprache enthält noch nicht einmal ein Wort für dieses Prinzip.
Was versteht man unter Vertragsfreiheit? Wo steht die Vertragsfreiheit? (K)
· Vertragsfreiheit umschließt:
o Grds. freie Wahl des Vertragspartners (Abschlussfreiheit)
o Grds. freie Bestimmung des Vertragsinhalts durch die Vertragsparteien (Inhaltsfreiheit)
o Grds. Fehlen von formellen Vorgaben (Formfreiheit)
o Rechtswahlfreiheit
· Jedoch zahlreiche Beschränkungen der Prinzipien in der gesamten Rechtsordnung (zB §§ 276 Abs. 3, 312k Abs. 1, 475 BGB)
· Steht nicht in BGB, gestützt wird Vertragsfreiheit auf die durch Art. 2 Abs. 2 GG garantierte Privatautonomie (allgemeine Handlungsfreiheit) sowie in Teilbereichen insbesondere auf die Grundrechte in Art. 6, 9, 12, 14 GG
Liquidität 1. Grades
Sehr gut, wenn größe 1 (100%)
Aus finanzwirtschaftlicher Sicht sollte jedoch die Liquidität 1. grades zwar positiv, aber möglichst klein gehalten sein, da die optimale Kassenhaltung unter Rentabilitätsgesichtspunkten bei Null liegt
Banken wünschen heir einen Wer bei 1, da dann die Liquidität kurfristig al gesichtert angesehen werden kann
Liquidität 2. grades
iquidität 3. grades
Banken wünschen einen Wert zwischen 1,5 und 2
Zwingen notwendig ist ein Wer größer 1, da ansonsten die kurzfristgen Verbindlichkeiten nur durch Inanspruchnahme von (lagfristig gebundenem) Anlagevermögen gedeckt werden
Erläutern Sie die Grundzüge der Halterhaftung und wie sich dieses Recht im vergangenen Jahr weiterentwickelt hat!
Zentrale Anspruchsnorm des im Straßenverkehr Geschädigten ist § 7 StVG. Danach trifft die Ersatzpflicht den Halter eines Kfz i. S. des § 1 Abs. 2 StVG, soweit bei dem Betrieb des Fahrzeugs ein Mensch getötet oder verletzt bzw. eine Sache beschädigt worden ist. Die Qualifikation als „Kfz-Halter“ richtet sich dabei nicht nach dem Eigentum an dem Kfz, sondern an der Ingebrauchnahme und der Verfügungsgewalt.
Die Haftung kann nach § 7 Abs. 2 StVG wegen höherer Gewalt bzw. nach § 7 Abs. 3 StVG wegen einer „Schwarzfahrt“ ausgeschlossen sein. Auch die Entlastung nach § 17 Abs. 2, 3 oder 4 StVG wegen eines unabwendbaren Ereignisses kann dem Halter im Verhältnis zu motorisierten Unfallgegnern, Tierhaltern oder Eisenbahnunternehmern zugutekommen. Überdies ist nach § 9 StVG stets ein mögliches Mitverschulden des Unfallgegners zu berücksichtigen. Entsprechendes gilt nach § 19 StVG für den Betrieb von Anhängern, die dazu bestimmt sind, von einem Kfz gezogen zu werden.
Eine eben solche Konstellation hatte der BGH mit seinem Urteil v. 7.2.2023 [7] zu entscheiden. Konkret ging es um die Haftung für einen ordnungsgemäß auf einer Straße abgestellten Anhänger, der nach einer Kollision mit einem Fahrzeug ins Rollen geriet und gegen ein Gebäude stieß, wobei dessen Fassade beschädigt wurde. Nach Auffassung des BGH waren in diesem Fall die Anspruchsvoraussetzungen des § 19 Abs. 1 Satz 1 StVG gegeben. Dies begründete das Gericht damit, dass bei dem Betrieb von Fahrzeugen – und folglich auch bei dem von Anhängern – alle durch den Kraftverkehr beeinflussten Schadensabläufe zu erfassen sind. So sei ein Schaden bereits dann beim Betrieb des Fahrzeugs bzw. Anhängers entstanden, wenn sich in ihm die vom Objekt ausgehende Gefahr ausgewirkt habe. Es genüge also, wenn das Schadensgeschehen durch das Objekt (mit-)geprägt worden sei. So war bei diesem Anhänger davon auszugehen, dass er durch den Aufprall des Fahrzeugs ins Rollen gerate und gegen das Gebäude pralle.
Restriktiver legte der BGH hingegen den Betriebsbegriff des § 7 StVG bzw. § 19 StVG in seinem Urteil v. 24.1.2023 [8] aus. Hintergrund dieses Streitfalls war eine nach ihrem Ausbau in der Werkstatt explodierende E-Roller-Batterie. Das Gericht entschied, dass der Schaden, der durch den damit hervorgerufenen Brand des Werkstattgebäudes verursacht worden war, nicht der „Betriebsgefahr“ des E-Rollers zuzurechnen ist. Zwar sei die Vorschrift des § 7 Abs. 1 StVG grds. weit auszulegen, wonach ein Schaden bereits dann bei dem Betrieb eines Kfz entstanden sei, wenn sich in ihm die von dem Kfz ausgehenden Gefahren ausgewirkt haben. Jedoch verdeutliche die Entnahme der Batterie geradezu sinnfällig, dass das Fahrzeug außer Betrieb gesetzt gewesen sei. [9]
Diskutieren Sie mögliche Schadensersatzansprüche für Fälle, in denen Flughäfen-Rollfelder von „Klimaklebern“ für den kommerziellen Flugverkehr zeitweise blockiert werden!
Um sich auf ein Flughafen-Rollfeld kleben und auf diese Weise den „Klimaprotest“ durchführen zu können, ist es zunächst notwendig, auf das nicht öffentlich zugängliche Flughafengelände zu gelangen. Häufig wird hierzu der Maschendrahtzaun durchtrennt. Sodann zieht die Durchführung des Protests – wie beabsichtigt – i. d. R. die Verspätung sowie Annullierung zahlreicher Flüge nach sich. Der dadurch bei der jeweiligen Flughafen-Betreibergesellschaft sowie den betroffenen Airlines entstehende Schaden kann diesen billigerweise nicht aufgebürdet werden. Umso wichtiger ist daher die Frage, inwiefern an der Aktion beteiligte „Klimakleber“ für ihr Handeln in Anspruch genommen werden können.
Dem Eindringen in das Flughafengelände liegt offenkundig kein Vertragsschluss mit dem Flughafenbetreiber zugrunde, so dass ein vertraglicher Schadensersatzanspruch nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB mangels Existenz und Verletzung vertraglicher (Neben-)Pflichten ausscheidet.
Deliktische Schadensersatzansprüche hingegen sind für die Problematik der „Kleberhaftung“ von höchster Relevanz. Zu differenzieren ist hierbei zwischen den Ansprüchen der jeweiligen Flughafen-Betreibergesellschaft einerseits und der von Verspätungen und Annullierungen betroffenen Fluggesellschaften andererseits:
Hinsichtlich der Ansprüche der Flughafen-Betreibergesellschaft kommen neben § 823 Abs. 1 BGB auch § 823 Abs. 2 BGB i. V. mit der Verletzung von Schutzgesetzen wie z. B. § 303 StGB oder § 123 Abs. 1 StGB sowie § 826 BGB als taugliche Anspruchsgrundlagen in Betracht.
Werden Rollfelder durch sich daran festklebende Personen blockiert, stellt dies eine Eigentumsverletzung und damit auch eine Rechtsgutverletzung i. S. des § 823 Abs. 1 BGB dar. Gleiches gilt für die Schaffung des Zugangs zum Flughafengelände durch Überwindung etwaiger Zugangsbeschränkungen mittels Krafteinwirkung, also das Durchtrennen des Zauns. Daneben kann auch ein Eingriff in den „eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb“ des Flughafenbetreibers vorliegen. Sowohl das Eindringen in das Flughafengelände als auch das Festkleben am Rollfeld sind ursächliche (kausale) Verletzungshandlungen i. S. des § 823 Abs. 1 BGB für die Rechtsgutverletzung (Eigentumsverletzung).
raglich ist jedoch, ob sich Klimaaktivisten i. R. solcher Aktionen – wie von ihnen medienwirksam gerade über Social-Media-Kanäle behauptet – rechtfertigen können und damit ggf. nicht rechtswidrig handeln. Der zivilrechtliche Rechtfertigungsgrund des § 228 BGB ist bereits aufgrund eines fehlenden notstandsfähigen Rechtsguts sowie mangels einer aus der beeinträchtigten Sache selbst entstammenden Gefahr nicht einschlägig.Ebenfalls nicht einschlägig ist der dem Widerstandsrecht des Art. 20 Abs. 4 GG entstammendeRechtfertigungsgrund des „zivilen Ungehorsams“. [10] Ferner ist eine Berufung auf die Art. 8 GG entspringende Versammlungsfreiheit auf einem nicht öffentlichen Rollfeld nicht möglich, wobei hier bereits der Schutzbereich des Art. 8 GG mangels Versammlung nicht eröffnet ist. Ein Rechtfertigungsgrund liegt nach alledem somit nicht vor.
Die durch die Aktion verursachten finanziellen Einbußen des Flughafenbetreibers können als schuldhaft herbeigeführte, kausal auf die Rechtsgutverletzung zurückzuführende Schäden i. S. der §§ 249 ff. BGB qualifiziert werden.
Ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB der entsprechenden Flughafen-Betreibergesellschaft gegen den jeweiligen Aktivisten besteht somit. Daneben sind ggf. Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. mit der Verletzung eines Schutzgesetzes (so insbesondere die Sachbeschädigung nach § 303 StGB und der Hausfriedensbruch nach § 123 Abs. 1 StGB) sowie nach § 826 BGB einschlägig.
Rechtsfolge der Ansprüche nach §§ 823 Abs. 1, Abs. 2 und 826 BGB ist der Ausgleich der entstandenen Schäden nach den §§ 249 ff. BGB.
Was die Ansprüche der Airlines gegen die Aktivisten angeht, gilt das zuvor Gesagte – mit Ausnahme der Verletzung des Eigentums i. R. der § 823 Abs. 1 BGB sowie § 823 Abs. 2 BGB i. V. mit § 303 Abs. 1 StGB – entsprechend.
Sind „Klimaklagen“ gegen Unternehmen erfolgsversprechend? Falls ja, wie? Falls nein, wieso nicht?
ntsprechend seiner seit Jahren wachsenden politischen Relevanz gewinnt das Anliegen des Klimaschutzes auch in der Rechtspraxis immer mehr an Gewicht. Gerade im Zivil- und Zivilprozessrecht wird dies in der jüngeren Vergangenheit in Gestalt von medienwirksam angestrengten „Klimaklagen“ besonders deutlich.
Unter „Klimaklagen“ versteht man Rechtsbehelfe, die als Mittel der strategischen Prozessführung darauf abzielen, durch Präzedenzfälle systematische Änderungen für mehr Klimaschutz herbeizuführen. Zu differenzieren ist hierbei zwischen „Klimahaftungsklagen“ und „Klimaschutzklagen“:
Als „Klimahaftungsklagen“ zu qualifizieren sind vergangenheitsorientierte Klagen, die darauf gerichtet sind, von Unternehmen einen finanziellen Ausgleich für bereits eingetretene oder noch bevorstehende Klimaschäden aufgrund vergangener Treibhausgasemissionen zu erstreiten. Dies spielt sich materiell-rechtlich regelmäßig im Delikts-recht ab.
„Klimaschutzklagen“ hingegen sind zukunftsorientierte Klagen, die zum Ziel haben, Unternehmen zu verpflichten, ihr künftiges unternehmerisches Verhalten anzupassen, um ihren Treibhausgasausstoß zu verringern. In diesen Konstellationen beantragen Kläger gem. § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB oder analog §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, die beklagten Unternehmen dazu zu verurteilen, ab einem bestimmten Zeitpunkt eine bestimmte Maßnahme vorzunehmen oder zu unterlassen (bspw. keine Kfz mit Verbrennungsmotoren in den Verkehr zu bringen oder den Emissionsausstoß des jeweiligen Unternehmens um einen bestimmten Prozentsatz zu senken).
Sowohl Klimahaftungs- als auch Klimaschutzklagen können im Wege einer Leistungsklage angestrebt werden. Fraglich ist nur, inwiefern ein solches Vorhaben Aussicht auf Erfolg hat. Auch wenn dies stets für jeden Einzelfall gesondert abgewogen und entschieden werden muss, lassen sich doch klare Tendenzen aus der ( jüngeren) Rspr.-Praxis entnehmen. Demnach besteht in Deutschland i. d. R. keine Aussicht auf Erfolg. [11] Nachfolgend eine kurze Zusammenfassung aktueller Gerichtsentscheidungen hierzu:
Gerade bei zukunftsgerichteten Klimaschutzklagen widerspreche die begehrte Rechtsfolge (= die Verpflichtung des Beklagten zu besonders umweltfreundlichen Geschäftspraktiken) dem Gewaltenteilungsprinzip. Denn Privatleute könnten keine als unzureichend erachteten Gesetze auf dem Zivilrechtsweg durch Klagen gegen Einzelne korrigieren. Zum Klimaschutz sei primär der Gesetzgeber aufgerufen. [12] Bewege sich das Unternehmen in dem ihm durch ein Parlamentsgesetz gesetzten Rahmen, bestehe für ein ordentliches Gericht des Weiteren kein Grund, ihm eine besondere, über das normale Maß hinausgehende Verantwortung aufzubürden. Überdies indiziere die Einhaltung von öffentlich-rechtlichen Vorgaben die Unwesentlichkeit der Beeinträchtigung des Klägers nach § 1004 Abs. 2 BGB. Hieraus resultiere für den Kläger eine Duldungspflicht gegenüber der wirtschaftlichen Tätigkeit des jeweiligen Unternehmens. [13] Schließlich gewähre § 1004 BGB letztendlich auch keinen Anspruch auf eine konkrete Handlung, sondern räume dem Anspruchsgegner lediglich die Wahl ein, die zumindest drohende Beeinträchtigung nach seinen eigenen Vorstellungen zu beseitigen. [14] Folglich seien Anträge, die sich auf eine konkrete unternehmerische Handlung bzw. Unterlassung richten, nicht schlüssig. [15]
Wie steht die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung zum Thema „Fluggastrechte“?
Nicht erst seit der Verabschiedung der europäischen Fluggastrechte-Verordnung (FluggastrechteVO) [16] häufen sich die Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit Rechten von Fluggästen. Dieser Themenkomplex ist dabei durchzogen mit EuGH-Entscheidungen, die jeweils auf Vorabentscheidungsverfahren nationaler Gerichte zurückgehen.
Fluggastfreundlich entschied der EuGH etwa in seinem Urteil v. 27.9.2022 [17] zur Informationslast der Airlines bei einer Flugannullierung. So sieht Art. 5 Abs. 1 Buchst. c FluggastrechteVO vor, dass den von einer Annullierung betroffenen Fluggästen nach Art. 7 FluggastrechteVO gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen grds. ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen zusteht. Dies ist einzig dann nicht der Fall, wenn sie nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. c, i FluggastrechteVO mind. zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit über die Annullierung unterrichtet werden. In der dem EuGH vorgelegten Konstellation hatten die Kläger ihre Reise nicht direkt bei dem Luftfahrtunternehmen, sondern über einen Vermittler gebucht. Über die von der Buchungsplattform (Vermittler) an die Airline mitgeteilte E-Mail-Adresse konnte jedoch allenfalls der Vermittler und nicht unmittelbar der Fluggast erreicht werden. Somit versandte die Fluggesellschaft die Information über die Annullierung zwar an die vom Vermittler bereitgestellten Kontaktdaten, die Meldung ging den Klägern jedoch nicht zu. Der EuGH entschied, dass der Beförderer auch in einem solchen Fall Ausgleichszahlungen zu leisten hat, da er nach Art. 5 Abs. 4 FluggastrechteVO die Beweislast dafür trägt, ob und wann der Passagier über die Annullierung in Kenntnis gesetzt wird. Das Risiko, dass Informationen im Dreieck zwischen Airline, Vermittler und Passagier verloren gehen, dürfe nicht den Fluggast treffen. Die Airline könne im Anschluss nach Art. 13 FluggastrechteVO den Vermittler in Regress nehmen, womit die Belastung im Ergebnis denjenigen treffe, der in der Informationskette fehlerhaft gehandelt habe.
Weiterhin hielt die aus Buchungskonstellationen im Hotelgewerbe bekannte „Button-Lösung“ Einzug in die sich mit der Luftbeförderung befassende Rspr. Nach § 312j Abs. 3 BGB muss beim Vertragsschluss im elektronischen Geschäftsverkehr mit Verbrauchern die Schaltfläche so eindeutig beschriftet sein, dass die Zahlungspflicht für den Verbraucher klar erkennbar ist. Andernfalls kommt nach § 312j Abs. 4 BGB kein wirksamer Vertrag zustande. Im Zusammenhang mit einer Hotelbuchung entschied der EuGH im Jahr 2022, dass sich die Zahlungspflicht allein aus der Beschriftung der Schaltfläche ergeben müsse und alle weiteren Begleitumstände des Bestellprozesses dabei außer Acht zu lassen seien. [18] Dies wurde vom AG Köln herangezogen und auf den Auswahl-Button einer E-Mail einer Fluggesellschaft im Zusammenhang mit einer Flugzeitenänderung angewendet. [19] Demgegenüber hielt das LG Frankfurt/Main in einer vergleichbaren Konstellation den Anwendungsbereich der §§ 312i ff. BGB für nicht eröffnet, so dass der Fluggast in diesem Streitfall keinen Anspruch auf Erstattung des vollständigen Flugpreises wegen der Nichtbeförderung hatte. [20] Dieses Themenfeld ist also weiterhin nicht endgültig geklärt.
Zuletzt ist die Schärfung des in Art. 5 Abs. 3 FluggastrechteVO verfassten Begriffs des „außergewöhnlichen Umstands“ durch den EuGH zu nennen. Im Falle des Eintritts unvermeidbarer außergewöhnlicher Umstände ist die Airline von einer etwaigen Ausgleichszahlung zu befreien. Darunter sind nach st. Rspr. solche Vorkommnisse zu fassen, die ihrer Natur oder Ursache nach nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit der betreffenden Fluggesellschaft und von ihr überdies nicht tatsächlich beherrschbar sind. [21] Das Gericht erkannte diesbzgl. für Recht, dass der allgemeine Ausfall der Treibstoffversorgung einen solchen Umstand darstellt. [22] Gleiches gilt für den wegen eines Vogelschlags erfolgten Abbruch des Startvorgangs, wenn die damit einhergehende Vollbremsung die Reifen des Flugzeugs beschädigt und es dadurch seiner Bewegbarkeit beraubt. [23]
Welche Rechtsgebiete können Sie unterscheiden?
Zwei Hauptrechtsgebiete im deutschen Recht sind das öffentliche Recht und das Zivilrecht (Privatrecht); diese Einteilung stammt bereits aus römischer Zeit. Daneben werden u. a. (z. T. als eigenständige Rechtsgebiete, z. T. als Unterteilrechtsgebiete des öffentlichen Rechts verstanden) genannt: Strafrecht, Prozessrecht, Verfassungsrecht, Steuerrecht, Sozialrecht und Europarecht. Während das öffentliche Recht von einem Subordinationsverhältnis, d. h. einem Über-Unterordnungsverhältnis zwischen Staat und Bürger gekennzeichnet ist, geht das Zivilrecht von einem Gleichordnungsverhältnis aus und hat die Beziehungen von Personen auf einer Stufe zum Gegenstand.
Wann sind das Bürgerliche Gesetzbuch und das Handelsgesetzbuch in Kraft getreten?
Gemäß Art. 1 EGBGB (= Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch) ist das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) am 1.1.1900 in Kraft getreten. Das Handelsgesetzbuch (HGB) als „Sonderprivatrecht der Kaufleute“ ist gem. Art. 1 EGHGB (= Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch) gleichzeitig in Kraft getreten.
Können Sie die Gerichte verschiedener Instanzen benennen, die über Rechtsfragen aus dem BGB entscheiden?
Für Rechtsfragen aus dem BGB sind die „ordentlichen Gerichte“ zuständig. Dies umfasst die Zivil- und die Strafgerichte. Daneben gibt es noch die „besonderen Gerichtsbarkeiten“ der Verwaltungsgerichte, Arbeitsgerichte, Sozialgerichte und Finanzgerichte. Die verschiedenen Instanzen der ordentlichen Gerichtsbarkeit (also auch der Zivilgerichte) sind: Amtsgericht, Landgericht, Oberlandesgericht und Bundesgerichtshof.
Aus wie vielen „Büchern“ besteht das BGB und wie heißen sie?
Das BGB besteht aus fünf „Büchern“:
Allgemeiner Teil (§§ 1–240 BGB),
Recht der Schuldverhältnisse (§§ 241–853 BGB),
Sachenrecht (§§ 854–1296 BGB),
Familienrecht (§§ 1297–1921 BGB) und
Erbrecht (§§ 1922–2385 BGB).
Bezogen auf die Gliederung des BGB, was bedeutet der Ausdruck „vor die Klammer gezogen“?
Die Vorschriften des 1. Buchs, d. h. des „Allgemeinen Teils“ sind „vor die Klammer gezogen“ gegenüber den weiteren Büchern. Dies bedeutet, dass hierin allgemeine Regelungen enthalten sind, die auch für die weiteren Bücher des BGB Anwendung finden können.
Zugleich ist das 2. Buch („Recht der Schuldverhältnisse“) unterteilt in einen „Allgemeinen Teil des Schuldrechts“ (§§ 241–432 BGB) und einen „Besonderen Teil des Schuldrechts“ (§§ 433–853 BGB). Insoweit ist wiederum zu beachten, dass im „Allgemeinen Teil des Schuldrechts“ Regelungen „vorab“ enthalten sind, die – sofern keine vorrangigen Regelungen im „Besonderen Teil des Schuldrechts“ enthalten sind – auf die Regelungen des „Besonderen Teils des Schuldrechts“ Anwendung finden.
Unterscheiden Sie zwischen dem „Trennungsprinzip“ und dem „Abstraktionsprinzip“!
Das „Trennungsprinzip“ besagt, dass im deutschen Recht Verpflichtungsgeschäfte von Verfügungs- bzw. Erfüllungsgeschäften unterschieden werden. Bei den Verpflichtungsgeschäften handelt es sich um rein schuldrechtliche Verträge, wodurch sich die Vertragsparteien (nur) zu einem bestimmten Tun oder Unterlassen verpflichten. Im Rahmen der Verfügungs- bzw. Erfüllungsgeschäfte erfolgt die dingliche „Umsetzung“ dieser Verpflichtungen.
Nach dem „Abstraktionsprinzip“ ist die rechtliche Wirksamkeit und ggf. Nichtigkeit für Verpflichtungs- und Verfügungs- bzw. Erfüllungsgeschäfte stets getrennt voneinander zu beurteilen, d. h. diese können unabhängig voneinander wirksam oder unwirksam sein. Die Unwirksamkeit des einen Geschäfts (z. B. des Verpflichtungsgeschäfts) führt damit nicht automatisch zur Unwirksamkeit des anderen Geschäfts (z. B. des Verfügungsgeschäfts).
Definieren Sie den Begriff der „Rechtsfähigkeit“!
Unter „Rechtsfähigkeit“ versteht man die Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein. Die „Rechtsfähigkeit“ eines Menschen, d. h. einer natürlichen Person, beginnt mit der Vollendung der Geburt (§ 1 BGB) und endet mit ihrem Tod. Sie ist unabhängig von der Geschäftsfähigkeit. Daneben können auch juristische Personen oder Personengesellschaften rechtsfähig sein.
Was versteht man unter „Handlungsfähigkeit“?
Die „Handlungsfähigkeit“ bezeichnet die Fähigkeit, rechtlich bedeutsame Handlungen vornehmen zu können. Sie bildet zugleich den Oberbegriff für die „Geschäftsfähigkeit“ und die „Deliktsfähigkeit“.
Was verstehen Sie unter dem Begriff der „Geschäftsfähigkeit“?
Die „Geschäftsfähigkeit“ beinhaltet die Fähigkeit, durch eigene Willenserklärungen wirksam Rechte und Pflichten begründen und somit Rechtsgeschäfte abschließen zu können. Sie ist eine Unterkategorie der „Handlungsfähigkeit“.
Erläutern Sie den Begriff der „Deliktsfähigkeit“!
Die Fähigkeit, für eine Schadenszufügung durch eine unerlaubte Handlung verantwortlich einstehen zu können (und zu müssen), wird unter dem Begriff der „Deliktsfähigkeit“ zusammengefasst. Sie ist eine Unterkategorie der „Handlungsfähigkeit“.
Was wird als „Willenserklärung“ bezeichnet?
Eine „Willenserklärung“ ist eine rechtlich wirksame Willensäußerung einer Person, die darauf gerichtet ist, einen rechtsgeschäftlichen Erfolg herbeizuführen.
Was ist eine „konkludente Willenserklärung“?
Eine Willenserklärung muss nicht zwingend ausdrücklich geäußert werden. Sie kann auch durch „schlüssiges Verhalten“ erklärt werden. Dies setzt voraus, dass der Betroffene seinen Willen durch ein Handeln (aber stillschweigend!) zum Ausdruck bringt und der Empfänger der Willenserklärung hieraus auf die Abgabe einer Willenserklärung schließen darf. Eine derart abgegebene Willenserklärung nennt man „konkludente Willenserklärung“.
Worum handelt es sich bei einem „Realakt“?
Im Gegensatz zur Willenserklärung wird unter einem „Realakt“ eine rein tatsächliche Handlung verstanden, die eine Rechtsfolge kraft Gesetzes hervorrufen kann. Der Realakt hängt somit nicht von der Geschäftsfähigkeit des Handelnden ab.
Welche Arten von Rechtsgeschäften kennt das BGB? Bitte geben Sie jeweils Beispiele!
Das BGB unterscheidet einseitige und zwei- oder mehrseitige Rechtsgeschäfte. Zu den einseitigen Rechtsgeschäften zählen z. B. die Kündigung, Mahnung oder Anfechtung. Als Beispiele für zwei- oder mehrseitige Rechtsgeschäfte können der Kaufvertrag, Mietvertrag oder Arbeitsvertrag genannt werden.
Wer ist „Verbraucher“ i. S. des BGB?
Verbraucher“ ist nach § 13 BGB jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können
Wer ist „Unternehmer“ i. S. des BGB?
„Unternehmer“ ist gem. § 14 BGB eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
Wo und wie definiert das BGB den Begriff der „Sache“?
Nach § 90 BGB sind Sachen nur körperliche Gegenstände. Tiere sind zwar nach § 90a Satz 1 BGB keine Sachen, jedoch sind auf sie die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist.
Wie wird i. R. der „Geschäftsfähigkeit“ unterschieden?
Geschäftsunfähigkeit“ liegt bei natürlichen Personen vor, die das siebte Lebensjahr noch nicht vollendet haben sowie bei natürlichen Personen, bei denen nicht nur vorübergehend eine krankhafte Störung der Geistestätigkeit vorliegt, welche die freie Willensbestimmung ausschließt.
„Beschränkte Geschäftsfähigkeit“ besteht bei Minderjährigen, die das siebte Lebensjahr, aber noch nicht das 18. Lebensjahr, vollendet haben (§§ 106–113 BGB).
„Partielle Geschäftsfähigkeit“ liegt bei Minderjährigen vor, soweit die Einwilligung der gesetzlichen Vertreter bei Geschäften i. S. der §§ 112, 113 BGB reicht (im Fall des § 112 BGB mit Genehmigung des Familiengerichts). Soweit derartige Geschäfte betroffen sind, kann der Minderjährige selbst wirksam Rechtsgeschäfte abschließen.
„Volle/unbeschränkte Geschäftsfähigkeit“ besitzen natürliche Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben (§ 2 BGB).
Welche Willenserklärungen kann ein beschränkt Geschäftsfähiger allein rechtswirksam abgeben?
Ein beschränkt Geschäftsfähiger kann Willenserklärungen in dem folgenden Zusammenhang allein rechtswirksam abgeben:
lediglich rechtlich vorteilhafte Rechtsgeschäfte (§ 107 BGB),
Rechtsgeschäfte, die unter den „Taschengeldparagraphen“ fallen (§ 110 BGB),
Rechtsgeschäfte i. R. des selbständigen Betriebs eines Erwerbsgeschäfts bei vorheriger Ermächtigung durch die gesetzlichen Vertreter mit Genehmigung des Familiengerichts (§ 112 BGB) und
hinsichtlich der Eingehung oder Aufhebung eines Dienst-oder Arbeitsverhältnisses der gestatteten Art oder der Erfüllung der sich aus einem solchen Verhältnis ergebenden Verpflichtungen bei vorheriger Ermächtigung durch die gesetzlichen Vertreter (§ 113 BGB).
Was besagt der Ausdruck „rechtliche Vorteilhaftigkeit“ bei der Abgabe von Willenserklärungen durch Minderjährige?
Grundsätzlich bedarf ein Minderjähriger für die Abgabe einer wirksamen Willenserklärung der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters. Dies gilt nach § 107 BGB jedoch nicht, wenn der Minderjährige durch die abzugebende Willenserklärung lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt. Entscheidend ist, dass tatsächlich aus rein rechtlicher Sicht ausschließlich Vorteile gegeben sind. Ob das Rechtsgeschäft (bei gleichzeitig gegebenen rechtlichen Nachteilen) ggf. in der Gesamtwürdigung für den Minderjährigen wirtschaftlich günstig ist, ist unerheblich. Sobald das Rechtsgeschäft für den Minderjährigen (auch) rechtliche Pflichten begründet, ist nicht mehr von einem „lediglich rechtlich vorteilhaften“ Rechtsgeschäft auszugehen.
Was regelt der „Taschengeldparagraph“?
Die Regelung des § 110 BGB wird auch als „Taschengeldparagraph“ bezeichnet. Hiernach gilt ein von dem Minderjährigen ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters geschlossener Vertrag als von Anfang an wirksam, wenn der Minderjährige die vertragsmäßige Leistung mit Mitteln bewirkt, die ihm zu diesem Zweck (z. B. Überlassung eines Geldbetrags zur Besorgung eines bestimmten Einkaufs) oder zur freien Verfügung (insbesondere Taschengeld) von dem Vertreter oder mit dessen Zustimmung von einem Dritten überlassen worden sind.
Welche Formvorschriften normiert das BGB?
Das BGB normiert folgende Formvorschriften:
Schriftform (§ 126 BGB),
elektronische Form (§ 126a BGB),
Textform (§ 126b BGB),
öffentliche Beglaubigung (§ 129 BGB) und
notarielle Beurkundung (§ 128 BGB).
Welche Rechtsfolge tritt ein, wenn gesetzlich vorgeschriebene Formerfordernisse nicht eingehalten werden?
Wird ein vom Gesetz angeordnetes Formerfordernis nicht eingehalten, ist das betroffene Rechtsgeschäft nichtig (§ 125 BGB).
Welche Funktionen sollen Formvorschriften erfüllen?
Gesetzlich vorgeschriebene Formerfordernisse bezwecken insbesondere die folgenden Schutzfunktionen:
Beratungsfunktion: neutrale und fachkundige Beratung, insbesondere im Fall der notariellen Beurkundung;
Warnfunktion: Schutz vor übereilter Bindung wegen der mit dem Rechtsgeschäft möglicherweise verbundenen Risiken;
Beweisfunktion: Nachweis, dass und mit welchem Inhalt das Rechtsgeschäft zustande gekommen ist;
Kontrollfunktion: Erleichterung einer behördlichen Überwachung.
Nennen Sie Rechtsgeschäfte, die nach dem BGB notariell beurkundet werden müssen, um wirksam zu sein!
Dem notariellen Beurkundungserfordernis unterliegen u. a. die folgenden Rechtsgeschäfte:
Grundstückskaufvertrag (§ 311b Abs. 1 BGB),
Verpflichtung zur vollständigen Vermögensübertragung (§ 311b Abs. 3 BGB),
Schenkungsversprechen (§ 518 Abs. 1 Satz 1 BGB),
Ehevertrag (§ 1410 BGB) und
Erbvertrag (§ 2276 BGB).
Bei welchen Rechtsgeschäften kommt die notarielle Beglaubigung insbesondere zum Einsatz?
Die notarielle Beglaubigung kommt insbesondere bei Anmeldungen zum Handelsregister zum Einsatz (§ 12 Abs. 1 HGB).
Nennen Sie Rechtsgeschäfte, die nach dem BGB schriftlich abgeschlossen werden müssen, um wirksam zu sein
Schriftlich abgeschlossen werden müssen u. a. die folgenden Rechtsgeschäfte:
Verbraucherdarlehensvertrag (§ 492 Abs. 1 BGB),
Kündigung eines Mietvertrags (§ 568 Abs. 1 BGB),
Kündigung eines Arbeitsvertrags (§ 623 BGB),
Bürgschaftserklärung natürlicher Personen, die nicht Kaufmann sind (§ 766 BGB),
Schuldversprechen (§ 780 BGB),
Schuldanerkenntnis (§ 781 BGB) und
Abtretung von Briefgrundpfandrechten (§ 1154 Abs. 1 BGB)
Welche Anfechtungsmöglichkeiten sind im BGB geregelt?
Im BGB sind die folgenden Anfechtungsgründe abschließend normiert:
Inhaltsirrtum (§ 119 Abs. 1 Alternative 1 BGB),
Erklärungsirrtum (§ 119 Abs. 1 Alternative 2 BGB),
Eigenschaftsirrtum (§ 119 Abs. 2 BGB),
Anfechtung wegen falscher Übermittlung (§ 120 BGB),
arglistige Täuschung (§ 123 Abs. 1 Alternative 1 BGB) und
widerrechtliche Drohung (§ 123 Abs. 1 Alternative 2 BGB).
Welche Rechtsfolge hat eine wirksame Anfechtung nach den Vorschriften des BGB?
Wird ein Rechtsgeschäft wirksam angefochten, ist es gem. § 142 Abs. 1 BGB von Anfang an („ex tunc“) nichtig. Bis zur Erklärung der wirksamen Anfechtung ist das Rechtsgeschäft allerdings zunächst wirksam. Der Anfechtungsberechtigte hat es also in der Hand, das Rechtsgeschäft durch seine wirksame Anfechtungserklärung rückwirkend zu beseitigen oder weiterhin gelten zu lassen.
Welche Arten der Stellvertretung gibt es? Nennen Sie Beispiele aus dem BGB!
Unterschieden wird grds. zwischen gesetzlicher und rechts-geschäftlicher Stellvertretung. Im BGB ist als Form der gesetzlichen Stellvertretung bspw. die Stellvertretung des minderjährigen Kindes durch die Eltern geregelt (§§ 1626, 1629 BGB). Die Regelungen zur rechtsgeschäftlichen Stellvertretung finden sich in den §§ 164 ff. BGB.
Erläutern Sie die „rechtsgeschäftliche Stellvertretung“!
Die „rechtsgeschäftliche Stellvertretung“ ist in den §§ 164 ff. BGB geregelt. „Stellvertretung“ bedeutet dabei die Abgabe einer eigenen Willenserklärung im Namen eines anderen. Erfolgt dies i. R. der Vertretungsmacht, wirkt die abgegebene Willenserklärung des Vertreters unmittelbar für und gegen den Vertretenen (§ 164 Abs. 1 BGB).
Unter welchen Voraussetzungen liegt eine rechtsgeschäftliche Stellvertretung vor?
Die Voraussetzungen einer wirksamen rechtsgeschäftlichen Stellvertretung sind:
Zulässigkeit der Stellvertretung (d. h. es darf kein höchstpersönliches Rechtsgeschäft vorliegen),
eigene Willenserklärung des Vertreters sowie
das Auftreten im Namen des Vertretenen (Offenkundigkeitsprinzip) und
innerhalb der Vertretungsmacht des Vertreters.
Bei welchen Rechtsgeschäften ist eine Stellvertretung nicht möglich?
Bei „höchstpersönlichen Rechtsgeschäften“ ist eine Stellvertretung nicht möglich. Hierzu zählen u. a. die Folgenden:
Eheschließung (§ 1311 Satz 1 BGB),
Errichtung eines Testaments (§ 2064 BGB) und
Abschluss eines Erbvertrags (§ 2274 BGB).
Unterscheide „Stellvertreter“ vs. „Bote“!
Der „Stellvertreter“ gibt eine eigene Willenserklärung ab, d. h. er verfügt über eigene Entschließungs- und Entscheidungsfreiheit. Hingegen übermittelt der „Bote“ lediglich die („vorgefertigte“) Willenserklärung eines anderen.
Definieren Sie die Begriffe „Zustimmung“, „Einwilligung“ und „Genehmigung“!
„Einwilligung“ und „Genehmigung“ sind Unterformen der „Zustimmung“ (vgl. § 182 BGB). Während die „Einwilligung“ bereits vor der Vornahme des Rechtsgeschäfts erteilt wird (§ 183 BGB), geschieht dies bei der „Genehmigung“ erst nach Vornahme des Rechtsgeschäfts (§ 184 BGB).
Inwieweit wirkt eine Genehmigung in zeitlicher Hinsicht?
Die Wirkung einer Genehmigung, d. h. einer nachträglichen Zustimmung, wirkt auf den Abschluss des Rechtsgeschäfts zurück und damit „von Anfang an“ (= „ex tunc“).
Was versteht man unter „Einwendungen“?
„Einwendungen“ sind materiell-rechtliche Verteidigungsmittel eines Schuldners, die vom Gericht von Amts wegen berücksichtigt werden. Unterschieden wird dabei zwischen rechts-hindernden und rechtsvernichtenden Einwendungen.
Was versteht man im Gegensatz hierzu unter „Einreden“?
„Einreden“ stellen ebenfalls materiell-rechtliche Verteidigungsmittel des Schuldners dar. Anders als Einwendungen werden „Einreden“ vom Gericht aber nur dann berücksichtigt, wenn der Schuldner diese geltend gemacht hat.
Was ist ein „Anspruch“?
Ein „Anspruch“ ist das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen (Legaldefinition in § 194 BGB).
Wo und wie regelt das BGB die „Verjährung“?
Die Verjährung ist in den §§ 194 ff. BGB geregelt. „Verjährung“ bedeutet im Zivilrecht der durch den Ablauf einer bestimmten Frist bewirkte Verlust der Möglichkeit, einen bestehenden Anspruch durchzusetzen. Der Anspruch erlischt dabei jedoch nicht, sondern der Schuldner erhält ein (dauerndes) Leistungsverweigerungsrecht (= Einrede der Verjährung, § 214 BGB).
Welche „Verjährungsfristen“ kennen Sie?
Die „regelmäßige Verjährungsfrist“ beträgt gem. § 195 BGB drei Jahre. Sie beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (§ 199 Abs. 1 BGB). Ohne Kenntnis verjähren Ansprüche zehn Jahre nach ihrer Entstehung (§ 199 Abs. 4 BGB). Daneben gibt es 2 „spezielle Verjährungsfristen“ von zehn Jahren für Rechte an einem Grundstück (§ 196 BGB) und von 30 Jahren für in § 197 BGB aufgeführte Ansprüche.
Was ist eine „Stiftung“?
Eine „Stiftung“ ist eine verselbständigte Vermögensmasse ohne Gesellschafter. Sie kann entweder als juristische Person (rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen oder öffentlichen Rechts) oder in Trägerschaft eines Treuhänders (nichtrechtsfähige Stiftung) errichtet werden. Im BGB finden sich in den §§ 80 ff. BGB Normen zur Stiftung. Daneben existieren in den einzelnen Bundesländern noch Stiftungsgesetze.
Was ist ein „Schuldverhältnis“?
Als „Schuldverhältnis“ wird eine Rechtsbeziehung zwischen mind. zwei Personen verstanden, vermöge dessen eine Person (der Gläubiger) berechtigt ist, von einer anderen Person (dem Schuldner) eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen (§ 241 BGB).
Worum handelt es sich bei einem „Dauerschuldverhältnis“?
Ein Schuldverhältnis, das nicht durch den einmaligen Austausch von Leistung und Gegenleistung erfüllt wird, sondern vielmehr durch wiederkehrende, sich über einen längeren Zeitraum erstreckende Leistungen oder ein Dauerverhalten, wird als „Dauerschuldverhältnis“ bezeichnet. Beispiele hierfür sind der Mietvertrag oder der Arbeitsvertrag.
Wie kommt ein „Vertrag“ zustande?
Ein „Vertrag“ kommt durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen – Angebot und Annahme – zustande.
Welche Anforderungen sind an ein „Vertragsangebot“ zu stellen?
Bei dem „Vertragsangebot“ muss es sich um eine wirksame Willenserklärung handeln, die derart beschaffen sein muss, dass mit der Annahme in der Form eines bloßen „Ja“ der Vertrag zustande kommen kann. Hierzu muss das Vertragsangebot die wesentlichen Vertragsbestandteile, die „essentialia negotii“, beinhalten, also insbesondere die Vertragsparteien sowie die vertragliche Leistung und Gegenleistung.
Welche Ausprägungen der „Vertragsfreiheit“ existieren?
Die „Abschlussfreiheit“ bezeichnet die Freiheit zu entscheiden, ob man einen Vertrag abschließen möchte oder nicht. Ausnahmen können durch Gesetz bestehen, insbesondere bei Verträgen zur Daseinsvorsorge („Kontrahierungszwang“).
Die „Inhaltsfreiheit“ meint die Freiheit, den Inhalt von Verträgen frei festzulegen. Im Vertragsrecht besteht – anders als im Sachenrecht – kein Typenzwang.
Die „Formfreiheit“ drückt aus, dass Verträge grds. formfrei möglich sind. Ausnahmen, d. h. bestimmte Formanforderungen, können aber aus Gründen der Warn-, Belehrungs- und Hinweisfunktion durch das Gesetz angeordnet werden.
Was ist der „Basiszinssatz“?
Der „Basiszinssatz“ ist eine Art „Leitzinssatz“ der von der Deutschen Bundesbank jeweils zum 1.1. und zum 1.7. eines jeden Kj. bekannt gegeben wird. Er ist in § 247 BGB geregelt. Der Basiszinssatz bildet die Grundlage für die Berechnung der Verzugszinsen (§ 288 BGB).
Differenzieren Sie zwischen „Holschuld“ und „Bringschuld“!
Bei einer „Holschuld“ muss die Leistung des Schuldners dort erfolgen, wo der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz bzw. Geschäftssitz hat. Nach § 269 Abs. 1 BGB ist die „Holschuld“ der Grundfall für den relevanten Leistungsort, wenn kein anderer Leistungsort vereinbart wurde. Hingegen muss bei einer (gesondert zu vereinbarenden) „Bringschuld“ die Leistung am Wohnsitz bzw. Geschäftssitz des Gläubigers erbracht werden.
Was sind die „AGB“?
Die Abkürzung „AGB“ steht für „Allgemeine Geschäftsbedingungen“. Darunter versteht man die für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei bei Abschluss des Vertrags stellt (§ 305 Abs. 1 BGB).
Wann sind die AGB wirksam vereinbart?
Um Geltung zu erlangen, müssen die AGB Vertragsbestandteil werden. Nach § 305 Abs. 2 BGB muss hierzu
der Verwender bei Vertragsschluss die andere Vertragspartei auf die AGB hinweisen,
die andere Vertragspartei die Möglichkeit erhalten, von den AGB Kenntnis zu nehmen, und
die andere Vertragspartei mit der Einbeziehung der AGB einverstanden sein.
Welche Voraussetzungen müssen vorliegen, damit eine Aufrechnung rechtswirksam ist?
Bestehen einer Aufrechnungslage gem. § 387 BGB, d. h.
Gleichartigkeit der Forderungen,
Gegenseitigkeit der Forderungen,
Erfüllbarkeit der Hauptforderung,
Fälligkeit der Gegenforderung;
Aufrechnungserklärung (§ 388 BGB);
kein Ausschluss der Aufrechnungsmöglichkeit (§§ 390, 392 ff. BGB).
Wie kommt ein Kaufvertrag zustande?
Ein Kaufvertrag (§ 433 BGB) kommt zustande durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen, Angebot und Annahme. Eine inhaltliche Übereinstimmung muss jedenfalls hinsichtlich der wesentlichen Vertragsbestandteile, der „essentialia negotii“ (insbesondere Kaufgegenstand und Kaufpreis), gegeben sein.
Welche zwei Hauptpflichten resultieren für die beiden Parteien nach Abschluss eines Kaufvertrags?
Der Verkäufer hat die Pflicht, den Kaufgegenstand an den Käufer zu übergeben und ihm daran das Eigentum zu verschaffen (§ 433 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Der Käufer hat die Pflicht, den Kaufpreis an den Verkäufer zu zahlen und den Kaufgegenstand abzunehmen (§ 433 Abs. 2 BGB).
Stellen Sie das „Trennungsprinzip“ am Beispiel eines Kaufs dar!
Bei einem typischen Kauf liegen insgesamt drei Rechtsgeschäfte (= ein Verpflichtungsgeschäft und zwei Verfügungsgeschäfte) vor:
Verkäufer und Käufer schließen zunächst den Kaufvertrag als Verpflichtungsgeschäft. Hieraus resultieren „nur“ schuldrechtliche Verpflichtungen: Der Verkäufer wird nach § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB verpflichtet, den Kaufgegenstand an den Käufer zu übergeben und ihm daran das Eigentum zu verschaffen. Der Käufer hat demgegenüber nach § 433 Abs. 2 BGB die Pflicht, den Kaufpreis an den Verkäufer zu zahlen.
Des Weiteren werden sodann insgesamt zwei Verfügungsgeschäfte geschlossen, die jeweils auf die (unmittelbare) Verschaffung von Eigentum gerichtet sind: die Übereignung des Kaufgegenstands vom Verkäufer an den Käufer (1. Verfügungsgeschäft) und die Übereignung des Kaufpreises vom Käufer an den Verkäufer (2. Verfügungsgeschäft).
Wann ist eine Sache frei von „Sachmängeln“?
Eine Sache ist frei von „Sachmängeln“, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen des § 434 BGB entspricht.
Welche Rechte hat ein Käufer, wenn sich herausstellt, dass die gekaufte Sache „mangelhaft“ ist?
Ist die gekaufte Sache „mangelhaft“, stehen dem Käufer nach § 437 BGB die folgenden gesetzlichen Gewährleistungsrechte zu:
Nacherfüllung in den beiden Varianten der Nachbesserung oder Nachlieferung (§ 437 Nr. 1 i. V. mit § 439 BGB),
Rücktritt (§ 437 Nr. 2 i. V. mit §§ 440, 323, 326 Abs. 5 BGB),
Minderung (§ 437 Nr. 2 i. V. mit § 441 BGB),
Schadensersatz (§ 437 Nr. 3 i. V. mit §§ 440, 280, 281, 283, 311a BGB) und
Ersatz vergeblicher Aufwendungen (§ 437 Nr. 3 i. V. mit § 284 BGB).
Wie kann ein Mietvertrag beendet werden?
Wie jeder Vertrag kann auch ein Mietvertrag durch einen einvernehmlichen Aufhebungsvertrag beendet werden. Die „klassische“ Beendigung erfolgt jedoch, da es sich bei einem Mietvertrag um ein Dauerschuldverhältnis handelt, durch Kündigung (§§ 542 ff. BGB). Handelt es sich um ein Mietverhältnis über Wohnraum, sind zudem die §§ 568 ff. BGB zu beachten.
Worin unterscheiden sich „Dienstvertrag“ und „Werkvertrag“?
Bei einem „Werkvertrag“ wird ein bestimmter Erfolg geschuldet (z. B. Herstellung eines bestimmten Produkts), §§ 631 ff. BGB. Hingegen wird bei einem „Dienstvertrag“ nur die Tätigkeit als solche geschuldet (z. B. Behandlung durch einen Arzt), §§ 611 ff. BGB.
Worin unterscheiden sich „Darlehen“ und „Leihe“?
Bei einem „Darlehen“ wird die zu übergebende Sache oder der Geldbetrag dem Darlehensnehmer übereignet, d. h. dieser wird Eigentümer. Er hat dann bei Beendigung des Darlehens eine vertretbare Sache (§ 91 BGB) mittlerer Art und Güte oder Geld zurück zu übereignen. Dagegen wird bei einer „Leihe“ der Entleiher nicht Eigentümer, sondern nur Besitzer der Sache. Er hat daher „genau diese“ Sache wieder zurückzugeben.
Was ist eine „Garantie“?
Hierbei handelt es sich um einen selbständigen schuldrechtlichen Vertrag, bei dem eine Partei der anderen Partei den Eintritt eines bestimmten Erfolgs garantiert oder die Garantie für die Gefahr eines künftigen Schadens übernimmt.
Was ist eine „Bürgschaft“?
Bei der „Bürgschaft“ handelt es sich um einen einseitig verpflichtenden Vertrag, durch den sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger verpflichtet, für die Erfüllung einer Verbindlichkeit des Hauptschuldners einzustehen. Die Bürgschaft ist akzessorisch, d. h. sie ist vom Bestand und der Höhe der Hauptverbindlichkeit abhängig.
Welche Besonderheit weist eine „selbstschuldnerische Bürgschaft“ auf?
Die „selbstschuldnerische Bürgschaft“ zeichnet sich dadurch aus, dass der Bürge auf die Einrede der Vorausklage gem. § 771 Satz 1 BGB verzichtet hat, d. h. der Gläubiger kann sich unmittelbar an den Bürgen wenden, ohne zuvor eine Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Hauptschuldners versucht haben zu müssen.
Welche fünf Grundprinzipien kennt das deutsche Sachenrecht?
Denken Sie hierbei an die bekannte Eselsbrücke „PASTA“:
P ublizität,
A bsolutheit,
S pezialität,
T ypenzwang,
A bstraktionsprinzip.
Was bedeutet das Grundprinzip der „Publizität im Sachenrecht“?
Hiernach muss eine sachenrechtliche Zuordnung nach außen erkennbar sein. Bei beweglichen Sachen wird dies durch den Besitz deutlich und bei unbeweglichen Sachen durch den Grundbucheintrag.
Was bedeutet das Grundprinzip der „Absolutheit im Sachenrecht“?
Hierunter wird verstanden, dass dingliche Rechte gegenüber jedermann wirken, d. h. sie richten sich gegen jedermann, schützen vor jedermann und sind von jedermann zu beachten. Im Unterschied hierzu wirken Schuldverhältnisse (z. B. Verträge) nur relativ, d. h. nur zwischen den daran beteiligten Personen.
Was bedeutet das Grundprinzip der „Spezialität im Sachenrecht“?
Danach beziehen sich dingliche Rechte immer auf eine konkrete Sache, so dass keine dinglichen Rechte an Sachgesamtheiten möglich sind.
Was bedeutet das Grundprinzip des „Typenzwangs im Sachenrecht“?
Es herrscht ein „numerus clausus“ des Sachenrechts, d. h. es können nur die gesetzlich vorgesehenen Sachenrechtstypen angewendet werden. Diese sind abschließend normiert. Dies bedeutet, dass neben den gesetzlich vorgesehenen keine weiteren sachenrechtlichen Rechtsformen geschaffen werden können.
Was bedeutet das Grundprinzip des „Abstraktionsprinzips im Sachenrecht“?
Die rechtliche Wirksamkeit und ggf. Nichtigkeit sind für Verpflichtungs- und Verfügungs- bzw. Erfüllungsgeschäfte stets getrennt voneinander zu beurteilen, d. h. das dingliche (= sachenrechtliche) Rechtsgeschäft kann wirksam sein, auch wenn das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft unwirksam sein sollte.
Was sind „dingliche Rechte“?
Dingliche Rechte sind „absolute Rechte“, also Rechte, die gegenüber jedermann wirken. Hierzu zählt insbesondere das Eigentum (§ 903 BGB).
Worin unterscheiden sich „Eigentum“ und „Besitz“?
Das „Eigentum“ bedeutet die rechtliche Herrschaft einer Person über eine Sache, während
der „Besitz“ die tatsächliche Herrschaft einer Person über eine Sache (§ 854 BGB) bezeichnet.
Nimmt bspw. ein Dieb eine Sache an sich, ist er „Besitzer“, nicht aber „Eigentümer“ der Sache.
Wie ist das Grundbuch aufgebaut und welche Eintragungen sind darin enthalten?
Das Grundbuch ist in drei Abteilungen untergliedert und enthält darin die folgenden Eintragungen:
Abteilung I: Eigentümer des Grundstücks, wobei neben der/den Person/-en auch Datum und Grund des Eigentumsübergangs eingetragen sind;
Abteilung II: dingliche Belastungen, z. B. Grunddienstbarkeiten, Vormerkungen, Widersprüche, Wohn- und Nutzungsrechte oder Vorkaufsrechte, nicht jedoch Grundpfandrechte und Rentenschulden (diese werden in Abteilung III eingetragen);
Abteilung III: Grundschulden, Hypotheken und Rentenschulden
Nennen Sie Beispiele des gesetzlichen Eigentumserwerbs!
Als Tatbestände des gesetzlichen Eigentumserwerbs kommen u. a. in Betracht:
Ersitzung (§§ 937 ff. BGB),
Verbindung (§§ 946, 947 BGB),
Vermischung oder Vermengung (§ 948 BGB),
Verarbeitung (§ 950 BGB),
Aneignung (§§ 958 ff. BGB),
Fund (§§ 965 ff. BGB).
Wie kann ein Pfandrecht entstehen?
Ein Pfandrecht kann entstehen durch
rechtsgeschäftliche Bestellung (§§ 1204 ff. BGB),
durch Pfändung (§ 804 Abs. 1 ZPO, Pfändungspfandrecht) oder
gesetzliche Tatbestände, z. B. Werkunternehmerpfandrecht (§ 647 BGB).
Durch welches Sicherungsmittel wurde in der Praxis das vertragliche Pfandrecht ersetzt und warum?
Zur Bestellung des vertraglichen Pfandrechts ist gem. § 1205 BGB u. a. erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Gläubiger (d. h. dem Sicherungsnehmer) übergibt. Dies ist insbesondere bei Bankdarlehen nicht praktikabel, da einerseits die Bank als Sicherungsnehmer die Sicherungsgegenstände lagern müsste und andererseits der Sicherungsgeber die Sicherungsgegenstände häufig auch im laufenden Unternehmensbetrieb benötigt (z. B. Maschinen).
Aus diesem Grund wurde das vertragliche Pfandrecht in der Praxis durch die Sicherungsübereignung gem. §§ 929 Satz 1, 930 BGB ersetzt. Bei diesem Sicherungsmittel kann die sicherungsübereignete Sache beim Sicherungsgeber verbleiben.
Welche Güterstände kennt das BGB?
Das BGB kennt insgesamt drei Güterstände, die Zugewinngemeinschaft, die Gütertrennung und die Gütergemeinschaft.
Zugewinngemeinschaft (§§ 1363 ff. BGB): Dabei handelt es sich um den gesetzlichen Güterstand, d. h. dieser findet Anwendung, sofern durch Ehevertrag kein anderer Güterstand vereinbart wurde (§ 1363 Abs. 1 BGB). Das jeweilige Vermögen der Ehegatten wird nicht gemeinschaftliches Vermögen (§ 1363 Abs. 2 BGB). Im Fall der Beendigung des Güterstands (durch Scheidung oder im Todesfall) erfolgt jedoch ein Zugewinnausgleich.
Gütertrennung (§ 1414 BGB): Auch hier wird das jeweilige Vermögen der Ehegatten nicht gemeinschaftliches Vermögen. Im Gegensatz zur Zugewinngemeinschaft erfolgt bei Beendigung des Güterstands (durch Scheidung oder im Todesfall) jedoch kein Zugewinnausgleich.
Gütergemeinschaft (§§ 1415 ff. BGB): Das jeweilige Vermögen der Ehegatten wird durch Vereinbarung einer Gütergemeinschaft gemeinschaftliches Vermögen beider Ehegatten (Gesamtgut), § 1416 BGB. Vom Gesamtgut abzugrenzen ist das Sondergut (= Gegenstände, die nicht durch Rechtsgeschäft übertragbar sind, § 1417 BGB) sowie das Vorbehaltsgut (= frei wählbare Gegenstände der Ehegatten oder Gegenstände, die durch Erbschaft oder Schenkung erworben werden, § 1418 BGB), die vom jeweiligen Ehegatten selbständig verwaltet werden.
Kann ein Ehevertrag privatschriftlich geschlossen werden?
Nein, ein Ehevertrag muss bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile zur Niederschrift eines Notars geschlossen werden (§ 1410 BGB).
Was ist der „Zugewinn“? Wie erfolgt der „Zugewinnausgleich“?
Als „Zugewinn“ bezeichnet man denjenigen Betrag, um den das Endvermögen eines Ehegatten das Anfangsvermögen dieses Ehegatten übersteigt (§ 1373 BGB).
Im Falle eines „Zugewinnausgleichs“ wird der „Zugewinn“ beider Ehepartner errechnet, den diese während des Bestehens des Güterstands der Zugewinngemeinschaft erzielt haben. Ergibt sich hieraus ein übersteigender Betrag, stellt dies den „Zugewinn“ des betroffenen Ehegatten während des Bestehens der Zugewinngemeinschaft dar (§ 1373 BGB). Übersteigt der Zugewinn des einen Ehegatten den des anderen Ehegatten, erhält derjenige, der einen niedrigeren Zugewinn erzielt hat, sodann 50 % des Differenzbetrags der beiden Zugewinne als Ausgleichsforderung (§ 1378 Abs. 1 BGB).
Wann entsteht eine „Zugewinnausgleichsforderung“?
Nach § 1378 Abs. 3 BGB entsteht die „Zugewinnausgleichsforderung“ mit der Beendigung des Güterstands. Ab diesem Zeitpunkt ist die Forderung vererblich und übertragbar.
Wie kann vom gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft Abzuweichendes wirksam vereinbart werden?
Hierzu bedarf es eines notariell beurkundeten Ehevertrags gem. §§ 1408, 1410 BGB. Ein solcher kann vor oder während der Ehe geschlossen werden.
Erläutern Sie die „Vorsorgevollmacht“!
Mit einer „Vorsorgevollmacht“ bevollmächtigt eine Person eine andere Person, im Fall einer Notsituation alle oder bestimmte Aufgaben für den Vollmachtgeber zu erledigen. Dadurch soll eine vom Gericht angeordnete Bestellung eines Betreuers vermieden werden.
Ist das Erbrecht verfassungsrechtlich geschützt? Wenn ja, wo?
Nach Art. 14 Abs. 1 GG werden sowohl das Eigentum als auch das Erbrecht verfassungsrechtlich gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. Dies erfolgt für das Erbrecht durch die Regelungen in §§ 1922 ff. BGB.
Wie lautet der Fachbegriff für die Gesamtrechtsnachfolge im Erbrecht?
Der Fachbegriff lautet „Universalsukzession“. Dies bedeutet, dass das Vermögen „als Ganzes“ vom Erblasser auf die Erben übergeht (§ 1922 Abs. 1 BGB), ohne dass es der Übertragung von einzelnen Gegenständen durch besondere Rechtsakte bedarf.
Welche Arten der Erbfolge kennen Sie?
Es sind zwei Arten der Erbfolge zu unterscheiden:
Gewillkürte Erbfolge: Der Erblasser hat eine Verfügung von Todes wegen getroffen.
Gesetzliche Erbfolge: Der Erblasser hat keine Verfügung von Todes wegen getroffen.
Welche Arten der „gewillkürten Erbfolge“ gibt es?
Als Möglichkeiten der „gewillkürten Erbfolge“ kommen in Betracht:
Testament (§ 1937 BGB), d. h. die einseitige Verfügung von Todes wegen, und
Erbvertrag (§§ 1941, 2274 BGB), d. h. die mehrseitige Verfügung von Todes wegen.
Wer kann Testamente errichten?
Testamente errichten kann, wer „testierfähig“ ist, d. h. die Fähigkeit besitzt, ein Testament wirksam errichten, ändern oder aufheben zu können. Dies ist gem. § 2229 BGB jede Person, die das 16. Lebensjahr vollendet hat und nicht wegen einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit, wegen Geistesschwäche oder wegen Bewusstseinsstörung nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer von ihr abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Die Errichtung eines eigenhändigen Testaments ist allerdings erst ab dem 18. Lebensjahr möglich (§ 2247 Abs. 4 BGB).
Welche Möglichkeiten gibt es, ein Testament zu errichten?
Nach § 2231 BGB ist die Errichtung eines „ordentlichen Testaments“ möglich
als „privatschriftliches Testament“ (§ 2247 Abs. 1 BGB), d. h. eigenhändig geschrieben und unterschrieben als zwingende Formvorschrift (die weiteren Angaben gem. § 2247 Abs. 2, Abs. 3, Abs. 5 BGB sind demgegenüber fakultativ), oder
als „öffentliches Testament“ (§ 2232 BGB), d. h. zur Niederschrift eines Notars (indem der Erblasser dem Notar seinen letzten Willen erklärt oder ihm eine Schrift mit der Erklärung übergibt, dass die Schrift seinen letzten Willen enthalte).
„Nottestamente“ sind zudem
das „Bürgermeistertestament“ (§ 2249 BGB) und
das „Drei-Zeugen-Testament“ (§ 2250 BGB).
Ist bei der Errichtung eines Testaments eine Stellvertretung zulässig?
Nein, bei der Testamentserrichtung handelt es sich um ein „höchstpersönliches Rechtsgeschäft“, so dass eine Stellvertretung nicht zulässig ist.
Welche Regelungen kann ein Erblasser in einer Verfügung von Todes wegen treffen?
Durch Verfügung von Todes wegen (Testament, Erbvertrag) können angeordnet werden (§§ 1937–1941 BGB):
Erbeinsetzung,
Enterbung ohne Erbeinsetzung,
Vermächtnis,
Auflage,
Wahl des anzuwendenden Erbrechts.
Was ist ein „Vermächtnis“? Was unterscheidet dieses von der „Auflage“?
Nach § 1939 BGB i. V. mit §§ 2174 ff. BGB kann der Erblasser einem anderen, ohne ihn als Erben einzusetzen, einen Vermögensvorteil zuwenden („Vermächtnis“).
Im Gegensatz dazu kann der Erblasser den Erben oder einen Vermächtnisnehmer auch gem. § 1940 BGB i. V. mit §§ 2192 ff. BGB zu einer Leistung verpflichten, ohne einem anderen ein Recht auf die Leistung zuzuwenden („Auflage“).
Während das „Vermächtnis“ dem Begünstigten einen eigenständigen schuldrechtlichen Anspruch gegen den oder die Erben gewährt, ist dies bei der „Auflage“ nicht der Fall.
Ordnen Sie die Schlagwörter „Repräsentationsprinzip“ und „Eintrittsprinzip“ i. R. der gesetzlichen Erbfolge ein!
Das „Repräsentationsprinzip“ ist in § 1924 Abs. 2 BGB geregelt. Danach schließt ein zur Zeit des Erbfalls lebender Abkömmling die durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge (d. h. die Enkel, Urenkel etc. des Erblassers) von der gesetzlichen Erbfolge aus.
Das „Eintrittsprinzip“ ist in § 1924 Abs. 3 BGB normiert. An die Stelle eines zur Zeit des Erbfalls nicht mehr lebenden Abkömmlings treten hiernach die durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge (Erbfolge nach Stämmen).
Wo ist das „Pflichtteilsrecht“ geregelt?
Das BGB regelt das „Pflichtteilsrecht“ in den Vorschriften der §§ 2303 ff. BGB.
Was ist ein „Pflichtteilsberechtigter“?
Nach § 2303 Abs. 1 BGB ist ein Abkömmling des Erblassers pflichtteilsberechtigt, wenn er durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen wird. Das gleiche Recht steht darüber hinaus nach § 2303 Abs. 2 BGB sowohl den Eltern als auch dem Ehegatten des Erblassers zu, wenn sie durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen sind.
Wie hoch ist der Pflichtteilsanspruch?
Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des Werts des gesetzlichen Erbteils (§ 2303 Abs. 1 Satz 2 BGB).
Gegen wen wird der Pflichtteilsanspruch geltend gemacht?
Der Pflichtteilsanspruch stellt einen schuldrechtlichen Anspruch auf Zahlung eines Geldbetrags dar, der gegen den oder die Erben geltend zu machen ist. Der Anspruch ist vererblich und übertragbar (§ 2317 Abs. 2 BGB).
Welches aktuelle Gesetzesvorhaben soll zur Stärkung des Justizstandorts Deutschland beitragen und wie soll dies mit Blick auf das Handels- und Gesellschaftsrecht umgesetzt werden?
Einen maßgeblichen Beitrag zur Modernisierung des Justizstandorts Deutschland soll das Justizstandort-Stärkungsgesetz leisten, dessen Regierungsentwurf am 16.8.2023 vom Kabinett beschlossen wurde. Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf [2] am 12.10.2023 in erster Lesung beraten und in die Ausschüsse überwiesen.
Ziel des Vorhabens ist vorrangig, die Abwanderung bedeutsamer Rechtsmaterien in andere Rechtskreise oder in die Schiedsgerichtsbarkeit zu verhindern. Auch soll es für ein an den Bedürfnissen der Wirtschaft orientiertes, schnelles, effizientes und attraktives Gerichtsverfahren sowie die Stärkung der Rechtsfortbildung im Bereich des Wirtschaftszivilrechts sorgen.
Den Ländern soll per Öffnungsklausel in §184a GVG-E ermöglicht werden, mit den „Commercial Chambers“ auf Ebene der Landgerichte besondere Kammern für Wirtschaftsverfahren einzurichten. Die Verfahren vor diesen Kammern sowie deren Entscheidungen sollen bei entsprechender Vereinbarung der Parteien vollständig auf Englisch erfolgen. § 184a GVG-E zielt darauf ab, die Einhaltung der Gerichtssprache Englisch innerhalb des Instanzenzugs sicherzustellen. Dritte sollen davor geschützt werden, gegen ihren Willen in ein Verfahren in englischer Sprache involviert werden zu können. Gegebenenfalls steht ihnen nach § 184a Abs. 4 GVG-E ein Dolmetscher zu. Auch vor dem BGH sollen in bestimmten Fällen nach § 184b GVG-E Verfahren auf Englisch möglich sein. Dies bestimmt sich jedoch nach dem freien Ermessen des BGH im Einzelfall, um so dessen limitierten Kapazitäten Rechnung zu tragen.
Überdies wird diskutiert, die Länder dazu zu ermächtigen, auf OLG-Ebene möglichst in länderübergreifender Zusammenarbeit „Commercial Courts“ zu gründen. Diese sollen nach § 119b GVG-E als Spezialkammern im ersten Rechtszug bei einem Streitwert ab einer Million Euro für bürgerliche Streitigkeiten zwischen Unternehmern i. S. des § 14 BGB zuständig sein. § 184a GVG-E (s. linke Spalte) soll auch auf diese Kammern Anwendung finden. Der Commercial Court würde damit das staatliche Gegengewicht zu privat organisierten Schiedsverfahren darstellen.
Folgerichtig soll ein Verfahren vor einem Commercial Court dem bislang vor einem Schiedsgericht praktizierten Verfahren hinsichtlich bestimmter Aspekte für die Parteien angeglichen werden. So wären Commercial Courts dazu verpflichtet, einen „Case-Management-Termin“ anzusetzen, um im Zuge dessen mit den Parteien den Ablauf des Verfahrens abzustimmen (§ 621 ZPO-E). Weiter steht den Parteien die Möglichkeit offen, nach § 622 ZPO-E ein mitlesendes Wortprotokoll anzufordern.S. 800
Ferner sollen die Möglichkeiten der Geheimhaltung für alle Gerichtsebenen ausgeweitet werden. Der in § 169 GVG statuierte Grundsatz der Öffentlichkeit soll durch den neuen § 273a ZPO-E i. V. mit den entsprechend anzuwendenden §§ 16–20 des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (im Folgenden: GeschGehG) für alle (!) Verfahren vor Zivilgerichten inkl. derer vor den neuen Commercial Courts eingeschränkt werden. Zwar kann eine vollständige Vertraulichkeit gerade mit Blick auf das „Ob“ des Rechtsstreits aller Wahrscheinlichkeit nach nicht sichergestellt werden, jedoch dürften die Anordnung des Ausschlusses der Öffentlichkeit nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 GeschGehG und die Androhung von Ordnungsmitteln i. S. des § 16 GeschGehG für ein bisher ungekanntes Maß der Beschränkung des Einblicks der Allgemeinheit in den jeweiligen Prozess sorgen.
Darf sich ein GbR-Gesellschafter trotz Stimmverbots an der Willensbildung der Gesellschaft beteiligen? Wie ist die Rechtslage unter Berücksichtigung des am 1.1.2024 in Kraft tretenden MoPeG [3], wenn ihm die Beteiligung verweigert wird?
Ja, ein GbR-Gesellschafter darf sich trotz Stimmverbots an der Willensbildung der Gesellschaft beteiligen. Der Stimmrechtsausschluss verbietet dem Gesellschafter nur die Stimmabgabe als solche im konkreten Einzelfall, anderweitige Gesellschafterrechte, insbesondere das Informations-, Teilnahme- sowie Rederecht bei Gesellschafterversammlungen werden hiervon jedoch nicht berührt.
Ein Gesellschafter soll Kraft seiner Mitgliedschaft bei der Beschlussfassung die Möglichkeit haben, seine Ansicht über die zur Beratung oder Abstimmung anstehenden Tagesordnungspunkte darzulegen, um ggf. Einwendungen geltend machen zu können. Ebenso soll es ihm möglich sein, die Einhaltung aller nach Gesetz und Satzung zu beachtenden Förmlichkeiten zu überwachen. Die Teilnahme des nicht-stimmberechtigten Gesellschafters an der Beschlussfassung ist immanenter Bestandteil seiner Mitgliedschaft.
Der Gesetzgeber bestätigt dies zumindest indirekt durch die ab dem 1.1.2024 geltende Bestimmung des § 109 Abs. 4 HGB n. F. und die darin vorgesehenen Vorgaben zur Beschlussfähigkeit. Danach sind bei der Ermittlung der Beschlussfähigkeit der Versammlung auch die Stimmen derjenigen Gesellschafter mitzuzählen, denen kein Stimmrecht zusteht.
Werden die Beteiligungsrechte eines Gesellschafters durch den Ausschluss des betroffenen Gesellschafters von der Stimmabgabe i. e. S. verletzt, ist der getroffene Beschluss fehlerhaft und damit im Falle der GbR automatisch nichtig. [4]
Daran ändert im Grundsatz auch das MoPeG nichts: Für die GbR bleibt es trotz der Neuerungen ab dem 1.1.2024 beim derzeit geltenden Feststellungsmodell, wonach grds. jeder Mangel zur Nichtigkeit des fehlerhaften Beschlusses führt.
Etwas anderes ergibt sich jedoch, wenn im Gesellschaftsvertrag vom gesetzlichen Regelfall abgewichen werden soll: Es bleibt den GbR-Gesellschaftern unbenommen, im Gesellschaftsvertrag für das Anfechtungsmodell der §§ 110 ff. HGB n. F. zu optieren, das ab der Geltung des MoPeG für Personenhandelsgesellschaften standardmäßig eingeführt wird. Nach dem Anfechtungsmodell wird zwischen anfechtbaren und nichtigen Beschlüssen unterschieden. Bei einer GbR mit einer derartigen Vertragsgestaltung stellt sich dementsprechend dieselbe umstrittene Frage wie bei den Personenhandelsgesellschaften, nämlich, ob ein Beschluss nur anfechtbar oder schon nichtig ist, wenn ein vom Stimmrecht ausgeschlossener Gesellschafter bei der Beschlussfassung seiner Teilnahmemöglichkeit beraubt wurde. Dies ist von zentraler Bedeutung, denn anfechtbare Beschlüsse werden im Gegensatz zu nichtigen Beschlüssen trotz ihrer Rechtswidrigkeit mit Ablauf der Anfechtungsfrist des § 112 Abs. 1 Satz 1 HGB n. F. bestandskräftig und damit endgültig verbindlich.
Befürworter der Nichtigkeitsfolge führen im Wesentlichen den Sinn und Zweck des § 110 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HGB n. F. ins Feld, wonach ein Gesellschafterbeschluss nichtig ist, wenn er durch seinen Inhalt Rechtsvorschriften verletzt, auf deren Einhaltung die Gesellschafter nicht verzichten können. Auch wenn der Wortlaut nahelegt, dass nur inhaltliche Fehler zur Nichtigkeit des Beschlusses führen können, sind es doch gerade die Informations-, Teilnahme- und Rederechte, die als Gesellschafterrechte unverzichtbar sind. Darüber hinaus wird als Argument die Unzumutbarkeit der Verteilung der Angriffslast angeführt. So sei es nicht akzeptabel, dem betroffenen Gesellschafter die gerichtliche Geltendmachung von Beschlussfehlern aufzuerlegen, wenn er zuvor rechtswidrig durch seine Mitgesellschafter von der Beschlussfassung ausgeschlossen wurde. [5] Folglich sei § 110 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HGB n. F. im Wege der erweiternden Auslegung auf solche eklatanten Verfahrensfehler zu erstrecken. [6]
Gegner der Nichtigkeitsfolge führen als tragendes Argument den Wortlaut des § 110 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HGB n. F. ins Feld, denn hiernach führen nur Rechtsverletzungen durch den Beschlussinhalt – nicht aber reine Verfahrensfehler – zur Nichtigkeit des Beschlusses. Die Versagung der Teilnahme eines von der Stimmabgabe ausgeschlossenen Gesellschafters sei ein solcher Verfahrensfehler. [7] Auch ist es nicht zwingend, dass der übergangene Gesellschafter stets ein Interesse an der Nichtigkeit des Beschlusses hat und daher in jedem Fall schutzbedürftig ist. Die ausnahmslose Anordnung der Nichtigkeit könnte den Interessen aller Beteiligten in manchen Konstellationen also sogar widersprechen.
Vor dem Hintergrund des Interesses des Rechtsverkehrs an bestandskräftigen Entscheidungen ist es m. E. dem übergangenen Gesellschafter zuzumuten, den Gesellschafterbeschluss anzufechten – sofern dies in der Sache in seinem Interesse ist. Einer bloßen Anfechtbarkeit wäre daher m. E. den Vorzug zu geben.
Welche Haftungsrisiken bestehen bei einem Gesellschafterwechsel in einer Personengesellschaft?
a) Haftungsrisiken der im Wege der Erbfolge eintretenden Gesellschafter
Bei der Nachfolge in den Gesellschaftsanteil von Todes wegen stehen zwei für die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern geltende Systeme gleichrangig nebeneinander: Einerseits haften die Erben im Wege der Erbenhaftung nach § 1967 BGB für alle im Zeitpunkt des Erbfalls bereits begründeten Verbindlichkeiten des Erblassers. Dies ist i. V. mit § 128 HGB a. F. bzw. § 126 HGB n. F. auch dann der Fall, wenn diese aus seiner Stellung als Gesellschafter einer Personengesellschaft herrühren. Andererseits besteht das Risiko der Eigenhaftung durch Inanspruchnahme aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Vorschriften.
b) Haftungsrisiken bei der Übertragung eines OHG- bzw. KG-Komplementäranteils
Bei der Übertragung eines OHG-Anteils ist der eintretende Gesellschafter nach §§ 128, 130 HGB a. F. bzw. §§ 126, 127 HGB n. F. einer unbeschränkten gesellschaftsrechtlichen Haftung ausgesetzt. § 127 HGB n. F. umfasst hierbei wie bisher § 130 HGB a. F. nicht nur „echte“ Beitrittsfälle i. S. einer rechtsgeschäftlichen Übertragung der Gesellschafterstellung, sondern auch die erbrechtliche Nachfolge in einen Anteil, also jeden Miterben, dem die Mitgliedschaft nach § 1922 BGB von Todes wegen zugefallen ist.
Das Haftungsrisiko des Ausscheidenden hingegen richtet sich nach seiner Austragung aus dem Handelsregister nach § 160 HGB a. F. bzw. § 137 HGB n. F. Der Unterschied zwischen alter und neuer Rechtslage liegt darin, dass das Gesetz den Anspruch des Gläubigers gegen den Altgesellschafter nun zusätzlich unter die Bedingung der Begehung der Pflichtverletzung vor dessen Ausscheiden stellt. Das Grundkonzept des § 160 HGB a. F. bleibt demgegenüber auch nach Inkrafttreten des MoPeG erhalten.
In der Zeit nach Ausscheiden des Gesellschafters, aber vor Änderung des Handelsregisters ist darüber hinaus noch die in § 15 Abs. 1 HGB statuierte negative Publizität des Handelsregisters zu beachten, wonach der Altgesellschafter auch für in dieser Übergangszeit entstandene Verbindlichkeiten haftbar gemacht werden kann.
Die obigen Ausführungen gelten über § 161 Abs. 2 HGB auch für den Komplementär einer KG.
c) Haftungsrisiken bei der Übertragung eines GbR-Anteils
Die mit dem MoPeG einhergehende Angleichung der Haftungssysteme von GbR und Personenhandelsgesellschaften zeigt sich in der inhaltsgleichen Übernahme der §§ 128–130 HGB a. F. in den §§ 721–721b BGB n. F. Das Gleiche gilt für die in § 728b BGB geregelte Nachhaftung des ausgeschiedenen Gesellschafters in Bezug auf § 137 HGB n. F. Auch die negative Publizität des Handelsregisters nach § 15 Abs. 1 HGB findet im Wege des § 707a Abs. 3 BGB n. F. zukünftig Anwendung auf die neu eingeführte eGbR.
d) Haftungsrisiken bei der Übertragung eines KG-Kommanditanteils
Der Rechtsnachfolger eines Kommanditisten haftet für die vor seinem Eintritt bestehenden Altverbindlichkeiten nur nach Maßgabe der §§ 171, 173 HGB. Der Haftungsstatus des übertragenen Kommanditanteils ist bei der Rechtsnachfolge kontinuierlich und haftet dem Anteil an. War die Kommanditeinlage bereits geleistet, haften wegen § 171 Abs. 1 Halbsatz 2 HGB weder der Veräußerer noch der Erwerber des Anteils. Gleiches gilt bei der Übertragung von Todes wegen.
Nach § 176 Abs. 1 Satz 1 i. V. mit Abs. 2 HGB a. F. haftet ein Kommanditist, der in eine bestehende Gesellschaft eintritt, bis zu seiner Eintragung in das Handelsregister für in dieser Zeit entstehende Verbindlichkeiten unmittelbar und unbeschränkt. Unter alter Rechtslage war die Frage nach der Anwendbarkeit der Norm auf Konstellationen des derivativen Anteilserwerbs umstritten, wobei die herrschende Meinung in der Literatur der unbeschränkten Haftung des Neu-Gesellschafters ablehnend gegenüberstand. [8] Dieser Ansicht folgt der Gesetzgeber nun nach neuer Rechtslage, indem er den Wortlaut des § 176 Abs. 2 HGB n. F. mit „weiterer“ ergänzt und so klarstellt, dass der derivative Anteilserwerb gerade nicht zur – zumindest zeitweisen – unbeschränkten persönlichen Haftung des neuen Kommanditisten führen soll. Weiterhin bestehen bleibt hingegen das mit der negativen Publizität des Handelsregisters verbundene Haftungsrisiko des Altkommanditisten aus § 15 Abs. 1 HGB bis zur Höhe seiner Einlage.
Was wird sich hinsichtlich der Eintragung einer GbR ab dem 1.1.2024 ändern?
Ab Inkrafttreten des MoPeG zum 1.1.2024 existiert ein „Gesellschaftsregister“, das stark an das Handelsregister angelehnt ist. In das Gesellschaftsregister kann sich eine GbR freiwillig eintragen lassen, um nach § 707a Abs. 2 Satz 1 BGB n. F. als eingetragene GbR (eGbR) am Rechtsverkehr teilzunehmen. Es ist wie das Handelsregister ein öffentliches Register, das dazu dient, wichtige rechtliche Vorgänge publik zu machen. Nach § 707a Abs. 3 HGB n. F. erstrecken sich die Wirkungen des § 15 HGB mit Aufnahme einer GbR in das Gesellschaftsregister sowohl auf die dann bestehende eGbR als auch auf ihre Gesellschafter.
Um durch das zuständige Gericht in das Gesellschaftsregister aufgenommen zu werden, muss sich die Gesellschaft zunächst nach § 707 BGB n. F. zum Register anmelden. Diese Anmeldung hat die in § 707 Abs. 2 BGB n. F. statuierten Angaben zu enthalten. Gleiches gilt gemäß § 707 Abs. 3 BGB n. F. für nachträgliche Änderungen. Nach § 707 Abs. 4 Satz 1 BGB n. F. bedarf die Anmeldung zwingend der Mitwirkung sämtlicher Gesellschafter. Diese Pflicht ist jedoch keine höchstpersönliche und erlaubt es den Gesellschaftern daher, sich hierbei vertreten zu lassen.S. 802
Der Gesetzgeber hat die Eintragung in das Gesellschaftsregister nicht zu einem konstitutiven Erfordernis der GbR-Gründung bzw. GbR-Existenz gemacht. Gleichwohl hat er vor dem Hintergrund der Vermeidung von Informationsasymmetrien im Rechtsverkehr ein starkes Interesse daran, möglichst viele BGB-Gesellschaften zur Eintragung zu motivieren. Das angestrebte Ergebnis soll durch bestimmte Vorteile erreicht werden, die einer eGbR im Vergleich zu ihrem nicht eingetragenen Pendant eingeräumt werden. So „soll“ bzw. muss ein Grundstücksrecht nach § 47 Abs. 2 GBO nur noch zugunsten einer eGbR in das Grundbuch eingetragen werden, was eine große Auswirkung auf den rechtsgeschäftlichen Erwerb von Grundstücken über § 873 Abs. 1 BGB hat. Dies gilt wegen Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB im Ergebnis auch für die Verfügung über bereits bestehende Grundstücksrechte. Zudem wird die Position der eGbR im alltäglichen Rechts- und Geschäftsverkehr durch die geschaffene Publizität faktisch spürbar verbessert. Des Weiteren kann die eGbR ihren Vertragssitz nach § 707 Abs. 1 BGB wählen.
Welche Neuerungen i. R. der Zwangsvollstreckung treten ab dem 1.1.2024 in Kraft?
a) Status Quo vor Inkrafttreten des MoPeG
Bislang war die isolierte Verfügung über Gegenstände des Gesellschaftsvermögens durch einzelne Gesellschafter wegen § 719 BGB a. F. nicht möglich. Dementsprechend war es für einen Gläubiger notwendig, entweder einen Titel gegen alle Gesellschafter nach § 750 ZPO oder nach § 736 ZPO a. F. gegen die Außen-GbR als solche zu erlangen. Um eine Forderung mittels des so beschafften Titels durchsetzen zu können, war einzig das Instrument der Pfändung und anschließenden Überweisung eines Gesellschaftsanteils praktikabel. Die daraus ergehende Einziehungsbefugnis konnte bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 725 BGB für eine Kündigung der GbR als solcher herangezogen werden. Im Wege der anschließenden Auflösung und Liquidation erlangte der Gläubiger sodann Zugriff auf das Auseinandersetzungsguthaben, um damit seine Forderung zu befriedigen.
b) Veränderte Rechtslage durch das MoPeG
Von den durch das MoPeG veranlassten Änderungen der Rechtslage sind im Wesentlichen drei Punkte betroffen, die für die Durchführung der Zwangsvollstreckung von Gewicht sind: Neben aa) der Einführung des Gesellschaftsregisters sind auch die Konsequenzen der Rechtsänderung für bb) die Aspekte der Vermögenszuordnung sowie für cc) die Vollstreckungsmöglichkeiten der Privatgläubiger der Gesellschaft zu beachten.
aa) Auswirkungen des neuen Gesellschaftsregisters
Der neue § 736 ZPO regelt den Umgang mit vor der Eintragung der GbR entstandenen Vollstreckungstiteln. So bedarf es aufgrund des hinreichenden Nachweises der Parteienidentität bei Übereinstimmung von Namen und Sitz bzw. Anschrift in Titel und Register keiner Titelumschreibung bei einer zwischenzeitlichen „Umwandlung“ der Schuldner-GbR hin zur eGbR.
Verglichen mit solchen Titeln, die daneben noch eine nicht vollständig mit dem Gesellschaftsregister übereinstimmende Auflistung der GbR-Gesellschafter enthalten und damit aus dem Raster des § 736 ZPO n. F. fallen, würde dies jedoch im Ergebnis zu einer Ungleichbehandlung von im Wesentlichen gleich gelagerten Konstellationen führen. Folglich ist wohl auch in Zukunft die bisherige Rspr. des BGH, die die entsprechende Anwendung des § 727 ZPO gleichermaßen für nach Titelbeschaffung erfolgte Gesellschafterwechsel bejaht, [9] heranzuziehen. Auch nach neuer Rechtslage würde es dem zuständigen Vollstreckungsorgan obliegen, die Parteienidentität anhand des beigeschriebenen Vollstreckungstitels festzustellen und dem Gläubiger eine vollstreckbare Ausfertigung zu erteilen.
bb) Auswirkungen der Änderung in der Vermögenszuordnung
Zentrale Rechtsänderung ist der in § 713 BGB n. F. enthaltene Wandel vom Konzept des Sondervermögens hin zum (echten) Gesellschaftsvermögen der GbR als Trägerin von eigenen Rechten und Pflichten. Daher wird auch die Vollstreckung in das Sondervermögen nach § 736 ZPO von der in § 722 Abs. 1 BGB n. F. statuierten Regel abgelöst, wonach eine Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen nur mit einem Titel gegen diese selbst möglich ist. Gleiches gilt nach § 722 Abs. 2 BGB n. F. für die Vollstreckung in das Vermögen der einzelnen Gesellschafter aufgrund eines Titels gegen die Gesellschaft, was im Hinblick auf die GbR gleichbedeutend mit dem Ende der hybriden Titelschaffung ist. Zum Schutz der Gläubiger, die ihren Titel noch nach altem Recht gegen alle Gesellschafter als solche erwirkt haben, normiert § 45 EGZPO eine Übergangsvorschrift, die die Möglichkeit der Vollstreckung offenhält.
cc) Auswirkung auf die Vollstreckungsmöglichkeiten der Privatgläubiger der Gesellschaft
Wie bereits erläutert, erlaubte die bisherige Rechtslage den Zugriff auf das GbR-Vermögen wegen eines gegen einen oder mehrere Gesellschafter erwirkten Titels einzig über Pfändung und Überweisung des jeweiligen Gesellschafsanteils unter Kündigung und anschließender Liquidation der Gesellschaft als solcher. Zwar sind Gläubiger nach §§ 711, 711a BGB n. F. i. V. mit §§ 851, 857 ZPO auch in Zukunft auf Pfändung und Übertragung zur Durchsetzung ihres Titels angewiesen. Anders als bisher bedarf dessen Umsetzung jedoch nicht der Auflösung der Gesellschaft nach § 725 BGB a. F. Fortan räumt das Gesetz dem Gläubiger die Möglichkeit ein, nach § 726 BGB n. F. allein die Mitgliedschaft des Gesellschafter-Schuldners zu kündigen, um die ihm gegenüber bestehende Verbindlichkeit so zu begleichen.
Darf Robert Hoyzer ein GmbH-Geschäftsführer werden? Begründen Sie Ihre Antwort!
Folgender (fiktiver) Fall liegt Ihnen vor:
Sachverhalt: S platzierte bei mehreren Spielen der Fußball-Bundesligen, der Fußball-Regionalligen sowie des DFB-Pokals, Wetten mit hohen Einsätzen bei verschiedenen Anbietern. Robert Hoyzer (im Folgenden: H), seines Zeichens Bundesliga-Schiedsrichter, kam mit S überein, im Jahr 2004 bestimmte Spiele, auf deren Ausgang S Wetten abschloss,S. 803 zu dessen Gunsten zu manipulieren. Dies geschah durch das Aussprechen von offensichtlich unberechtigten Strafstößen und Platzverweisen. Dafür zahlte S dem H jeweils hohe Geldbeträge und gewährte ihm darüber hinaus Sachleistungen. H wurde wegen Beihilfe zum Betrug in sechs Fällen nach §§ 263 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 Alternative 1 i. V. mit 27, 49 Abs. 1, 53, 54 StGB zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten verurteilt. [10]
Nehmen Sie an, dies alles hätte sich 2019 zugetragen, woraufhin H im Jahre 2020 rechtskräftig nach dem am 19.4.2017 in Kraft getretenen § 265c (Abs. 3) StGB i. V. mit §§ 53, 54 StGB wegen Sportwettbetrugs zur gleichen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt worden wäre. Nach seiner Freilassung im Jahr 2023 möchte sich H zum GmbH-Geschäftsführer bestellen lassen.
Antwort: Maßgebliche Norm zur Beurteilung der Frage, ob der 2020 wegen Sportwettbetrugs verurteilte H Geschäftsführer einer GmbH sein kann, ist § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Nr. 3 Buchst. e GmbHG. Demnach kann eine Person nicht Geschäftsführer i. S. des § 6 GmbHG werden, die innerhalb von fünf Jahren vor ihrer Bestellung nach den §§ 263–264a StGB oder §§ 265b–266a GmbHG zu einer Freiheitsstrafe von mind. einem Jahr verurteilt worden ist. H leistete innerhalb dieses Zeitraums eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr ab.
Umstritten ist jedoch, ob der Verweis auf §§ 265b–266a StGB eine dynamische oder doch eher eine statische Verweisung konstituiert. Im Falle einer statischen Verweisung würde diese sich einzig auf die bei ihrem Inkrafttreten am 1.11.2008 geltenden Straftatbestände beziehen. § 265c StGB hingegen trat erst einige Jahre später in Kraft, wonach die von H abgeleistete Haftstrafe bei der Beurteilung seiner Tauglichkeit als Geschäftsführer nicht ins Gewicht fallen würde. Erkennt man dahingegen eine dynamische Verweisung in der Norm, wäre die Bestellung des H zum Geschäftsführer zu versagen.
Befürworter [11] der statischen Verweisung berufen sich insbesondere auf die Entstehungsgeschichte von § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Nr. 3 Buchst. e GmbHG, wonach der mit Inkrafttreten des MoMiG [12] bestehende Strafrechtstatbestand festgeschrieben worden ist.
Vertreter [13] der Auslegung der Norm als dynamischeVerweisung führen hingegen an, dass neben der Eindeutigkeit des Wortlauts [14] des § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Nr. 3 Buchst. e GmbHG insbesondere auch der objektivierte Wille [15] des Gesetzgebers für diese Interpretationsweise spreche. Ein Ausschluss der §§ 265c, 265d und 265e StGB würde so im Ergebnis zu einer teleologischen Reduktion der Vorschrift führen. Dem entgegenstehen würden jedoch insbesondere der Schutzzweck [16] der §§ 265c–265e StGB sowie deren Sinnzusammenhang [17]. Zudem seien auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken ersichtlich, [18] die eine teleologische Reduktion der Norm zwingend erforderlich machen würden. Das Interesse der Gesellschaft, ihrer Gesellschafter und das der Allgemeinheit an der Integrität des GmbH-Geschäftsführers überwiegen demnach in solchen Konstellationen gegenüber der Berufsausübungsfreiheit der Einzelperson. Der BGH beschäftigte sich in einem Beschluss v. 28.6.2022 mit eben dieser Frage und erkannte auf eine dynamische Verweisung.
Hieraus folgt, dass Robert Hoyzer in unserem fiktiven Fall nicht GmbH-Geschäftsführer werden darf
Zu welchem Rechtsgebiet gehört das Handelsrecht?
Das Handelsrecht stellt ein Teilrechtsgebiet des Privatrechts dar.
Für wen gilt das Handelsrecht?
Das Handelsrecht gilt für Kaufleute und Handelsgesellschaften. Da das Handelsrecht an die Kaufmannseigenschaft der betroffenen Personen anknüpft, wird es auch als „Sonderprivatrecht der Kaufleute“ bezeichnet.
In welchem Verhältnis steht das HGB zum BGB?
Das HGB ist gegenüber dem BGB subsidiär, d. h. die Regelungen des BGB finden nur Anwendung, wenn und soweit das HGB keine vorrangigen Regelungen für Kaufleute bereithält (lex specialis).
Was kennzeichnet das „subjektive System“ des Handelsrechts?
Die Anwendbarkeit des HGB hängt von der Kaufmannseigenschaft wenigstens einer der beteiligten, manchmal auch beider beteiligter Personen ab, weshalb man auch vom „subjektiven System“ spricht und das HGB als das „Sonderprivatrecht der Kaufleute“ bezeichnet wird.
Welche Kaufmannsbegriffe gibt es im Handelsrecht?
Im Handelsrecht gibt es die folgenden Kaufmannsbegriffe:
Istkaufmann (§ 1 HGB),
Kannkaufmann (§ 2 HGB),
Land- und forstwirtschaftlicher Kannkaufmann (§ 3 HGB),
Kaufmann kraft Eintragung (§ 5 HGB),
Formkaufmann (§ 6 HGB) und
Scheinkaufmann (ohne gesetzliche Grundlage).
Worum handelt es sich bei einem „Istkaufmann“?
Der „Istkaufmann“ nach § 1 HGB betreibt einen Gewerbebetrieb mit in kaufmännischer Weise eingerichtetem Gewerbebetrieb. Die Eintragung in das Handelsregister ist für ihn nur deklaratorisch.
Wann liegt ein „Gewerbe“ i. S. des § 1 HGB vor?
Ein „Gewerbe“ liegt vor, wenn eine selbständige Tätigkeit auf wirtschaftlichem Gebiet planmäßig und auf gewisse Dauer entfaltet wird, sofern dies offen, d. h. am Markt, geschieht. Umstritten ist, ob die Tätigkeit erlaubt und auf Gewinnerzielung gerichtet sein muss.
Wann ist ein „Gewerbe“ auch ein „Handelsgewerbe“?
Aufgrund der negativen Formulierung in § 1 Abs. 2 HGB wird die Eigenschaft des Gewerbes als Handelsgewerbe grds. vermutet („es sei denn“).
Ob nach Art oder Umfang ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb erforderlich ist, richtet sich letztlich nach dem Gesamtbild verschiedener Kriterien. Dies sind u. a.:
Umfang der kaufmännischen Buchführung und Bilanzierung (§§ 238 ff. HGB),
Anzahl und Organisation der Beschäftigten,
Größe und Organisation der Betriebsstätte(n),
Höhe des Umsatzes,
Anzahl verschiedener Produkte und/oder Leistungen,
Anzahl der Geschäftsbeziehungen,
kaufmännische Bezeichnung (Firmenname, §§ 17 ff. HGB),
kaufmännische Organisation der Vertretung (§§ 48 ff. HGB).
Worum handelt es sich bei einem „Kannkaufmann“?
Der „Kannkaufmann“ nach § 2 HGB betreibt einen Gewerbebetrieb ohne einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetrieb (Kleingewerbetreibender); er lässt sich aber in das Handelsregister eintragen und wird dadurch zum Kaufmann.
Die Eintragung in das Handelsregister ist für ihn konstitutiv. Solange nicht die Grenze zum „Istkaufmann“ überschritten wird, kann der „Kannkaufmann“ die Eintragung jederzeit löschen lassen (§ 2 Satz 3 HGB).
Welche Bedeutung hat die Regelung in § 6 Abs. 1 HGB?
Nach § 6 Abs. 1 HGB finden die Kaufleute betreffenden Vorschriften auch auf die Handelsgesellschaften Anwendung. Demnach gelten Handelsgesellschaften ohne Weiteres als Kaufleute, so dass die konstitutiven Merkmale des § 1 HGB insoweit nicht mehr geprüft werden müssen.
Worum handelt es sich bei einem „Scheinkaufmann“?
„Scheinkaufmann“ ist, wer durch sein Verhalten den Anschein erweckt oder unterhält, Kaufmann zu sein. Gegenüber einem gutgläubigen Dritten, der sein Verhalten von diesem Anschein bestimmen ließ, muss er sich als Kaufmann behandeln lassen und somit auch die entsprechenden Nachteile in Kauf nehmen.
Der „Scheinkaufmann“ ist gesetzlich nicht geregelt, beruht aber auf der sich aus den Geboten von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ergebenden Lehre vom Rechtsschein. Durch die analoge Anwendung des § 5 HGB i. V. mit § 242 BGB wird der Scheinkaufmann als Kaufmann angesehen und unterliegt den Vorschriften des HGB.
Was kennzeichnet das „Handelsregister“?
Das „Handelsregister“ ist ein öffentliches Verzeichnis, das i. R. des Registerrechts Eintragungen bestimmter rechtlicher und wirtschaftlicher Verhältnisse (Tatsachen) über die angemeldeten Kaufleute führt.
Wo wird das Handelsregister geführt?
Die Führung der Handelsregister obliegt nach § 8 Abs. 1 HGB den Gerichten (Amtsgerichte).
Wie ist das Handelsregister aufgebaut?
Das Handelsregister besteht aus zwei Abteilungen:
Abteilung A (HRA): Registrierung von Einzelunternehmen (Kaufleute), offenen Handelsgesellschaften (OHG), Kommanditgesellschaften (KG) und europäischen wirtschaftlichen Interessensvereinigungen (EWIV);
Abteilung B (HRB): Informationen zu Kapitalgesellschaften (GmbH, AG, KGaA, SE, Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit).
Welche Informationen werden typischerweise in das Handelsregister eingetragen?
Das Handelsregister enthält typischerweise u. a. Informationen über Firma, Sitz, Niederlassung und Zweigniederlassungen, den Gegenstand des Unternehmens, vertretungsberechtigte Personen, die Rechtsform des Unternehmens sowie bei Kapitalgesellschaften das Grund- oder Stammkapital und den Namen des Geschäftsinhabers. Grundsätzlich werden eintragungsfähige und eintragungspflichtige Tatsachen unterschieden.
Wer kann in das Handelsregister Einsicht nehmen?
Das Handelsregister ist öffentlich und kann somit von allen Interessierten eingesehen werden (§ 9 HGB).
Welcher Rechtsnatur können Eintragungen in das Handelsregister sein?
Eintragungen in das Handelsregister können entweder deklaratorisch oder konstitutiv wirken.
Wo sind die Publizitätswirkungen des Handelsregisters im HGB geregelt?
Die Publizitätswirkungen des Handelsregisters sind in § 15 HGB geregelt. In dessen drei Absätzen werden verschiedene Facetten der Publizitätswirkung normiert:
§ 15 Abs. 1 HGB schützt das Vertrauen auf das „Schweigen“ des Handelsregisters. Solange eine in das Handelsregister einzutragende Tatsache nicht eingetragen und bekanntgemacht ist, müssen gutgläubige Dritte nicht mit der Existenz einer solchen Tatsache rechnen (negative Publizität).
§ 15 Abs. 2 HGB normiert, dass Dritte im Handelsregister eingetragene und bekanntgemachte Tatsachen gegen sich gelten lassen müssen (positive Publizität).
§ 15 Abs. 3 HGB regelt, dass sich gutgläubige Dritte trotz unrichtiger Bekanntmachung auf eine bekanntgemachte Tatsache berufen dürfen (positive Publizität).
Was ist eine „Firma“ im Sinne des Handelsrechts?
Anders als es der allgemeine Sprachgebrauch nahelegt, versteht man unter einer „Firma“ im Handelsrecht nicht das Unternehmen selbst, sondern lediglich den Namen des Kaufmanns, unter dem dieser seine Geschäfte betreibt und seine Unterschrift abgibt (§ 17 Abs. 1 HGB).
Welche Arten von „Firmen“ gibt es?
Im Firmenrecht kann wie folgt unterschieden werden:
„Personenfirma“: Als Firma gibt ein Einzelkaufmann seinen Vor- und Nachnamen oder eine Gesellschaft den Namen eines oder mehrerer Gesellschafter an, z. B. Henkel KGaA nach dem Unternehmensgründer Friedrich Karl Henkel.
„Sachfirma“: Als Firma wird die Tätigkeit des Unternehmens sachlich beschrieben, z. B. Münchner Verkehrsgesellschaft mbH.
„Phantasiefirma“: Als Firma wird irgendein Ausdruck frei gewählt, z. B. Infineon oder Amazon.
„Mischfirma“: Hierbei handelt es sich um eine Kombination aus Personen-, Sach- und/oder Phantasiefirma (z. B. Extrapower Fitnessstudio München).
Welche Regelungen enthält das HGB zur Frage der Haftung i. R. einer möglichen Firmenfortführung?
Das HGB enthält in den §§ 25–28 HGB Regelungen zur Frage der Firmenfortführung:
Nach § 25 Abs. 1 HGB haftet derjenige, der ein unter Lebenden erworbenes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma mit oder ohne Beifügung eines das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatzes fortführt, für alle im Geschäftsbetrieb begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers. Die insoweit begründeten Forderungen gelten den Schuldnern gegenüber als auf den Erwerber übergegangen, falls der bisherige Inhaber oder seine Erben in die Fortführung der Firma eingewilligt haben. Die Haftung des ehemaligen Inhabers kann darüber hinaus nach § 25 Abs. 2 HGB durch Eintragung in das Handelsregister oder durch Bekanntgabe dem Dritten gegenüber beschränkt werden.
§ 27 Abs. 1 HGB sieht korrespondierend eine Haftung des Erben eines Handelsgeschäfts vor. Die unbeschränkte Haftung nach § 25 Abs. 1 HGB tritt jedoch nicht ein, wenn die Fortführung des Geschäfts vor dem Ablauf von drei Monaten nach dem Zeitpunkt, in welchem der Erbe von dem Anfall der Erbschaft Kenntnis erlangt hat, eingestellt wird. Auch durch eine erbrechtliche Ausschlagung (§ 1953 GBGB) kann der Erbe die Haftung vermeiden.
§ 28 Abs. 1 HGB regelt, dass durch den Eintritt eines persönlich haftenden Gesellschafters oder eines Kommanditisten in das Geschäft eines Einzelkaufmanns eine Gesellschaft entsteht, die sodann, auch wenn sie die frühere Firma nicht fortführt, für alle im Geschäftsbetrieb entstandenen Verbindlichkeiten des früheren Geschäftsinhabers haftet.
Welche besonderen Formen der „Stellvertretung“ kennt das HGB?
Im HGB sind insbesondere drei Sonderformen handelsrechtlicher Vollmachtserteilung geregelt:
Prokura (§§ 48–53 HGB),
Handlungsvollmacht (§§ 54–55, §§ 57–58 HGB) und
Vertretungsmacht des Ladenangestellten (§ 56 HGB).
Was ist eine „Prokura“?
Die „Prokura“ bezeichnet eine durch einen Kaufmann an Mitarbeiter erteilte, umfangreiche geschäftliche Vertretungsmacht. Sie stellt, wie die Handlungsvollmacht, eine gewillkürte Form der Stellvertretung dar und bezweckt, im Handelsverkehr eine sichere Grundlage für das Vertretungshandeln der kaufmännischen Gehilfen zu bieten. Sie ist mittels ausdrücklicher und persönlicher Erklärung zu erteilen (§ 48 Abs. 1 HGB). Die Erteilung der Prokura (ebenso wie deren Erlöschen) sind in das Handelsregister einzutragen; allerdings wirken diese Eintragungen nicht konstitutiv, sondern nur deklaratorisch.
Welche Rechte hat ein „Prokurist“?
Der „Prokurist“ ist ermächtigt zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb (irgend-)eines Handelsgewerbes mit sich bringt (§ 49 Abs. 1 HGB). Zur Veräußerung und Belastung von Grundstücken ist der Prokurist jedoch nur ermächtigt, wenn ihm diese Befugnis besonders erteilt ist (§ 49 Abs. 2 HGB).
Was sind „Handelsgeschäfte“?
„Handelsgeschäfte“ sind alle Geschäfte eines Kaufmanns, die zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehören (§ 343 Abs. 1 HGB). Nach § 344 Abs. 1 HGB besteht eine (widerlegbare) Vermutung, wonach die von einem Kaufmann vorgenommenen Rechtsgeschäfte im Zweifel als zum Betrieb gehörig gelten – und damit Handelsgeschäfte sind.
Welche Arten von „Handelsgeschäften“ gibt es?
Man unterscheidet zwischen
„einseitigen Handelsgeschäften“, wenn nur ein Kaufmann beteiligt ist, und
„zweiseitigen Handelsgeschäften“, in denen beide Beteiligte Kaufleute sind.
Wie kommt ein „Handelskauf“ zustande?
Ein „Handelskauf“ kommt wie ein regulärer Kaufvertrag gem. § 433 BGB durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen, Angebot und Annahme, zustande.
Was ist ein „Kommissionsgeschäft“?
Bei einem „Kommissionsgeschäft“ wird der Kaufmann im eigenen Namen für fremde Rechnung tätig. Das „Kommissionsgeschäft“ ist in den §§ 383 ff. HGB geregelt. Rechtlich ist das Kommissionsgeschäft darüber hinaus ein auf eine Geschäftsbesorgung i. S. des § 675 BGB gerichteter gegenseitiger Vertrag.
Welche Besonderheit ist zu beachten, wenn es sich bei einem Bürgen um einen Kaufmann handelt?
Für einen „normalen“ Bürgen gelten grds. die folgenden beiden Aspekte:
Nach § 766 Satz 1 BGB muss die Bürgschaftserklärung schriftlich abgegeben werden, um wirksam zu sein.
Nach § 771 BGB steht ihm – sofern vertraglich nicht ausgeschlossen – die Einrede der Vorausklage zu, d. h. der Bürge kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange nicht der Gläubiger eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner ohne Erfolg versucht
Beide – für den Bürgen günstige – Vorschriften werden durch das Handelsrecht modifiziert, sofern es sich beim Bürgen um einen Kaufmann handelt und die Bürgschaft für diesen ein Handelsgeschäft ist:
Nach § 349 HGB steht dem Bürgen, wenn die Bürgschaft für ihn ein Handelsgeschäft ist, die Einrede der Vorausklage nicht zu.
Nach § 350 HGB findet auf eine Bürgschaft, sofern die Bürgschaft auf der Seite des Bürgen ein Handelsgeschäft ist, die Formvorschrift des § 766 Satz 1 BGB keine Anwendung.
Welche Regelung des HGB beschäftigt sich mit einer besonderen Gutglaubensvermutung?
Nach § 366 HGB wird der gute Glaube an die Verfügungsbefugnis des Kaufmanns geschützt, wenn dieser beim Betreiben seines Handelsgewerbes etwas veräußert oder aber verpfändet.
Was verstehen Sie unter der „Rügeobliegenheit“ des § 377 HGB?
Die Untersuchungs- und Rügeobliegenheit des § 377 HGB bezweckt eine schnelle und möglichst endgültige Abwicklung von Handelskäufen. Die zentrale Bedeutung des § 377 HGB liegt darin, dass ein Käufer, der eine nach dieser Vorschrift erforderliche Rüge nicht rechtzeitig geltend macht, die gekaufte Ware als vertragsgemäß (d. h. mangelfrei) anerkennen muss, auch wenn diese tatsächlich Mängel aufweist. Dementsprechend kann er bei Versäumen der Rügefrist keinerlei Gewährleistungsansprüche mehr geltend machen.
Damit § 377 HGB eingreift, müssen die folgenden Voraussetzungen vorliegen:
Der Kauf muss für beide Vertragsparteien ein Handelsgeschäft sein.
Es muss ein Sachmangel gegeben sein (§ 434 BGB).
Der Sachmangel muss bereits bei Gefahrübergang vorliegen.
Der Sachmangel muss bei ordnungsgemäßer Untersuchung erkennbar sein bzw. – sofern er nicht erkennbar ist – sich nachträglich zeigen.
Der Käufer muss die Kaufsache unverzüglich untersuchen und einen dabei entdeckten Mangel darüber hinaus unverzüglich rügen. Unterlässt er dies, gilt die Kaufsache als genehmigt, und dem Käufer stehen keine Gewährleistungsansprüche mehr zu.
Welche Ausprägungen von Gesellschafterrechten können Sie benennen?
Zu den Gesellschafterrechten gehören u. a.:
Teilnahmerechte: Recht auf Anwesenheit, Stimmrecht und, je nach Rechtsform, Geschäftsführungsrecht;
Teilhaberechte: Recht auf Nutzung des Vermögens und auf Vermögensausschüttungen/Entnahmen, Auseinandersetzungsanspruch;
Informations- und Kontrollrechte: Recht auf Auskunft, Recht zur Einsicht in die Bücher der Gesellschaft;
Lösungsrechte: Recht zum Austritt aus der Gesellschaft, Recht zur Übertragung der Mitgliedschaft (i. R. der Grenzen einer etwaigen Vinkulierung).
Was verstehen Sie unter dem Begriff „Rechtsformzwang im Gesellschaftsrecht“?
Ähnlich wie im Sachenrecht gibt es auch im Gesellschaftsrecht einen „Numerus Clausus“, d. h. es stehen nur die gesetzlich vorgegebenen Rechtsformen von Gesellschaften zur Verfügung.
Welche zwei Hauptformen von Gesellschaften lassen sich im Gesellschaftsrecht unterscheiden?
Im Gesellschaftsrecht wird insbesondere zwischen „Personengesellschaften“ und „Kapitalgesellschaften“ unterschieden.
Worin unterscheiden sich „Personengesellschaften“ und „Kapitalgesellschaften“?
„Personengesellschaften“:
Personen der Gesellschafter stehen im Vordergrund;
häufig geringe Gesellschafterzahl;
persönliche Mitarbeit der Gesellschafter;
Prinzip der Selbstorganschaft;
häufig Einstimmigkeitserfordernis bei der Willensbildung;
persönliche Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft (vgl. aber Sonderformen wie GmbH & Co. KG);
große Abhängigkeit des Bestands der Gesellschaft von den einzelnen Gesellschaftern.
„Kapitalgesellschaften“:
Rechtsperson der Kapitalgesellschaft steht im Vordergrund (nicht die Personen der Gesellschafter);
häufig größere Gesellschafterzahl;
häufig keine persönliche Mitarbeit der Gesellschafter, stattdessen Kapitaleinlage;
Prinzip der Fremdorganschaft;
Mehrheitsprinzip bei der Willensbildung;
keine persönliche Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft;
Unabhängigkeit des Bestands der Gesellschaft von den Gesellschaftern.
Welche Gesellschaftsformen des BGB, des HGB und weiterer deutscher Gesetze kennen Sie? Welche dieser Gesellschaftsformen sind den „Personengesellschaften“ zuzurechnen und welche den „Kapitalgesellschaften“?
Gesellschaft bürgerlichen Rechts – GbR / BGB-Gesellschaft (§§ 705 ff. HGB);
Offene Handelsgesellschaft – OHG (§§ 105 ff. HGB);
Kommanditgesellschaft – KG (§§ 161 ff. HGB);
Stille Gesellschaft (§§ 230 ff. HGB);
Partnerschaftsgesellschaft – PartG oder PartG mbB (§§ 1 ff. PartGG).
Gesellschaft mit beschränkter Haftung – GmbH (§§ 1 ff. GmbHG);
Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) / UG (haftungsbeschränkt) – Sonderform der GmbH;
Aktiengesellschaft – AG (§§ 1 ff. AktG);
Kommanditgesellschaft auf Aktien – KGaA (§§ 278 ff. AktG).
Worum handelt es sich bei einer „Vorratsgesellschaft“?
Als „Vorratsgesellschaft“ bezeichnet man eine Kapitalgesellschaft oder eine Personengesellschaft, deren Gründung abgeschlossen ist, die aber keine Geschäftstätigkeit aufgenommen hat und deshalb vorläufig nur als Hülle oder Mantel besteht. Hintergrund ist, dass „Vorratsgesellschaften“ zum Verkauf bestimmt sind. Sie erleichtern und beschleunigen eine Unternehmensgründung, weil alle Gründungsformalitäten bereits abgeschlossen sind. Durch den käuflichen Erwerb einer „Vorratsgesellschaft“ überspringt der Erwerber den häufig langwierigen Eintragungsprozess (im Fall von Kapitalgesellschaften).
Von der Rspr. wird der Erwerb einer „Vorratsgesellschaft“ wirtschaftlich wie eine Neugründung behandelt. Das Registergericht prüft bei Kapitalgesellschaften, ob die Stammeinlage erbracht ist und zur Verfügung steht und ob etwaige Sacheinlagen werthaltig sind. Der Käufer muss beim Handelsregister offenlegen, dass es sich um eine „Vorratsgesellschaft“ handelt, die notwendigen Angaben zu Sitz, Unternehmensgegenstand, Geschäftsführung etc. machen und eine Versicherung des oder der Geschäftsführer beilegen, dass das Stammkapital zur freien Verfügung steht.
Wodurch unterscheiden sich „Geschäftsführung“ und „Vertretung“ im Gesellschaftsrecht?
Unter „Geschäftsführung“ ist im Gesellschaftsrecht das Recht und die Pflicht zu verstehen, den Ablauf einer Gesellschaft durch Anordnungen im Innenverhältnis zu steuern. Demgegenüber bezeichnet der Begriff „Vertretung“ das Auftreten mit Wirkung für und gegen die Gesellschaft im Außenverhältnis.
Was ist eine „BGB-Gesellschaft“?
Die „BGB-Gesellschaft“ – auch „Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ (GbR) genannt – ist ein freiwilliger Zusammenschluss von mind. zwei Personen zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks, den zu fördern sich die Gesellschafter verpflichten (§ 705 BGB).
Auf welchen Gesellschaftszweck kann eine GbR gerichtet sein?
Der Gesellschaftszweck einer GbR kann auf jeden beliebigen gemeinsamen Zweck gerichtet sein, aber nicht auf den Betrieb eines Handelsgewerbes, da sonst kraft Gesetzes eine OHG vorliegt (§ 105 Abs. 1 HGB).
Wie wird eine GbR gegründet?
Die GbR stellt die einfachste und allgemeinste Form der Personengesellschaft des deutschen Gesellschaftsrechts dar. Auf ihr bauen mehrere Gesellschaftsformen mit spezifischeren Anwendungsbereichen auf, etwa die OHG und die KG.
Nach § 705 BGB bedarf es für die Gründung einer GbR
eines Vertrags zwischen zwei oder mehreren Personen (Gesellschaftsvertrag),
der auf die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks gerichtet ist, und
den zu fördern sich alle Vertragspartner verpflichten (Förderungspflicht).
Der Gesellschaftsvertrag ist grds. formfrei. Er kann daher auch konkludent geschlossen werden. Bei der Beteiligung von Minderjährigen ist für die Errichtung eines Erwerbsgeschäfts die Zustimmung des Vormundschaftsgerichts gem. § 1643 BGB i. V. mit § 1822 Nr. 3 BGB notwendig.
Wie erfolgen „Geschäftsführung“ und „Vertretung“ bei einer GbR?
Bei einer GbR erfolgen „Geschäftsführung“ und „Vertretung“ wie folgt:
„Geschäftsführung“: Nach § 709 BGB steht die Führung der Geschäfte einer GbR allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu, so dass für jedes Geschäft grds. die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich ist. Aus § 710 BGB ergibt sich jedoch, dass der Gesellschaftsvertrag der GbR auch Einzelgeschäftsführungsbefugnis für einzelne oder alle Gesellschafter vorsehen kann.
„Vertretung“: Diese richtet sich gem. § 714 BGB nach der Geschäftsführungsbefugnis, so dass insoweit ein Gleichlauf besteht.
Wie erfolgen „Geschäftsführung“ und „Vertretung“ bei einer OHG?
Bei der OHG ist bzgl. der „Geschäftsführung“ und der „Vertretung“ wie folgt zu unterscheiden:
„Geschäftsführung“: Nach § 114 Abs. 1 i. V. mit § 115 Abs. 1 Halbsatz 1 HGB ist grds. jeder einzelne Gesellschafter (allein) zur Geschäftsführung befugt. Dies gilt jedenfalls für gewöhnliche Geschäfte, vgl. hierzu § 116 Abs. 1 HGB. Aus § 114 Abs. 2 und § 115 Abs. 2 HGB ergibt sich, dass im Gesellschaftsvertrag der OHG auch etwas Abweichendes geregelt werden kann, so dass die Geschäftsführungsbefugnis einzelner Gesellschafter z. B. auch ausgeschlossen werden kann. Soweit außergewöhnliche Geschäfte betroffen sind, muss ein solches unterbleiben, wenn ein anderer zur Geschäftsführung befugter Gesellschafter widerspricht (§ 115 Abs. 1 Halbsatz 2 HGB), und es bedarf ferner eines Gesellschafterbeschlusses (§ 116 Abs. 2 HGB).
„Vertretung“: Hierzu ist nach § 125 Abs. 1 HGB jeder Gesellschafter berechtigt, wenn er nicht durch den Gesellschaftsvertrag von der Vertretung ausgeschlossen ist. Der Umfang der Vertretungsbefugnis erstreckt sich gem. § 126 Abs. 1 HGB sowohl auf gewöhnliche als auch auf außergewöhnliche Geschäfte.
Was verstehen Sie unter einer „Partnerschaftsgesellschaft“?
Bei der „Partnerschaftsgesellschaft“ (PartG) handelt es sich um eine Gesellschaftsform, die für den Zusammenschluss von Angehörigen freier Berufe (z. B. Rechtsanwälte, Steuerberater) etabliert wurde. Die Partnerschaftsgesellschaft ist im PartGG geregelt.
Was ist eine „GmbH & Co. KG“?
Bei einer „GmbH & Co. KG“ handelt es sich um eine KG, bei der der persönlich haftende Gesellschafter (Komplementär) eine GmbH ist.
Wie erfolgen „Geschäftsführung“ und „Vertretung“ bei einer KG?
Bei der KG ist bzgl. der „Geschäftsführung“ und der „Vertretung“ wie folgt zu unterscheiden:
„Geschäftsführung“: Nach dem gesetzlichen Regelfall sind zur Geschäftsführung einer KG nur Komplementäre, nicht aber Kommanditisten befugt (vgl. §§ 164, 161 Abs. 2, § 116 Abs. 2 HGB). Außergewöhnliche Geschäfte bedürfen jedoch der Zustimmung der Kommanditisten und diesen steht insoweit ein Widerspruchsrecht zu. Durch abweichende Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag kann den Kommanditisten oder einzelnen Kommanditisten aber auch Geschäftsführungsbefugnis erteilt werden.
„Vertretung“: Nach § 161 Abs. 2 i. V. mit § 125 HGB erfolgt die Vertretung ausschließlich durch die Komplementäre, während Kommanditisten von der Vertretung ausgeschlossen sind (§ 170 HGB). Denkbar ist jedoch, Kommanditisten oder einzelnen Kommanditisten rechtsgeschäftliche Vollmacht zu erteilen.
Was ist eine „stille Gesellschaft“?
Bei einer (typisch) „stillen Gesellschaft“ beteiligt sich eine Person, der „stille Gesellschafter“, derart an dem Handelsgewerbe eines anderen (Einzelkaufmann oder Handelsgesellschaft), dass seine Einlage gegen einen Anteil am Gewinn in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts übergeht (§§ 230 ff. HGB). Die Einlage des stillen Gesellschafters kann in Geld-, Sach-, Dienstleistungen u. Ä. bestehen.
Ein Gesellschaftsvermögen entsteht nicht. Der „stille Gesellschafter“ wird durch die Beteiligung nicht zum Kaufmann.
Welche verschiedenen Stufen durchläuft eine GmbH-Gründung?
Bei einer GmbH-Gründung werden die folgenden drei Stufen durchlaufen:
Vorgründungsgesellschaft: Mit Entschluss der künftigen Gesellschafter zur Gründung einer GmbH entsteht die Vorgründungsgesellschaft. Dabei handelt es sich i. d. R. um eine GbR (in Einzelfällen auch OHG), deren Zweck auf die Gründung der GmbH gerichtet ist. Rechte und Pflichten der Vorgründungsgesellschaft gehen nicht automatisch auf die spätere GmbH über, sondern müssen rechts-geschäftlich auf diese übertragen werden.
Vor-GmbH (Vorgesellschaft): Ab notarieller Beurkundung der GmbH-Gründung existiert bis zur Eintragung der GmbH in das Handelsregister die Gesellschaft als Vorgesellschaft. Rechte und Pflichten der Vor-GmbH gehen mit der Eintragung der GmbH in das Handelsregister auf die dann entstehende GmbH über.
GmbH (Voll-Gesellschaft): Ab Eintragung der GmbH in das Handelsregister entsteht die GmbH als Voll-Gesellschaft.
Welche Möglichkeit der vereinfachten Gründung einer GmbH kennen Sie?
Nach § 2 Abs. 1a GmbHG kann eine GmbH in einem vereinfachten Verfahren gegründet werden, wenn sie höchstens drei Gesellschafter und einen Geschäftsführer hat.
Für die Gründung im vereinfachten Verfahren ist das in der Anlage zum GmbHG bestimmte Musterprotokoll zu verwenden. Dieses darf jedoch nur dann für das vereinfachte Verfahren verwendet werden, wenn außer den Ergänzungen in den hierfür vorgesehenen Feldern keine weiteren Änderungen oder Ergänzungen vorgenommen werden. Das Musterprotokoll gilt zugleich als Gesellschafterliste. § 2 Abs. 1a GmbHG ändert jedoch nichts daran, dass auch das Musterprotokoll von einem Notar notariell zu beurkunden ist.
Warum bietet das „Mindeststammkapital“ einer Kapitalgesellschaft nicht per se einen hinreichenden Gläubigerschutz?
Das „Mindeststammkapital“ (auch „Mindestgrundkapital“ genannt) dient zwar dem Gläubigerschutz, weil seine Aufbringung einen gewissen Nachweis für die Seriosität der Gründer erbringt. Allerdings zeigt es lediglich dasjenige Eigenkapital, das von den Gründern der Kapitalgesellschaft im Zeitpunkt der Gründung aufzubringen war.
Damit handelt es sich gerade nicht um einen „Reservepuffer“, der für die Gläubiger unangetastet auf einem Bankkonto zurückgehalten werden müsste. Stattdessen darf das eingezahlte Mindeststammkapital für die gewöhnliche Geschäftstätigkeit der Kapitalgesellschaft verwendet werden – und kann demnach durch entsprechende Ausgaben auch (mehr oder weniger schnell) aufgezehrt werden.
Über welche „Organe“ verfügt eine GmbH?
„Organe“ einer GmbH sind die Gesellschafterversammlung (§§ 46 ff. GmbH) sowie der oder die Geschäftsführer (§§ 35 ff. GmbH).
Ein „Beirat“ und/oder „Aufsichtsrat“ ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, kann aber fakultativ eingerichtet werden.
Was ist eine „Unternehmergesellschaft (UG)“? Welche Unterschiede bestehen zur „GmbH“?
Die „UG“ stellt keine eigenständige Gesellschaftsform dar, sondern ist vielmehr als „Rechtsformvariante“ der „GmbH“ konzipiert, für die, mit Ausnahme der Spezialregelungen des § 5a GmbHG, sämtliche Normen des GmbH-Rechts gelten. Die Stellung der „UG“ als „kleine Schwester der GmbH“ zeigt sich insbesondere an § 5a Abs. 5 GmbHG: Diese Norm bestimmt, dass die Spezialregelungen des § 5a Abs. 1–4 GmbHG ab dem Erreichen des Mindeststammkapitals einer „GmbH“ nicht mehr greifen. Eine „UG“ muss gem. § 5a Abs. 1 GmbHG in ihrer Firmierung den Zusatz „UnternehmergesellschaftS. 809 (haftungsbeschränkt)“ oder „UG (haftungsbeschränkt)“ führen.
Anders als bei einer „GmbH“ bedarf es bei einer „UG“ keines Mindeststammkapitals von 25.000 €. Grundlegende Unterschiede der „UG“ zur „GmbH“ bestehen gem. § 5a Abs. 2 GmbHG darüber hinaus hinsichtlich der Kapitalaufbringung. So darf die Anmeldung zum Handelsregister abweichend von § 7 Abs. 2 GmbHG erst erfolgen, wenn das Stammkapital in voller Höhe eingezahlt ist. Im Fall einer „GmbH“ darf die Anmeldung bereits erfolgen, wenn nur ¼ der Bareinlagen eingezahlt wurde. Außerdem kann eine „UG“, anders als eine „GmbH“, ausschließlich per Bargründung erfolgen – eine Sachgründung ist per se ausgeschlossen. Weiterhin schreibt der Gesetzgeber bei einer „UG“ gem. § 5a Abs. 3 GmbHG die jährliche Bildung einer gesetzlichen Rücklage i. H. von ¼ des um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr geminderten Jahresüberschusses vor.
Diese Rücklagen dürfen ausschließlich zu drei Zwecken verwendet werden:
für Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln gem. § 57c GmbHG,
zum Ausgleich eines Jahresfehlbetrags, soweit er nicht durch einen Gewinnvortrag aus dem Vorjahr gedeckt ist,
zum Ausgleich eines Verlustvortrags aus dem Vorjahr, soweit er nicht durch einen Jahresüberschuss gedeckt ist.
Worum handelt es sich bei der „Hauptversammlung“ einer AG? Welche Rechte und Kompetenzen hat sie?
Die „Hauptversammlung“ besteht aus den Aktionären der AG und kann dem Vorstand der AG in Angelegenheiten der Geschäftsführung keine Weisungen erteilen.
Allerdings stehen der „Hauptversammlung“ u. a. die folgenden Rechte zu:
Entscheidung über Satzungsänderungen (z. B. Beschluss über Kapitalerhöhungen, Schaffung eines bedingten Kapitals),
Bestellung und Abberufung der Mitglieder des Aufsichtsrats (der seinerseits den Vorstand bestellt),
Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats,
Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns,
Bestellung von Abschlussprüfern,
Beschlussfassung über die Auflösung der Gesellschaft.
Was verstehen Sie unter einer „SE“?
Die Abkürzung „SE“ steht für „Societas Europaea“, eine supranationale, europäische Rechtsform, die einer Aktiengesellschaft ähnelt und deshalb auch häufig als „Europäische Aktiengesellschaft“ beschrieben wird. Es handelt sich um eine Kapitalgesellschaft, deren Grundkapital in Aktien zerlegt sein und mind. 120.000 € betragen muss. Sie muss zudem ihren Sitz in einem Staat der EU oder des EWR haben. Die Geschäftsführung kann nach der Satzung der SE entweder monistisch (Verwaltungsrat mit geschäftsführenden und nicht geschäftsführenden Direktoren) oder dualistisch (Vorstand und Aufsichtsrat wie bei der Aktiengesellschaft) ausgestaltet sein.
Aufgrund der Energie- und Rohstoffkrise besteht für Unternehmen ein erhöhtes Insolvenzrisiko. Wie hat der Gesetzgeber hierauf reagiert?
Insbesondere angesichts stark gestiegener Energie- und Rohstoffpreise und den sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Unternehmen wurden einige Regelungen des Insolvenzrechts angepasst. Vorbild waren in diesem Zusammenhang die Lockerungen, die im Zuge der COVID-19-Pandemie eingeführt wurden.
Reagiert wurde durch eine Anpassung der Regelungen des bestehenden COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetzes (COVInsAG). Dies geschah durch das „Gesetz zur Abschaffung des Güterrechtsregisters und zur Änderung des COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetzes“. Das COVInsAG wurde dadurch umbenannt in „Gesetz zur vorübergehenden Anpassung sanierungs- und insolvenzrechtlicher Vorschriften zur Abmilderung von Krisenfolgen (Sanierungs- und insolvenzrechtliches Krisenfolgenabmilderungsgesetz – SanInsKG [2])“, um zu verdeutlichen, dass das Gesetz künftig nicht mehr ausschließlich Bestimmungen zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie enthalten wird.
Das SanInsKG ist seit dem 9.11.2022 in Kraft.
Welche wesentlichen Regelungen enthält das SanInsKG?
Folgende wesentliche Regelungen sind hier zu nennen:
In das ehemalige COVInsAG (jetzt: SanInsKG) wurde ein neuer § 4a SanInsKG eingefügt. Danach trat im Zeitraum vom 9.11.2022 bis einschließlich 31.12.2023 an die Stelle des in § 15a Abs. 1 Satz 2 InsO genannten Zeitraums von sechs Wochen ein Zeitraum von acht Wochen. Die verlängerte Höchstfrist betraf somit nur den Insolvenzgrund der Überschuldung.
Da vor dem Hintergrund der Energie- und Rohstoffkrise i. R. der Fortführungsprognose ein Prognosezeitraum von zwölf Monaten problematisch sein kann, wurde durch § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SanInsKG geregelt, dass bis einschließlich 31.12.2023 in Abweichung von § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO der Prognosezeitraum von zwölf Monaten auf vier Monate verkürzt wird.
Für den Zugang zu einer Eigenverwaltung (§§ 270 ff. InsO) oder einem Restrukturierungsverfahren (§§ 29 ff. StaRUG) ist jeweils eine Finanzplanung zu erstellen und einzureichen. Für diese Finanzplanungen ist ein Planungszeitraum von sechs Monaten zugrunde zu legen. Durch das SanInsKG verkürzte sich bis einschließlich 31.12.2023 der Planungszeitraum beim Finanzplan zur Eigenverwaltung (§ 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SanInsKG) sowie beim für eine Restrukturierung erforderlichen Finanzplan (§ 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SanInsKG) auf vier Monate, um den aktuellen Prognoseunsicherheiten Rechnung zu tragen.
Welche Neuerungen gab es vor dem SanInsKG, abgesehen von speziellen pandemiebedingten Regelungen?
Am 16.7.2019 ist die „Richtlinie (EU) 2019/1023 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über präventive Restrukturierungsrahmen, über Entschuldung und über Tätigkeitsverbote sowie über Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 (Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz)“ in Kraft getreten.
Das Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Pachtrecht (RestSchBÄndG) v. 22.12.2020 setzt die Vorgaben dieser Richtlinie für den Bereich Entschuldung in deutsches Recht um. Hauptregelungspunkt war durch eine Änderung des § 287 InsO die Verkürzung des regelmäßigen Restschuldbefreiungsverfahrens von sechs auf drei Jahre.
Weitere Umsetzungen der Richtlinie enthielt das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (Sanierungsrechtsfortentwicklungsgesetz – SanInsFoG [3]). Es trat überwiegend am 1.1.2021 in Kraft. Das Gesetz nahm wichtige Anpassungen des Sanierungs- und Insolvenzrechts in den Regelungsbereichen des Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) v. 7.12.2011 und in der Digitalisierung von Insolvenzverfahren vor. Das SanInsFoG enthält 25 Artikel und änderte zahlreiche Gesetze (etwa die InsO oder das COVInsAG).
Kernstück der Neuregelungen war die Schaffung des Gesetzes über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz – StaRUG). Darin wurden erstmalig vorinsolvenzliche Restrukturierungsinstrumente geschaffen, die Insolvenzen vermeiden und Restrukturierungen erleichtern sollen. Angesiedelt ist es zwischen der Sanierung ohne Hilfen und der Insolvenz in Eigenverwaltung. Ein zentrales Element ist die Möglichkeit der präventiven Restrukturierung, also eines vorinsolvenzlichen Verfahrens zur Vermeidung einer Insolvenz (vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren im Stadium der drohenden Zahlungsunfähigkeit).
Was besagt die seit 2021 geltende Regelung des § 15b InsO?
§ 15b InsO trifft Regelungen zu Zahlungsverboten im Fall der Insolvenzreife von haftungsbeschränkten Rechtsträgern. Nach § 15b Abs. 1 InsO darf der Geschäftsführer einer Gesellschaft nach der Insolvenzreife grds. keine Zahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen mehr leisten. Ausnahmen bestehen jedoch für Zahlungen, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sind, was in den nachfolgenden Absätzen der Vorschrift konkretisiert wird. Gemäß § 15b Abs. 4 Satz 1 InsO haben die gem. § 15a InsO antragspflichtigen Personen i. R. der Innenhaftung (also gegenüber der Gesellschaft) die Zahlungen zu erstatten, die nach Eintritt der Insolvenzreife vorgenommen wurden.
Die zuvor in den gesellschaftsrechtlichen Gesetzen verstreuten Regelungen zu den Zahlungsverboten (§ 64 GmbHG, § 92 Abs. 2 AktG, § 130a Abs. 1 HGB auch i. V. mit § 177 Satz 1 HGB, § 99 GenG) wurden durch das SanInsFoG [5] mit dem neu geschaffenen § 15b InsO in die Insolvenzordnung integriert und zu einer rechtsformneutralen Vorschrift zusammengefasst. Die Regelungen sind wesentlich detaillierter als in den bisherigen Vorschriften und schaffen dadurch eine größere Rechtssicherheit für Geschäftsleiter.
Sind aktuell Änderungen im Insolvenzrecht geplant?
Die EU-Kommission hat bereits am 7.12.2022 einen Richtlinienvorschlag zur Harmonisierung des Insolvenzrechts [4] veröffentlicht. Ziel ist es, bestimmte Aspekte der mitgliedsstaatlichen Insolvenzvorschriften zu harmonisieren, Mindeststandards sicherzustellen und so grenzüberschreitende Investitionen zu erleichtern, denn das Fehlen harmonisierter Insolvenzvorschriften wird seit Langem als eines der größten Hindernisse für den freien Kapitalverkehr in der EU und für eine stärkere Integration der EU-Kapitalmärkte angesehen.
Wie hat sich die Rechtsprechung im Hinblick auf die Vorsatzanfechtung entwickelt?
Der BGH hat insbesondere durch seine neueren Entscheidungen im Bereich des Anfechtungsrechts [6] eine Abkehr von der bisherigen Rspr. zur Vorsatzanfechtung vollzogen und damit seine mit Urteil v. 6.5.2021 [7] begonnene Linie fortgesetzt. Infolgedessen wurden die Anforderungen an eine Anfechtbarkeit von Zahlungen, die vor der Insolvenz erfolgt sind, verschärft. Damit wird nicht mehr so schnell wie zuvor vermutet, dass der Anfechtungsgegner Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners hatte. Zudem wurde die Darlegungs- und Beweislast des Insolvenzverwalters im Hinblick auf das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Insolvenzanfechtung deutlich erhöht.
Was ist das Ziel des Insolvenzverfahrens?
Nach § 1 Satz 1 InsO dient das Insolvenzverfahren dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem
das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder
in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird.
Des Weiteren kann der redliche Schuldner eine Restschuldbefreiung erreichen; dies ist auch über den Insolvenzplan möglich (§ 1 Satz 2 InsO).
Was hat der BGH zur Hinweispflicht des Steuerberaters im Hinblick auf das Vorliegen von Insolvenzgründen entschieden?
Der Steuerberater, der von dem Mandanten umfassend mandatiert ist und deshalb Einblick in die wirtschaftlichen Verhältnisse des Mandanten hat, hat ggf. die aus dem Beratungsvertrag und dem Gebot der umfassenden Beratung resultierende Nebenpflicht, den Mandanten auf eingetretene Eröffnungsantragsgründe hinzuweisen. Allerdings äußerte sich der BGH mit Urteil v. 7.3.2013 [8] hierzu und stellte fest, dass das steuerberatende Dauermandat von einer GmbH bei „üblichem Zuschnitt“ keine Pflicht des Steuerberaters begründet, die GmbH bei einer Unterdeckung in der Handelsbilanz auf die Pflicht ihres Geschäftsführers hinzuweisen, eine Überprüfung in Auftrag zu geben oder selbst vorzunehmen, ob Insolvenzreife besteht. Der BGH lehnte damit die bisher im Schrifttum und teilweise auch in der Rspr. vertretene Auffassung ab, der Steuerberater müsse i. R. seiner Vertragspflichten und kraft seines überlegenen Wissens den Geschäftsführer einer GmbH darauf hinweisen, zur Klärung der Insolvenzreife eine Überschuldungsbilanz aufzustellen und ggf. die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen.
Jedoch verschärfte der BGH sodann mit Urteil v. 26.1.2017 [9] die Haftung von Steuerberatern bei der Jahresabschlusserstellung für Krisenmandanten deutlich. Danach hat der mit der Erstellung eines Jahresabschlusses für eine GmbH beauftragte Steuerberater folgende Pflichten:
Zum einen trifft ihn eine Prüfungspflicht, ob sich auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen und der ihm sonst bekannten Umstände tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten ergeben, die einer Fortführung der Unternehmenstätigkeit entgegenstehen können; dagegen ist er nicht verpflichtet, von sich aus eine Fortführungsprognose zu erstellen und die hierfür erheblichen Tatsachen zu ermitteln.
Zum anderen besteht eine Hinweispflicht auf einen möglichen Insolvenzgrund und die daran anknüpfende Prüfungspflicht des Geschäftsführers, wenn entsprechende Anhaltspunkte offenkundig sind und der Steuerberater annehmen muss, dass die mögliche Insolvenzreife der Mandantin nicht bewusst ist.
Kann der Steuerberater die Insolvenzindizien nicht selbst entkräften, muss er bei der Geschäftsführung eine explizite Going-concern-Prognose einfordern und diese anschließend einer Stichhaltigkeits- oder Plausibilitätsprüfung unterziehen.
Zusammengefasst besteht damit im Gegensatz zur bisherigen BGH-Rspr. für den Steuerberater eine generelle insolvenzrechtliche Hinweis- und Warnpflicht gegenüber dem Mandanten. Offenkundige Anhaltspunkte, die eine solche Hinweis- und Warnpflicht auslösen, sind dabei insbesondere ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag, ein hälftiger Nennkapitalverlust, eine Unterbilanz sowie offensichtliche Liquiditätsschwierigkeiten.
Sind die Prüfungs- und Hinweispflichten des Steuerberaters i. R. einer möglichen Insolvenz des Mandanten gesetzlich geregelt?
Ja, in § 102 StaRUG wurde die Rspr. des BGH zu den Prüfungs- und Hinweispflichten im Hinblick auf das Vorliegen von Insolvenzgründen gesetzlich geregelt. Seitdem haben danach Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer und Rechtsanwälte bei der Erstellung eines Jahresabschlusses einen Mandanten auf das Vorliegen eines möglichen Insolvenzgrundes nach den §§ 17–19 InsO sowie auf die sich daran anknüpfenden Pflichten hinzuweisen, wenn entsprechende Anhaltspunkte offenkundig sind und sie annehmen müssen, dass dem Mandanten die mögliche Insolvenzreife nicht bewusst ist.
Haftet der Steuerberater bei Verletzung der Prüfungs- und Hinweispflichten?
Erfüllt der Berater diese Pflichten nicht, haftet er (nach § 280 Abs. 1 BGB, § 634 Nr. 4 BGB bzw. § 675 Abs. 1 BGB) für den Insolvenzverschleppungsschaden, wenn die Gesellschaft bei ordnungsgemäßer Hinweiserteilung früher Insolvenz angemeldet hätte.
Besteht eine Insolvenzantragspflicht, wenn aus der Handels- oder Steuerbilanz eine bilanzielle Überschuldung erkennbar ist? Was genau bedeutet „Überschuldung“?
Die Überschuldung eines Unternehmens lässt sich weder mithilfe der Handels- noch mittels der Steuerbilanz unmittelbar ermitteln. Eine nach § 19 InsO relevante Überschuldung kann vielmehr ausschließlich aufgrund einer Sonderbilanz (Überschuldungsstatus bzw. Überschuldungsbilanz) festgestellt werden.
Für diese Sonderbilanz gelten andere Bewertungsgrundsätze als für den Jahresabschluss. Bei der Überprüfung der Überschuldung gilt der „modifiziert zweistufige Überschuldungsbegriff“: Eine Überschuldung liegt danach vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich (Fortführungsprognose).
Was ist beim Ansatz von Aktiva und Passiva in der Überschuldungsbilanz zu beachten?
Wenn sich i. R. der Prüfung der Überschuldung eine negative Fortführungsprognose ergibt, erfolgen der Ansatz und die Bewertung sämtlicher Vermögenswerte – also der Aktiva – unter Liquidationsgesichtspunkten, d. h. mit Liquidationswerten. Auf der Passivseite sind alle zum Stichtag existierenden Verbindlichkeiten anzusetzen, einschließlich der noch nicht fälligen bzw. gestundeten Schulden.
Wie kann eine Überschuldung vermieden werden? Nennen Sie zwei Beispiele!
Mit Gläubigern und/oder Gesellschaftern kann ein auflösend bedingter Forderungserlass vereinbart werden. Als auflösende Bedingung wird die Besserung der wirtschaftlichen Situation des Schuldners festgelegt (Forderungsverzicht mit Besserungsabrede).
Bei der Rangrücktrittserklärung äußern Gesellschafter-Gläubiger oder Drittgläubiger, dass sie hinsichtlich der Befriedigung der Forderung hinter die übrigen Gläubiger zurücktreten. Ein solcher Rangrücktritt kann auch nachträglich – etwa im Fall bevorstehender Überschuldung – erklärt werden. In der Überschuldungsbilanz sind diese Forderungen nicht mehr aufzunehmen (s. § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO).
Wann ist ein Insolvenzantrag zulässig?
Die Zulässigkeit richtet sich nach den allgemeinen Prozessvoraussetzungen (§ 4 InsO i. V. mit den Vorschriften der ZPO). Geprüft werden insbesondere die Insolvenzfähigkeit des Schuldners (§ 11 InsO) sowie beim Gläubigerantrag die Berechtigung der Forderung und die Glaubhaftigkeit des vorgebrachten Eröffnungsgrundes (§ 14 InsO).
Wann ist ein Insolvenzantrag begründet?
Begründet ist der Antrag, wenn mind. einer der drei Eröffnungsgründe Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO), drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) oder Überschuldung (§ 19 InsO) vorliegen und die Insolvenzmasse die Verfahrenskosten deckt (§ 26 InsO). Hierzu bedient sich das Insolvenzgericht meist eines Sachverständigen. Regelmäßig wird der Sachverständige zugleich der vorläufige Insolvenzverwalter sein.
Wann ist eine Steuerschuld eine Insolvenzforderung und wann eine Masseforderung?
Generell ist zu unterscheiden zwischen Insolvenzforderungen gem. § 38 InsO einerseits und Masseforderungen gem. § 55 InsO andererseits. Im Folgenden stellen wir diese Unterschiede im Detail dar:
Eine Insolvenzforderung nach § 38 AO liegt im Hinblick auf Steuerschulden vor, wenn die Steuerschuld zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits „begründet“ war. Das Begründetsein setzt das Entstandensein der Forderung nicht voraus. Die InsO nimmt damit die Einordnung der einzelnen Forderungen als Insolvenzforderungen oder Masseverbindlichkeit nicht nach dem Zeitpunkt des Entstehens der Forderung vor. „Begründet“ nach § 38 InsO ist ein Anspruch dann, wenn im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Schuldverhältnis bereits besteht und der schuldrechtliche Grund bereits geschaffen ist. Dann geht die später entstehende Forderung auf das vorinsolvenzliche Verhalten des Insolvenzschuldners zurück, und die Forderung ist als Insolvenzforderung einzuordnen.
Für die insolvenzrechtliche Einordnung der Steuerforderung bedeutet dies, dass die Steuerforderung immer dann Insolvenzforderung nach § 38 InsO ist, wenn der der Steuerforderung zugrunde liegende (zivilrechtliche) Sachverhalt, welcher zu der Entstehung des Steueranspruchs führt, von dem Insolvenzschuldner vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verwirklicht worden ist. Eine Steuerforderung kann also i. S. des § 38 InsO „begründet“ und damit Insolvenzforderung sein, bevor sie im steuerrechtlichen Sinne (§ 38 AO) entstanden ist. Dies gilt insbesondere für Steuerforderungen, die wie die Einkommensteuer (§ 36 Abs. 1 EStG), die Umsatzsteuer (§ 13 Abs. 1 UStG) und die Gewerbesteuer (§ 18 GewStG) für das Entstehen auch an den Ablauf eines bestimmten Zeitraums (z. B. des Veranlagungs-, Erhebungs- oder des Voranmeldezeitraums) anknüpfen.
Ist eine Steuerforderung im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht gem. § 38 AO entstanden, ist nur die zum Eröffnungszeitpunkt bereits begründete Teilsteuerforderung anzumelden.
Dagegen handelt es sich um Masseforderungen nach § 55 AO, wenn die Steuerschuld erst nach der Verfahrenseröffnung „begründet“ worden ist. Diese Steuerforderungen sind i. d. R. sonstige Masseverbindlichkeiten gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 2 InsO. Dies gilt darüber hinaus ebenfalls für die in § 55 Abs. 4 InsO aufgezählten Verbindlichkeiten.
Spielt es eine Rolle, ob eine Schuld eine Insolvenzforderung oder eine Masseforderung darstellt?
Ja, denn Masseforderungen werden aus der Insolvenzmasse vorweg und damit oft zu 100 % befriedigt. Erst wenn alle Masseforderungen beglichen wurden, erfolgen Zahlungen auf Insolvenzforderungen, die dann auch nur quotenmäßig befriedigt werden (im Bundesdurchschnitt liegt diese Quote bei ca. 4 %).
Erläutern Sie das „Schutzschirmverfahren“! Ziehen Sie dabei Vergleiche zum „vorläufigen Eigenverwaltungsverfahren“!
Das „Schutzschirmverfahren“ dient wie das „vorläufige Eigenverwaltungsverfahren“ (s. insbesondere §§ 270b, 270c InsO) der Vorbereitung und Durchführung der Sanierung von Unternehmen. Ein Schuldner hat damit bereits bei drohender Zahlungsunfähigkeit oder bei Überschuldung die Möglichkeit, innerhalb von drei Monaten unter Aufsicht eines vorläufigen Sachwalters (also nicht eines vorläufigen Insolvenzverwalters!) und frei von Vollstreckungsmaßnahmen, ein Sanierungskonzept auszuarbeiten.
Hat der Schuldner den Eröffnungsantrag bei drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung gestellt sowie die Eigenverwaltung beantragt und ist die angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos, bestimmt das Insolvenzgericht auf Antrag des Schuldners eine Frist zur Vorlage eines Insolvenzplans (§ 270d InsO). Im „Schutzschirmverfahren“ hat der Schuldner im Gegensatz zur „vorläufigen Eigenverwaltung“ einige zusätzliche Rechte; dazu gehört z. B., dass er sich grds. seinen Sachwalter aussuchen darf.
Spätestens nach drei Monaten muss im „Schutzschirmverfahren“ ein Insolvenzplan vorgelegt werden (§ 270d Abs. 1S. 42 InsO). Bei einer „vorläufigen Eigenverwaltung“ existiert keine Pflicht zur Vorlage eines Insolvenzplans innerhalb einer bestimmten Frist.
Ist das Unternehmen schon zahlungsunfähig, ist das „Schutzschirmverfahren“ allerdings nicht mehr möglich. Der Schuldner hat daher eine Bescheinigung vorzulegen, dass noch keine Zahlungsunfähigkeit vorliegt und die Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist.
Das Nichtvorliegen von Zahlungsunfähigkeit und vor allem die eine gewisse Vorlaufzeit (und Kosten) verursachende Bescheinigung stellen in der Praxis hohe Hürden dar. Dies führt im Ergebnis dazu, dass viele sanierungsbedürftige Unternehmen anstelle des „Schutzschirmverfahrens“ die „vorläufige Eigenverwaltung“ beantragen.
Was versteht man unter einer „Insolvenzanfechtung“ und weshalb gibt es diese Möglichkeit?
„Insolvenzanfechtung“ bedeutet die Ausübung des mit Insolvenzeröffnung entstandenen Anfechtungsanspruchs, was aber – im Gegensatz zur Anfechtung nach §§ 119 ff. BGB – die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts nicht berührt, sondern die Rückgewähr zur Insolvenzmasse (§ 143 InsO) zugunsten aller Insolvenzgläubiger bewirkt. Sie ist ein Mittel, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgte Schmälerung der Masse zu korrigieren.
Rechtshandlungen vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind grds. auch dann wirksam, wenn sie zu einer Verminderung des Schuldnervermögens geführt haben. Für den Fall, dass der spätere Insolvenzschuldner angesichts der drohenden Insolvenz Vermögen auf Dritte überträgt, es verschleudert oder ihm nahestehende oder ihn besonders bedrängende Gläubiger befriedigt, eröffnet die Insolvenzordnung jedoch im Interesse der Gesamtheit der Insolvenzgläubiger die Möglichkeit, Rechtshandlungen, die zur Gläubigerbenachteiligung geführt haben, unter bestimmten Voraussetzungen anzufechten (§§ 129–147 InsO). Zweck der insolvenzrechtlichen Anfechtung ist es also, sachlich nicht gerechtfertigte Vermögensverschiebungen, die die spätere Insolvenzmasse verkürzt haben, rückgängig zu machen.
Nach welchem Grundsatz werden die Insolvenzgläubiger im Insolvenzverfahren behandelt?
Die Insolvenzgläubiger werden nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz („par conditio creditorum“) behandelt, der aus zahlreichen Einzelvorschriften hervorgeht (vgl. § 1 InsO, § 129 Abs. 1 InsO, §§ 187 ff. InsO).
Wo sind die grundlegenden Vorschriften für Steuerberater geregelt?
Steuerberatungsgesetz (StBerG): Es ist nicht das Steuerberatergesetz, sondern das Steuerberatungsgesetz, da darin u. a. auch Rechte und Pflichten weiterer, zur Steuerberatung befugter Personen (z. B. Lohnsteuerhilfevereine) geregelt sind. Das StBerG besteht aus vier Teilen:
erster Teil: Vorschriften über die Hilfeleistung in Steuersachen;
zweiter Teil: Steuerberaterordnung;
dritter Teil: Zwangsmittel, Ordnungswidrigkeiten;
vierter Teil: Schlussvorschriften.
Durchführungsverordnung zum Steuerberatungsgesetz (DVStB): In der DVStB ist u. a. die Durchführung der StB-Prüfung näher geregelt. Außerdem enthalten sind Vorschriften zur Berufshaftpflichtversicherung.
Berufsordnung der Bundessteuerberaterkammer (BOStB): In der BOStB sind die Berufspflichten für Steuerberater konkretisiert. Eine Durchsicht der BOStB gehört deshalb zur Pflichtlektüre vor der mündlichen Prüfung! Bestandteil der BOStB ist auch die Fachberaterordnung (FBO).
Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV): In der StBVV ist der Rahmen für die Vergütung der wesentlichen Tätigkeiten der Steuerberater geregelt.
Alle Gesetze und Verordnungen sind u. a. auf der Internetseite der BStBK unter https://www.bstbk.de/de/themen/ berufsrecht abrufbar.
Wer ist zur unbeschränkten Steuerberatung, wer zur beschränkten Steuerberatung befugt?
Nach § 3 Satz 1 StBerG sind zur unbeschränkten Hilfeleistung in Steuersachen befugt: Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer sowie Berufsausübungsgesellschaften nach dem StBerG, der Bundesrechtsanwaltsordnung und der Wirtschaftsprüferordnung.
Nach § 4 StBerG sind verschiedene Personen und Einrichtungen zur beschränkten Hilfeleistung in Steuersachen befugt. Dazu gehören u. a. Notare i. R. ihrer Befugnisse nach der Bundesnotarordnung, Berufsverbände, soweit sie i. R. ihres Aufgabenbereichs ihren Mitgliedern Hilfe in Steuersachen leisten, und die Lohnsteuerhilfevereine. Aktuell soll § 4 StBerG durch das „Gesetz zur Neuregelung beschränkter und unentgeltlicher geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der steuerberatenden Berufe“ überarbeitet werden. [2] Geplant ist nach dem Gesetzentwurf, auf eine abschließende Aufzählung der befugten Personen und Vereinigungen zu verzichten und stattdessen eine generalklauselartig formulierte Regelung zur Hilfeleistung in Steuersachen, die als Nebenleistung zu einer nichtsteuerberatenden Haupttätigkeit erbracht wird, einzuführen. Bestehende Befugnisse sollen dabei grundsätzlich fortgelten. Weiterhin sieht der Entwurf vor, die Befugnis von Lohnsteuerhilfevereinen zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen aus dem bisherigen Regelungssystem herauszunehmen und gesondert zu regeln.
Ein Hochschulverein möchte Hilfe in Steuersachen für Studierende leisten. Ist das zulässig?
Die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen darf bislang ausschließlich von Personen oder Vereinigungen geleistet werden, die hierzu nach §§ 3 ff. StBerG befugt sind (vgl. Frage 2). Studentische Vereinigungen gehören nicht zu den in §§ 3 ff. StBerG genannten Einrichtungen.
§ 2 StBerG definiert die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen. Zu dieser gehören die hauptberufliche, nebenberufliche, entgeltliche und auch die unentgeltliche Tätigkeit. Demnach ist es irrelevant, wenn der Verein seine Hilfeleistung in Steuersachen unentgeltlich an Studierende anbieten möchte. Die unentgeltliche Hilfeleistung in Steuersachen ist bislang aber nur gegenüber Angehörigen i. S. des § 15 AO zulässig (§ 6 Nr. 2 StBerG). § 6 Abs. 2 des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG), der unentgeltliche Rechtsdienstleistungen erlauben würde, greift nicht, da das StBerG insofern abschließende Regelungen enthält. [3]
Da im Bereich des RDG eine unentgeltliche Hilfeleistung erlaubt ist, aufgrund derer sich bereits über 100 „Law Clinics“ an Hochschulen gebildet haben, beabsichtigt der Gesetzgeber mit dem „Gesetz zur Neuregelung beschränkter und unentgeltlicher geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der steuerberatenden Berufe“ [4] diese Möglichkeit auch im Bereich der Hilfeleistung in Steuersachen einzuführen. Dadurch würden „Tax Law Clinics“ an oder im Umfeld von Hochschulen zulässig, bei denen zu Ausbildungszwecken unter Anleitung einer besonders qualifizierten Person altruistische Hilfeleistungen in Steuersachen angeboten werden. Entsprechende „Tax Law Clinics“ wurden z. B. bereits an der Universität Hannover und an der Universität zu Köln gegründet.
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um als Steuerberaterin bzw. Steuerberater bestellt zu werden?
Die Bestellung (nicht: Zulassung!) zur Steuerberaterin/zum Steuerberater durch die Steuerberaterkammer ist in § 40 StBerG geregelt. Voraussetzungen sind:
bestandene Prüfung oder Befreiung von der Prüfung,
Antrag auf Bestellung,
keine Ausübung einer mit dem Beruf des Steuerberaters unvereinbaren Tätigkeit,
Deckungszusage der Berufshaftpflichtversicherung,
geordnete wirtschaftliche Verhältnisse,
gesundheitliche Voraussetzungen zur Ausübung des Berufs und
Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter (nachgewiesen über ein polizeiliches Führungszeugnis).
Berufsausübungsgesellschaften werden nicht bestellt, sondern bedürfen der Anerkennung durch die Steuerberaterkammer (§ 53 Abs. 1 StBerG).
Was sind „Vorbehaltsaufgaben“ und wie werden diese vergütet?
Die „Vorbehaltsaufgaben“ (= den Steuerberatern vorbehaltene Aufgaben) sind in § 33 StBerG geregelt. Demnach haben Steuerberater die Aufgabe,
ihre Auftraggeber in Steuersachen zu beraten,
sie zu vertreten sowie
ihnen bei der Bearbeitung ihrer Steuerangelegenheiten und bei der Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten Hilfe zu leisten. Dazu gehören auch die Hilfeleistung in Steuerstrafsachen und in Bußgeldsachen wegen einer Steuerordnungswidrigkeit sowie bei der Erfüllung von Buchführungspflichten, die aufgrund von Steuergesetzen bestehen, insbesondere die Aufstellung von Abschlüssen, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, und deren steuerrechtliche Beurteilung.
Andere Berufsgruppen außer den in § 3 StBerG Genannten (vgl. Frage 2), dürfen grundsätzlich keine den steuerberatenden Berufen vorbehaltenen Aufgaben wahrnehmen.
„Vorbehaltsaufgaben“ werden grundsätzlich nach der StBVV vergütet (vgl. § 64 Abs. 1 StBerG und § 1 StBVV), d. h. sofern der Steuerberater mit dem Mandanten keine davon abweichende Vergütungsvereinbarung (vgl. hierzu auch die Fragen 28 und 31) abschließt.
Was sind „vereinbare Tätigkeiten“ und wie werden diese abgerechnet?
Neben den „Vorbehaltsaufgaben“ i. S. von § 33 StBerG können Steuerberater Tätigkeiten ausüben, die mit dem Beruf vereinbar sind (§ 57 Abs. 3 StBerG). Beispiele für vereinbare Tätigkeiten sind (vgl. § 15 BOStB):
die freiberufliche Unternehmensberatung (betriebswirtschaftliche Beratung),
Mediation,
Verwaltung fremden Vermögens,
Halten von Gesellschaftsanteilen für Dritte,
Wahrnehmung von Gesellschafterrechten,
Beirat und Aufsichtsrat,
Schiedsgutachter und Schiedsrichter,
Testamentsvollstrecker, Nachlasspfleger, Nachlassverwalter, Vormund, Betreuer, Pfleger, Beistand,
Insolvenzverwalter, Zwangsverwalter, Sachwalter, Restrukturierungsbeauftragter, Sanierungsmoderator, Liquidator,
Notgeschäftsführer aufgrund gerichtlicher Bestellung,
Mitglied in Gläubigerausschüssen,
Hausverwalter und Wohnimmobilienverwalter,
Dozent, Autor,
Datenschutzbeauftragter, Geldwäschebeauftragter.
Auch Tätigkeiten von Steuerberatern im Zusammenhang mit Corona-Hilfsprogrammen gehören zu den vereinbaren Tätigkeiten (s. hierzu auch Frage 39).
Die Vergütung für vereinbare Tätigkeiten ist nicht in der StBVV geregelt, sondern erfolgt, sofern nicht gesetzlich normiert (z. B. Insolvenzverwaltervergütung – InsVV) nach dem BGB. Wird keine Vergütung vereinbart, gilt die „übliche Vergütung“ (§ 612 Abs. 2 BGB).
Dürfen sich Steuerberater an gewerblich tätigen Gesellschaften beteiligen?
Steuerberater dürfen sich i. R. der Verwaltung eigenen Vermögens als Gesellschafter an gewerblichen Gesellschaften beteiligen, sofern sie über die Gesellschafterstellung weder nach den vertraglichen Vereinbarungen noch nach den tatsächlichen Verhältnissen für das Unternehmen geschäftsführend oder in ähnlicher Weise tätig sind (vgl. § 16 Abs. 3 BOStB). Zu beachten ist, dass für Steuerberater, die eine Gesellschaft beraten, an der sie nicht nur unwesentlich beteiligt sind, eine Interessenskollision (§ 57 Abs. 1a StBerG) bestehen kann.
Dürfen Steuerberater Geschäftsführer einer gewerblich tätigen GmbH sein?
Die Übernahme der Geschäftsführung einer gewerblichen GmbH ist grundsätzlich nicht erlaubt (§ 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG). Jedoch kann die Steuerberaterkammer eine Ausnahme vom Verbot der gewerblichen Tätigkeit i. S. des § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG zulassen, soweit durch die Tätigkeit keine Verletzung von Berufspflichten zu erwarten ist (vgl. § 16 BOStB). Eine Ausnahmegenehmigung kann unter dieser Voraussetzung insbesondere erteilt werden bei
Ausübung gewerblicher Tätigkeiten i. R. vereinbarer Tätigkeiten,
Ausübung vereinbarer Tätigkeiten in Gesellschaften, die nicht Berufsausübungsgesellschaften sind, wobei sicherzustellen ist, dass Steuerberater nicht in ihren Berufspflichten beeinträchtigt werden,
gewerblichen Tätigkeiten, die gemessen an Art und Umfang und unter Beachtung der wirtschaftlichen Auswirkungen nur geringfügig sind,
vorübergehendem Betrieb von gewerblichen Unternehmen, die im Wege der Erbfolge auf den Steuerberater übergegangen sind, oder von Unternehmen naher Angehöriger des Steuerberaters, und der
Übernahme der Notgeschäftsführung bei Mandantenunternehmen.
Was ist ein „Syndikus-Steuerberater“?
„Syndikus-Steuerberater“ sind in § 58 Satz 2 Nr. 5 a StBerG geregelt, ohne dass darin die Bezeichnung als solche verwendet wird. Es handelt sich um Steuerberater, die in Unternehmen oder Verbänden angestellt sind und dort Tätigkeiten i. S. von § 33 StBerG wahrnehmen. Der Arbeitgeber muss die Angaben in einer Arbeitgeberbescheinigung bestätigen. Weiterhin müssen „Syndikus-Steuerberater“ die zeitliche und tatsächliche Möglichkeit haben, den Beruf des selbständigen Steuerberaters auszuüben. Eine Pflicht zur tatsächlichen selbständigen Berufsausübung besteht aber nicht.
Mit der Bestellung wird der „Syndikus-Steuerberater“ Mitglied in dem für Steuerberater zuständigen Versorgungswerk [5]. Aus der Bestellung zum Steuerberater und der Mitgliedschaft im Versorgungswerk folgt keine automatische Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht. Die Befreiung ist vielmehr gesondert zu beantragen. Ohne Befreiung besteht für „Syndikus-Steuerberater“ eine Mitgliedschaft sowohl in der gesetzlichen Rentenversicherung als auch im Versorgungswerk, verbunden mit einer jeweiligen Beitragspflicht.
Wie tritt ein Syndikus-Steuerberater nach außen auf?
Das Wort „Syndikus-Steuerberater“ taucht im StBerG nicht auf. Die Berufsbezeichnung eines „Syndikus-Steuerberaters“ lautet „Steuerberater“. Der Syndikus-Steuerberater darf diese Berufsbezeichnung führen. Allerdings darf er für den Auftraggeber, dem er aufgrund eines ständigen Dienst- oder ähnlichen Beschäftigungsverhältnisses seine Arbeitszeit und -kraft zur Verfügung stellen muss, nicht in seiner Eigenschaft als Steuerberater tätig werden. Nimmt ein Syndikus-Steuerberater ein Mandat in seiner (auch) selbständigen Tätigkeit an, muss er bei Mandatsübernahme den Mandanten aus Gründen der Transparenz auf seine Angestelltentätigkeit hinweisen (§ 58 Satz 2 Nr. 5 a Satz 4 StBerG).
Müssen angestellte Steuerberater eine Berufshaftpflichtversicherung abschließen?
Selbständige Steuerberater sind verpflichtet, sich gegen die sich aus ihrer Berufstätigkeit ergebenden Haftpflichtgefahren für Vermögensschäden zu versichern und diese Berufshaftpflichtversicherung während der Dauer ihrer Bestellung aufrechtzuerhalten (§ 67 Abs. 1 StBerG, § 51 Abs. 1 DVStB). Steuerberater, die ausschließlich in einem Angestelltenverhältnis bei einem Berufsangehörigen i. S. von § 3 StBerG oder einer Berufsausübungsgesellschaft tätig sind, können über den Arbeitgeber mitversichert werden (vgl. § 40 Abs. 3 Nr. 3 StBerG, § 51 Abs. 3 DVStB). Dies gilt auch für selbständige Steuerberater, die ausschließlich als freie Mitarbeiter für andere Berufsangehörige i. S. von § 3 StBerG oder eine Berufsausübungsgesellschaft tätig sind. Nicht-versicherungspflichtige Steuerberater können sich zusätzlich selbst versichern.
Da Syndikus-Steuerberater die Möglichkeit haben müssen, außerhalb ihres Angestelltenverhältnisses als selbständige Steuerberater tätig zu sein, bedürfen sie einer eigenen Berufshaftpflichtversicherung, auch wenn sie ausschließlich angestellt sind.
Wie hoch ist die Mindestversicherungssumme für Steuerberater und für Berufsausübungsgesellschaften?
Für Einzelkanzleien beträgt die Mindestversicherungssumme 250.000 € (§ 52 Abs. 1 DVStB), für rechtsformbedingt nicht haftungsbeschränkte Berufsausübungsgesellschaften (GbR, OHG, PartG) 500.000 € (§ 52 Abs. 4 DVStB i. V. mit § 55f Abs. 4 StBerG) und für rechtsformbedingt haftungsbeschränkte Berufsausübungsgesellschaften (GmbH, GmbH & Co. KG, PartGmbB, AG) 1 Mio. € (§ 52 Abs. 4 DVStB i. V. mit § 55f Abs. 3 StBerG).
Ein Bilanzbuchhalter wirbt auf einer Social Media Plattform: „Buchführung inkl. Umsatzsteuer- und Lohnsteueranmeldungen – günstiger als beim Steuerberater!“. Was ist davon zu halten?
Bilanzbuchhalter dürfen gem. § 6 Nr. 4 StBerG folgende Tätigkeiten ausüben: das Buchen laufender Geschäftsvorfälle, die laufende Lohnabrechnung und das Fertigen der Lohnsteueranmeldungen. Das Erstellen von Umsatzsteuervoranmeldungen ist Bilanzbuchhaltern hingegen nicht gestattet. Ebenfalls nicht erlaubt ist ihnen die Einrichtung der Buchführung oder das Erstellen von Jahresabschlüssen. Die Werbung mit unzulässiger Hilfeleistung in Steuersachen ist rechtswidrig und kann von den Steuerberaterkammern, aber auch von einzelnen Steuerberatern, wettbewerbsrechtlich verfolgt werden.
Erläutern Sie das „beSt“!
Für Steuerberater und im Berufsregister eingetragene Berufsausübungsgesellschaften wird seit dem 1.1.2023 ein „besonderes elektronisches Steuerberaterpostfach“ („beSt“) eingerichtet. Das „beSt“ ist der erste Anwendungsfall der „Steuerberaterplattform“. Über die „Steuerberaterplattform“ wird insbesondere die Identifizierung und Authentifizierung mit Bestätigung der Berufsträgereigenschaft der Berufsträger durchgeführt. So werden über das „beSt“ versandte Nachrichten mit einem vertrauenswürdigen Herkunftsnachweis versehen, der sowohl die Personenidentität als auch die Berufsträgereigenschaft bestätigt. Mit dem „beSt“ wurde eine schnelle und sichere Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr, insbesondere mit (Finanz-)Gerichten, den Steuerberaterkammern, weiteren Steuerberatern sowie anderen freien Berufen mit besonderen elektronischen Postfächern (Rechtsanwälte – beA; Notare – beN), ermöglicht. In weiteren Ausbaustufen soll u. a. auch eine Kommunikation mit den Trägern der Sozialversicherung ermöglicht werden.
Sobald das „beSt“ eingerichtet ist, besteht eine aktive Nutzungspflicht. So dürfen Steuerberater in gerichtlichen Verfahren Schriftsätze und Anlagen ausschließlich über das „beSt“ versenden.
Die BStBK hat einen FAQ-Katalog [6] zum Thema veröffentlicht.
Welche allgemeinen Berufspflichten haben Steuerberater und wo sind diese geregelt?
Die allgemeinen Berufspflichten der Berufsausübung als Steuerberater sind in § 57 StBerG geregelt. § 57 Abs. 1 StBerG sieht vor, dass Steuerberater ihren Beruf wie folgt auszuüben haben:
unabhängig,
eigenverantwortlich,
gewissenhaft,
verschwiegen und
unter Verzicht auf berufswidrige Werbung.
Zur gewissenhaften Berufsausübung gehört auch die in § 57 Abs. 2a StBerG aufgeführte Verpflichtung für Steuerberater, sich fortzubilden. Verstöße gegen die Grundsätze der Berufsausübung können vom Vorstand der Steuerberaterkammer gerügt (§ 81 Abs. 1 StBerG) und auch berufsgerichtlich (§ 89 Abs. 1 StBerG) geahndet werden. Die Berufspflichten sind in der Berufsordnung (BOStB) konkretisiert.
Was müssen Steuerberater beachten, wenn sie Dienstleister (z. B. IT, Hausmeisterservice) beauftragen?
Steuerberater sind verpflichtet, Dienstleister, die in Kontakt mit Mandantendaten kommen können, sorgfältig auszuwählen. Nach § 62a StBerG bedarf der Vertrag mit dem Dienstleister der Textform. Im Vertrag ist der Dienstleister, unter Belehrung über die strafrechtlichen Folgen einer Pflichtverletzung, zur Verschwiegenheit zu verpflichten. Der Dienstleister ist zudem zu verpflichten, sich nur insoweit Kenntnis von fremden Geheimnissen zu verschaffen, als dies zur Vertragserfüllung erforderlich ist. Außerdem ist festzulegen, ob der Dienstleister befugt ist, weitere Personen (Subunternehmer) zur Erfüllung des Vertrags heranzuziehen, denn für diesen Fall ist dem Dienstleister aufzuerlegen, diese Personen in Textform ebenfalls zur Verschwiegenheit zu verpflichten.
Ein Steuerberater möchte sich von einem Mandanten trennen, bei dem gerade eine Betriebsprüfung anberaumt wurde. Darf er ihm kündigen?
Steuerberatungsleistungen sind als „Dienste höherer Art“ grundsätzlich jederzeit kündbar (§ 627 Abs. 1 BGB). Erfolgt eine Kündigung allerdings zur „Unzeit“ (§ 627 Abs. 2 BGB), ist diese zwar auch wirksam, aber der Steuerberater kann sich schadensersatzpflichtig machen (z. B. für Verspätungszuschläge), falls kein wichtiger Grund (z. B. Nichtzahlung des Honorars) für die Kündigung vorlag. Eine Kündigung zu Unzeit liegt dann vor, wenn für den Mandanten nicht mehr ausreichend Zeit besteht, sich die gekündigten Dienste anderweitig zu beschaffen. Eine sich aus der Beschaffung der anderweitigen Dienste für den (Ex-)Mandanten ergebende höhere finanzielle Belastung, da z. B. ein Folgeberater mehr verlangt als der bisherige Steuerberater, spielt für das Kriterium der Unzeit grundsätzlich keine Rolle.
Wo genau die zeitliche Grenze der Kündigung zur Unzeit liegt, lässt sich nicht allgemein sagen und hängt vom Einzelfall ab. So wird für ein einfaches Einkommensteuer-Mandat ein anderer zeitlicher Vorlauf anzusetzen sein als für einen mittelständischen Konzern. Die zeitliche Untergrenze für eine Kündigungsfrist dürfte bei ca. einem Monat liegen.
Berufsrechtlich sind bei Kündigung des Auftrags durch den Steuerberater zur Vermeidung von Rechtsverlusten des Mandanten in jedem Fall noch diejenigen Handlungen vorzunehmen, die zumutbar sind und keinen Aufschub dulden (§ 14 BOStB). Dies kann z. B. die vorsorgliche Einlegung eines Einspruchs oder ein Terminverlegungsantrag sein.
Die Ankündigung eine Betriebsprüfung ist kein Grund, der eine Kündigung zur Unzeit zur Folge hat. Der Steuerberater kann also grundsätzlich auch bei einer angekündigten oder laufenden Betriebsprüfung das Mandat kündigen.
Ein Steuerberater berät einen Mandanten, der sich an einer GbR beteiligt. Darf der Steuerberater auch die GbR beraten?
Steuerberater dürfen keine widerstreitenden Interessen vertreten und müssen Interessenskollisionen mit Mandanten vermeiden (§ 57 Abs. 1b StBerG). Die gleichzeitige Beratung von Gesellschafter und Gesellschaft ist aber an sich nicht unzulässig. [7] Häufig kann nur bei gleichzeitiger Vertretung von Gesellschafter und Gesellschaft eine für alle Beteiligten optimale steuerliche Behandlung erreicht werden.
Zu beachten ist jedoch, dass in Fällen, in denen die Interessen der verschiedenen Mandate nicht (mehr) gleichgerichtet sind, eine Interessenkollision bestehen kann. Steuerberater müssen deshalb genau darauf achten, bis wohin die Interessen der gemeinsam vertretenen Mandanten noch gleichgerichtet sind, und wo im Einzelfall der Vorteil des einen Mandanten zu einem Nachteil des anderen Mandanten führen kann. Stellt der Steuerberater eine solche Kollisionslage fest, muss er die Mandanten auf die widerstreitenden Interessen ausdrücklich hinweisen und sich auf eine nach § 57 Abs. 1b StBerG vermittelnde Tätigkeit zwischen den Mandanten beschränken. Ist dies nicht möglich, muss (mind.) eines der widerstreitenden Mandate niedergelegt werden.
In einem gerichtlichen Verfahren im Zusammenhang mit der Insolvenz einer GmbH benennt der Insolvenzverwalter den ehemaligen Steuerberater der GmbH als Zeugen. Muss er aussagen?
Grundsätzlich unterliegen Steuerberater der Verschwiegenheitspflicht über alles, was ihnen in Ausübung des Berufs bekannt geworden ist (§ 57 Abs. 1 StBerG). Ein Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht kann berufs- und strafrechtliche Konsequenzen (§ 203 StGB) nach sich ziehen. Als Zeugen benannte Steuerberater müssen deshalb regelmäßig von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht (§ 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO) Gebrauch machen.
Steuerberater können jedoch von der Verschwiegenheitspflicht entbunden werden (vgl. § 5 Abs. 2 BOStB). Grundsätzlich sind diejenigen Personen befugt, einen Berufsgeheimnisträger von seiner Verschwiegenheitspflicht zu entbinden, die zu ihm in einer geschützten Vertrauensbeziehung stehen. Dies ist regelmäßig nur der Auftraggeber. Ist der Auftraggeber eine juristische Person, können für diese diejenigen die Entbindungserklärung abgeben, die zu ihrer Vertretung zum Zeitpunkt der Zeugenaussage berufen sind. Bei einer Insolvenz ist dies der Insolvenzverwalter, soweit Angelegenheiten der Insolvenzmasse betroffen sind. Dies hat der BGH [8] im Fall „Wirecard“ in einer Grundsatzentscheidung im Januar 2021 entschieden. Bis dahin war bei juristischen Personen als Mandanten umstritten, ob zusätzlich zum Insolvenzverwalter auch ehemalige Geschäftsführer eine Entbindungserklärung abgeben müssen. Der BGH beseitigte diese Unsicherheit, indem er entschied, dass die Entpflichtung durch den Insolvenzverwalter ausreicht.
Welche allgemeinen Sorgfaltspflichten bestehen für Steuerberater bei der Mandatsannahme mit Blick auf die Geldwäscheprävention?
Steuerberater gehören zum Kreis der Verpflichteten nach dem Geldwäschegesetz (GwG), s. § 2 Abs. 1 Nr. 12 GwG. Demnach haben sie die Pflicht, ihre Mandanten nach Maßgabe des § 11 Abs. 4 GwG und § 12 Abs. 1 und 2 GwG zu identifizieren. Die Identifizierung besteht aus zwei Teilakten, der Erhebung von Angaben (Feststellung der Identität, § 11 GwG) und der Überprüfung von Angaben (Überprüfung der Identität, § 12 GwG). Die Identifizierung ist grundsätzlich bereits vor Begründung der Geschäftsbeziehung, d. h. vor Abschluss des Steuerberatungsvertrags, vorzunehmen. Sie kann jedoch im Einzelfall noch während der Begründung der Geschäftsbeziehung abgeschlossen werden, wenn dies zur Vermeidung der Unterbrechung des normalen Geschäftsablaufs erforderlich ist.
Der Mandant ist verpflichtet, dem Steuerberater die zur Identifizierung erforderlichen Informationen und Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Bei natürlichen Personen ist dies i. d. R. ein gültiger amtlicher Ausweis. Handelt es sich um juristische Personen oder Personengesellschaften, ist dies ein aktueller Auszug aus einem amtlichen Register (Handels-, Genossenschafts-, Partnerschaftsregister, Vereinsregister). Zusätzlich ist zur Identifizierung des wirtschaftlich Berechtigten ein Auszug aus dem Transparenzregister einzuholen.
Was ist die „FIU“ und welche Pflichten bestehen diesbezüglich für Steuerberater?
„FIU“ steht für „Financial Intelligence Unit“, hat ihren Sitz in Köln und ist die nationale Zentralstelle für die Entgegennahme, Sammlung und Auswertung von Meldungen über verdächtige Finanztransaktionen, die im Zusammenhang mit Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung stehen könnten. Alle Steuerberater müssen sich im elektronischen Meldeportal „goAML“ der „FIU“ registrieren. Das gilt für Steuerberater unabhängig davon, ob sie tatsächlich Geldwäschemeldungen abgeben möchten bzw. müssen (§ 45 Abs. 1 Satz 2 GWG). Die Pflicht zur Registrierung gilt unabhängig davon, ob die Berufsausübung selbständig oder im Angestelltenverhältnis erfolgt. Die Übergangsfrist für die Registrierung endete am 31.12.2023. Seither müssen alle Steuerberater bei der „FIU“ registriert sein. Hingegen besteht für Berufsausübungsgesellschaften keine Registrierungspflicht bei der „FIU“.
Ein Steuerberater vermutet, dass ein Mandant in Geldwäscheangelegenheiten verwickelt sein könnte. Muss er eine Verdachtsmeldung abgeben?
Grundsätzlich besteht für Steuerberater eine Pflicht zur Abgabe von Geldwäsche-Verdachtsmeldungen, wenn Tatsachen vorliegen, die auf einen Bezug zur Geldwäsche hindeuten, oder der Geschäftspartner seiner Offenlegungspflicht bzgl. wirtschaftlicher Berechtigung nicht nachkommt (§ 43 Abs. 1 GwG). Die Verdachtsmeldung hat an die FIU (vgl. Frage 21) elektronisch zu erfolgen.
Eine Verdachtsmeldung kann aber aufgrund der beruflichen Verschwiegenheit unterlassen werden, wenn die relevanten Informationen vom Steuerberater i. R. der Rechtsberatung oder Prozessvertretung erlangt wurden (Beraterprivileg nach § 43 Abs. 2 GwG). Zur (Steuer-)Rechtsberatung i. S. des § 43 Abs. 2 GwG gehören alle Vorbehaltsaufgaben i. S. des § 33 StBerG. Nur wenn ausschließlich kaufmännische Hilfstätigkeiten, nur Buchführungsaufgaben i. S. von § 6 Nr. 4 StBerG oder nur vereinbare Tätigkeiten (z. B. betriebswirtschaftliche Beratung) vereinbart waren, fällt dies nicht unter das Beraterprivileg. Ein typisches Steuerberater-„Vollmandat“ ist also vom Beraterprivileg erfasst. Hat ein Steuerberater allerdings positive Kenntnis, dass der Mandant das Mandatsverhältnis zum Zweck der Geldwäsche oder einer anderen Straftat nutzt oder genutzt hat, besteht auch i. R. einer Steuerrechtsberatung eine Meldepflicht (§ 43 Abs. 2 Satz 2 GwG). Bei einer bloßen Vermutung ist dies jedoch nicht der Fall.
Können Steuerberater ihre Haftung vertraglich vollständig ausschließen?
Ein vollständiger Haftungsausschluss ist nach h. M. für Steuerberater nicht möglich. Zulässig ist aber die vertragliche Begrenzung von Haftungsansprüchen nach § 67a StBerG. Diese kann nach § 67a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StBerG durch schriftliche Vereinbarung im Einzelfall bis zur Höhe der Mindestversicherungssumme oder nach § 67a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StBerG durch vorformulierte Vertragsbedingungen auf den vierfachen Betrag der Mindestversicherungssumme erfolgen, wenn insoweit Versicherungsschutz besteht.
Eine Haftungsbegrenzung durch schriftliche Vereinbarung im Einzelfall bis zur Höhe der Mindestversicherungssumme ist in der Praxis nicht durchführbar, da diese stets und in jedem Einzelfall individuell ausgehandelt werden müsste. Deshalb kommt in der Praxis nahezu ausschließlich die Haftungsbegrenzung nach § 67a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StBerG zum Tragen, insbesondere durch Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) bzw. allgemeinen Auftragsbedingungen (AAB). Für eine wirksame Haftungsbegrenzung durch AGB/AAB bedarf es eines Versicherungsschutzes mind. i. H. der vierfachen Mindestversicherungssumme (§ 67a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StBerG, vgl. auch Frage 12). Daher liegt z. B. der erforderliche Versicherungsschutz für eine Einzelkanzlei, die ihre Haftung durch AAB/AGB begrenzen möchte, bei 1 Mio. € und bei einer steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaft in einer haftungsbeschränkten Rechtsform (z. B. GmbH) bei 4 Mio. €.
Welche berufsrechtlichen Sanktionen gibt es und wo sind diese geregelt?
Der Vorstand der Steuerberaterkammer kann gem. § 81 Abs. 1 StBerG eine Rüge aussprechen, wenn ein pflichtwidriges Verhalten des Steuerberaters vorliegt, die Schuld des Steuerberaters gering ist und ein Antrag auf Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens nicht erforderlich scheint. Vor Erteilen einer Rüge ist der Steuerberater anzuhören. Eine Rüge ist keine Strafe im Rechtssinn, sondern eine Maßnahme der Berufsaufsicht.
Hat ein Steuerberater schuldhaft gegen Pflichten verstoßen, wird eine berufsgerichtliche Maßnahme verhängt. Zuständig ist das Landgericht. Die berufsgerichtlichen Maßnahmen sind in §§ 90, 91 StBerG in einem Stufenverhältnis aufgebaut:
Warnung (§ 90 Abs. 1 Nr. 1 StBerG): leichteste berufsgerichtliche Maßnahme, kommt insbesondere bei erstmaligen geringfügigen Verfehlungen in Betracht;
Verweis (§ 90 Abs. 1 Nr. 2 StBerG): für mittelschwere Berufspflichtverletzungen, kann mit einer Geldbuße verbunden werden;
Geldbuße (§ 90 Abs. 1 Nr. 3 StBerG): für schwere Berufspflichtverletzungen, kann bei Steuerberatern bis zu 50.000 € und bei Berufsausübungsgesellschaften bis zu 500.000 € betragen;
Berufsverbot für die Dauer von einem bis zu fünf Jahren (§ 90 Abs. 1 Nr. 4 StBerG);
Ausschließung aus dem Beruf (§ 90 Abs. 1 Nr. 5 StBerG): schwerste berufsgerichtliche Maßnahme als ultima ratio; für Berufsausübungsgesellschaften steht anstelle der Ausschließung aus dem Beruf die Aberkennung der Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen.
Der Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens gegen Steuerberater oder Berufsausübungsgesellschaften steht es gem. § 91 StBerG nicht entgegen, dass der Vorstand der Steuerberaterkammer ihm bereits wegen desselben Verhaltens eine Rüge (§ 81 StBerG) erteilt hat. Die Rüge wird mit der Rechtskraft eines berufsgerichtlichen Urteils unwirksam.
Kann die Steuerberaterkammer die Bestellung zum Steuerberater zurücknehmen oder widerrufen?
Zu unterscheiden ist zwischen der Rücknahme der Bestellung nach § 46 Abs. 1 StBerG wegen arglistiger Täuschung, Drohung, Bestechung oder wegen falscher Angaben und dem Widerruf der Bestellung nach § 46 Abs. 2 StBerG, der in den folgenden Fällen möglich ist:
Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit oder einer Tätigkeit als Arbeitnehmer, die mit dem Beruf nicht vereinbar ist,
Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter infolge strafgerichtlicher Verurteilung,
Nichtunterhalten einer Haftpflichtversicherung,
Nichtunterhalten einer beruflichen Niederlassung,
Verlegung der beruflichen Niederlassung ins Ausland, ohne dass ein Zustellungsbevollmächtigter mit Wohnsitz im Inland benannt worden ist,
Vermögensverfall und
gesundheitliche Gründe.
Dürfen Steuerberater mit einer kostenlosen (Erst-)Beratung werben?
Nach § 64 Abs. 1 StBerG sind Steuerberater an die StBVV gebunden. Diese sieht in § 21 StBVV einen Gebührentatbestand für eine steuerliche (Erst-)Beratung vor, so dass insofern keine kostenlose Beratung möglich ist. In außergerichtlichen Angelegenheiten können Steuerberater jedoch eine niedrigere als die gesetzliche Vergütung in Textform vereinbaren. Diese muss in einem angemessenen Verhältnis zur Leistung, Verantwortung und zum Haftungsrisiko des Steuerberaters stehen. Eine Beratung für ein Honorar von 0 € steht aber zu keiner Leistung in einem angemessenen Verhältnis, so dass eine kostenlose steuerliche (Erst-)Beratung nicht vereinbart werden kann. Demnach darf auch nicht dafür geworben werden (§§ 8, 57a StBerG).
Im Bereich der „vereinbaren Tätigkeiten“ (z. B. betriebswirtschaftliche Beratung; vgl. hierzu Frage 6) ist hingegen eine kostenlose Erstberatung möglich. Hierbei handelt es sich um keine „Vorbehaltsaufgabe“ i. S. von § 33 StBerG, so dass die StBVV hierfür nicht gilt (vgl. § 1 StBVV). Demnach darf dies angeboten und auch dafür geworben werden. Ob ein solches Angebot tatsächlich sinnvoll ist, ist eine andere Frage („Was nichts kostet, hat keinen Wert“).
Ein Mandant hat die Finanzbuchhaltung im Jahr 2022, nicht aber den Jahresabschluss für 2022 bezahlt. Inwiefern darf der Steuerberater die Herausgabe der Unterlagen für 2022 verweigern?
Steuerberater können Mandanten die Herausgabe von Dokumenten verweigern, solange offene Honorarforderungen bestehen (§ 66 Abs. 3 StBerG). Dies gilt nicht, soweit die Vorenthaltung der Unterlagen nach den Umständen unangemessen ist. Daher ist die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts des Steuerberaters als unzulässig anzusehen, wenn für den Mandanten hieraus ein unverhältnismäßig hoher, auch bei Abwägung mit den Interessen des Steuerberaters nicht zu rechtfertigender Schaden resultieren würde. Dabei darf aber kein kleinlicher Maßstab angesetzt werden, weil das Zurückbehaltungsrecht ansonsten entwertet würde.
Zu den Unterlagen, die der Steuerberater zurückbehalten darf, gehören gem. § 66 Abs. 2 StBerG alle Dokumente, die er aus Anlass seiner beruflichen Tätigkeit erhalten hat
von Mandanten (z. B. Buchführungsunterlagen, Rechnungen) und/oder
für Mandanten (z. B. Steuerbescheide, Schreiben des FA).
Zu den Dokumenten in diesem Sinne gehören auch die in einem Rechenzentrum gespeicherten Daten.
Nicht zu den Dokumenten ist diesem Sinn gehören dagegen:
die Korrespondenz mit Mandanten,
Dokumente, die der Mandant bereits in Ur- oder Abschrift erhalten hat, und
zu internen Zwecken gefertigte Arbeitspapiere.
Für das Zurückbehaltungsrecht ist es erforderlich, dass das Herausgabeverlangen des Mandanten sowie der Honoraranspruch des Steuerberaters auf „demselben rechtlichen Verhältnis“ beruhen. In Rspr. und Lit. ist insoweit nicht eindeutig geklärt, ob es ausreicht, dass der Honoraranspruch aus demselben Mandat stammt, oder ob sich der Honoraranspruch aus der konkreten Angelegenheit ergeben muss, auf die sich die zurückbehaltenen Dokumente beziehen.
In der Rspr. zum Zurückbehaltungsrecht bei Rechtsanwälten hat der BGH [9] entschieden, dass es auf die konkrete Angelegenheit ankommt und Unterlagen nicht wegen offener Gebührenforderungen aufgrund anderer Aufträge desselben Mandanten zurückbehalten werden dürfen. Auch für das Zurückbehaltungsrecht bei Steuerberatern an Dokumenten nach § 66 Abs. 3 StBerG nimmt die unterinstanzliche Rspr. überwiegend an, dass Dokumente nur zurückbehalten werden dürfen, soweit die Gebührenansprüche konkret aus der Steuerberatertätigkeit hervorgehen, in deren Zusammenhang die Unterlagen zum Steuerberater gelangten (enge Konnexität).
Nach älterer Rspr. des BGH [10] zum Zurückbehaltungsrecht für Steuerberater reichte es für das Zurückbehaltungsrecht hingegen aus, wenn irgendein Honoraranspruch aus demselben Mandatsverhältnis offen war (weite Konnexität). Auch wenn Letzteres nach wie vor gut vertretbar ist, empfiehlt die BStBK als sicheren Weg beim Zurückbehalten von Dokumenten, dass nur solche zurückbehalten werden, die mit den offenen Forderungen in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen (enge Konnexität) [11].
Bei vorsichtiger Herangehensweise könnten in unserem Fall also die Lohnunterlagen für 2022 herausgegeben werden; die Dokumente betreffend den Jahresabschluss 2022 könnten hingegen zurückbehalten werden.
Können Steuerberater ihre Tätigkeiten generell nach Zeit abrechnen?
Obwohl in der Praxis Tätigkeiten des Steuerberaters häufig nach Zeit abgerechnet werden, ist diese Form der Vergütung rechtlich in der StBVV nur an einigen Stellen vorgesehen.
Die wichtigsten Fälle sind:
Prüfung von Steuerbescheiden (§ 28 StBVV),
Teilnahme an Betriebsprüfungen (§ 29 StBVV),
Hilfeleistungen bei der Einrichtung einer Buchführung (§ 32 StBVV) und
Vorarbeiten, die über das übliche Maß hinausgehen (§ 25 Abs. 2 StBVV bei EÜR, § 27 Abs. 3 StBVV bei Überschusseinkunftsarten).
Die „Zeitgebühr“ beträgt gem. § 13 Satz 2 StBVV 30–75 € je angefangene halbe Stunde.
Außerhalb der in der StBVV ausdrücklich vorgesehenen Fälle kann die „Zeitgebühr“ grundsätzlich nicht angesetzt werden; insbesondere handelt es sich bei der „Zeitgebühr“ um keine „Hilfsgebühr“. Nur wenn der Sachverhalt keine genügenden Anhaltspunkte für eine Schätzung des Gegenstandswerts bietet, also der Gegenstandswert nicht geschätzt werden kann, darf ausnahmsweise auf die „Zeitgebühr“ ausgewichen werden (§ 13 Satz 1 Nr. 2 StBVV). Möglich ist es jedoch, i. R. einer Vergütungsvereinbarung nach § 4 StBVV eine Abrechnung nach Zeit zu vereinbaren. Wichtig für die rechtliche Durchsetzbarkeit sind nachvollziehbare Aufstellungen der jeweils erbrachten Tätigkeiten („Time-sheet“).
Was ist die „Mittelgebühr“?
Nach § 11 StBVV muss der Steuerberater für jede einzelne Angelegenheit die angemessene Gebühr unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der beruflichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen bestimmen. In der Praxis wird stattdessen häufig die „Mittelgebühr“ angesetzt. Bei dieser handelt es sich nicht um eine in der StBVV enthaltene Gebührenart. Die „Mittelgebühr“ steht für den mittleren Gebührensatz i. R. der von der StBVV vorgegebenen Gebührenspanne. Sie errechnet sich durch eine Addition der Mindest- und Höchstgebühr dividiert durch 2 (Mittelgebühr = [Mindestgebühr + Höchstgebühr] : 2). Beispielsweise beträgt die „Mittelgebühr“ für die Erstellung eines Jahresabschlusses nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StBVV 25/10.
Eine allgemeine Vermutung, dass die „Mittelgebühr“ stets die „angemessene“ Gebühr ist, stellt die StBVV nicht auf. Gleichwohl orientieren sich große Teile der Praxis an ihr. Dies hängt mit der Rspr. der Obergerichte [12] zusammen, wonach die „Mittelgebühr“ gerechtfertigt ist, wenn es sich um eine Angelegenheit von durchschnittlicher Bedeutung sowie durchschnittlichem Umfang und Schwierigkeitsgrad handelt. In diesem Fall kann der Steuerberater ohne weiteren Vortrag die „Mittelgebühr“ beanspruchen. Grundsätzlich ist der Steuerberater nach der Rspr. [13] nur dann darlegungs- und ggf. beweispflichtig, wenn er mehr als die „Mittelgebühr“ fordert. Hält der Mandant den Ansatz der „Mittelgebühr“ für zu hoch, muss er darlegen und beweisen, dass die in Rechnung gestellten Leistungen nur unterdurchschnittlich schwierig und umfangreich waren.
Inwiefern dürfen Steuerberater von der StBVV abweichen?
§ 64 StBerG besagt, dass Steuerberater an eine Gebührenordnung gebunden sind. Die insoweit angesprochene Gebührenordnung ist die StBVV. Es ist nach allgemeiner Auffassung aber trotz der Bindungswirkung des § 64 StBerG zulässig, dass Steuerberater ganz oder teilweise von der StBVV abweichen. So kann z. B. eine Abrechnung nach Zeit (s. Frage 28) anstatt nach Gegenstandswert, eine Abrechnung mit Pauschalen oder mit einem Mehrfachen der StBVV usw. vereinbart werden. Dazu müssen allerdings bestimmte Voraussetzungen eingehalten werden.
Eine Vereinbarung über eine höhere oder niedrigere Vergütung, als dies die StBVV vorsieht, muss in Textform (§ 126b BGB) (s. Frage 31) erfolgen. In der Vereinbarung sind Art und Umfang des Auftrags zu bezeichnen. Zudem muss das Dokument als Vergütungsvereinbarung oder in vergleichbarer Weise (z. B. Honorarvereinbarung) bezeichnet, von anderen Vereinbarungen, mit Ausnahme der Auftragserteilung, deutlich abgesetzt und nicht in der Vollmacht enthalten sein (§ 4 Abs. 1 StBVV). In der Regel bietet es sich an, die Vergütungsvereinbarung in einem separaten Dokument zu erstellen.
In außergerichtlichen Angelegenheiten kann auch eine niedrigere als die gesetzliche Vergütung vereinbart werden (§ 4 Abs. 3 StBVV). Für diese gelten die genannten Formerfordernisse entsprechend. Eine niedrigere als die gesetzliche Vergütung muss in einem angemessenen Verhältnis zur Leistung, zur Verantwortung und zum Haftungsrisiko des Steuerberaters stehen (s. hierzu auch Frage 26).
Müssen Steuerberater ihre Rechnungen unterschreiben?
Steuerberater dürfen Rechnungen in Textform erstellen, sofern der Mandant damit einverstanden ist (§ 9 Abs. 1 StBVV). „Textform“ ist dabei jede lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist und die auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben wird (§ 126b BGB). Vorteil der Textform ist der Verzicht auf die eigenhändige Unterschrift. Per E-Mail übersandte Honorarrechnungen (z. B. als PDF-Anhang) erfüllen grundsätzlich die Textform. In Bezug auf die Zustimmung des Mandanten für den Erhalt von Rechnungen in Textform bestehen keine Formerfordernisse. Er kann die Zustimmung z. B. ebenfalls in Textform abgeben oder diese i. R. des Steuerberatungsvertrags erteilen.
Auch ohne zwingendes Unterschriftserfordernis bleibt der Steuerberater berufsrechtlich weiterhin in der Pflicht, die Honorarrechnung vor Versand zu prüfen bzw. freizugeben.
In welchen Rechtsformen dürfen sich Steuerberater zusammenschließen?
Das „Gesetz zur Neuordnung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe“ [14] trat zum 1.8.2022 in Kraft. Seither können nach § 49 Abs. 2 StBerG Berufsausübungsgesellschaften zur gemeinschaftlichen Berufsausübung die folgenden Rechtsformen haben:
alle Gesellschaften nach deutschem Recht einschließlich der Handelsgesellschaften,
Europäische Gesellschaften und
Gesellschaften, die zulässig sind nach dem Recht eines EU-Mitgliedstaats oder eines EWR-Vertragsstaats.
Nicht zulässig wäre bspw. der Zusammenschluss zu einer britischen Limited.
Mit wem dürfen Steuerberater eine „Bürogemeinschaft“ eingehen und worauf ist dabei zu achten?
Nach der Legaldefinition in § 55h Abs. 1 StBerG liegt eine „Bürogemeinschaft“ vor bei einer Verbindung, die der gemeinschaftlichen Organisation der Berufstätigkeit der Gesellschafter unter gemeinschaftlicher Nutzung von Betriebsmitteln dient, die jedoch nicht selbst als Vertragspartner von steuerberatenden Mandatsverträgen auftritt. Steuerberater dürfen eine „Bürogemeinschaft“ grundsätzlich mit allen Personen eingehen, also auch mit Nicht-Steuerberatern, Angehörigen der freien Berufe oder Gewerbetreibenden. Eine Ausnahme besteht nur, wenn die Verbindung in der „Bürogemeinschaft“ mit dem Beruf des Steuerberaters, insbesondere seiner Stellung als unabhängigem Organ der Steuerrechtspflege, nicht vereinbar ist und das Vertrauen in seine Unabhängigkeit gefährden kann. Dies liegt insbesondere dann vor, wenn in der anderen Person ein Grund vorliegt, der bei einem Steuerberater nach § 40 Abs. 2 Nr. 2 StBerG zur Versagung der Bestellung führen würde (§ 55h Abs. 2 StBerG).
Zur Einhaltung der Berufspflichten in der „Bürogemeinschaft“ sind die insoweit tätigen Steuerberater verpflichtet, angemessene organisatorische, personelle und technische Maßnahmen zu treffen (§ 55h Abs. 3 StBerG). Zudem unterliegen alle Gesellschafter der „Bürogemeinschaft“ der Verschwiegenheitspflicht (§ 55h Abs. 4 i. V. mit § 51 Abs. 2 StBerG).
Mit wem dürfen sich Steuerberater zur gemeinsamen Berufsausübung verbinden?
Steuerberater dürfen sich mit anderen Steuerberatern, aber auch mit Rechtsanwälten und Wirtschaftsprüfern sowie seit dem 1.8.2022 mit allen Angehörigen der freien Berufe i. S. von § 1 Abs. 2 des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes (PartGG) zur gemeinsamen Berufsausübung verbinden (§ 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StBerG). Eine gemeinsame Berufsausübung mit Gewerbetreibenden ist (weiterhin) nicht erlaubt.
Welche „freien Berufe“ kennen Sie? Welche Kombination der Zusammenarbeit mit Steuerberatern kann aus Ihrer Sicht sinnvoll sein?
Die „freien Berufe“ haben im Allgemeinen auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit zum Inhalt. Dazu gehören u. a.: Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Heilpraktiker, Kranken-gymnasten, Hebammen, Heilmasseure, Diplom-Psychologen, beratende Volks- und Betriebswirte, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Lotsen, hauptberufliche Sachverständige, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer, Wissenschaftler, Künstler, Schriftsteller, Lehrer und Erzieher.
Naheliegende Kombinationen können sich vor allem für spezialisierte Steuerberater ergeben. So kann für auf die Beratung von Heilberufen spezialisierte Steuerberater ein Zusammenschluss mit Ärzten ebenso sinnvoll sein wie ein Zusammengehen einer auf Erbschaftsteuer spezialisierten Kanzlei mit einem Bewertungssachverständigen. Die in der Praxis am häufigsten anzutreffende Kombination ist die aus Steuerberatern und beratenden Betriebswirten [15], insbesondere da die betriebswirtschaftliche Beratung ein Zukunftsfeld für Steuerberater darstellt. Ebenfalls möglich kann die gemeinsame Berufsausübung mit Familienangehörigen sein, die einen freien Beruf ausüben, aber keine Steuerberater sind.
Gibt es Vorgaben, wie sich eine steuerberatende Berufsausübungsgesellschaft nennen muss?
Berufliche Zusammenschlüsse zwischen Steuerberatern oder zwischen Steuerberatern und Angehörigen der freien Berufe werden, unabhängig von der gewählten Rechtsform, im StBerG als „Berufsausübungsgesellschaft“ bezeichnet (vgl. § 49 StBerG). „Berufsausübungsgesellschaft“ ist der Oberbegriff für alle Formen der in einer Gesellschaft zusammengefassten Zusammenarbeit von Steuerberatern mit Steuerberatern oder weiteren freien Berufen. Eine „Berufsausübungsgesellschaft“ muss sich aber nicht als solche bezeichnen; vielmehr ist jede firmenrechtlich zulässige Bezeichnung möglich.
Die Bezeichnung als „Steuerberatungsgesellschaft“ ist für „Berufsausübungsgesellschaften“ zulässig, bei der Steuerberater nach § 55g StBerG die Mehrheit der Stimmrechte und in der Geschäftsführung innehaben. Die Bezeichnung als „Steuerberatungsgesellschaft“ ist dabei optional (vgl. § 55g StBerG: „[...] dürfen die Bezeichnung „Steuerberatungsgesellschaft“ führen.“). Die Bezeichnung „Steuerberatungsgesellschaft“ ist geschützt (§ 161 StBerG).
Dürfen Steuerberater für Mandanten die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens beantragen?
Die Vertretung im Anfrageverfahren zur Klärung des sozialversicherungsrechtlichen Status eines Erwerbstätigen (Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV) gegenüber der Deutschen Rentenversicherung Bund ist nach der Rspr. des Bundessozialgerichts (BSG) [16] eine für Steuerberater unzulässige Rechtsdienstleistung. Die berufsständischen Organisationen (BStBK, DStV e. V.) setzen sich aufgrund der Praxisrelevanz seit längerem für eine Erweiterung der Beratungs- und Vertretungsmöglichkeiten, insbesondere im Zusammenhang mit der Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens ein. Aktuell ist hierzu noch keine Änderung in Sicht.
Welche Pflichten haben Steuerberater im Zusammenhang mit Fragen zum Sozialversicherungsrecht?
Insbesondere i. R. von Lohnabrechnungsmandaten können sich sozialversicherungsrechtliche Fragestellungen ergeben. Die Beratung hierzu wird von der Rspr. [17] als Rechtsberatung angesehen, die für Steuerberater daher keine zulässige Nebentätigkeit gem. § 5 Abs. 1 RDG darstellt (vgl. Frage 37).
Gleichwohl müssen Steuerberater zur Vermeidung der Haftung i. R. der sich als Nebenpflicht aus dem Mandat ergebenden vertraglichen Schadensverhütungspflicht bei Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art dem Mandanten raten, einen Rechtsanwalt aufzusuchen, oder eine Prüfung durch den Sozialversicherungsträger anregen (st. Rspr. [18]). Geben Steuerberater keinen entsprechenden Hinweis zur Klärung sozialversicherungsrechtlicher Zweifelsfragen, z. B. dass ein Statusfeststellungsverfahren durchzuführen ist, haften sie für daraus resultierende Folgen (etwa für Nachforderungen, die durch anderweitige vertragliche Gestaltungen hätten vermieden werden können). Mandanten sind also darauf hinzuweisen, Statusfeststellungsverfahren entweder selbst durchzuführen oder einen Rechtsanwalt damit zu beauftragen. Diese Hinweise sollten zumindest in Textform erfolgen.
Dürfen Steuerberater ihre Mandanten in gerichtlichen Verfahren zu „Corona-Hilfen“ vertreten?
Steuerberater sind bei den staatlichen Hilfsprogrammen zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie als prüfende Dritte eingebunden. Dabei handelt es sich um keine Vorbehaltsaufgabe i. S. von § 33 StBerG, sondern um eine vereinbare Tätigkeit (§ 57 Abs. 3 StBerG, vgl. Frage 6) in Form der Fördermittelberatung. Da Steuerberater durch ihre Funktion als prüfende Dritte einen tiefen Einblick in Verfahren und Funktionsweise der staatlichen Corona-Hilfsprogramme erhalten haben, wurde ihnen in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 a Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) eine Vertretungsbefugnis vor den Verwaltungsgerichten eingeräumt.
Bei der Jahresabschlusserstellung stellt der Steuerberater die bilanzielle Überschuldung einer GmbH fest. Ergeben sich daraus Pflichten für den Steuerberater?
Bei Erstellung des Jahresabschlusses haben Steuerberater den Mandanten auf das Vorliegen eines möglichen Insolvenzgrundes gem. §§ 17–19 InsO und sich daran anknüpfende Pflichten hinzuweisen, wenn entsprechende Anhaltspunkte offenkundig sind und sie annehmen müssen, dass dem Mandanten die mögliche Insolvenzreife nicht bewusst ist. Dies ergibt sich aus § 102 StaRUG, der die Rspr. des BGH umsetzt, wonach der mit der Erstellung eines Jahresabschlusses für eine GmbH beauftragte Steuerberater den Mandanten auf einen möglichen Insolvenzgrund und die daran anknüpfende Prüfungspflicht des Geschäftsführers hinzuweisen hat. [20]
Eine bilanzielle Überschuldung ist für sich genommen zwar kein Insolvenzgrund, gibt jedoch Anlass, eine insolvenzrechtliche Überschuldung zu prüfen. Der Steuerberater muss deshalb den Mandanten darauf hinweisen, dass von diesem zu prüfen ist, ob die bilanzielle Überschuldung auch eine Überschuldung i. S. des Insolvenzrechts darstellt, und somit eine Insolvenzantragspflicht der Geschäftsleitung nach sich zieht (§ 15a InsO). Eine solche Prüfung kann durch Erstellung eines Überschuldungstatus oder durch eine Fortbestehensprognose erfolgen. Ohne Vorlage eines positiven Überschuldungsstatus oder einer Fortbestehensprognose darf der Steuerberater den Jahresabschluss der Gesellschaft grundsätzlich nicht mehr unter Fortführungsaspekten aufstellen; vielmehr hat dann eine Bilanzierung mit Zerschlagungswerten zu erfolgen.
Für was steht MoPeG
Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts
Wann wurde das MoPeG verkündet und wann tritt es in Kraft?
Verkündung: 2021
In Kraft treten: 01.01.2024
Was wird als „Europarecht“ bzw. „EU-Recht“/„Unionsrecht“ bezeichnet?
Das „Europarecht“ ist Öffentliches Recht [2] und umfasst als „Europarecht im engeren Sinne“ das Recht der Europäischen Union (EU; auch: „EU-Recht“ oder „Unionsrecht“). Zusammen mit dem Recht weiterer internationaler Organisationen (z. B.: Europarat mit der Europäischen Menschenrechtskonvention [EMRK]) bildet es das „Europarecht im weiteren Sinne“.
In welchen Lebens- und Rechtsbereichen wirkt sich das „Europarecht“ aus?
Das „Europarecht“ beeinflusst neben dem Steuerrecht (s. hierzu Kap. II.) z. B. das
Bürgerliche Recht (z. B. Fluggastrechte-Verordnung [3]),
Gesellschaftsrecht (z. B. Verordnungen wie die SE-, die SCE- und die EWIV-Verordnung [4]),
Wettbewerbsrecht (z. B. Gesetz über digitale Märkte [Digital Markets Act; DMA] [5] sowie Gesetz über digitale Dienste [Digital Services Act; DSA] [6]),
Insolvenzrecht (z. B. Restrukturierungsrichtlinie [7]),
Daten(-schutz-)recht (z. B. Datenschutz-Grundverordnung [DSGVO] sowie das [künftige] Datengesetz [Data Act] [8]),
Recht zur Regulierung der Künstlichen Intelligenz (KI; z. B. das [künftige] Gesetz über Künstliche Intelligenz [AI Act] [9]),
Umweltrecht (z. B. Taxonomie-Verordnung [10]) sowie
Berufsrecht (z. B. Geldwäscherichtlinie [11]) [12].
Welche Werte hat die EU und wie werden diese geschützt?
Die EU gründet auf Werten wie der Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und Wahrung der Menschenrechte (Art. 2 EUV). Die Rechtsstaatlichkeitsverfahren (Art. 7 EUV) gegen Polen (wegen Justizreform) und Ungarn (u. a. wegen Einschränkung der Medienfreiheit) kommen nur schleppend voran. Mittlerweile hat der EuGH [13] festgestellt, dass Polen Unionsrecht verletzt. Praktische Schwierigkeiten bereitet auch der Schutz des EU-Haushalts (zu diesem sogleich). Nach der KonditionalitätsverordnungS. 96 [14] können z. B. Zahlungen an Mitgliedstaaten ausgesetzt werden, wenn Rechtsstaatlichkeitsverstöße den EU-Haushalt tangieren. Bislang hat die Kommission den Konditionalitätsmechanismus ausschließlich gegen Ungarn ausgelöst. [15] Darüber hinaus können Verletzungen des EU-Rechts Folgen für die Freigabe von Mitteln aus dem Instrument „NextGenerationEU“ (dazu sogleich) haben. Mit Polen und Ungarn wurden „Meilensteine“ vereinbart. Bislang wurden nur für Ungarn zeit-/teilweise Mittel gekürzt.
Gibt es einen eigenen „EU-Haushalt“?
Die EU hat einen eigenen „Haushalt“ (Art. 310 ff. AEUV). Es gibt mehrjährige Finanzrahmen (MFR) von fünf bis sieben Jahren. Die Jahreshaushaltspläne werden innerhalb der Grenzen der MFR aufgestellt.
Der EU-Haushalt wird durch folgende Einnahmequellen finanziert:
„Eigenmittel“ (Art. 311 AEUV), d. h.
traditionelle „Eigenmittel“ wie Zölle sowie auf dem Mehrwertsteueraufkommen und dem Bruttonationaleinkommen (BNE) basierende Beiträge der Mitgliedstaaten,
neue „Eigenmittel“ wie Einnahmen aus der Abgabe auf nicht recycelte Kunststoffabfälle („Plastiksteuer“ als „Kunststoff-Eigenmittel“) [16] und perspektivisch [17] einem Anteil an Einnahmen aus dem EU-Emissionshandelssystem und dem CO2-Grenzausgleichssystem (s. Frage 20), einem Anteil an den Residualgewinnen multinationaler Unternehmen, die i. R. der OECD/G20-Vereinbarung den Mitgliedstaaten neu zugewiesen werden (Erste Säule; engl.: Pillar One; s. Frage 15) sowie Eigenmittel, die auf Grundlage eines statistischen Indikators an Unternehmensgewinne anknüpfen (bis Einführung von BEFIT [s. Frage 15]),
Einnahmenüberschuss der EU (aus dem Haushalt der vorangehenden Haushaltsperiode) und
andere Quellen (z. B. Geldbußen bei Verstößen gegen das EU-Wettbewerbsrecht sowie Steuern auf Dienstbezüge).
Die „Plastiksteuer“ ist – zumindest noch – keine „Steuer“, sondern eine Methode zur Ermittlung der Beiträge der Mitgliedstaaten zum EU-Haushalt. [18] Die Einwegkunststoffabgabe kann wegen der Zuordnung des Aufkommens zum Einwegkunststofffonds (s. Frage 20) nicht zur Refinanzierung der „Plastiksteuer“ verwendet werden.
Zur Beseitigung von Folgen der COVID-19-Pandemie wurde mit „NextGenerationEU“ ein schuldenfinanziertes Instrument im Umfang von 750 Mrd. € beschlossen. [19]
Wie hat sich die EU entwickelt?
Die EU wurde im Jahr 1992 durch den Vertrag über die Europäische Union („Vertrag von Maastricht“) gegründet. Sie hatte zunächst keine Rechtspersönlichkeit, sondern fasste
die drei Europäischen Gemeinschaften, d. h. die Europäische Gemeinschaft (EG; zunächst: Europäische Wirtschaftsgemeinschaft; EWG), die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) und die Europäische Atomgemeinschaft (EAG),
die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und
die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (PJZS)
(die beiden Letztgenannten als Bereiche intergouvernementaler Koordinierung) in einer Drei-Säulen-Struktur zusammen.
Die EGKS wurde 1951 in Paris gegründet; die Gründung der EWG/EG und der EAG erfolgte 1957 in Rom (durch „Vertrag von Paris“ bzw. „Römische Verträge“). Im Jahr 2002 lief die EGKS aus.
Durch den im Jahr 2009 in Kraft getretenen „Vertrag von Lissabon“ hat die EU eine eigene Rechtspersönlichkeit erhalten (Art. 47 EUV). Sie ist Rechtsnachfolgerin der EG. Aus dem EG-Vertrag wurde der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Die zuvor getrennt von EU und EG wahrgenommenen Aufgaben werden von oder i. R. der EU erfüllt. Dementsprechend gibt es kein „Gemeinschaftsrecht“ mehr. Die EAG besteht selbständig neben der EU fort.
Wie viele EU-Mitgliedstaaten gibt es?
Die EU hat 27 Mitgliedstaaten.
Kann die EU weitere Staaten als Mitgliedstaaten aufnehmen und können Mitgliedstaaten austreten?
Sie kann weitere Staaten aufnehmen (Art. 49 EUV)
„Beitrittskandidaten“ sind derzeit Albanien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Nordmazedonien, Serbien, die Türkei, die Ukraine und Moldau, potenzielle Beitrittskandidaten Georgien und Kosovo. Aus Solidarität mit der Ukraine hat die EU neben dem Beitrittskandidatenstatus Sanktionspakete gegen Russland sowie Belarus verabschiedet. Diese enthalten Maßnahmen gegen Einzelpersonen und die Wirtschaft sowie diplomatische Maßnahmen.
Umgekehrt können Mitgliedstaaten aus der EU austreten (Art. 50 EUV). Zum 31.1.2020 trat das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland (UK) aus („Brexit“). [20] Es gibt ein ausführliches Handels- und Kooperationsabkommen aus Dezember 2020 („weicher Brexit“), das mit dem Austrittsabkommen aus Oktober 2019 das Verhältnis von EU und UK regelt. Durch das Nordirland-Protokoll soll eine EU-Außengrenze zwischen Nordirland und Irland vermieden werden, um die Wirtschaft zu schützen und das Karfreitagsabkommen (Belfaster Abkommen) aufrechtzuerhalten, durch das damals ein bürgerkriegsähnlicher Identitäts- und Machtkampf zwischen Katholiken und Protestanten beendet wurde. Die vereinbarten Kontrollen von Waren, die aus dem übrigen UK nach Nordirland gelangen, waren Gegenstand heftiger Kontroversen zwischen EU und UK. Im Februar 2023 haben sich die EU und das UK auf verschiedene Maßnahmen zur Umsetzung des Nordirland-Protokolls geeinigt.
Haben alle EU-Mitgliedstaaten den Euro als Währung?
Zum „Euro-Währungsraum“ (auch: „Euroraum“ oder „Eurozone“) gehören 20 Mitgliedstaaten. Diese bilden die „Euro-S. 97Gruppe“ (Vorsitz: Paschal Donohoe, Irland). Für Mitglieder gelten Vorgaben für die Verschuldung der öffentlichen Hand („Stabilitäts- und Wachstumspakt“; s. Art. 126 AEUV). [21] Diese stehen neben verfassungsrechtlichen Vorgaben wie der „Schuldenbremse“ (Art. 109 Abs. 3 und Art. 115 Abs. 2 GG). Für die Geldpolitik ist die EZB zuständig (s. Frage 4). [22]
Welche Organe der EU kennen Sie?
Das institutionelle System der EU besteht aus sieben Organen, jeweils mit spezifischen Aufgaben (Art. 13 Abs. 1 EUV)
Europäisches Parlament
Europäischer Rat
Rat
Europäische Kommission
Gerichtshof der Europäischen Union
Europäische Zentralbank
Europäischer Rechnungshof
(Ort / Vorsitzender / Aufgaben)
Sitz: Straßburg; -
weitere Arbeitsorte: Brüssel und Luxemburg
Präsidentin: Roberta Metsola, Malta
gewählt durch die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger
gemeinsam mit dem Rat Hauptrechtsetzungsorgan der EU;
Sitz: Brüssel
Präsident: Charles Michel, Belgien
Aufgabe: Vertretung der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten mit den Präsidenten des Europäischen Rats und der Kommission als weiteren Mitgliedern; politisches Leitorgan und „Impulsgeber“;
Sitz: Brüssel; Vorsitz: rotierend
je ein Vertreter der Mitgliedstaaten auf Ministerebene („Ministerrat“)
Aufgabe: gemeinsam mit dem EP Hauptrechtsetzungsorgan der EU;
Hinweis: Wegen unterschiedlicher Zusammensetzung und Aufgaben ist der „Europäische Rat“ strikt vom „Rat“ zu unterscheiden! Treffen sich im Rat die Wirtschafts- und Finanzminister, spricht man vom Rat „Wirtschaft und Finanzen“ (engl.: Economic and Financial Affairs Council, ECOFIN).
Präsidentin: Ursula von der Leyen, Deutschland
je ein Kommissar aus den Mitgliedstaaten
Aufgabe: „Motor“ sowie ausführendes Organ („Regierung“);
EuGH
Sitz: Luxemburg
Präsident: Koen Lenaerts, Belgien
je ein Richter aus den Mitgliedstaaten
Aufgabe: Sicherung der Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung der Verträge;
EZB
Sitz: Frankfurt am Main
Präsidentin: Christine Lagarde, Frankreich)
zuständig für die Geldpolitik
Sitz: Luxemburg;
Präsident: Tony Murphy, Irland)
je ein Vertreter der Mitgliedstaaten;
Aufgabe: Kontrolle der nachhaltigen und rechtmäßigen Verwaltung des EU-Haushalts.
Welche Arten des EU-Rechts sind zu unterscheiden?
Die wichtigsten Arten des EU-Rechts sind das Primärrecht und das Sekundärrecht:
Das Primärrecht besteht aus den von den Mitgliedstaaten abgeschlossenen Gründungsverträgen und weiteren Rechtsakten. Gegenwärtig zählen dazu der Vertrag über die Europäische Union (EUV) und der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) (s. Frage 2) sowie u. a. die Charta der Grundrechte der EU (Art. 6 Abs. 1 EUV; kurz: EU-Grundrechtecharta, GRC bzw. GRCh).
Das Sekundärrecht ist das aufgrund Ermächtigung im Primärrecht erlassene Recht. Es gibt vier Formen (Art. 288 Abs. 1 AEUV):
Verordnungen (Art. 288 Abs. 2 AEUV) haben allgemeine Geltung. Sie sind in ihrer Gesamtheit verbindlich und gelten in den Mitgliedstaaten ohne Umsetzungsmaßnahme unmittelbar.
Richtlinien (Art. 288 Abs. 3 AEUV) sind für die Mitgliedstaaten hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlassen jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Sie müssen somit in nationales Recht umgesetzt werden.
Beschlüsse (Art. 288 Abs. 4 AEUV) sind in ihrer Gesamtheit verbindlich. Sie bedürfen daher keiner nationalen Umsetzungsmaßnahme. Beschlüsse können an Mitgliedstaaten, Unternehmen oder Einzelpersonen gerichtet sein.
Empfehlungen und Stellungnahmen (Art. 288 Abs. 5 AEUV) sind nicht verbindlich.
Kann die EU Abkommen mit Drittstaaten schließen? Nennen Sie Beispiele!
Die EU kann mit anderen Staaten Abkommen schließen. [23] Wichtig sind Freihandelsabkommen [24], aber auch Abkommen über die Freizügigkeit wie das Freizügigkeitsabkommen (FZA) mit der Schweiz sowie Informationsaustauschabkommen (s. Frage 14).
Unterscheiden Sie zwischen „Supranationalität“ des EU-Rechts und „Anwendungsvorrang“ des EU-Rechts! Was besagt der „Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung“? Erläutern Sie den „Grundsatz der Subsidiarität“!
Supranationalität“ bedeutet, dass Rechtsakte der EU in den Mitgliedstaaten ohne deren Mitwirkung verbindlich sind (autonome Rechtsetzung der EU).
Das EU-Recht hat „Anwendungsvorrang“ (nicht „Geltungsvorrang“), d. h., es ist vorrangig vor dem Recht der Mitgliedstaaten (einschließlich dem Verfassungsrecht) anzuwenden. Dies ist vom Grundgesetz anerkannt (Art. 23 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG). Das polnische Verfassungsgericht sieht dies in einer äußerst umstrittenen Entscheidung v. 7.10.2021 [25] jedoch anders, weshalb die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen eingeleitet [26] hat.
Demgegenüber hat die EMRK (s. Frage 1) als völkerrechtlicher Vertrag lediglich den Rang eines einfachen Gesetzes (Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG). Wegen der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes sind seine Grundrechte jedoch „im Lichte der EMRK“ [27] auszulegen.S. 98
Nach dem „Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung“ wird die EU nur innerhalb der Grenzen der Zuständigkeiten tätig, die die Mitgliedstaaten in den (Gründungs-)Verträgen (s. Frage 5) übertragen haben (Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EUV). Eine Kompetenzwidrigkeit („ultra vires“) wird vom EuGH i. R. seiner Kompetenz zur Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung der Verträge festgestellt (Art. 19 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 2 EUV). Grundsätzlich hat der EuGH etwa auf der Grundlage eines „Vorabentscheidungsersuchens“ (s. Frage 19) die Kompetenz zur Entscheidung über die Auslegung der Verträge sowie die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union (Art. 19 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 2 und Abs. 3 Buchst. b EUV, Art. 267 Abs. 1 AEUV). Nach Auffassung des BVerfG darf es ausnahmsweise selbst die Kompetenzwidrigkeit annehmen, wenn die Auslegung des EuGH „methodisch schlechterdings nicht mehr vertretbar“ ist. [28] In der Folge hat die Bundesregierung gegenüber der EU Zusagen gemacht (u. a. Bekräftigung und Anerkennung der Grundsätze der Autonomie, des Vorrangs, der Wirksamkeit und der einheitlichen Anwendung des Unionsrechts sowie die Anerkennung der Autorität des EuGH). Trotz der Unabhängigkeit von Richtern (Art. 97 Abs. 1 GG) und des BVerfG (§ 1 Abs. 1 BVerfGG) war das BVerfG [29] im Urteil zum Instrument „NextGenerationEU“ (s. Frage 1) tatsächlich zurückhaltend und hat trotz erheblicher Zweifel an der Kompetenzwahrung zu Gunsten des Unionsrechts entschieden, weil „keine offensichtliche Überschreitung des geltenden Integrationsprogramms der EU“ gegeben sei.
Nach dem „Grundsatz der Subsidiarität“ (auch: „Subsidiaritätsprinzip“) wird die EU in den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, nur tätig, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen von den Mitgliedstaaten weder auf zentraler noch auf regionaler oder lokaler Ebene ausreichend verwirklicht werden können (Art. 5 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 EUV).
Was bedeutet „unionsrechtskonforme Auslegung“ bzw. „richtlinienkonforme Auslegung“? Können Behörden und Gerichte der Mitgliedstaaten nicht (ordnungsgemäß) umgesetzte Richtlinien unmittelbar anwenden?
Nach der EuGH-Rspr. sind innerstaatliche Stellen (Behörden und Gerichte) bei der Anwendung nationaler Rechtsvorschriften verpflichtet, diese im Lichte des EU-Rechts („unionsrechtskonform“), im Fall von Rechtsvorschriften zur Umsetzung von Richtlinien speziell im Lichte der Richtlinien („richtlinienkonform“), auszulegen. [30]
Der EuGH hat geklärt, dass Richtlinien unmittelbare Wirkung haben, wenn sie innerhalb der Umsetzungsfrist nicht oder nur unzulänglich in innerstaatliches Recht umgesetzt worden sind und die einzelnen Bestimmungen „inhaltlich unbedingt“ und „hinreichend bestimmt“ sind. [31] Richtlinienbestimmungen können nur zugunsten des „Bürgers“, nicht aber zu seinen Lasten, angewendet werden (z. B. keine Steuerbelastung, sondern nur Steuerentlastung aufgrund einer Befreiung).
Was sind die Grundfreiheiten der EU? Welche weiteren Garantien bestehen?
Die Grundfreiheiten (Marktfreiheiten) im AEUV sind eine notwendige Voraussetzung für die Verwirklichung des Binnenmarkts als Leitziel der EU (Art. 3 Abs. 3 EUV, Art. 26 AEUV). Diese sind:
Warenverkehrsfreiheit (Art. 28 ff. AEUV),
Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 45 ff. AEUV),
Niederlassungsfreiheit (Art. 49 ff. AEUV),
Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 ff. AEUV) sowie
Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit (Art. 63 ff. AEUV).
Daneben bestehen ohne Binnenmarktbezug das „allgemeine Diskriminierungsverbot“ (Art. 18 AEUV) und das an die Unionsbürgerschaft anknüpfende „allgemeine Freizügigkeitsrecht“ (Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 Buchst. a, Art. 21 AEUV).
Ferner gibt es (Unions-)Grundrechte, die u. a. durch die EU-Grundrechtecharta (s. Frage 5) geschützt werden. Ihre Anwendung ist nach der BVerfG-Entscheidung „Recht auf Vergessen II“ [32] – neben dem EuGH – vom BVerfG zu überwachen.
Was regelt das „Europäische Steuerrecht“? Gibt es „EU-Steuern“?
Das „Europäische Steuerrecht“ ist keine eigene Steuerart, sondern ein Sammelbegriff für EU-rechtliche Regelungen, die sich auf das Steuerrecht der EU-Mitgliedstaaten auswirken.
Eine eigene „EU-Steuer“ wurde bislang nicht eingeführt. Bei Abgaben wie derjenigen auf nicht recycelte Kunststoffabfälle („Plastiksteuer“) ist genau zu prüfen, ob es sich tatsächlich um eine „Steuer“ handelt (s. Frage 1). Im Übrigen ist klärungsbedürftig, ob die EU überhaupt eine Kompetenz für EU-Steuern hat.
Was bedeutet „Harmonisierung des Steuerrechts der Mitgliedstaaten“? Wie wird dies umgesetzt?
„Harmonisierung des Steuerrechts der Mitgliedstaaten“ bedeutet, dass die Mitgliedstaaten ihr nationales Steuerrecht an die Vorgaben des EU-Rechts anpassen und dadurch EU-weit angleichen (positive Integration). Besondere Ermächtigungen enthalten die Art. 113 und 115 AEUV.
Harmonisierungsmaßnahmen sind einstimmig zu beschließen (Art. 113 und 115 AEUV). Nach einem Vorschlag der Kommission v. 15.1.2019 soll bis 2025 auf der Grundlage derS. 99 Überleitungsklausel in Art. 48 Abs. 7 EUV schrittweise zu Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit übergegangen werden, was wiederum Einstimmigkeit voraussetzt. [33] Derzeit wird der Vorschlag nicht vorangetrieben.
Anstelle konkreter und verbindlicher Vorgaben wird in Bezug auf bestimmte Ziele bisweilen lediglich ein abgestimmtes Vorgehen der Mitgliedstaaten vereinbart. Dies betrifft etwa die Schlussfolgerungen des Rates zur EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete (= schwarze Liste) sowie die diesbzgl. durch die Gruppe Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung) verhandelten und vom Rat gebilligten Maßnahmen. [34] In der Folge wurde in Deutschland zur Vermeidung von Steuerhinterziehung, Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb das Steueroasen-Abwehrgesetz (StAbwG) [35] geschaffen. [36]
Welche Rechtsakte zur Harmonisierung direkter Steuern bestehen und wie wurden sie in deutsches Recht umgesetzt?
Die direkten Steuern werden durch folgende Richtlinien (Grundlage: Art. 115 AEUV) harmonisiert:
Fusionsrichtlinie (Richtlinie 2009/133/EG), umgesetzt insbesondere im UmwStG, EStG und KStG,
Mutter-Tochter-Richtlinie (Richtlinie 2011/96/EU), umgesetzt insbesondere im EStG (§ 43b) und KStG (§ 8b),
aufgehobene Zinsbesteuerungsrichtlinie (Richtlinie 2003/48/EG), umgesetzt in Zinsinformationsverordnung (ZIV; Grundlage: § 45e EStG),
Zins- und Lizenzgebühren-Richtlinie (Richtlinie 2003/49/EG), umgesetzt im EStG (§ 50g),
Anti-BEPS-Richtlinie (Richtlinie 2016/1164; engl.: Anti Tax Avoidance Directive, ATAD; geändert durch Richtlinie 2017/952, bekannt als ATAD II), umgesetzt insbesondere in der AO sowie im EStG, KStG und AStG, und
Mindestbesteuerungsrichtlinie (Richtlinie 2022/2523) zur EU-internen Umsetzung der OECD-/G20-Vereinbarung über eine globale Mindeststeuer (Säule Zwei; engl.: Pillar Two; s. Frage 15), umgesetzt durch das Mindeststeuergesetz (MinStG) [37].
Welche Rechtsakte zur Harmonisierung indirekter Steuern bestehen und wie wurden sie in deutsches Recht umgesetzt?
Die indirekten Steuern werden durch folgende Richtlinien (Grundlage: Art. 113 AEUV) harmonisiert:
Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL; Richtlinie 2006/112/EG), umgesetzt im UStG; daneben Mehrwertsteuerdurchführungsverordnung (MwStDVO; Durchführungsverordnung 282/2011), die als Verordnung unmittelbar gilt,
Verbrauchsteuersystemrichtlinie (Richtlinie 2008/118/EG) sowie Verbrauchsteuerstruktur-/Verbrauchsteuersatzrichtlinien (z. B. Richtlinien 92/83/EWG und 92/84/EWG, jeweils zu Alkoholsteuern), umgesetzt in Verbrauchsteuergesetzen, und
Zollkodex (Verordnung 952/2013), der als Verordnung unmittelbar gilt.
Welche Rechtsakte zur Harmonisierung des (Steuer-) Verfahrensrechts bestehen und wie wurden sie in deutsches Recht umgesetzt?
Das (Steuer-)Verfahrensrecht wird durch folgende Richtlinien (Grundlage: Art. 113 und 115 AEUV) harmonisiert:
Amtshilferichtlinie (Richtlinie 2011/16/EU), umgesetzt insbesondere im EUAHiG und in der AO (z. B. §§ 138a ff. und §§ 138d ff. AO) sowie in weiteren Gesetzen wie dem Plattformen-Steuertransparenzgesetz (PStTG) [38],
Beitreibungsrichtlinie (Richtlinie 2010/24/EU), umgesetzt im EUBeitrG,
Streitbeilegungsrichtlinie (Richtlinie 2017/1852), umgesetzt im EU-Doppelbesteuerungsabkommen-Streitbeilegungsgesetz (EU-DBA-SBG) [39],
Schiedsübereinkommen (Übereinkommen 90/436/EWG; auch: Schiedskonvention oder Schiedsabkommen), das durch ein Zustimmungsgesetz i. S. des Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG „umgesetzt“ wurde, und
Zusammenarbeits-Verordnung betreffend die Mehrwertsteuer (Verordnung 904/2010), die als Verordnung unmittelbar gilt.
Durch eine Änderung [40] der Amtshilferichtlinie wird der Informationsaustausch in Bezug auf alternative Zahlungs- und Investitionsmittel – wie Kryptowerte und E-Geld – geregelt („DAC 8“; Anwendungsbeginn ab 2026).
Bereichsspezifische Vorgaben für das (Steuer-)Verfahrensrecht sind in Rechtsakte mit überwiegend materiell-rechtlichen Regelungen eingebettet. So enthält die MwStSystRL trotz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten im Bereich des Umsatz-/Mehrwertsteuerrechts Vorgaben für Aufzeichnungspflichten für Zahlungsdienstleister (Art. 243a ff.; Umsetzung durch § 22g UStG mit Wirkung ab 2024). Die Informationen werden über das Zentrale Elektronische System für Zahlungsinformationen (Central Electronic System of Payment Information; CESOP) mit anderen Staaten ausgetauscht.
Was ist ein besonderer Streitpunkt bei den länderbezogenen Berichten (Country-by-Country Reporting)?
ür länderbezogene Berichte war lange politisch umstritten, ob sie nur der Finanzverwaltung oder zusätzlich der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden müssen. Nachdem dieS. 100 Einstimmigkeit (s. Frage 11) für eine Veröffentlichungspflicht in der Amtshilferichtlinie nicht erreicht wurde, wurde die Bilanz-Richtlinie [41] im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (Art. 294 AEUV) mit Mehrheitsentscheidungen in Rat und Parlament geändert. [42] Es verwundert nicht, dass hierin eine Umgehung der Anforderungen an steuerrechtliche Rechtsakte gesehen wird. Zur Umsetzung s. §§ 342 ff. HGB [43].
Gibt es für den zwischenstaatlichen Informationsaustausch Vereinbarungen mit Drittstaaten?
Für den zwischenstaatlichen Informationsaustausch auf dem Gebiet des Umsatz-/Mehrwertsteuerrechts gibt es neben der unmittelbar anwendbaren (MwSt-)ZusammenarbeitsVerordnung für EU-interne Sachverhalte Abkommen der EU mit Norwegen [44] und dem UK [45].
Welche Rechtsakte zur Harmonisierung des Steuerrechts der Mitgliedstaaten werden gegenwärtig diskutiert?
Viele Reformbestrebungen der EU auf dem Gebiet des Steuerrechts basieren auf dem „Aktionsplan für eine faire und einfache Besteuerung zur Unterstützung der Aufbaustrategie“ aus 2020. [46] Dieser ist Teil des Maßnahmenpakets „Faire und einfache Besteuerung“ und enthält 25 Einzelmaßnahmen. [47]
Frühere Reformvorhaben werden nicht weiterverfolgt, etwa die Einführung einer Gemeinsamen (konsolidierten) Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (G[K]KB; engl.: Common [Consolidated] Corporate Tax Base, C[C]CTB). [48] Die Kommission hat stattdessen einen Richtlinienentwurf [49] vorgelegt, um die Ankündigung in der Mitteilung „Unternehmen in Europa: ein Rahmen für die Unternehmensbesteuerung“ („Business in Europe: Framework for Income Taxation“, BEFIT) [50] umzusetzen. Es sollen einheitliche Vorschriften für die Gewinnermittlung bei bestimmten Unternehmensgruppen (BEFIT-Gruppen) mit einer gerechteren Aufteilung der Steuerhoheit zwischen den Mitgliedstaaten geschaffen werden. Für Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen soll nach einem weiteren Richtlinienentwurf [51] ein hauptsitzbasiertes Steuersystem eingeführt werden.
Neben umfassenden Änderungen soll die missbräuchliche Nutzung von Briefkastenfirmen für Steuerzwecke durch Änderung der ATAD-Richtlinie verhindert werden („ATAD III“). [52] Ferner wurde eine Richtlinie [53] zur Harmonisierung der Regelungen für Verrechnungspreise vorgeschlagen. Zudem liegt ein Richtlinienvorschlag [54] für schnellere und sicherere Verfahren für die Entlastung von überschüssigen Quellensteuern vor. Dagegen wurden die Bemühungen zur Schaffung eines Freibetrags zur Reduzierung von Verschuldungsanreizen (debt-equity bias reduction allowance; DEBRA) [55] aufgeschoben.
Im Zuge der Rücknahme von Vorschlägen zur Besteuerung der Digitalwirtschaft [56] hat sich die EU zur Umsetzung der Vereinbarungen auf OECD-/G20-Ebene („Zwei-Säulen-Modell“; engl.: „Two-Pillar Solution“) [57] bekannt. [58] Zur Umsetzung der globalen Mindeststeuer („Säule Zwei“; engl.: „Pillar Two“) innerhalb der EU wurde bereits die Mindestbesteuerungsrichtlinie beschlossen (s. Frage 12).
Gelten die Grundfreiheiten und die weiteren Garantien auch für das Steuerrecht? Wann ist eine Beeinträchtigung des Gewährleistungsgehalts der Grundfreiheiten durch nationales Steuerrecht gerechtfertigt? Nennen Sie zwei neuere EuGH-Entscheidungen zur Anwendung der Grundfreiheiten auf Regelungen des deutschen Steuerrechts!
Die Grundfreiheiten (s. Frage 9) gelten für steuerrechtliche Regelungen, obwohl die EU insoweit keine umfassende Harmonisierungskompetenz hat. Der EuGH hat dadurch eine „negative Integration“ oder „stille Harmonisierung“ des nationalen Steuerrechts über den Umweg des Primärrechts forciert. Auch die weiteren Garantien wie das allgemeine Diskriminierungsverbot und das allgemeine Freizügigkeitsrecht (s. Frage 9) gelten für das Steuerrecht.
Der EuGH hat für das Steuerrecht anerkannt, dass eine Beeinträchtigung des Gewährleistungsgehalts der Grundfreiheiten nicht nur aufgrund ausdrücklich geregelter (für das Steuerrecht ohnehin nicht passender) Rechtfertigungsgründe gerechtfertigt sein kann, sondern auch aufgrund ungeschriebener zwingender Gründe des Allgemeinwohls. Voraussetzung ist, dass ein legitimes Ziel verfolgt und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt wird. Ein zwingender Grund des Allgemeinwohls kann sein:
Kohärenz des Steuersystems,
Territorialitätsprinzip und Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis,
Bekämpfung der Steuerflucht,
Gefahr doppelter Verlustberücksichtigung,
Wirksamkeit steuerlicher Kontrollen oder
Missbrauchsvermeidung und Verhinderung der Steuerumgehung.
Auf keinen Fall kann eine Beeinträchtigung der Grundfreiheiten mit Steuermindereinnahmen gerechtfertigt werden.
Zwei EuGH-Entscheidungen zur Anwendung der Grundfreiheiten auf Regelungen des deutschen Steuerrechts:
Rs. Finanzamt B/W AG: [59] Auf Vorlage des BFH verneint der EuGH eine Pflicht der Bundesrepublik DeutschlandS. 101 aus der Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) zur Berücksichtigung von „finalen“ Betriebsstättenverlusten, wenn Gewinne und Verluste einer ausländischen Betriebsstätte aufgrund eines DBA freizustellen sind. Zwar soll nach deutschem Recht eine Ungleichbehandlung von (zu berücksichtigenden) inländischen und (nicht zu berücksichtigenden) ausländischen Betriebsstättenverlusten gegeben sein. Jedoch soll es an der objektiven Vergleichbarkeit fehlen, wenn aufgrund der abkommensrechtlich vereinbarten Freistellungsmethode Gewinne und Verluste ausländischer Betriebsstätten nur im Betriebsstättenstaat besteuert werden dürfen. Damit soll bereits keine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit vorliegen, so dass eine Rechtfertigung nicht erforderlich ist. Bemerkenswert ist, dass der EuGH bei Freistellung ausländischer Betriebsstätteneinkünfte auf der Grundlage unilateraler Regelungen eine Berücksichtigung finaler Verluste weiterhin für möglich hält [60].
Rs. X GmbH & Co. KG/Finanzamt Bremen: [61] Auf Vorlage des FG Bremen hat der EuGH entschieden, dass eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) durch Dokumentationspflichten wie diejenigen aus § 90 Abs. 3 AO gerechtfertigt ist, weil diese den effektiven Gesetzesvollzug und damit die Wahrung der ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten ermöglichen. Auch die Befugnis der Finanzbehörden zur Schätzung wie nach § 162 Abs. 1 und 3 AO sowie zur Festsetzung eines Zuschlags wie nach § 162 Abs. 4 AO bei Verletzung von Dokumentationspflichten soll gerechtfertigt sein.
Sind neben den Grundfreiheiten auch die „Grundrechte“ der EU für das innerstaatliche Steuerrecht bedeutsam?
„Grundrechte“ der EU („Unionsgrundrechte“), insbesondere in der Grundrechtecharta (GRCh; s. Frage 5), sind auf den Schutz von Freiheit und Gleichheit gerichtet und stehen neben den „Grundfreiheiten“ (s. Frage 17), welche die Errichtung und Funktionieren des Binnenmarkts sicherstellen sollen. Die besondere Bedeutung der Grundrechte zeigt sich zunächst im Steuerstrafrecht (z. B. Verbot der Doppelbestrafung [ne bis in idem-Grundsatz] aus Art. 50 GRCh). [62] Zudem sind die Grundrechte im Verfahrensrecht praxisrelevant (z. B. Schutz des Privatlebens aus Art. 7 GRCh im Verhältnis von Steuerpflichtigen und Rechtsanwälten i. R. der Amtshilferichtlinie [63]). Voraussetzung i. R. der die Anwendbarkeit der GRCh ist die „Durchführung des Unionsrechts“ (Art. 51 Abs. 1 GRCh).
Welche Gerichte gewähren Rechtsschutz im Europäischen Steuerrecht?
Rechtsschutz im Europäischen Steuerrecht wird zunächst durch die Gerichte der Mitgliedstaaten gewährt, die für die Kontrolle von Entscheidungen der Finanzbehörden zuständig sind (Deutschland: Finanzgerichte und BFH). [64]
Auf europäischer Ebene kann neben dem EuGH (zur Organeigenschaft s. Frage 4; zu den Verfahrensarten s. u.) das Gericht der Europäischen Union (EuG) Rechtsschutz im Europäischen Steuerrecht ermöglichen (z. B. bei Anfechtung von Beschlüssen in Beihilfeverfahren).
Welche Verfahrensarten bei EU-Gerichten sind für das Steuerrecht besonders wichtig?
Für das Steuerrecht sind folgende Verfahrensarten bei EU-Gerichten besonders wichtig:
Vertragsverletzungsverfahren (Art. 258, 259 AEUV),
Nichtigkeitsklage (Art. 19 Abs. 3 Buchst. a EUV; Art. 263, 264 AEUV),
Vorabentscheidungsersuchen (Art. 19 Abs. 3 Buchst. b EUV; Art. 267 AEUV) und
Schiedsverfahren (Art. 273 AEUV; bspw. nach Art. 25 Abs. 5 DBA Österreich für die Auslegung und Anwendung des DBA zwischen Deutschland und Österreich).
Inwiefern betreibt die EU – neben den Mitgliedstaaten – Umwelt- und Klimaschutz durch das Steuer-/Abgabenrecht? Wie wirken entsprechende Maßnahmen?
er „Europäische Grüne Deal“ („European Green Deal“) [65] ist eine „Wachstumsstrategie, mit der die EU zu einer fairen und wohlhabenden Gesellschaft mit einer modernen, ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft werden soll“. Sie dient der Bewältigung klima- und umweltbedingter Herausforderungen, indem u. a. die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mind. 55 % gegenüber 1990 („Fit für 55-Paket“) und bis 2050 auf Null („Neuer Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft“) reduziert werden sollen.
Die vielfältigen Maßnahmen sind teilweise dem Steuer-/Abgabenrecht zuzuordnen. Beispiele:
Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom: Die Energiebesteuerungsrichtlinie [66] verpflichtet die Mitgliedstaaten, Verbrauchsteuern auf Energieerzeugnisse und elektrischen Strom zu erheben. Sie beschränkt sich nicht – wie andere Richtlinien – darauf, bestehende Steuern der Mitgliedstaaten zu harmonisieren, sondern sie verlangt von Mitgliedstaaten die Erhebung solcher Steuern (mit Mindeststeuersätzen). Die Richtlinie wurde durch das Energiesteuergesetz (EnergieStG) und das Stromsteuergesetz (StromStG) umgesetzt. Durch die Besteuerung des Verbrauchs der Steuergegenstände wird die damit verbundene CO2-Emission belastet.S. 102
Bepreisung von CO2-Emissionen im EU-Emissionshandelssystem (EU-EHS; engl.: EU Emissions Trading System, EU ETS): Das EU-EHS wurde durch die Emissionshandelsrichtlinie [67] etabliert, die durch das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz (TEHG) umgesetzt wurde. Unternehmen benötigen für Emissionen (z. B. bei der Stromerzeugung oder in Sektoren wie der Eisen- und Stahlverhüttung) Emissionszertifikate, die kostenlos zugeteilt, versteigert oder von anderen Unternehmen erworben werden können. Die kostenlose Zuteilung soll schrittweise abgeschafft werden. Mit der Seeschifffahrt (ab 2024) und den Sektoren Gebäude und Verkehr (ab 2027) sollen weitere Bereiche in einem EU-EHS II erfasst werden. Die Einnahmen sollen (teilweise) in den Innovationsfonds, in den Modernisierungsfonds bzw. in den (neuen) Klimasozialfonds [68] für den sozialen Ausgleich fließen (zur Eigenmitteleigenschaft s. u. und Frage 1). Dafür wurde eine Richtline zur Änderung der Emissionshandelsrichtlinie [69] erlassen. Das EU-EHS wird durch das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) ergänzt. Danach sind Emissionszertifikate erforderlich für Emissionen aus bestimmten Brennstoffen (§ 2 Abs. 1 BEHG; z. B. ursprünglich in den Sektoren Wärme und Verkehr).
Bepreisung von CO2-Emissionen im CO2-Grenzausgleichssystem (Carbon Border Adjustment Mechanism, CBAM): Durch das CBAM soll auf der Grundlage der CBAM-Verordnung [70] die Verlagerung von CO2-Emissionen („Carbon Leakage“) verhindert werden, die Folge der Verlagerung von energieintensiver Produktion in Länder mit weniger strengen Emissionsauflagen sein kann. EU-Einführer müssen für eingeführte Waren Emissionszertifikate kaufen. Das CBAM wird seit 1.10.2023 zunächst in bestimmten Sektoren angewendet, wobei der Erwerb von Emissionszertifikaten erst ab 2026 erforderlich ist.
Vermeidung von Einwegkunststoffprodukten: Die Einwegkunststoffrichtlinie [71] regelt insbesondere die Kostentragung i. R. der sog. erweiterten Herstellerverantwortung und zielt u. a. auf die Vermeidung bestimmter (Einweg-) Kunststoffprodukte. Zur Umsetzung wird die Einwegkunststoffabgabe eingeführt (ab 2026), die in den Einwegkunststofffonds eingezahlt wird. Sie kann wegen der Zweckbindung nicht zur Refinanzierung der „Plastiksteuer“ (s. Fragen 1 und 10) verwendet werden.
Das Aufkommen aus dem EU-EHS, dem EU-EHS II und dem CO2-Grenzausgleichssystem könnte künftig (teilweise) zu den Eigenmitteln der EU gehören (s. Frage 1).
Die Steuerpolitik soll eine entscheidende Rolle beim Übergang zu einem umweltfreundlicheren und nachhaltigeren Wachstum einnehmen. Allerdings kann das Steuer-/Abgabenrecht nur finanzielle Anreize setzen. Anders als bei konkreten Verhaltensvorgaben durch Regulierung wird durch Lenkungssteuern/-abgaben wie zum Umwelt-/Klimaschutz das angestrebte Ziel nicht in jedem Fall erreicht. Steuer-/Abgabenpflichtige können sich durch Zahlung der Steuer/Abgabe vom intendierten Verhalten (z. B. Reduktion von CO2Emissionen) „freikaufen“, wenn sie dies wollen und sich leisten können.
Was sind „Konjunkturzyklen“?
nter „Konjunkturzyklen“ wird die Idee der Schwankung der Auslastung der Produktionskapazitäten innerhalb einer Volkswirtschaft verstanden. Die zyklische Entwicklung des Auslastungsgrads wird dabei üblicherweise in unterschiedliche Phasen untergliedert:
Expansion: Aufschwungphase, steigende gesamtwirtschaftliche Nachfrage, steigende Auftragsbestände und steigende Auslastung der Produktionskapazitäten, Preissteigerungen tendenziell gering, Zinsniveau eher niedrig, optimistische Grundstimmung.
Hochkonjunktur (Boom): Produktionskapazitäten weitgehend ausgelastet, Vollbeschäftigung, Arbeitskräftemangel, tendenziell höhere Lohnzuwächse, tendenziell stärkere Preissteigerungsraten, steigendes Zinsniveau, euphorische Stimmung.
Rezession: Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage durch Verteuerung der Faktorpreise und daraus resultierende Verteuerung der Güterpreise, Verringerung des Auslastungsgrads der Produktionskapazitäten, Freisetzung von Arbeitskräften, Arbeitslosigkeit, Rückgang des Einkommens der privaten Haushalte, Reduktion der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage, ernüchternde bis pessimistische Grundstimmung.
Depression: gesamtwirtschaftliche Nachfrage auf niedrigem Niveau, hohe Arbeitslosigkeit, geringes verfügbares Einkommen der privaten Haushalte, Konsumneigung gering,
Wie entstehen Konjunkturzyklen?
Konjunkturzyklen entstehen durch die
Unter- bzw. Überauslastung von Produktionskapazitäten bzw. spezifischer Produktionsfaktoren, welche dann
zu entsprechenden Veränderungen in den Faktorpreisen
mit entsprechenden Reaktionen der Nachfrage nach diesen Produktionsfaktoren oder Produkten führen.
In welcher Konjunkturphase befindet sich Deutschland derzeit?
Die deutsche Wirtschaft befindet sich aktuell in einer Rezession. Als einzige der bedeutenden Volkswirtschaften der Welt schrumpft derzeit die Wirtschaftsleistung Deutschlands. Sie dürfte aus Sicht des ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung im Jahr 2023 um 0,3 % zurückgegangen sein (lt. einer Prognose aus Dezember 2023). Für das Jahr 2024 wird für die deutsche Wirtschaft hingegen ein Wachstum um 0,9 % prognostiziert.
Wie wird das Wirtschaftswachstum üblicherweise gemessen?
Volkswirtschaftliches Wachstum wird in erster Linie an der Entwicklung des (realen, also preisbereinigten) Bruttoinlandsprodukts (BIP) bzw. der Entwicklung des (realen) Bruttonationaleinkommens gemessen.
st eine Steigerung des BIP mit einer Wohlstandssteigerung gleichzusetzen?
Eine Steigerung des BIP ist nicht zwangsläufig mit einer Wohlstandssteigerung gleichzusetzen. So kann die Steigerung des BIP z. B. gleichermaßen aus einer Steigerung des Preisniveaus resultieren. Um diesen Effekt zu berücksichtigen, errechnet man das preisbereinigte, reale BIP. Allerdings impliziert auch eine Steigerung des realen BIP nicht zwingend eine Wohlstandssteigerung. So ist es bspw. denkbar, dass vormals nicht bei der Ermittlung des BIP berücksichtigte Transaktionen aus irgendwelchen Gründen berücksichtigungsfähig werden, etwa wenn Schwarzarbeit in eine offizielle Beschäftigungsform transformiert wird.
Welche Kritikpunkte gibt es an der Aussagekraft des BIP?
olgende Kritikpunkte an der Aussagefähigkeit des BIP sind zu nennen:
Das BIP an sich beinhaltet keine Aussage darüber, auf wie viele Köpfe es verteilt wird, und wie gerecht oder gleichmäßig diese Verteilung ist.
Im Rahmen des BIP werden nur die im offiziellen Wirtschaftssektor getätigten Transaktionen erfasst. Dies bedeutet, dass Aktivitäten, wie z. B. die Fürsorgearbeit zuhause oder die Aktivitäten von Kindern i. R. der Pflege ihrer pflegebedürftigen Eltern, nicht erfasst werden. Ebenso wenig werden „schwarze“ Transaktionen berücksichtigt, wie z. B. Schwarzarbeit.
Weiterhin sagt das BIP nichts über die Art der produzierten Güter und Dienstleistungen aus. So erhöht ein zunehmender Absatz von Zigaretten und Alkohol das BIP genauso wie ein zunehmender Verkauf von Bio-Lebensmitteln.
Das BIP setzt an den Marktpreisen von Gütern an, die Verzerrungen aufweisen können. So könnten Produzenten auf die Idee kommen, die Lebensdauer ihrer Produkte durch Einbau minderwertiger Komponenten bewusst zu beschränken. Konstante Preise und Umsätze in einer Periode vorausgesetzt, würde das BIP davon unbeeinflusst bleiben bzw. über die zusätzlichen Umsätze mittelfristig sogar steigen.
Das BIP ist eine Stromgröße, die nicht das jeweilige Ausgangsniveau berücksichtigt. Nach Zeiten von Naturkatastrophen oder Kriegen wächst das BIP naturgemäß wesentlich stärker, was indes nicht impliziert, dass in dieser Zeit der Wohlstand besonders ausgeprägt ist.
Fazit: Es gibt eine Vielzahl von Kritikpunkten am BIP als Indikator von Wohlstand und Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft, jedoch existiert zurzeit noch kein besserer Indikator.
Wie aussagekräftig ist die „Arbeitslosenquote“ als Indikator für die Auslastung des Faktors „Arbeit“ in Deutschland?
Die „Arbeitslosenquote“ wird bzgl. ihrer Aussagekraft über die Auslastung des Produktionsfaktors „Arbeit“ in einer Volkswirtschaft mit unterschiedlichen Argumenten kritisch betrachtet. Es besteht ein Unterschied zwischen tatsächlicher Unterbeschäftigung und der Zahl der offiziell registrierten Arbeitslosen. Dabei sind vor allem die „stille Reserve“, die „stille Reserve in Maßnahmen“ sowie „registrierte Arbeitslose, die nicht arbeitssuchend sind“, von Bedeutung:
Bei der „stillen Reserve“ handelt es sich um Personen, die arbeitssuchend sind, dies aber nicht offiziell gemeldet haben (z. B. kein Anspruch auf Lohnersatzleistungen, Resignation) und somit in der Statistik nicht auftauchen.
Unter der „stillen Reserve in Maßnahmen“ werden offiziell Arbeitssuchende gefasst, die zwischenzeitlichen an Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik teilnehmen und deshalb bei den amtlich gemeldeten Arbeitslosenzahlen unberücksichtigt bleiben (z. B. Ein-Euro-Jobber, Kranke, Ausbildungsplatzssuchende, Arbeitssuchende, die an Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen, Arbeitslose, die unter die 58er-Regelung fallen, sowie Beschäftigte bei Leiharbeitsfirmen).
Schließlich gibt es „offiziell registrierte Arbeitslose, die aber tatsächlich nicht arbeitssuchend sind“, d. h. nicht arbeitsfähig oder -willig sind.
Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation am Arbeitsmarkt?
Die aktuelle Situation des deutschen Arbeitsmarkts ist durch einen großen Fachkräftemangel geprägt. Laut dem Fachkräftereport der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) vom November 2023 [2] kann derzeit jedes zweite Unternehmen in Deutschland nicht mehr alle offenen Stellen besetzen. Dies verschärft die derzeit ohnehin angespannte Wirtschaftslage. Die DIHK geht davon aus, dass dadurch ein Wertschöpfungspotenzial von fast 100 Mrd. € verloren geht. Zudem führt der Arbeitskräftemangel aufgrund der Konkurrenz um gut ausgebildete Beschäftigte zu einer Erhöhung der Lohnkosten und setzt dadurch Inflationsimpulse (s. hierzu auch Fragen 14, 15 und 18).
Welches Urteil hat das BVerfG 2023 zum Nachtragshaushalt 2021 gesprochen?
Das BVerfG hat mit Urteil v. 15.11.2023 [3] den Nachtragshaushalt 2021 als verfassungswidrig eingestuft. Geplant war ursprünglich, hierdurch eine einst für das Jahr 2021 aufgrund der Corona-Krise erteilte, aber nicht benötigte Kreditermächtigung in den Klima- und Transformationsfonds zu überführen und für spätere Haushaltsjahre zu verwenden. Das dem Nachtragshaushalt 2021 zugrunde liegende Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 ist nun jedoch nichtig, d. h. rechtlich gesehen nicht existent. Damit drohte eine Finanzierungslücke von 60 Mrd. €.
Das BVerfG begründete die Verfassungswidrigkeit insbesondere wie folgt:
Der Gesetzgeber habe den notwendigen Veranlassungszusammenhang zwischen der festgestellten NotsituationS. 105 und den ergriffenen Krisenbewältigungsmaßnahmen nicht ausreichend dargelegt.
Zudem widerspreche die zeitliche Entkoppelung der Feststellung einer Notlage (2021) vom tatsächlichen Einsatz der Kreditermächtigungen den Verfassungsgeboten der Jährlichkeit und Jährigkeit. Die faktisch unbegrenzte Weiternutzung von notlagenbedingten Kreditermächtigungen in nachfolgenden Haushaltsjahren ohne Anrechnung auf die „Schuldenbremse“ bei gleichzeitiger Anrechnung als „Schulden“ im Haushaltsjahr 2021 ist demzufolge unzulässig.
Ferner verstoße die Verabschiedung des Zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes 2021 nach Ablauf des Haushaltsjahres 2021 gegen den Haushaltsgrundsatz der Vorherigkeit.
Erläutern Sie den Begriff der „Schuldenbremse“ im aktuellen Kontext!
Nach Art. 115 Abs. 2 Satz 1 GG sind Einnahmen und Ausgaben grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen. Dies bedeutet aber nicht, dass gar keine Schulden gemacht werden dürfen. Vielmehr darf nach Art. 115 Abs. 2 Satz 2 GG die nicht-konjunkturbedingte Nettokreditaufnahme des Bundes pro Jahr nicht mehr als 0,35 % des BIP betragen. Von der Regelung ausgenommen sind extreme Notlagen, wie Naturkatastrophen oder gravierende Rezessionen. Der Bundestag darf eine solche Ausnahme unter bestimmten Voraussetzungen mit einfacher Mehrheit beschließen (Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG). Im Zuge der Corona-Pandemie wurde die „Schuldenbremse“ ausgesetzt.
Als Reaktion auf das BVerfG-Urteil v. 15.11.2023 initiierte die Bundesregierung einen Nachtragshaushalt 2023, den der Bundestag am 15.12.2023 beschlossen hat. Ein Nachtragshaushalt ist eine nachträgliche Veränderung eines bereits beschlossenen Etats. Voraussetzung war wiederum, dass der Bundestag eine „außergewöhnliche Notlage“ erklärt und die „Schuldenbremse“ erneut ausgesetzt wird. Es war das vierte Mal in Folge. Hintergrund des Nachtragshaushalts 2023 ist der Wirtschaftsstabilisierungsfonds („Doppelwumms“), der Ende 2023 ausgelaufen ist. Auch hier wurde vom Bundestag eine „außergewöhnliche Notlage“ für das Jahr 2022 festgestellt; die Kreditermächtigungen galten aber gleichermaßen für das Folgejahr 2023. Durch den Nachtragshaushalt mitsamt Beschluss einer „Notsituation“ auch für 2023 soll der Haushalt 2023 nachträglich rechtlich abgesichert werden. Aus Sicht der Bundesregierung liegt die Notsituation in der vom Krieg in der Ukraine verursachten Energiekrise und ihren Folgen begründet. Diese entziehe sich der Kontrolle des Staates und beeinträchtige die staatliche Finanzlage erheblich.
Des Weiteren wird eine Reform oder Abschaffung der „Schuldenbremse“ im Grundgesetz diskutiert. Dies wäre rechtlich zwar möglich, allerdings benötigt man für eine Verfassungsänderung eine 2/3-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat, was eine hohe Hürde darstellt
Was versteht man unter "Deficit spending"?
„Deficit spending“ bezeichnet eine expansive Fiskalpolitik, die durch eine Neuverschuldung des Staates finanziert wird.
Welche Begrenzung der staatlichen Kreditaufnahme kennen Sie auf EU-Ebene?
Innerhalb der Euro-Zone gelten für alle Länder die Regelungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Die Verschuldung des öffentlichen Haushalts darf nicht höher ausfallen als 60 % des BIP. Weiterhin darf die Neuverschuldung des Staates nicht höher sein als 3 % des BIP. Verschärft wurden die Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts durch den Europäischen Fiskalpakt, der im „Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion“ (SKS-Vertrag) festgelegt wurde. Dieser sieht zum einen härtere Konsequenzen bei der Nichteinhaltung der Bedingungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts vor. Zum anderen dürfen Teilnehmerländer ein strukturelles Defizit von max. 0,5 % ihres BIP aufweisen.
Was kennzeichnet die „nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik“?
Nach Ansicht der „nachfrageorientierten Wirtschaftspolitik“ ist es Aufgabe des Staates, konjunkturelle Schwankungen der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage durch eine antizyklische Fiskalpolitik auszugleichen. In Krisenzeiten nimmt er Kredite auf und finanziert höhere Ausgaben, so dass die Wirtschaft durch die zusätzliche staatliche Nachfrage stabilisiert wird. In Phasen des konjunkturellen Aufschwungs reduziert der Staat sodann wieder seine Ausgaben und zahlt die aufgenommenen Kredite zurück.
nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik“ Nennen Sie Kritikpunkte!
bürokratische Trägheit politischer Entscheidungsmechanismen führt zu einer prozyklischen Fiskalpolitik (bis die Maßnahmen in Kraft treten, hat sich die Wirtschaft bereits erholt und die zusätzlichen Staatsausgaben verdrängen letztlich die privaten Nachfrager);
Verdrängung privater Wirtschaftsakteure (Crowding-Out-Effekt);
unzureichende Zielgenauigkeit der nachfrageorientierten Fiskalpolitik;
zunehmende Verlagerung von Wertschöpfung ins Ausland impliziert eine Verlagerung des Stabilisierungseffekts ins Ausland.
Welche „Inflationstheorien“ kennen Sie und welche dieser Theorien begründet die aktuell hohe Inflationsrate?
Im Rahmen der Volkswirtschaftslehre wird zwischen nicht-monetären und monetären Inflationstheorien unterschieden: „Nicht-monetäre Inflationstheorien“ begründen das Entstehen von Inflation durch exogene Preissteigerungsimpulse wie einen Anstieg von Löhnen oder Rohstoffpreisen (cost-push) oder einen Anstieg der Nachfrage bei ausgelasteten Kapazitäten (demand pull).
Die derzeit hohe Inflationsrate im Euroraum hat ihren Grund vor allem in dem vom Ukrainekrieg ausgelösten Anstieg der Rohstoffpreise, insbesondere der Energiekosten. Darüber hinaus sehen Ökonomen die Ursache in der lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank in den vergangenen Jahren. Begründet wird dies mit „monetären Inflationstheorien“, die das Entstehen von Inflation mit einem übermäßigen Wachstum der Geldmenge in Zusammenhang bringen.
Erläutern Sie den Begriff der „angebotsorientierten Wirtschaftspolitik“!
Gemäß der Theorie der „angebotsorientierten Wirtschaftspolitik“ liegt der Schlüssel zur Steigerung der Wirtschaftskraft einer Volkswirtschaft in der Schaffung optimaler Rahmenbedingungen für die Anbieter von Gütern und Dienstleistungen. Ihren Vertretern geht es daher um die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Produktion und Investition. Sie argumentieren, dass staatliche Interventionen in Form von Subventionen oder staatlicher Nachfrage den natürlichen strukturellen Wandel be- bzw. verhindern.
Daher plädieren sie für eine Verringerung des staatlichen Einflusses auf die Wirtschaft, Bürokratieabbau sowie die Erweiterung des Entscheidungsspielraums für Unternehmen. Maßnahmen: Vereinfachung des Steuersystems, Reduktion der Steuersätze, Abbau der Staatsverschuldung bzw. derS. 106 Neuverschuldung, Privatisierung von Staatsunternehmen, Abbau von Subventionen, Reduktion von Lohnnebenkosten, Reduktion von Sozialleistungen. Darüber hinaus setzen sich die Vertreter der „angebotsorientierten Wirtschaftspolitik“ für die Unabhängigkeit der Zentralbank ein, wobei deren einziger Auftrag in der Gewährleistung von Preisstabilität liegt.
Was ist die „EZB“ und wo hat sie ihren Sitz?
Die „Europäische Zentralbank“(„EZB“) ist die gemeinsame Zentralbank der Mitgliedstaaten der Europäischen Währungsunion und hat ihren Sitz in Frankfurt am Main.
Wer sind die Gewinner und Verlierer bei hoher Inflation?
Zu den Gewinnern der Inflation gehören insbesondere Schuldner, da der reale Wert der Schulden abnimmt. Des Weiteren gehört auch der Staat zu den Gewinnern. Denn einerseits werden seine Schulden gleichermaßen „entwertet“ und andererseits führt ein inflationsausgleichender Anstieg der Nominaleinkommen zu höheren Einnahmen aus der Einkommensteuer, sofern der Einkommensteuertarif nicht oder nur verzögert angepasst wird.
Verlierer bei starker Geldentwertung sind vor allem die Bezieher von Festeinkommen sowie diejenigen, deren Vermögen insbesondere in Form von Geld vorliegt. Je schwieriger es für die Bezieher von Festeinkommen ist, in Zeiten hoher Inflation Anpassungen ihres Einkommens durchzusetzen, umso problematischer ist ihre Situation.
Nennen Sie die zentralen Organe der EZB!
Bei den zentralen Organen der EZB handelt es sich um das „EZB-Direktorium“ und um den „EZB-Rat“:
Das „EZB-Direktorium“ ist für die Führung der Geschäfte der EZB zuständig.
Der „EZB-Rat“ ist das oberste Organ der EZB. Er legt die strategische Richtung der Geldpolitik fest und setzt sich aus den Mitgliedern des Direktoriums sowie den Präsidenten der nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten der Währungsunion zusammen. In der Regel tagt er alle 14 Tage. Darüber hinaus gibt es noch den „erweiterten EZB-Rat“, der sich aus dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten der EZB und den Präsidenten der Notenbanken aller EU-Mitgliedstaaten zusammensetzt. Dieser ist u. a. zuständig für die Beratung i. R. der Aufnahme neuer Mitglieder in die Währungsunion.
Präsidentin der EZB ist seit Oktober 2019 die Französin Christine Lagarde
Welche Gegenmaßnahmen hat die EZB aufgrund der hohen Inflation getroffen?
Die EZB hat im Zuge der hohen Inflation zehn Mal in Folge die Leitzinsen erhöht (zuletzt im September 2023). Leitzinsen sind die Zinssätze, zu denen sich die Banken ihrerseits bei der EZB refinanzieren können. Aufgrund der gestiegenen Refinanzierungskosten müssen die Banken gleichermaßen die eigenen Zinsen erhöhen. Dadurch verteuert sich die Kreditaufnahme, und die Geldmenge geht zurück. Dies führt zu einer Reduktion der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage und damit zu einem geringeren Preisniveauanstieg.
Wie hoch sind die aktuellen Leitzinsen im Euroraum?
Einlagesatz 4, 0 %
Hauptrefinanzierungssatz 4,5 %
Spitzenrefinanzierungssatz 4,75 %
Erläutern Sie das Kriterium der „Ausschließbarkeit“ des Konsums! Welche Folge hat die „Nichtausschließbarkeit“ im Konsum?
Das Kriterium der „Ausschließbarkeit“ des Konsums zeigt an, ob man ein Wirtschaftssubjekt, das nicht bereit ist, für den Konsum eines Gutes ein Entgelt zu entrichten, unter vertretbaren Kosten vom Konsum ausschließen kann.
Folge der „Nichtausschließbarkeit“ im Konsum ist ein Trittbrettfahrerverhalten: Aus Sicht des einzelnen Wirtschaftssubjekts ist es rational, keinen Preis für den Konsum des entsprechenden Gutes zu bezahlen. Verhalten sich alle Wirtschaftssubjekte rational, wird kein Wirtschaftssubjekt bereit sein, einen Preis für den Konsum des entsprechenden Gutes zu bezahlen. Demzufolge werden potenzielle Anbieter des Gutes davor zurückschrecken, dieses anzubieten, mit der Folge einer Unterversorgung der Volkswirtschaft.
Das Kriterium der „Nichtausschließbarkeit“ ist eine von zwei Eigenschaften der „öffentlichen Güter“ (s. auch Frage 21).
Was versteht man unter „Rivalität“ im Konsum und welche Konsequenzen folgen daraus?
Der Grad der „Rivalität“ im Konsum eines Gutes zeigt an, inwiefern der Konsum eines Gutes durch ein Wirtschaftssubjekt verhindert, dass andere Wirtschaftssubjekte dieses Gut konsumieren können.S. 107
Dagegen impliziert „Nichtrivalität“ im Konsum, dass aus Sicht des einzelnen Konsumenten die Grenzkosten der Inanspruchnahme des Gutes durch einen weiteren Konsumenten gleich null sind. Demzufolge mündet „Nichtrivalität“ im Konsum in Marktversagen, da die Nachfrager versuchen, ihre Zahlungsbereitschaft zu verschleiern und ihre Nachfrage zu reduzieren, in der Hoffnung, vom Konsum zahlungswilliger Nachfrager profitieren zu können. Daraus kann im Extremfall eine Situation entstehen, in der kein Wirtschaftssubjekt bereit ist, für ein entsprechendes Gut zu bezahlen, so dass sich auch keine Wirtschaftssubjekte finden, die bereit sind, dieses Gut anzubieten, mit der Folge einer Unterversorgung der Volkswirtschaft.
Nach der „Nichtausschließbarkeit“ (s. Frage 20) ist die „Nichtrivalität“ das zweite Kriterium für das Vorliegen eines „öffentlichen Gutes“.
Welche Güterkategorien können im Hinblick auf die „Ausschließbarkeit“ des Konsums und „Rivalität“ im Konsum unterschieden werden? Gibt es Güter, die der Staat anbieten sollte?
„Private Güter“ sollten von privaten Anbietern angeboten werden. Die Versorgung mit „Clubkollektivgütern“ kann auch ohne staatliche Eingriffe gewährleistet werden, da die „Ausschließbarkeit“ nicht zahlungswilliger Wirtschaftssubjekte es Anbietern ermöglicht, trotz der „Nichtrivalität“ im Konsum einen Preis am Markt durchzusetzen, der ihre Kosten deckt. Lediglich bei „reinen öffentlichen Gütern“ und „All-mendegütern“ sollte der Staat eingreifen, da ansonsten die Gefahr einer Unterversorgung besteht.
Warum ist eine „asymmetrische Informationsverteilung“ problematisch und welche Gegenmaßnahmen kann der Staat ergreifen?
Eine der Grundannahmen des vollkommenen Marktes ist die „Informationstransparenz“, also dass alle Marktteilnehmer den gleichen Informationsstand haben. Bei „asymmetrischer Informationsverteilung“ hingegen hat i. R. eines Geschäfts eine Partei einen Informationsvorsprung (private Information) gegenüber der anderen.
Dies kann volkswirtschaftlich sinnvolle Projekte verhindern. Es treten „Moral Hazard“ und „Adverse Selection“ auf:
„Moral Hazard“ beschreibt das Phänomen, dass nach Vertragsabschluss die besser informierte Partei ihren Informationsvorsprung ausnutzt und sich nicht nach dem Sinn und Zweck des Vertrags verhält, diesen jedoch auch nicht verletzt.
Bei der „Adverse Selection“ werden Informationsasymmetrien von Marktteilnehmern mit einem schlechten Risikoprofil (hohes Risiko) ausgenutzt. Sie schließen bspw. im Wissen um ihr höheres Risiko bessere Versicherungen ab oder nehmen Kredite bei einer Bank auf. Dies ist für sie günstig, da die von der Versicherung oder Bank berechnete Risikoprämie mangels Kenntnis über das tatsächliche Risikoprofil auf ein durchschnittliches Risiko ausgelegt ist. Bei Kenntnis hätte die Versicherung hingegen die Verträge entweder nicht oder nur zu einem höheren Preis abgeschlossen. Somit verbleiben letztlich nur die schlechten Risiken als Nachfrager im Markt.
Der Staat kann dem entgegentreten, indem er die Informationsverteilung zwischen Anbietern und Nachfragern durch Regulierungsmaßnahmen (bspw. Einführung von Gütesiegeln oder Mindestqualitätsstandards) beeinflusst.
Was versteht man unter einem „natürlichen Monopol“?
Von einem „natürlichen Monopol“ spricht man, wenn die Kosten eines einzigen Anbieters bei Anwendung einer bestimmten Technologie für eine bestimmte Produktionsmenge geringer ausfallen als die Summe der Kosten mehrerer Anbieter, welche zusammen die gleiche Produktionsmenge herstellen. Ursache für das Auftreten „natürlicher Monopole“ sind bspw. eine Fixkostendegression, Lernkurveneffekte sowie die Nutzung von Marktmacht.
Warum wird das „Bürgergeld“ kritisiert?
ritiker bemängeln am neuen „Bürgergeld“, dass durch den höheren Regelsatz das „Lohnabstandsgebot“ verletzt werde und sich zudem aufgrund zu geringer Sanktionen das Arbeiten nicht mehr lohne. Dies betrifft vor allem Geringqualifizierte, die auf dem Arbeitsmarkt aufgrund ihrer geringeren Produktivität nur einen relativ niedrigen Lohn erwirtschaften können. Bestätigt sehen sich die Kritiker in ihrer AnsichtS. 108 durch Angaben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales das im November 2023 verkündete, im neuen System sei mit ungeplanten Mehrausgaben von 3,25 Mrd. € zu rechnen.
Was ist das „Bürgergeld“?
Das im Jahr 2023 eingeführte „Bürgergeld“ ersetzt das bisherige „Arbeitslosengeld II“ („Hartz IV“). Ab 2024 erhöht sich das Bürgergeld um etwa 12 %. Weitere Änderungen durch das Bürgergeld gegenüber dem Hartz-IV-System:
Schonfrist von einem Jahr bei einer zu großen Unterkunft;
Schonvermögen nur noch im ersten Jahr, verringert auf nunmehr 40.000 €, für jedes weitere Haushaltsmitglied 15.000 €;
umfassendere Förderung von Weiterbildungen und Umschulungen;
höhere Freibeträge und Hinzuverdienstmöglichkeiten bei eigenem Einkommen: Wer zwischen 520 € und 1.000 € verdient, kann 30 % statt 20 % der Einkünfte behalten. Für Schüler, Studierende und Auszubildende unter 25 Jahre gilt zwischen Schulabschluss und Ausbildungsbeginn für drei Monate jeweils ein Freibetrag von 520 €, statt bisher nur 100 €.
Was sind die „OECD“ ?
Die „Organisation for Economic Co-operation and Development“ („OECD“) ist eine zwischenstaatliche Einrichtung wichtiger Industriestaaten, die sich für Demokratie und Marktwirtschaft einsetzen. Mittlerweile lässt sich die „OECD“ wohl am ehesten als gemeinsames Forum ihrer 38 Mitgliedstaaten verstehen, in dem gemeinsame Probleme diskutiert und Lösungsempfehlungen entwickelt werden.
Was sind der „IWF“
Der „Internationale Währungsfonds“ („IWF“)
Zu den wichtigsten Aufgaben des „IWF“ gehören die Förderung der internationalen Zusammenarbeit i. R. der Währungspolitik, die Förderung des weltweiten Handels sowie die Stabilisierung der internationalen Finanzmärkte.
Wodurch unterscheiden sich „Bedürfnisse“, „Bedarf“ und „Nachfrage“?
Ein „Bedürfnis“ ist das Bestreben, einen wahrgenommenen Mangel zu beseitigen. Damit handelt es sich um ein subjektives Mangelempfinden. Liegt ein „Bedürfnis“ bei bestehender Kaufkraft vor, spricht man von „Bedarf“ und wenn dieser zur Kaufabsicht führt, von „Nachfrage
Welches Risiko besteht, wenn der Staat einen „Maximalpreis“ festlegt, der unter dem Gleichgewichtspreis des Marktes liegt?
Durch die Einführung eines unter dem Gleichgewichtspreis liegenden „Maximalpreises“ kann für Anbieter des entsprechenden Produkts die Herstellung unattraktiv werden. Anstelle des staatlichen Ziels, einen niedrigen Preis für die Endverbraucher durchzusetzen, wird das Angebot damit im Zeitverlauf knapper. Bleibt die Nachfrage nach dem Produkt bestehen, entsteht ein Schwarzmarkt, auf dem die Produkte zum Marktpreis (Gleichgewichtspreis) angeboten werden.
BEISPIEL
In Berlin wurde eine „Mietpreisbremse“ eingeführt. Infolge einer sehr starken Begrenzung des Mietpreises brach zeitweise der Mietmarkt zusammen.
Grenzen Sie „Aufwand“ ab
Aufwand“ sind alle Minderungen des betrieblichen Reinvermögens, d. h. alles, was das betriebliche Eigenkapital reduziert (z. B. Gehälter, Wareneinsatz, Rückstellungen). Ausnahme: Gewinnausschüttungen an Anteilseigner (§ 8 Abs. 3 Satz 1 KStG). „Aufwand“ lässt sich auch definieren als bewerteter Verbrauch aller Waren und Dienstleistungen innerhalb einer bestimmten Rechnungsperiode.
Grenzen Sie Erträge ab
„Ertrag“ ist alles, was das betriebliche Eigenkapital erhöht (z. B. Umsatzerlöse eines produzierenden Unternehmens, Zinserträge, Mieterträge, Erträge aus Wertpapierhandel), also alle Erhöhungen des betrieblichen Reinvermögens.
Grenzen Sie „Kosten“ ab
„Kosten“ bezeichnen Minderungen des betrieblichen Reinvermögens, die aus dem Betriebszweck heraus entstanden sind bzw. mit der Leistungserstellung im Betrieb verbunden sind. Betriebsfremde Ausgaben, wie z. B. Spenden an gemeinnützige Organisationen von einer produzierenden Kapitalgesellschaft, sind daher keine „Kosten“, sondern „Aufwand“! „Kosten“ lassen sich auch definieren als eine Reduzierung des betriebsnotwendigen Vermögens (= Gesamtvermögen abzgl. des nicht betriebsnotwendigen Vermögens). Ausnahme: „Kosten“ dürfen nicht außerordentlich sein, somit nicht im normalen Geschäftsablauf anfallen (z. B. Explosion einer Produktionsmaschine).
Grenzen Sie „Leistungen“ ab
„Leistungen“ führen zur Erhöhung des betrieblichen Reinvermögens, die aus dem Betriebszweck heraus entstanden bzw. mit der Leistungserstellung im Betrieb verbunden sind (z. B. Umsatzerlöse eines produzierenden Unternehmens, nicht aber Zinserträge, Mieterträge und Erträge aus Wertpapierhandel). „Leistung“ lässt sich auch definieren als Zunahme des betriebsnotwendigen Vermögens durch das Produktionsergebnis in einer Periode.
Aus welchen Teilbereichen setzt sich die Kosten- und Leistungsrechnung zusammen?
Was ist die WTO“?
Die „World Trade Organization“ („WTO“) ist eine internationale Organisation mit dem Ziel der Förderung des internationalen Handels. Sie ist seit 1995 die Nachfolgeinstitution des allgemeinen Handelsabkommens „GATT“ („General Agreement on Tariffs and Trade“).
Was ist die „Weltbank“?
die „Weltbank“ sind Sonderorganisationen der Vereinten Nationen
Die „Weltbank“ zielt darauf ab, weniger entwickelte Volkswirtschaften finanziell und durch Beratungsleistungen zu entwickeln. Zur „Weltbank“ im engeren Sinne gehören die „Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung“ („IBRD“) sowie die „Internationale Entwicklungsorganisation“ („IDA“).
„internen Rechnungswesen“ u
Das „interne Rechnungswesen“ (Kosten- und Leistungsrechnung) ist grundsätzlich vollständig frei von gesetzlichen Regelungen, so dass ein Unternehmen prinzipiell seine Preise beliebig hoch festsetzen kann, solange die Kunden bereit sind, diese Preise zu bezahlen. Es dient der Planung, Steuerung und Kontrolle der betrieblichen Vorgänge, indem es entscheidungsrelevante Informationen für die Unternehmensführung bereitstellt. Besonders wichtig ist hierbei die
Ermittlung der Preisuntergrenze, d. h. die Antwort auf die Frage, welcher Preis vom Unternehmen mind. für das Produkt bzw. die Dienstleistung von den Kunden gefordert werden muss, um sämtliche Kosten zu decken, sowie die
Beurteilung und Kontrolle der Wirtschaftlichkeit der betrieblichen Vorgänge (bspw. i. R. einer Deckungsbeitragsrechnung). Hier werden von den Erlösen die variablen Kosten abgezogen und daher der Betrag festgestellt, der für die Deckung der Fixkosten zur Verfügung steht. Wird dabei noch nicht einmal der Deckungsbeitrag am Markt erzielt, ist es sinnvoll, die Leistung nicht anzubieten.
„externen Rechnungswesen“
Das „externe Rechnungswesen“ (Buchführung, Inventar, Jahresabschluss, Lagebericht) ist dagegen an gesetzliche Regelungen gebunden, v. a. an handels- und steuerrechtliche Vorschriften bzgl. Ansatz dem Grunde, dem Orte und der Höhe nach. Damit sollen betriebsexternen Anspruchsgruppen wie Eigenkapitalgebern, Fremdkapitalgebern, Arbeitnehmern, Lieferanten, Kunden sowie dem Fiskus den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Informationen geliefert werden. Dementsprechend ist es das Ziel der Handelsbilanz, den Gewinn zu ermitteln, der ohne Gefährdung des Fortbestands des Unternehmens an dessen Eigentümer ausgeschüttet werden kann, und das der Steuerbilanz, den Gewinn zu ermitteln, der der Ermittlung der Steuerschuld zugrunde gelegt werden muss.
Differenzieren Sie zwischen „Einzelkosten“ und „Gemeinkosten“!
Einzelkosten“: Kostenbestandteile, die einem einzelnen Kostenträger eindeutig und unmittelbar zuordenbar sind.
„Gemeinkosten“: nicht eindeutig und unmittelbar einem einzelnen Kostenträger zuordenbar, z. B. Verwaltungskosten (v. a. Kosten der Buchhaltung und Steuerberatung); Zurechnung daher über geeignete Verteilungsschlüssel.
Worin liegt der Unterschied zwischen „Herstellkosten“ und „Herstellungskosten“?
„Herstellkosten“ (= Begriff des internen Rechnungswesens): Summe aus Material- und Fertigungskosten (inkl. kalkulatorischer Kosten; ohne Verwaltungskosten).
„Herstellungskosten“ (= Begriff des externen Rechnungswesens): Definition in § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB (exkl. kalkulatorischer Kosten; Verwaltungskosten wahlweise).
Inwiefern benötigt das „externe Rechnungswesen“ Erkenntnisse aus dem „internen Rechnungswesen“?
Das „externe Rechnungswesen“ benötigt die Ergebnisse der Kostenrechnung für die Bewertung von Vorräten an halbfertigen und fertigen Erzeugnissen sowie selbsterstellten Vermögensgegenständen des Anlagevermögens. Ein wichtiges Instrument des „internen Rechnungswesens“ ist dabei der „Betriebsabrechnungsbogen“ (BAB) aus der Kostenstellenrechnung, der in Tabellenform die Kosteninformationen für die Kostenträgerrechnung aufbereitet. Zunächst werden die einzelnen betrieblichen Kostenstellen spaltenweise aufgeführt, beginnend mit den Hilfskostenstellen, anschließend mit den Hauptkostenstellen. Dabei ist es das erste Ziel des BAB, die innerbetrieblichen Leistungen zu verrechnen, d. h. die Gemeinkosten der Hilfskostenstellen müssen auf die Hauptkostenstellen verteilt werden. Zeilenweise werden die verschiedenen Kostenarten aufgeführt, beginnend mit den Einzelkosten, anschließend mit den primären und danach den sekundären Gemeinkosten. Auf dieser Grundlage werden als weiteres wichtiges Ziel des BAB die Kalkulationssätze rechnerisch ermittelt, um das Verhältnis zwischen Einzel-und Gemeinkosten festzustellen. Diese Kalkulationssätze werden anschließend im Rahmen der Kostenträgerrechnung zur Verrechnung der Gemeinkosten der Hauptkostenstellen verwendet.
Das „externe Rechnungswesen“ verwendet den BAB für die Bestimmung der Herstellungskosten (§ 255 Abs. 2 HGB), allerdings nach zahlreichen Korrekturen, um den gesetzlichen Anforderungen bei der Bestandsbewertung zu entsprechen (v. a. die Herausrechnung der kalkulatorischen Kosten sowie der Vertriebskosten, die handels- und steuerrechtlich nicht einbezogen werden dürfen).
Wodurch unterscheiden sich „primäre Kosten“ und „sekundäre Kosten“?
„Primäre Kosten“: werden dem Unternehmen von externen Betrieben für Güter und Dienstleistungen in Rechnung gestellt.
„Sekundäre Kosten“: entstehen durch den Verbrauch von Eigenleistungen bzw. innerbetrieblichen Leistungen.
Würden Sie als Steuerberater:in Ihren Mandaten „kalkulatorischen Unternehmerlohn“ in Rechnung stellen (Annahme: Abrechnung außerhalb der StbVV)? Wenn ja, wie hoch müsste Ihr „kalkulatorischer Unternehmerlohn“ mindestens sein?
Ja, unbedingt, denn Sie würden größtenteils umsonst arbeiten, wenn Sie nur die tatsächlichen Kosten verrechnen würden!
Sollten Sie also im Angestelltenverhältnis als Steuerberater:in z. B. 100.000 € verdienen, und Sie entscheiden sich, einen Tag in der Woche als selbständiger Steuerberater zu arbeiten, verdienen Sie i. R. Ihrer Anstellung 20.000 € weniger, also nur noch 80.000 €. Diese 20.000 € (zzgl. Gewinnzuschlag) müssten Sie nun mind. i. R. ihrer Selbständigkeit verdienen, sonst wäre es betriebswirtschaftlich sinnvoller, weiterhin ausschließlich im Angestelltenverhältnis zu arbeiten (Opportunitätsgedanke!).
Obwohl bei Ihnen die Kosten von 20.000 € nicht tatsächlich angefallen sind, müssen Sie
Wie berechnet sich ausgehend von den Selbstkosten der „kalkulierte Verkaufspreis“?
Ausgehend von den Selbstkosten kann eine Kalkulation der Verkaufspreise wie folgt aussehen:
Differenzieren Sie zwischen „Deckungsbeitrag“ und „Break-Even-Punkt“!
Der „Deckungsbeitrag“ ist die Differenz zwischen (Netto-) Verkaufserlös und variablen Kosten (absolute Preisuntergrenze). Hingegen ist der „Break-Even-Punkt“ die Absatzmenge, bei der die betrieblichen Umsatzerlöse die betrieblichen Kosten gerade decken (Gewinnschwelle).
Was sind „kalkulatorische Abschreibungen“? Warum kann die Kostenrechnung die Abschreibung aus der Handels- bzw. Steuerbilanz nicht einfach übernehmen?
Bilanziell wird gem. § 253 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 HGB planmäßig von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten abgeschrieben. Werden diese Abschreibungen in die Preise eingerechnet und entsprechend erwirtschaftet, erhält der Unternehmer am Ende der Nutzungsdauer exakt seine Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten wieder zurück (Zinseffekte sollen hier aus Vereinfachungsgründen vernachlässigt werden).
Sollten sich die Preise für das entsprechende Gut aber zwischenzeitlich (z. B. durch Inflation bzw. gestiegene Nachfrage) erhöht haben, würde dies bei einer Kalkulation lediglich der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten unberücksichtigt bleiben, und der Unternehmer könnte sich nach Ablauf der Nutzungsdauer kein neues Gut mehr leisten. Aus diesem Grund erfolgt i. R. der Kostenrechnung die Abschreibung des Gutes auf die (typischerweise höheren) Wiederbeschaffungskosten.
Die Formel für die „kalkulatorische AfA“ lautet dementsprechend:
Was verstehen Sie unter „Mezzanine-Kapital“?
„Mezzanine-Kapital“ bezeichnet eine Hybridform zwischen Eigen- und Fremdkapital. Unterschieden wird dabei, ob die Finanzierungsformen eher eigenkapitalähnlich (z. B. Vorzugsaktien, Wandel- und Optionsanleihen, atypisch stille Beteiligung) oder fremdkapitalähnlich (z. B. nachrangige Darlehen, Gesellschafterdarlehen, Gewinnschuldverschreibungen, typisch stille Beteiligung) sind. Zudem ist „Mezzanine-Kapital“ steuerlich sehr wichtig, weil v. a. vor dem Hintergrund der BEPS-Problematik Unternehmen versuchen, durch objektive Qualifikationskonflikte einen steuerlichen Vorteil zu erhalten (z. B. einen doppelten Abzug von Betriebsausgaben). Zur Bekämpfung des als missbräuchlich eingestuften Einsatzes von mezzaninen Finanzierungen wurden durch den Gesetzgeber z. B. § 4i EStG und § 4k EStG eingeführt.
. Grenzen Sie „Kosten“ von „Aufwendungen“ ab!
Wie funktioniert die Finanzierung durch „langfristige Rückstellungen“?
„Langfristige Rückstellungen“, insbesondere Pensionsrückstellungen, werden in den Produktpreis einkalkuliert; können die Produkte zu diesen Preisen am Markt abgesetzt werden, erfolgt über die Umsatzerlöse gegenwärtig eine Umwandlung der „langfristigen Rückstellungen“ in monetäre Mittel. Diese monetären Mittel müssen nun nicht sofort ausgezahlt werden, sondern erst in der ferneren Zukunft (die tatsächlichen Pensionszahlungen erfolgen z. B. erst deutlich später), so dass sich insoweit ein Finanzierungseffekt ergibt.
Definieren Sie die Begriffe „Innenfinanzierung“ und „Außenfinanzierung“!
„Innenfinanzierung“: alle Finanzierungsmaßnahmen, bei denen aus der Umwandlung betrieblich gebundenen Kapitals in Zahlungsmittel eine Finanzierung erfolgt;
„Außenfinanzierung“: Zuführung von Kapital von extern durch Einlage von Beteiligungskapital (= Eigenkapital) oder Zuführung von Krediten (= Fremdkapital).
Was verstehen Sie unter der „Eigenkapitalquote“? Wie kann diese verbessert werden?
Rein mathematisch betrachtet kann die „Eigenkapitalquote“ verbessert werden, indem das Eigenkapital erhöht und/oder das Gesamtkapital verkleinert wird. Ansatzpunkte: Einbehalten von Gewinnen (d. h. keine Gewinne ausschütten oder entnehmen), Geldeinlagen (z. B. Kapitalerhöhung durch Aufnahme zusätzlicher Gesellschafter), Umwandlung von Gesellschafterdarlehen in Eigenkapital, Sale-and-lease-back bzw. Leasing statt Kauf.
Was sind aus Finanzierungssicht „Kapitalrücklagen“ und „Gewinnrücklagen“?
„Kapitalrücklage“: Einlagen der Anteilseigner; hier liegt aus Sicht der Kapitalgesellschaft eine Außenfinanzierung vor, d. h. die Eigentümer der Kapitalgesellschaft sind für diese außenstehende Personen.
„Gewinnrücklage“: bereits versteuerte Gewinne der Kapitalgesellschaft (durchschnittliche Belastung der Gewinne einer Kapitalgesellschaft = 15 % KSt + 14 % GewSt bei GewSt-Hebesatz von 400 % + 0,825 % SolZ [= 5,5 % auf die KSt]); bei der Thesaurierung von Gewinnen handelt es sich aus Sicht der Kapitalgesellschaft um eine Innenfinanzierung in Form der „offenen Selbstfinanzierung“
Erläutern Sie den „Leverage-Effekt“!
Der „Leverage-Effekt“ besagt, dass die Eigenkapitalrentabilität durch Substitution von Eigen- durch Fremdkapital gesteigert werden kann. Voraussetzung ist, dass die Gesamtkapitalrentabilität höher ist als der Zinssatz des Fremdkapitals. Aufgrund des „Leverage-Effekts“ ist es für Unternehmen i. d. R. nicht sinnvoll, eine Eigenkapitalquote von 100 % zu haben.
Ein Unternehmen erzielt mit einer Investition eine gleichbleibende Gesamtkapitalrendite von 10 %. Ist nun der Fremdkapitalzins niedriger als 10 %, ist es sinnvoll, so viel Fremdkapital wie möglich aufzunehmen, da dann die Eigenkapitalrentabilität immer weiter gesteigert werden kann.
Stellen Sie die „goldene Bilanzregel“ dar
Die „goldene Bilanzregel“ besagt, dass das Anlagevermögen langfristig finanziert sein muss durch Eigenkapital und/oder langfristiges Fremdkapital. Der Deckungsgrad II soll folglich größer 1 sein.
Stellen Sie die „goldene Finanzierungsregel“ dar!
Die „goldene Finanzierungsregel“ beschreibt im Ergebnis dieselbe Forderung, dass die Dauer der Kapitalbindung nicht länger sein darf als der Zeitraum der Kapitalüberlassung. Mathematisch wird dieser Zusammenhang wie folgt ausgedrückt (= einfache Umformung der „goldenen Bilanzregel“):
Das Unternehmen finanziert eine Maschine mit zehnjähriger Nutzungsdauer. Die Abschreibungen dieser Maschine werden in die Preise kalkuliert, so dass das Unternehmen innerhalb von zehn Jahren das geldmäßige Äquivalent zu der Maschine erhält bzw. die Abschreibungen werden im Laufe von zehn Jahren in Geld umgewandelt. Es wäre daher nicht sinnvoll, die Maschine mit einem Darlehen mit nur fünfjähriger Laufzeit zu finanzieren, sondern es sollte eine Finanzierung durch (unkündbares) Eigenkapital oder entsprechend fristenkongruentes Fremdkapital erfolgen.
Was verstehen Sie unter „Working Capital“?
Das „Working Capital“ zeigt, in welchem Umfang das Umlaufvermögen langfristig finanziert ist. Entsprechend der goldenen Bilanzregel bzw. goldenen Finanzierungsregel sollte es größer als Null sein, da sonst ein Teil des Anlagevermögens kurzfristig finanziert wäre.
Unterscheiden Sie „Eigenkapital“ vs. „Fremdkapital“!
Was sind „Asset-Backed-Securities“?
„Asset-Backed-Securities“ sind forderungsbesicherte, verzinsliche Wertpapiere, d. h. es liegen Wertpapiere (= securities) vor, die mit Forderungen und/oder Vermögenswerten (= assets) abgesichert (= backed) sind.
Erläutern Sie den Begriff der „Investition“!
Es bestehen zwei Sichtweisen: Nach der finanzorientierten Sichtweise ist eine Investition ein Zahlungsstrom, der mit einer Auszahlung beginnt und in späteren Perioden zu Einzahlungsüberschüssen führt. Hingegen stellt eine Investition nach der bilanzorientierten Sichtweise die Verwendung von Eigen- oder Fremdkapital zur Beschaffung von Sach-, Finanz-oder immateriellem Vermögen dar.
Erklären Sie „statische Investitionsrechenverfahren“
„Statische Investitionsrechenverfahren“ betrachten nur eine einzige Periode. Die wichtigsten statischen Investitionsrechenverfahren sind:
Kostenvergleichsrechnung: Das Projekt mit den geringsten Periodenkosten ist auszuwählen.
Gewinnvergleichsrechnung: Das Projekt mit dem höchsten (positiven) Gewinn ist auszuwählen.
Rentabilitätsvergleichsrechnung: Das Projekt mit der höchsten (positiven) Rentabilität ist auszuwählen.
Amortisationsrechnung: Das Projekt mit der kürzesten Amortisationsdauer ist auszuwählen.
Erklären Sie „dynamische Investitionsrechenverfahren“!
„Dynamische Investitionsrechenverfahren“ verwenden mehrperiodige Modelle und berücksichtigen darüber hinaus auch den zeitlichen Anfall von Ein- und Auszahlungen. Das einfachste Modell ist dabei das sog. Kapitalwertmodell.
Stellen Sie die Verfahren der Unternehmensbewertung dar!
„Einzelbewertungsverfahren“
„Einzelbewertungsverfahren“: Der Wert eines Unternehmens wird aus der Summe der Werte der einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden abgeleitet.
Das „Substanzwertverfahren“ bewertet die einzelnen Gegenstände des Unternehmens zu ihrem aktuellen Marktwert bzw. zu Wiederbeschaffungskosten. Von den so bewerteten Aktiva wird der Wert der Verbindlichkeiten abgezogen.
Das „Liquidationswertverfahren“ nimmt ebenso eine „Einzelbewertung“ der einzelnen Vermögensgegenstände vor, von denen dann die Verbindlichkeiten abgezogen werden. Die Bewertung erfolgt aber bei diesem Verfahren zu Zerschlagungswerten.
Gesamtbewertungsverfahren
„Gesamtbewertungsverfahren“: Das Unternehmen wird in seiner Gesamtheit bewertet; entscheidend ist hier die Fähigkeit des Unternehmens, in der Zukunft Gewinne bzw. Einzahlungsüberschüsse zu erwirtschaften.
Beim „Ertragswertverfahren“ wird der Wert des Eigenkapitals durch Schätzung der zukünftigen Ertragsüberschüsse, die auf den Bewertungsstichtag abgezinst werden, ermittelt.
Beim „Discounted Cash Flow (DCF)-Verfahren“ errechnet sich der Marktwert des Eigenkapitals durch die Diskontierung (= Abzinsung) der zukünftigen Cash Flows (= Zahlungsströme) auf den Bewertungsstichtag.
Was verstehen Sie unter einem „Leerverkauf“?
Ein „Leerverkauf“ stellt den Verkauf von Wertpapieren oder Devisen dar, die der Verkäufer nur für eine festgelegte Zeit geliehen hat. Spekuliert wird auf künftig sinkende Preise der Wertpapiere oder Devisen, um diese billiger zurückkaufen und dem Verleiher zurückgeben zu können. Die Differenz stellt den Gewinn dar.
„Kombinationsverfahren“ (unternehemnsbewertung)
„Kombinationsverfahren“ wie z. B. das „Mittelwertverfahren“: Verwendet werden die Bewertungsergebnisse von Einzel- und Gesamtbewertungsverfahren, indem sie jeweils das Ergebnis eines Verfahrens verwenden, diese addieren und durch zwei dividieren (= Mittelwert).
Was ist das „CAPM“?
Das „CAPM“ („Capital Asset Pricing Model“) stellt einen Zusammenhang zwischen der vom Kapitalmarkt erwarteten Rendite einer Aktie iE und der Rendite des Gesamtmarktes rM her. Dabei gilt: i E = rF + β x (rM - rF)
Die Eigenkapitalkosten iE bestimmen sich demnach durch den Zinssatz für risikolose Kapitalanlagen rF. Diesen Zinssatz will der Investor mind. haben. Da er aber mit der unternehmerischen Investition immer auch ein Risiko eingeht, verlangt er noch einen Risikozuschlag, der durch β x (rM - rF) modelliert wird. β stellt dabei den Faktor für das unternehmensspezifische Risiko dar. Ist β = 1, entspricht das systematische Risiko des Unternehmens genau dem Gesamtmarktrisiko; es liegt also ein durchschnittlich riskantes Investment vor. Ist β < 1 (aber immer > 0), liegt ein weniger riskantes Unternehmen vor (z. B. Unternehmen aus der Lebensmittelbranche, Zahn-pastahersteller). Ist β > 1, liegt ein Unternehmen vor, das ein höheres Risiko als das Marktrisiko mit sich bringt (z. B. Unternehmen aus der Automobilbranche). In diesem Fall verlangen die Investoren zur Abdeckung des höheren Risikos auch eine höhere Vergütung. (rM - rF) stellt das Marktrisiko dar, dem sämtliche Unternehmen gleichfalls unterliegen.
Was verstehen Sie unter dem „Produktlebenszyklus“?
Skizzieren Sie das Marktanteil-Marktwachstums-Portfolio der Boston Consulting Group!
„CashCows“: Der relative Marktanteil ist hoch und das Marktwachstum ist niedrig. Daher liegt ein gesättigter Markt vor, aus dem sich (noch) hohe Liquiditätszuflüsse ergeben, so dass eine Abschöpfung der Gewinne erfolgen sollte.
„Stars“: Der relative Marktanteil und das Marktwachstum sind hoch. Investitionen sollten vorgenommen werden.
„(Poor) Dogs“: Der relative Marktanteil und das Marktwachstum sind niedrig. Hier sollten keine Investitionen (mehr) vorgenommen werden
„Question Marks“: Der relative Marktanteil ist niedrig und das Marktwachstum ist hoch. Hier muss selektiv entschieden werden, ob das Unternehmen Investitionen vornehmen sollte, um evtl. zu den „Stars“ zu gelangen.
Wofür steht BEPS
Base Erosion and Profit Shifting
Ust Aufkommen 2022
285 Mrd Euro
Was kennzeichnet „partiarische Darlehen“?
Bei „partiarischen Darlehen“ ist die Verzinsung vom Gewinn abhängig (kein fester Zins).
BEFIT
Business in Europe: Framework for Income Taxation”
Vorschlag der EU Kommission in 2023
einheitliches Regelwerk zur Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage von in der EU tätigen Konzernen mit jährlichen Gesamtumsatz von min 750 Mio
Soll am 01.07.2028 in Kraft treten
Baut auf P2 auf
DEBRA
“Debt Equity bias reduction allowance”
EU Kommission RL Vorschlag 2022
Stpfl die in einem EU MGStaat der KSt unterliegen einen sog FB für EK und Abzugsbeschränkung für FK
Könnte ab 2024 kommen
Verkehrsteuern (Bsp)
Umsatzsteuer (ohne Einfuhrumsatzsteuer)
Grunderwerbsteuer
Kraftfahrzeugsteuer
Rennwett- und Lotteriesteuer
Spielbankabgabe
Versicherungsteuer
Feuerschutzsteuer
Luftverkehrsteuer
Verkehrsteuern sind Steuern, die an einen rechtlichen oder wirtschaftlichen Akt, an die Vornahme eines Rechtsgeschäfts oder einen wirtschaftlichen Vorgang oder Verkehrsvorgang anknüpfen.
Besitzsteuern (Bsp)
vom Einkommen und Ertrag
Einkommensteuer (einschließlich Lohnsteuer und Kapitalertragsteuer)
Körperschaftsteuer
Solidaritätszuschlag
Gewerbesteuer
Kirchensteuer (teilweise)
vom Vermögen
Erbschaftsteuer
Grundsteuer
Besitzsteuern sind Steuern, deren Gegenstand Besitzwerte (Ertrag, Einkommen oder Vermögen) sind. Besitzsteuern werden wiederum unterteilt in Personensteuern (= Subjektsteuern), die an persönliche Verhältnisse (z.B. Familienstand) und Leistungsfähigkeit (z.B. Einkommen) einer Person anknüpfen, und Realsteuern (= Objektsteuern), die an ein Objekt (z.B. Grund und Boden, Gewerbebetrieb) anknüpfen. Gemäß § 3 Abs. 2 der Abgabenordnung sind Realsteuern die Grundsteuer und die Gewerbesteuer.
Realsteuern(= Objektsteuern), (Bsp)
Steuern die an ein Objekt (z.B. Grund und Boden, Gewerbebetrieb) anknüpfen. Gemäß § 3 Abs. 2 der Abgabenordnung sind Realsteuern die Grundsteuer und die Gewerbesteuer.
Verbrauchsteuern
zielen auf den Verbrauch ab (z. B. Mineralöl-, Tabaksteuer).
1. Besitzsteuern, Verkehrsteuern und Verbrauchsteuern:
2. Personensteuern und Realsteuern:
3. Direkte und indirekte Steuern:
4. Nach der Ertragshoheit:
Sonstige VA
Haftungsbescheid (191 AO)
PA (196 AO)
Stundung (222 AO)
Erlass (227 AO)
Personensteuern (= Subjektsteuern),
Einkommen- einschließlich Lohnsteuer,
Vermögen- und
Kirchensteuer,
Steuern die an persönliche Verhältnisse (z.B. Familienstand) und Leistungsfähigkeit (z.B. Einkommen) einer Person anknüpfen. Gegensatz zu den Realsteuern sind die Personensteuern nicht abzugsfähige Steuern (§ 12 Nr. 3 EStG).
Materielle und formelle Bestandskraft von VA
Formell: Ablauf der Einspruchsfrist (Unanfechtbarkeit)
Materielle: Inhaltliche Verbindlichkeit der Verwaltungsentscheidung, ggf durchbrochen von Korrektornormen/ verhindert durch 164/5. mit Bekanntgabe = wirksam (124 AO)
<=> Urteil aber erst materielle Bestandskräftig mit Unanfechtbarkeit (110 FGO)
Wie könnte die HaBi optimiert werden (vor Stichtag), um eine höhere EK-Quote zu erreichen?
Kapitalerhöhung
Tilgung der Verb.
Verzicht Ges’er-Darlehen bzw. Umwandlung in EK
Sale-and-lease-Back Grdst.
Übertragung Pensionsrückstellungen auf Pensionsfonds
Was ist Anlagendeckungsgrad?
StB hat in seiner Bilanz Anlagendeckungsgrad von 200 % - ist das gut?
Kennziffer zur Beurteilung der finanziellen Verhältnisse eines Unternehmens. Wird das Anlagevermögen durch Eigenkapital und eventuell auch durch langfristig zur Verfügung stehendes Fremdkapital mindestens zu 100 % gedeckt, so spricht man von einem stabilen Unternehmen. Der Deckungsgrad sollte nicht unter 100 % liegen.
——
Die Idealforderung besagt, dass das Anlagevermögen voll durch Eigenkapital, das dem Unternehmen unbegrenzt zur Verfügung steht, finanziert sein soll (Deckungsgrad A). Diese Forderung hatte in früheren Jahren bei relativ geringem Anlagevermögen und guter Eigenkapitalausstattung ihre Berechtigung. Heute ist sie für den Durchschnitt der Unternehmen nicht erfüllbar. Der Deckungsgrad B entspricht eher den heutigen Anforderungen; er fordert, dass neben dem Eigenkapital auch langfristiges Fremdkapital zur Finanzierung von langfristigem Vermögen herangezogen werden kann. Teilweise wird auch der Deckungsgrad C ermittelt, der davon ausgeht, dass nicht nur langfristiges Anlagevermögen, sondern auch langfristig gebundenes Umlaufvermögen (eiserne Bestände) langfristig finanziert sein sollten. Diese Forderung ist inhaltlich sinnvoll, aber wenig praktikabel, weil das langfristig gebundene Umlaufvermögen für den externen Abschlussanalytiker schwer zu ermitteln ist. Allgemein ist bei Anwendung dieser Kennzahl Vorsicht geboten, da sinnvolle Grenzwerte nicht generell vorgegeben werden können
direkten Steuerarten
Steuerzahler und Steuerträger ein und dieselbe Person
(Einkommen-,
Kirchen-,
Erbschaft- und Schenkungsteuer).
indirekten Steuerarten
=sollen nach dem Willen des Gesetzgebers Steuerschuldner und Steuerträger auseinanderfallen
(Umsatz-,
Energie-,
Tabaksteuer u.a.).
Mithilfe der Zahlungsinformationen sollen die Mitgliedstaaten der Europäischen Union den Umsatzsteuerbetrug, insbesondere im Bereich des grenzüberschreitenden elektronischen Geschäftsverkehrs, besser bekämpfen können. Die Finanzverwaltung soll durch den Zugang zu den Zahlungsdaten der Zahlungsdienstleister Informationen erhalten, die bislang nicht oder nicht unmittelbar zur Verfügung standen. Dadurch soll die Finanzverwaltung in die Lage versetzt werden, schneller betrügerische Unternehmen zu ermitteln und festzustellen, in welchem Mitgliedstaat Lieferungen von Gegenständen und die Erbringung von Dienstleistungen insbesondere gemäß den Bestimmungen des Titels V der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) als erfolgt bzw. erbracht gelten.
Anlagenintensität
AV / Gesamtvermögen
Es gilt: Je höher die Anlagequote, desto mehr deines Gesamtkapitals ist langfristig an das Anlagevermögen gebunden.
hohe Fixkostenbelastung
EWR
Island, Liechtenstein und Norwegensind die einzigen Länder, die zwar Mitglied des EWR sind, nicht aber der EU.
Wann Körperschaft verfolgt gemeinnützige Zwecke
wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern
ZB: Voraussetzungen des Absatzes 1 sind als Förderung der Allgemeinheit anzuerkennen:
1.die Förderung von Wissenschaft und Forschung;
2.die Förderung der Religion
;3.die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens und der öffentlichen Gesundheitspflege, insbesondere die Verhütung und Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten, auch durch Krankenhäuser im Sinne des § 67, und von Tierseuchen;
4.die Förderung der Jugend- und Altenhilfe
;5.die Förderung von Kunst und Kultur;
6.die Förderung des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege;
7.die Förderung der Erziehung, Volks- und Berufsbildung einschließlich der Studentenhilfe;
Beschreiben Sie die Phasen des Produktlebenszyklus
Die Theorien des „Produktlebenszyklus“ gehen von fünf verschiedene Phasen im Leben eines Produkts aus:
Einführungsphase: Hier werden noch keine Gewinne erzielt. Es erfolgt eine Konzentration auf Werbung und Public Relations zum Imageaufbau. Das Ende der Einführungsphase tritt bei Erreichung des Break-Even-Punkts ein.S. 113
Wachstumsphase: Es werden Gewinne erwirtschaftet. Dabei erfolgt eine Konzentration auf Preis- und Konditionenpolitik.
Reifephase: Dies ist die längste und profitabelste Phase. Es erfolgt eine Konzentration auf Gewinnerhaltung und Produktvariationen sowie auf die Bekämpfung zunehmender Konkurrenz.
Sättigungsphase: Mangels Marktwachstums gehen Umsatz und Gewinn zurück. Das Ende der Phase liegt bei Erzielung von Verlusten vor.
Rückgangs-/Degenerationsphase: In dieser Phase erfolgen ein starker Umsatzrückgang und eine Erwirtschaftung von Verlusten. Hier stellt sich für die Unternehmensleitung die Frage des Versuchs eines Relaunches des Produkts oder Einstellung der Produktion.
zentrale Kategorien, in die sich die Methoden der Geldbeschaffung
Innenfinanzierung
Eigenfinanzierung (Selbstinnenfinanzierung)
Finanzierung durch Vermögensumschichtung
Finanzierung aus Abschreibungsgegenwerten
Finanzierung aus Rückstellungsgegenwerten
Außenfinanzierung
Eigenfinanzierung
Fremdfinanzierung
MATRIX!!
Methoden Außenfinanzierung - Eigenfinanzierung
Die Eigenfinanzierung wird häufig auch Beteiligungsfinanzierung genannt.
Sie liegt vor, wenn einem Unternehmen Eigenkapital von außen zugeführt wird.
Verzinsung abghänging von Höhe des erwirtschafteten Gewinns
EK steht reglm unbefristet zur Verfügung
EK_Geber ist berechtigt bei unternehmerischen Entscheidungen mitzuwirken
EK begründet Anspruch auf Beteiligung am Liquidationserlöst erst, wenn die Ansprüche der FK-Geber befriedigt sind
Nachteile sind:
hohe Kosten und
steuerliche Diskriminierung
Ihre Vorteile sind u.a.:
Stärkung der Eigenkapitalbasis,
Unabhängigkeit von FK-Gebern (Banken),
variable Verzinsung des EK je nach Erfolg
Methoden Außenfinanzierung - Fremdnanzierung
Schuldverhältnis zwischen Kapitalgebe rund Kapitalnehmer reglm. Vertrag über Laufzeit und Verzinsung
Im Liquidationsfall begründet FK einen Anspruch auf Rückzahlung
Typische Formen der kurzfristigen Fremdfinanzierung sind:
Anzahlungen,
Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen
sowie Kontokorrentkredit
Typische Formen der langfristigen Fremdfinanzierung sind:
Bankkredit
Gesellschafterdarlehen
Schuldscheindarlehen
Anleihen
Vorteile der Fremdfinanzierung sind u.a.:
die Planbarkeit der Rückzahlung (vertraglich verein-bart) und
die relativ geringe Renditeforderung der FK-Geber.
FK-Geber hat kein Recht an Unternehmerischen Entscheidungen mitzuwirken
Nachteile der Fremdfinanzierung sind u.a.:
Die Abhängigkeit von den FK-Gebern und
Die Forderung von Sicherheiten
Methoden Innenfinanzierung - Selbstfinanzierung
Die Hauptform der Innenfinanzierung ist die Selbstfinanzierung.
Diese ist die Finanzierung aus thesaurierten Gewinnen.
Dies kann dadurch geschehen, dass offene Gewinnen nicht ausgeschüttet werden(offene Thesaurierung), oder dass Gewinne z.B. aufgrund der Bildung von (ggf. überbewerteten) Rückstellungen gar nicht erst entstehen.
Vorteile der Selbstfinanzierung sind u.a.:
Keine Zins-und Tilgungszahlungen in der Zukunft,
Stärkung des Eigenkapitals ohne EK-Zuführung von außen,
keine Zweckbindung der Mittel.
Nachteile werden darin gesehen, dass die Selbstfinanzierung dazu verleitet, das eingesetzte Kapital quasi als „kostenlos“ zu betrachten. Es kostet aber immer mindestens so viel wie die alternative Geldverwendungsmöglichkeit.
Methoden - Innenfinanzierung - Finanzierung über Abschreibungen
Abschreibungsgegenwerte müssen über Umsatzerlöse, die zahlungswirksam geworden sind, erwirtschaftete worden sein
Kapitalfreisetzungd- und Kapazitätserweiterungseffekt der Finanzierung über Abschreibung
Methoden - Innenfinanzierung - Finanzierung über Rückstellungen
Funktion ähnlich wie bei Finanzierung über Abschreibungen: Gegenwerte der Zuführungen zu den Rückstellungen müssen über Umsatzerlöse, die zahlungswirksam geworden sind, erwirtschaftet worden sein
-> Minderung der Steuerliche Effekte wg. Auffwand aus RSt + geringere Lohnaufwendungen
Langfristiger Finanzierungseffekt nur bei Bildung langfristiger Rückstellung
Wann finden die Europawahlen statt?
In Deutschland findet die Europawahl am Sonntag, den 9. Juni 2024, statt.
Methoden Innenfinanzierung - Fremdfinanzierung (durch Vermögensumschichtung)
Vermögensgegenstände binden Kapital, welches dann nicht zur Finanzierung (also nicht zur Sicherung der Liquidität) zur Verfügung steht.
Durch ein Abstoßen bestimmter Vermögensgegenstände oder andere Gestaltungen lässt sich ein Finanzierungseffekt als Form der Innenfinanzierung erzielen.
Man wandelt Vermögen in liquide Mittel um und erhält damit Finanzierungsmöglichkeiten.
Typische Formen sind:
Veräußerung von Anlagevermögen,
Sale-and-Lease-back,
Lagerabbau (Reduzierung des Working Capital),
Factoring
Was wird bei den Europawahlen gewählt?
Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union (EU) zum zehnten Mal das Europäische Parlament. In
Änderungen bei Europawahlen?
Anders als vor fünf Jahren darf am 9. Juni in Deutschland wählen, wer das 16. Lebensjahr vollendet hat. Der Bundestag hat am 10. November 2022 das aktive Wahlalter von 18 auf 16 Jahre gesenkt, als er einen Gesetzentwurf der Ampelkoalition zur Änderung des Europawahlgesetzes (20/3499) auf Empfehlung des Innenausschusses (20/4362) annahm. Auch in Belgien, Malta und Österreich dürfen 16-Jährige wählen. In Griechenland muss man 17 Jahre, in den übrigen Mitgliedstaaten 18 Jahre alt sein.
Wählen dürfen ab diesem Mindestalter nicht nur Deutsche, sondern auch Angehörige anderer EU-Mitgliedstaaten, die sich in Deutschland aufhalten.
Formen Mezzanine Finanzierung
zwischen Eigenfinanzierung und Fremdfinanzierung
dazu gehören:
Nachrangige Darlehen
Partiarische Darlehen
Verkäuferdarlehen
Stille(typische und atypische)Beteiligungen
Wandelschuldverschreibungen
Genussscheine
Bereiche Verein
Ideeller Bereich (nicht untern/ keine USt)
Vermögensverwaltung
Zweckverbände
Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb
Steueraufkommen ges 2022
815 Mrd Euro
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