Grundlegende Struktur der Rechtsordnung
Tatbestand -> Rechtsfolge
Verfahrenrecht
umfasst den Weg zu außergerichtlichen und gerichtlichen Entscheidungen
Prozessrecht
Bestandteil des Verfahrensrechts, befasst sich ausschließlich mit gerichtlichen Verfahren
Materielles Recht
Sachlicher Kern der Rechtsordnung
Besteht zivilrechtlicher Anspruch? Liegt Strafbarkeit vor? War Behördenhandeln rechtmäßig?
Zivilrecht: BGB
Strafrecht: StGB
Verwaltungsrecht: je nach Teilrechtsgebiet, z.B. Bauordnung, Polizeigesetz etc.
Ausgangspunkte: Anspruchsgrundlagen, Straftatbestände, Ermächtigungsgrundlagen (s.u.)
Formelles Recht
Regelt Durchsetzung des materiellen Rechts - Prozess- und Verfahrensrecht
Zivilrecht: Zivilprozessordnung (ZPO)
Strafrecht: Strafprozessordnung (StPO)
Verwaltungsrecht: Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)
Anspruchsgrundlagen
> Das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen (§ 194 BGB)
Dem Zivilrecht oder öffentlichen Recht untergeordnet
“Wer will was von wem woraus?”
Identität des Anspruchstellers
Klägerisches Begehren
Identität des Anspruchgegeners
jeweilige Anspruchsgrundlage
Straftatbestände
> Nominieren die Strafbarkeit menschlichen Verhaltens
Ausgangspunkt: Materiellrechtliche Prüfung im Strafrecht
Richtet sich an
Bürger*innen durch Verbote und Gebote
Strafverfolgungsbehörden, die nach Legalitätsprinzip zum Einschreiten verpflichtet sind
Richter*innen, die verpflichtet sind, bestimmte Geld- oder Freiheitsstrafen zu verhängen
Ermächtigungsgrundlagen
> Befugnisse der öffenltichen Verwaltung, bestimmte Maßnahmen vorzunehmen
Normenhierarchie
Nicht alle Rechtsnormen sind gleichwertig (=Stufenbau der Rechtsordnung)
Ermöglicht “eine im Rang niedrigere Rechtsnorm an einer höherrangigen Rechtsnorm zu messen und festzustellen, ob erstere rechtmäßig (verfassungsmäßig) oder ggfs. unwirksam ist
Normenhierarchie im Bundesrecht
Verfassungsrecht: Grundgesetz
[Völkerrecht - als Bundesgesetze verankert]
Parlamentsgesetze (z.B. BGB, StGB, ZPO, StPO)
vom Bundestag erlassen
von Regierung werden nur Gesetze vorgeschlagen (Initiativrecht)
Bundesverordnungen
können auch von MInisterien erlassen werden nach Ermächtigung des Parlaments
schneller, flexibler, dynamischer, z.B. StVO
Bundessatzungen
können von Selbstverwaltungskörperschaften erlassen werden, betrifft immer nur einen bestimmten Personenkreis
z.B. Satzung der deutschen Rentenversicherung
Initiativrecht
Das Recht, Gesetzesentwürfe in den Bundestag einzubringen
> hat Bundesregierung, Bundesrat und Bundestag
Normenhierarchie im Landesrecht
(unterhalb des Bundesrechts)
Verfassungsrecht: Landesverfassung
Parlamentsgesetze
Landesverordnungen
Landessatzungen
Können von Selbstverwaltungskörperschaften erlassen werden, z.B. Landkreise, Gemeinden, staatliche Hochschulen - betrifft immer nur einen bestimmten Personenkreis
z.B. Bebauungspläne, Gebührenordnung
Gewohnheitsrecht
ungeschrieben, “seit langer Zeit allgemein befolgt”, Beteiligte sind überzeugt, an diese Übung rechtlich gebunden zu sein
z.B. alte Wege, die über Privateigentum führen, können durch Öffentlichkeit genutzt werden
Verwaltungsinterne Verwaltungsvorschriften
Anweisungen der Verwaltungsspitze an MA, werden häufig durch Ministerien des jeweiligen Bundeslandes erlassen
z.B. allgemeine Vorgehensweise bei Inobhutnahme im Jugendamt
Gutachtenstil
Aufbau
Obersatz
Definition
Subsumtion
Ergebnis
> Fragestellung/Hypothese “Wer will was von wem woraus?”
-> wichtig für die Prüfung von Rechtsfragen
> Tatbestandsvoraussetzungen werden herausgearbeitet
Zunächst Suche nach abstrakten Legaldefinitionen, wenn diese nicht vorliegen, können Gerichtsurteile und juristische Kommentare ergänzend herangezogen werden
Subsumation
Abstrakte Definition wird auf den Fall angewendet
> Im Fazit festgehalten, ob sich der konkrete Fall unter die abstrakte Definition subsumieren lässt
Auslegungsmethoden
-> häufig bestehen keine festgelegten Definitionen, sodass Jurist*innen einen Rechtsbegriff selbst auslegen müssen
Auslegungsmethoden nach Friedrich-Carl von Savgny (1779-1861)
Übersicht
Sprachlich-grammatikalische Auslegung (Wortlaut)
Systemische Auslegung
Verfassungskonforme Auslegung (anhand des GG)
Richtlinienkonforme Auslegung (anhand von EU-Richtlinien)
Teleologische Auslegung (Sinn und Zweck)
Historische Auslegung
-> Ausgangspunkt der Prüfung/Auslegung
“ein eindeutiger Wortsinn ist grundsätzlich bindend”, es “darf nur abgewichen werden, wenn der unter Umständen aus der Entstehungsgeschichte zu ermittelne Gesetzeszweck (ratio legis) eine abweichende Auslegungnicht nur nahelegt, sondern gebietet”
Alltagssprachlicher Gebrauch und soezifische VErwendung in der Rechtswissenschaft wird betrachtet
Untersucht den Bedeutungszusammenhang
der einzelne Rechtssatz ist im Gesamtzusammenhang der Rechtsordnung zu verstehen - z.B. Bedeutung der Position im Gesetz (erste §§ gelten i.d.R. übergreifend)
teleologisch = griechisch “telos” = Ziel, ratio legis = Sinn und Zweck einer Rechtsnorm
dazu gehören die mit der konkreten Norm verfolgten Zwecke und allgemeine Gerechtigkeits- und Zweckmäßigkeitserwägungen
Häufig dienen Rechtsnormen mehr als einem Zweck, da muss der Schwerpunkt abgewogen werden
Entstehungsgeschichte der Rechtsnorm wird untersucht
Protokolle von Parlamentsdebatten, verschriftlichte Gesetzesbegründungen
vor allem fpr die Ermittlung des Gesetzeszwecks von Bedeutung
> Unterfall systemischer Auslegung
es hat von mehreren Auslegungsmöglichkeiten diejenige Vorang, bei der die Rechtsnorm mit der Verfassung in Einklag steht
in öffentlich-rechtlichen Bestimmungen speziell für die Umsetzung Fragestellungen wirken immer die Grundrechte unmittelbar (z.B. Meinungsfreiheit), in Zivilrechtlichen Fragestellungen mittelbar (“mittelbare Drittwirkung”), Grundrechte erlangen Einfluss auf die gesamte Rechtsordnung
Wenn nationale rechtliche Bestimmungen speziell zur Umsetzung der Vorgabe einer Richtlinie erlassen ist
Die Gerichte der Mitgliedsstaaten der EU müssen grundsätzlich alles tun, um die volle Wirksamkeit des EU-Rechts zu gewährleisten sowie in diesem Rahmen das nationale Recht unionsrechtskonform auszulegen
Wertungsmäßige Korrektur
Es kann hilfreich sein, in einem weiteren Schritt die gefundene Lösung mit dem eigenen Judiz (Rechtsgefühl) abzugleichen - insofern die Wertung dem zuvor Ermittelten widerspricht, sollte dies kritisch hinterfragt werden
Billigungsnormen
Ergebnisse, die sich im ersten Schritt noch als korrekte Auslegung einer Rechtsnorm erwiesen haben, in einem zweiten Schritt einer weiteren Überprüfung unterzogen werden am Maßstab der “Billigkeit”
-> unbillige Ergebnisse im Einzelfall können verhindert werden, indem eine umfassende Wertung der Interessenslage vorgenommen wird
(im Zivilrecht)
Billigkeit
= Verwirklichung der Einzelfallgerechtigkeit
Billigkeit: Beispiel § 242 Treu und Glauben
“Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern”
-> Es wird ein allgemeiner, das gemeinsame Rechtsleben beherrschender Grundsatz abgeleitet, dass jedermann die Ausübung seiner Rechte und Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln hat (Wahrung der sozialethischen Schranken des Rechts)
-> verbietet u.a. ein widersprüchliches Verhalten, sofern dieses mit einem früheren Verhalten vollkommen unvereinbar ist und die Interessen der Gegenseite in höherem Maße schutzwürdig sind
Billigkeit/Treu und Glauben
§ 138 BGB Sittenwidrigkeit
“ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.”
-> Gute Sitten = “das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden” - diffus, bedarf umfassender Abwägung
-> u.a. sind solche Rechtgeschäfte nichtig, die “unter Ausbeutung der Zwangslage [oder] der Unerfahrenheit” einer anderen Person vorgenommen worden sind.
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