Staatsanwaltsklausur
Wie leitet man das A-Gutachten ein? (hinreichender Tatverdacht)
Die Staatsanwaltschaft wird Anklage erheben, wenn ein hinreichender Tatverdacht für eine Straftat besteht (§ 170 Abs. 1, § 203 StPO). Dies ist der Fall, wenn bei vorläufiger Tatbewertung die Verurteilung des Beschuldigten überwiegend wahrscheinlich ist.
A könnte sich dadurch, dass er [….], eines [….] gem. §§ […] hinreichend verdächtig gemacht haben.
Was ist eine Wahlfeststellung?
Die Wahlfeststellung setzt voraus, dass innerhalb des von § 264 StPO gezogenen Rahmens die vorgeworfene Tat nach Erschöpfung aller Beweismöglichkeiten nicht so eindeutig aufzuklären ist, dass ein bestimmter Tatbestand festgestellt werden kann, aber sicher festzustellen ist, dass der Täter einen von mehreren möglichen Tatbeständen verwirklicht hat und der andere als die wahlweise festgestellte Handlungen ausgeschlossen ist (zweiseitige Sachverhaltsungewissheit)
Verfahrenshindernisse
Strafantrag: Besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung
Nach Auslegungshilfe in Nummer 234 RiStBV (+), wenn der Täter einschlägig vorbestraft ist, roh gehandelt hat oder durch die Tat eine erhebliche Verletzung verursachte wurde.
Strafklageverbrauch (Art. 103 Abs. 3 GG): Was ist eine Tat im prozessualen Sinne?
Tat im prozessualen Sinn ist der durch die Anklage dem Gericht unterbreitete Vorgang, soweit er nach der Lebensauffassung eine Einheit bildet.
Einheitliche prozessuale Tat: Äußere zeitliche Verknüpfung und Verknüpfung dergestalt, dass der Unrechts- und Schuldgehalt der einen Handlung nicht ohne die Umstände, die zu der anderen Handlung geführt haben, gewürdigt werden kann (BGH).
Eine Tatidentität setzt einen inneren Beziehungs- und Bedingungszusammenhang voraus.
B-Gutachten
Erläutere die sachliche Zuständigkeit.
I. Amtsgericht (§ 24 GVG)
Strafrichter (§ 25 GVG): Vergehen mit Straferwartung < zwei Jahre und Privatklagedelikte
Schöffengericht (§ 28 GVG): Vergehen mit Straferwartung > zwei Jahre; Verbrechen mit Straferwartung < vier Jahre
II. Landgericht (§ 74 GVG)
Große Strafkammer: Vergehen und Verbrechen mit Straferwartung > vier Jahre
Schwurgericht: Katalogtat nach § 74 Abs. 2 GVG (Verbrechenstatbestände mit Todesfolge)
B-Gutachten und Abschlussverfügung
Wer ist bei einer Einstellung zu bescheiden? Wem ist die Einstellung mitzuteilen?
I. Antragsteller: Bescheidung nach § 171 S. 1 StPO
II. Antragsteller zugleich Verletzter: Belehrung nach § 171 S. 2 StPO über Beschwerdemöglichkeit nach § 172 Abs. 1 StPO, die ihrerseits nur zulässig ist, wenn Klageerzwingungsverfahren nach § 171 Abs. 2 StPO. Klageerzwingungsverfahren nicht zulässig, wenn Privatklagedelikt oder Absehen von der Verfolgung nach § 153, 153a, 153b (§ 171 Abs. 2 S. 3 StPO).
III. Beschuldigter: Wenn er vernommen worden ist und ein Haftbefehl gegen ihn erlassen worden ist oder er um einen solchen erbeten hat oder besonderes Interesse (§ 170 Abs. 2 S. 2 StPO).
IV. Entschädigung nach StrEG: Entschädigung, sofern Beschuldigter durch Strafverfolgungsmaßnahmen einen Schaden erlitten hat, wenn Einstellung (§ 2 StrEG). Dies gilt nach § 9 StrEG auch, wenn Staatsanwaltschaft einstellt. Klausurrelevante Strafverfolgungsmaßnahmen: U-Haft (§ 2 Abs. 2 StrEG), vorläufige Festnahme gem. § 127 StPO (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 StrEG) und vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 2 Abs. 2 Nr. 5 StrEG). Belehrungspflicht in § 9 Abs. 1 S. 5 StrEG.
Wann liegt ein minderschwerer Fall vor?
Ein minderschwerer Fall liegt vor, wenn das Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Fälle in einem so erheblichen Maße abweicht, dass der Regelstrafrahmen nicht mehr angemessen ist. Die Feststellung erfordert eine umfassende Gesamtwürdigung aller tat- und täterbezogenen Umstände, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichviel ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen.
Was ist beim Zusammentreffen von Milderungsgründen (§ 50 StGB) zu beachten?
Sofern zugleich ein vertypter Milderungsgrund (§§ 13, 21, 23, 27 StGB) vorliegt, darf dieser nur einmal berücksichtigt werden: Entweder zur Begründung eines minderschweren Falles oder zur Strafrahmenmilderung nach § 49 StGB. Für den Täter ist es regelmäßig günstiger, damit einen minderschweren Fall zu bejahen, daher wird dies zu seinen Gunsten anzunehmen sein.
B-Gutachten: Untersuchungshaft
Dringender Tatverdacht
Ein dringender Tatverdacht bedeutet, dass aufgrund bestimmter Tatsachen ein hoher Grad von Wahrscheinlichkeit dafür gegeben sein muss, dass der Beschuldigte Täter oder Teilnehmer einer Straftat ist.
Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO)
Welche Kriterien sind maßgebend?
Fluchtgefahr liegt vor, wenn die Würdigung der Umstände des Falles es wahrscheinlicher macht, dass sich der Beschuldigte dem Verfahren entziehen wird als sich ihm zur Verfügung stellen wird.
Kriterien: bei fehlender familiärer oder beruflicher [Arbeitsplatzverlust] Bindung, Wohnungslosigkeit, Flucht in anderen Verfahrensabschnitten oder früheren Verfahren, Auslandsbeziehungen, gute Sprachkenntnisse
Verdunklungsgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 3 StPO)
Verdunklungsgefahr liegt vor, wenn mit großer Wahrscheinlichkeit auf künftige Verdunklungshandlungen zu schließen ist, falls der Beschuldigte nicht in Haft genommen wird.
Welche Besonderheit ist zu beachten, wenn kein Haftgrund nach § 112 Abs. 2 StPO vorliegt, aber ein Haftbefehl allein wegen der Schwere der Tat nach § 112 Abs. 3 StPO erlassen wird?
BVerfG hat entschieden, dass ein Haftbefehl, der allein wegen der Schwere der Straftat erlassen wird, zu einem Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip führen würde (so aber Wortlaut in Abs. 3). Deswegen verfassungskonforme Auslegung, indem Prüfungsmaßstab für Haftgrund vermindert wird.
Danach darf ein Haftbefehl erlassen werden, wenn Umstände vorliegen, die die Gefahr begründen, dass ohne Festnahme des Beschuldigten die alsbaldige Aufklärung und Ahndung der Tat gefährdet sein würde.
Wann ist der Täter ungeeignet zum Führen eines Kraftfahrzeuges (§ 69 Abs. 1 S. 1 StGB)?
Ungeeignet ist ein Täter, wenn eine Würdigung seiner körperlichen, geistigen und charakterlichen Voraussetzungen und der sie wesentlich bestimmenden objektiven und subjektiven Umstände ergibt, dass seine Teilnahme am Kraftfahrzeugverkehr zu einer nicht hinnehmbaren Gefährdung der Verkehrssicherheit führen würde.
Kann die Fahrerlaubnis entzogen werden, wenn ein Kfz für andere Straftaten verwendet wird?
Aus schwerwiegenden Taten folgt nicht automatisch eine Gefahr für den Straßenverkehr (BGH). Die mangelnde Zuverlässigkeit des Täters in Bezug auf Verkehrssicherheitsbelange muss in der Tat hinreichenden Ausdruck finden, was nicht allein durch die Benutzung eines Kraftfahrzeugs geschehe. Eine Entziehung der Fahrerlaubnis ist danach nur zulässig, wenn die Anlasstat tragfähige Schlüsse darauf zulässt, dass der Täter bereits ist, die Sicherheit des Straßenverkehrs seinen eigenen kriminellen Interessen unterzuordnen (z. B risikofreudiges Fahrverhalten bei der Tat oder bei der Flucht).
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