In den späten 18. und frühen 19. Jahrhunderten begannen sich die europäischen Gesellschaften von agrarischen Strukturen zu industriellen Gesellschaften zu wandeln.
Dieser Umbruch war das Ergebnis eines tiefgreifenden technologischen Wandels, der von bedeutenden Erfindungen wie der Dampfmaschine, der Spinning Jenny und neuen Produktionsmethoden angetrieben wurde.
Sie brachte nicht nur eine deutliche Steigerung der Produktivität und des wirtschaftlichen Wachstums mit sich, sondern veränderte auch grundlegend die Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen.
Die zunehmende Mechanisierung und Arbeitsteilung in Fabriken führten zu einem drastischen Wandel in der Arbeitswelt, während die Migration von ländlichen Gebieten in die Städte das Bild der europäischen Bevölkerung veränderte.
Die Phasen der Industrialisierung, von der Frühindustrialisierung über die Durchbruchphase bis hin zur Hochindustrialisierung, zeugen von einem komplexen Entwicklungsprozess, der verschiedene wirtschaftliche, politische und soziale Dynamiken miteinbezog.
Insbesondere in Deutschland war die Industrialisierung geprägt von einer Vielzahl von Herausforderungen, darunter politische Fragmentierung, Zollschranken und standesrechtliche Beschränkungen, die erst im Verlauf des 19. Jahrhunderts überwunden wurden.
Großbritannien hingegen, galt als Vorreiter der Industrialisierung in Europa.
Die Inselnation profitierte von einer Reihe günstiger Faktoren wie technologischem Fortschritt, einer wachsenden Bevölkerung, reichen Kohlevorkommen und politischer Stabilität.
Diese Vorteile trugen dazu bei, dass Großbritannien im 19. Jahrhundert zum führenden Industriestaat der Welt aufstieg.
Borsigs Maschinenbau-Anstalt zu Berlin, 1847
Industrialisierung Definition
technischer, wirtschaftlicher und sozialer Wachstumsprozess im späten 18. Jahrhundert und während des 19. Jahruhunderts bis heute
Wandel von Agrarwirtschaft zur Industriewirtschaft
Merkmale der Industrialisierung (8)
erheblisches, dauerhauftes, wenn auch schwankendes Wachstum des Sozialproduktes
Anstieg der Investitionsquote
technisch-organisatorische Neuerungen
Einsatz von Arbeits- und Energieerzeugungmaschinen
Massenproduktion in Fabriken
Arbeitsteilung und Spezialisierung im Fertigungsprozess
starke Zunahme der freien Lohnarbeit
generell: Verschiebung des Gewichts zwischen Wirtschaftssektoren beim Wandel von Agrarstaat zum Industriestaat
wichtige Faktoren für die Industrialisierung
(3)
technologische Neuerungen/Erfindungen revolutionierten nacheinander alle Bereiche der Wirtschaft
(Kohle- und Stahlproduktion, Chemietechnik, Elektrotechnik)
Einführung und Fortentwicklung der industriellen Produktion auf zunehmend wissenschaftlicher Grundlage
(neue Energiequellen, Maschinen, Arbeitsteilung in Fabriken)
Kommerzialisierung der Landwirtschaft;
Umverteilung der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft ins Gewerbe und in den Dienstleistungsbereich
Die Anfänge der Revolution
Wann und wo?
Ende des 18. Jahrhunderts ab ca. 1770 in England
Die Anfänge der Revolution (8)
Agrarrevolution: von Dreifeldergesellschaft zur Fruchtwechselgesellschaft durch verbesserte Kultivierungstechniken (z. B. Kunstdünger) = Steigerung der landwirtschaftlichen Erträge
Erfindung technologischer und wissenschaftlicher Neuerungen
Bevölkerungswachstum seit 17. Jahrhundert = ausreichend Arbeitskräfte
gesteigerte Nachfrage an Lebensmittel und Verbrauchsgütern
Vorhandensein von Kapital für Investitionen (Maschinen und Fabriken)
freier Zugang zu Märkten
Gewerbefreiheit: keine Produktionsbeschränkungen und Regulierung/Zünfte
geistige Voraussetzungen: Ideen der Aufklärung (Freiheit, Selbstentfaltung, Recht auf Eigentum, Wirtschaftsliberalismus)
Entwicklung der Industriewirtschaft
Verlagssystem; Manufakturen; Fabriken
Verlagssystem
=Hausindustrie
Basis = Heimarbeit ländlicher Unterschichten von städtischen Verlegerkaufleuten gesteuert
vor allem Textilherstellung
Verleger beschaffte Material, Fertigung der Ware durch heimgewerbliche Spinner und Weber
zur bäuerlichen Nahrungsicherung
Manufakturen
=Großbetrieb
Fertigung der Ware durch handwerkliche Methoden, aber unter gewissen Grad der Arbeitsteilung
meist Luxusgüter, eher selten Waren des täglichen Gebrauchs
ermöglichte Steigerung der Produktionszahlen sowie bessere Kontrolle der Arbeitskräfte
Fabriken
ein Unternehmer steuert zentral die gesamte Produktion
arbeitsteilig organisiert
wichtige Faktoren für die Industrialisierung in England (6)
technologischer Fortschritt (Erfindung des Spinning, Jenny und der Dampfmaschine)
Bevölkerungswachstum durch mehr Arbeit und Lohn
Geografie des Landes (Insellage) sowie großes Kohlevorkommen
Politische Stabilität, durch Frieden und erweiterte Freiheitsrechte (keine Ständegesellschaft)
Unternehmerische Mentalität der Bevölkerung
keine Zollbarrieren
Folgen der Industrialisierung in England (6)
Bevölkerungwachstum (gesteigerte Lebensmittelnachfrage)
Kommerzialisierung der Landwirtschaft
schnelle Produktion => Überschuss an Ware => Export von Waren
Vorantreibung des internationalen Handels (Handelsverträge Beispiel England/Frankreich)
mehr Rohstoffe und Luxusgüter aus Kolonien
schlechte Lebens- und Arbeitsbedingungen für die Arbeiter
Die Industrialisierung in Deutschland wurde maßgeblich von einer zunächst ungünstigen Ausgangssituation geprägt, die im Vergleich zu Großbritannien deutliche Hindernisse aufwies.
Im Jahr 1806 stand Deutschland vor einer Fragmentierung in 300 Einzelstaaten, begleitet von einer Vielzahl von Zollschranken und unterschiedlichen Maß-, Münz- und Gewichtssystemen.
Diese Komplexität wurde durch Handelsmonopole und schlechte Verkehrsverbindungen verschärft, während das Fehlen überseeischer Handelswege und Kolonien zusätzliche Hemmnisse darstellte. Die landwirtschaftliche Entwicklung hinkte den Leistungen Englands hinterher, geprägt von Kleinbetrieben, Abhängigkeit der Bauern von Gutsherren und einer ungleichen Verteilung des Wohlstandes.
Soziale und wirtschaftliche Barrieren wie Standesschranken und das Festhalten an althergebrachten Strukturen wie der Zunftverfassung sowie der Merkantilismus behinderten innovatives Denken und Handeln. Erst im Verlauf des 19. Jahrhunderts wurden diese Hindernisse durch Reformen wie die Bauernbefreiung von 1807 und die Gewerbefreiheit von 1810 angegangen.
Der Abbau von Zollschranken im Deutschen Zollverein von 1834, die Vereinheitlichung des Rechts- und Finanzsystems sowie staatliche Investitionen in das Verkehrsnetz und die Errichtung von Gewerbeschulen und -akademien legten den Grundstein für einen deutlichen Wachstumsschub im späten 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts.
Diese Phase markierte den Beginn der industriellen Revolution in Deutschland, gekennzeichnet durch rasante Zunahme der Beschäftigten im Gewerbe, Produktionsanstieg und niedrige Löhne, die zu enormen Gewinnen führten.
Die Investition dieser Gewinne in neue Produktionserweiterungen trug zur weiteren Steigerung von Produktion und Gewinnen bei, wobei die Industrie und das Handwerk die Landwirtschaft überflügelten.
Dies führte dazu, dass Deutschland bis zum Ersten Weltkrieg mit Großbritannien gleichzog und sogar einen Spitzenplatz in der Elektroindustrie erreichte.
Ausgangssituation Deutschland/ Großbritannien (4)
Fragmentierung: Deutschland in 300 Einzelstaaten (1806)
Zollschranken
abweichendes Münz-, Zahlen- und Gewichtssystem
fehlender Überseehandel
Herausforderungen in der Landwirtschaft (3)
Gutsherrenabhängigkeit
feudale Abgaben
ungleiche Wohlstandsverteilung
gesellschaftliche Berrieren (4)
Standesschranken (durch Kleidung und Sitzen markierte Unterschiede)
konservative Einstellung
Festhalten an Zunftverfassung
Merkantilismus verhindert staatsfreie Märkte für Kapital, Boden, Waren
Entwicklungsreformen (3)
Bauernbefreiung 1807
Gewerbefreiheit 1810
Deutschen Zollvereins 1834: Abbau der Zollschranken, Vereinheitlichung des Rechts- und Zahlensystems
Faktoren für Industriewachstum in Deutschland (4)
Staatliche Investitionen in Verkehrsnetz
Errichtung von Gewerbeschulen
Förderung der Eisenbahn
Niedrige Löhne und Investition von Gewinnen in Produktionsmittel
Deutschland im Vergleich zu Großbritannien bis zum 1. Weltkrieg (2)
Deutschland zieht bis zum Ersten Weltkrieg mit GB gleich
Deutschland: Spitzenplatz in Elektroindustrie
Welche Reformen und Umwälzungen folgten den napoleonischen Kriegen?
Säkularisierung von Kirchenbesitz
Aufhebung feudaler Strukturen
Schaffung einer modernen Verwaltung und wirtschaftlichen Ordnung
Welche Merkmale kennzeichneten die Revolutionen von 1848?
Forderung nach politischer Partizipation und sozialer Gerechtigkeit
Bildung von Nationalversammlungen zur Diskussion von Reformen
Scheitern der Revolutionen trotz langfristiger politischer Auswirkungen
Was war die Bedeutung der Gründung des Deutschen Zollvereins im Jahr 1834?
(2)
Abbau von Zollschranken und Vereinheitlichung des Wirtschaftsraums
Förderung des Handels und beschleunigter wirtschaftlicher Aufschwung
Was markierte die Gründung des Deutschen Kaiserreichs im Jahr 1871?
Vollendung der deutschen Nationalstaatsbildung nach dem Deutsch-Französischen Krieg
Ära rascher Modernisierung und Industrialisierung
Welche Forderungen wurden während der Revolutionen von 1848 gestellt?
Politische Partizipation und soziale Gerechtigkeit
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